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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Arbeiterfrage in Fidschi

wird mehr Gebiet erschlossen. Die Regierung nimmt sür Rechnung der
Fidschianer den Pachtzins ein und verteilt ihn an die Eigentümer des Landes.
Im Jahre 1911 wurde auf diese Weise unter die Fidschianer eine Summe
von fast 25000 Pfund Sterling (eine halbe Million Mary verteilt! Der
gewöhnliche Fidschianer hat deshalb keine Schwierigkeit, sein Leben zu fristen.
Die im Gesetz für Fidschiarbeiter niedergelegte Minimumrate von 8 Pence
Tageslohn ist mithin nur nominell zu betrachten. Im allgemeinen wird der
Fidschieingeborene nicht unter 2 Schilling täglich arbeiten wollen und dann
auch nur, wenn ein Überfluß von Essen bereitgestellt wird. Hat er dann einige
Pfund Sterling erarbeitet, geht er nach seinem Dorfe zurück. Für regel¬
mäßige Deckung des Arbeiterbedarfes kommt also der Fidschianer nicht in Betracht.
Dasselbe bezieht sich auf die im Lande zurückgebliebenen Eingeborenen der
Salomon- und Hebrideninseln (Polynesier), die gleich den Fidschianern nur
dann arbeiten, wenn es ihnen gefällt.

Das letzte Segelschiff, das regelmäßig die angeworbenen Polynesier nach
Fidschi brachte, wurde vor zwei Jahren in der Hauptstadt dieser Kolonie, Suva,
verauktioniert. Damit ist die fruchtbare Inselgruppe allein auf die Einführung
von Arbeitern aus Indien angewiesen. Und wie ich in vorstehenden Aus¬
führungen gezeigt habe, hat diese britische Kolonie in der Südsee ungeheueren
Nutzen aus dem Anwerbungssystem gezogen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer
sind mit den Verhältnissen zufrieden; die britische Regierung in Indien hat sich
davon überzeugt, daß es dem Inder nicht schlecht in Fidschi ergeht; die zurück¬
gekehrten Kukis preisen in Indien die Südsee als Eldorado: es überrascht nicht,
wenn sich stets genügend Arbeitswillige in Indien finden, so daß die
Pflanzungsbesitzer in Fidschi auf regelmäßige Arbeiterzufuhr sicher rechnen
können.

Leider ist unser Samoa nicht in dieser glücklichen Lage. Unsere Neu¬
guineakolonie kann heute noch ihren Arbeitsbedarf durch die eigenen Ein¬
geborenen decken; nach Samoa jedoch Arbeiter abzugeben, ist auch dieses Jnsel-
gebiet nicht imstande. (Eine Ausnahme wird durch die alten Rechte der Firma
Deutsche Plantagen- und Handelsgesellschaft der Südsee in Apia-Samoa ge¬
bildet, die heute noch neunhundert Arbeiter in Neuguinea anwerben darf.)
Andere Gebiete für Anwerbungszwecke sind für Samoa in der Südsee nicht
vorhanden. Die Chinesen bilden bekanntlich nicht das Ideal der Arbeiter in
Samoa. Es wird jetzt mit der holländischen Negierung in Java betreffs Ar¬
beiterzufuhr verhandelt. Mögen diese Verhandlungen den Erfolg haben, Samoa
ebenso zufriedenstellend mit Arbeitern zu versehen, wie die Plantagenbesitzer
in der benachbarten britischen Kolonie Fidschi.




Die Arbeiterfrage in Fidschi

wird mehr Gebiet erschlossen. Die Regierung nimmt sür Rechnung der
Fidschianer den Pachtzins ein und verteilt ihn an die Eigentümer des Landes.
Im Jahre 1911 wurde auf diese Weise unter die Fidschianer eine Summe
von fast 25000 Pfund Sterling (eine halbe Million Mary verteilt! Der
gewöhnliche Fidschianer hat deshalb keine Schwierigkeit, sein Leben zu fristen.
Die im Gesetz für Fidschiarbeiter niedergelegte Minimumrate von 8 Pence
Tageslohn ist mithin nur nominell zu betrachten. Im allgemeinen wird der
Fidschieingeborene nicht unter 2 Schilling täglich arbeiten wollen und dann
auch nur, wenn ein Überfluß von Essen bereitgestellt wird. Hat er dann einige
Pfund Sterling erarbeitet, geht er nach seinem Dorfe zurück. Für regel¬
mäßige Deckung des Arbeiterbedarfes kommt also der Fidschianer nicht in Betracht.
Dasselbe bezieht sich auf die im Lande zurückgebliebenen Eingeborenen der
Salomon- und Hebrideninseln (Polynesier), die gleich den Fidschianern nur
dann arbeiten, wenn es ihnen gefällt.

Das letzte Segelschiff, das regelmäßig die angeworbenen Polynesier nach
Fidschi brachte, wurde vor zwei Jahren in der Hauptstadt dieser Kolonie, Suva,
verauktioniert. Damit ist die fruchtbare Inselgruppe allein auf die Einführung
von Arbeitern aus Indien angewiesen. Und wie ich in vorstehenden Aus¬
führungen gezeigt habe, hat diese britische Kolonie in der Südsee ungeheueren
Nutzen aus dem Anwerbungssystem gezogen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer
sind mit den Verhältnissen zufrieden; die britische Regierung in Indien hat sich
davon überzeugt, daß es dem Inder nicht schlecht in Fidschi ergeht; die zurück¬
gekehrten Kukis preisen in Indien die Südsee als Eldorado: es überrascht nicht,
wenn sich stets genügend Arbeitswillige in Indien finden, so daß die
Pflanzungsbesitzer in Fidschi auf regelmäßige Arbeiterzufuhr sicher rechnen
können.

Leider ist unser Samoa nicht in dieser glücklichen Lage. Unsere Neu¬
guineakolonie kann heute noch ihren Arbeitsbedarf durch die eigenen Ein¬
geborenen decken; nach Samoa jedoch Arbeiter abzugeben, ist auch dieses Jnsel-
gebiet nicht imstande. (Eine Ausnahme wird durch die alten Rechte der Firma
Deutsche Plantagen- und Handelsgesellschaft der Südsee in Apia-Samoa ge¬
bildet, die heute noch neunhundert Arbeiter in Neuguinea anwerben darf.)
Andere Gebiete für Anwerbungszwecke sind für Samoa in der Südsee nicht
vorhanden. Die Chinesen bilden bekanntlich nicht das Ideal der Arbeiter in
Samoa. Es wird jetzt mit der holländischen Negierung in Java betreffs Ar¬
beiterzufuhr verhandelt. Mögen diese Verhandlungen den Erfolg haben, Samoa
ebenso zufriedenstellend mit Arbeitern zu versehen, wie die Plantagenbesitzer
in der benachbarten britischen Kolonie Fidschi.




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[0472] Die Arbeiterfrage in Fidschi wird mehr Gebiet erschlossen. Die Regierung nimmt sür Rechnung der Fidschianer den Pachtzins ein und verteilt ihn an die Eigentümer des Landes. Im Jahre 1911 wurde auf diese Weise unter die Fidschianer eine Summe von fast 25000 Pfund Sterling (eine halbe Million Mary verteilt! Der gewöhnliche Fidschianer hat deshalb keine Schwierigkeit, sein Leben zu fristen. Die im Gesetz für Fidschiarbeiter niedergelegte Minimumrate von 8 Pence Tageslohn ist mithin nur nominell zu betrachten. Im allgemeinen wird der Fidschieingeborene nicht unter 2 Schilling täglich arbeiten wollen und dann auch nur, wenn ein Überfluß von Essen bereitgestellt wird. Hat er dann einige Pfund Sterling erarbeitet, geht er nach seinem Dorfe zurück. Für regel¬ mäßige Deckung des Arbeiterbedarfes kommt also der Fidschianer nicht in Betracht. Dasselbe bezieht sich auf die im Lande zurückgebliebenen Eingeborenen der Salomon- und Hebrideninseln (Polynesier), die gleich den Fidschianern nur dann arbeiten, wenn es ihnen gefällt. Das letzte Segelschiff, das regelmäßig die angeworbenen Polynesier nach Fidschi brachte, wurde vor zwei Jahren in der Hauptstadt dieser Kolonie, Suva, verauktioniert. Damit ist die fruchtbare Inselgruppe allein auf die Einführung von Arbeitern aus Indien angewiesen. Und wie ich in vorstehenden Aus¬ führungen gezeigt habe, hat diese britische Kolonie in der Südsee ungeheueren Nutzen aus dem Anwerbungssystem gezogen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind mit den Verhältnissen zufrieden; die britische Regierung in Indien hat sich davon überzeugt, daß es dem Inder nicht schlecht in Fidschi ergeht; die zurück¬ gekehrten Kukis preisen in Indien die Südsee als Eldorado: es überrascht nicht, wenn sich stets genügend Arbeitswillige in Indien finden, so daß die Pflanzungsbesitzer in Fidschi auf regelmäßige Arbeiterzufuhr sicher rechnen können. Leider ist unser Samoa nicht in dieser glücklichen Lage. Unsere Neu¬ guineakolonie kann heute noch ihren Arbeitsbedarf durch die eigenen Ein¬ geborenen decken; nach Samoa jedoch Arbeiter abzugeben, ist auch dieses Jnsel- gebiet nicht imstande. (Eine Ausnahme wird durch die alten Rechte der Firma Deutsche Plantagen- und Handelsgesellschaft der Südsee in Apia-Samoa ge¬ bildet, die heute noch neunhundert Arbeiter in Neuguinea anwerben darf.) Andere Gebiete für Anwerbungszwecke sind für Samoa in der Südsee nicht vorhanden. Die Chinesen bilden bekanntlich nicht das Ideal der Arbeiter in Samoa. Es wird jetzt mit der holländischen Negierung in Java betreffs Ar¬ beiterzufuhr verhandelt. Mögen diese Verhandlungen den Erfolg haben, Samoa ebenso zufriedenstellend mit Arbeitern zu versehen, wie die Plantagenbesitzer in der benachbarten britischen Kolonie Fidschi.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/472>, abgerufen am 12.05.2024.