Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Reform der inneren Verwaltung

haben hier noch nie so recht zu einem glücklichen Ziele geführt. So wird denn
die ganze Personenfrage immer ein mehr oder weniger ungelöstes Rätsel bleiben
und zu jenen unabwägbaren Dingen zu rechnen sein, deren Gestaltung ganz
nach Wunsch nur unter besonders glücklichen Umständen zu erwarten ist. denen
die größte Aufmerksamkeit zu widmen man, aber wegen ihrer Wichtigkeit nie
aufhören darf.

Wenn wir es unter diesen Umständen unternommen haben, einiges über
die Personenfrage zu sagen, so kann es sich natürlich nur darum handeln,
gewisse Vorbedingungen zu erörtern, deren Beachtung wir erforderlich halten,
um eine zweckentsprechende Verwaltung der Personalangelegenheiten überhaupt
zu ermöglichen.

In dieser Hinsicht erscheint es uns zunächst sehr wichtig, daß ein Organ
vorhanden ist, welches sich ganz besonders der Personalangelegenheiten der
Provinzialbeamten, aus welchen doch alle übrigen Beamten hervorgehen, an¬
zunehmen hat. Selbstverständlich werden sich alle Vorgesetzten nach wie vor
über die Fähigkeiten ihrer Untergebenen fortgesetzt zu unterrichten haben. Wir
halten es aber, um möglichst unrichtige Einschätzungen zu vermeiden, für sehr
wesentlich, daß noch eine zweite Stelle zur dauernden und entscheidenden Mit¬
wirkung berufen ist, die vor allen Dingen in der Lage ist, einen größeren Kreis
von Beamten übersehen zu können. Denn die Zahl der Untergebenen, welche
von ihren Vorgesetzten wirklich gekannt werden, ist im allgemeinen eine ver¬
hältnismäßig kleine, so daß es oft an einem passenden Vergleich fehlen muß,
um ein richtiges Urteil zu ermöglichen. Aus diesem Grunde haben wir geglaubt,
und haben dies bereits an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, daß ganz
besonders die Oberprästdenten dazu geeignet sein möchten, in Personalangelegen¬
heiten eine wichtige Tätigkeit zu entfalten. Gerade sie sind in der Lage, alle
Beamten der Provinz kennen zu lernen und unter Mitwirkung der übrigen
hierfür in Frage kommenden Instanzen die große Masse der Beamten dauernd
zu beobachten. Auch dürfte von ihnen ihrer ganzen Stellung nach zu erwarten
sein, daß sie in der Beurteilung der Fähigkeiten eine gewisse Unabhängigkeit
an den Tag legen werden, was als großer Vorteil zu veranschlagen ist. So
würden die Oberprästdenten eine wertvolle Zentralinstanz für die Personal¬
angelegenheiten innerhalb der Provinz bilden.

Wesentlich ist es natürlich, daß die Beurteilung lediglich auf Grund persön¬
licher Anschauung gewonnen wird, welche zu erweitern und zu vervollständigen
jede Gelegenheit wahrgenommen werden müßte. Der Schriftverkehr in Per¬
sonalsachen verhält sich unseres Erachtens zu dem, was not tut, genau so, wie
die Theorie zur Praxis. Er dürfte nur am Platze sein, wo es gilt, die ge¬
wonnenen Resultate festzulegen oder mitzuteilen.

Eine weitere Forderung allgemeiner Natur ist die. daß die freie Auswahl
der Beamten innerhalb gewisser Grenzen zu jeder Zeit erhalten bleibt, d. h.
es muß möglich sein, einen Wechsel der Beamten innerhalb eines Verhältnis-


Reform der inneren Verwaltung

haben hier noch nie so recht zu einem glücklichen Ziele geführt. So wird denn
die ganze Personenfrage immer ein mehr oder weniger ungelöstes Rätsel bleiben
und zu jenen unabwägbaren Dingen zu rechnen sein, deren Gestaltung ganz
nach Wunsch nur unter besonders glücklichen Umständen zu erwarten ist. denen
die größte Aufmerksamkeit zu widmen man, aber wegen ihrer Wichtigkeit nie
aufhören darf.

Wenn wir es unter diesen Umständen unternommen haben, einiges über
die Personenfrage zu sagen, so kann es sich natürlich nur darum handeln,
gewisse Vorbedingungen zu erörtern, deren Beachtung wir erforderlich halten,
um eine zweckentsprechende Verwaltung der Personalangelegenheiten überhaupt
zu ermöglichen.

In dieser Hinsicht erscheint es uns zunächst sehr wichtig, daß ein Organ
vorhanden ist, welches sich ganz besonders der Personalangelegenheiten der
Provinzialbeamten, aus welchen doch alle übrigen Beamten hervorgehen, an¬
zunehmen hat. Selbstverständlich werden sich alle Vorgesetzten nach wie vor
über die Fähigkeiten ihrer Untergebenen fortgesetzt zu unterrichten haben. Wir
halten es aber, um möglichst unrichtige Einschätzungen zu vermeiden, für sehr
wesentlich, daß noch eine zweite Stelle zur dauernden und entscheidenden Mit¬
wirkung berufen ist, die vor allen Dingen in der Lage ist, einen größeren Kreis
von Beamten übersehen zu können. Denn die Zahl der Untergebenen, welche
von ihren Vorgesetzten wirklich gekannt werden, ist im allgemeinen eine ver¬
hältnismäßig kleine, so daß es oft an einem passenden Vergleich fehlen muß,
um ein richtiges Urteil zu ermöglichen. Aus diesem Grunde haben wir geglaubt,
und haben dies bereits an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, daß ganz
besonders die Oberprästdenten dazu geeignet sein möchten, in Personalangelegen¬
heiten eine wichtige Tätigkeit zu entfalten. Gerade sie sind in der Lage, alle
Beamten der Provinz kennen zu lernen und unter Mitwirkung der übrigen
hierfür in Frage kommenden Instanzen die große Masse der Beamten dauernd
zu beobachten. Auch dürfte von ihnen ihrer ganzen Stellung nach zu erwarten
sein, daß sie in der Beurteilung der Fähigkeiten eine gewisse Unabhängigkeit
an den Tag legen werden, was als großer Vorteil zu veranschlagen ist. So
würden die Oberprästdenten eine wertvolle Zentralinstanz für die Personal¬
angelegenheiten innerhalb der Provinz bilden.

Wesentlich ist es natürlich, daß die Beurteilung lediglich auf Grund persön¬
licher Anschauung gewonnen wird, welche zu erweitern und zu vervollständigen
jede Gelegenheit wahrgenommen werden müßte. Der Schriftverkehr in Per¬
sonalsachen verhält sich unseres Erachtens zu dem, was not tut, genau so, wie
die Theorie zur Praxis. Er dürfte nur am Platze sein, wo es gilt, die ge¬
wonnenen Resultate festzulegen oder mitzuteilen.

Eine weitere Forderung allgemeiner Natur ist die. daß die freie Auswahl
der Beamten innerhalb gewisser Grenzen zu jeder Zeit erhalten bleibt, d. h.
es muß möglich sein, einen Wechsel der Beamten innerhalb eines Verhältnis-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0505" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327317"/>
          <fw type="header" place="top"> Reform der inneren Verwaltung</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1987" prev="#ID_1986"> haben hier noch nie so recht zu einem glücklichen Ziele geführt. So wird denn<lb/>
die ganze Personenfrage immer ein mehr oder weniger ungelöstes Rätsel bleiben<lb/>
und zu jenen unabwägbaren Dingen zu rechnen sein, deren Gestaltung ganz<lb/>
nach Wunsch nur unter besonders glücklichen Umständen zu erwarten ist. denen<lb/>
die größte Aufmerksamkeit zu widmen man, aber wegen ihrer Wichtigkeit nie<lb/>
aufhören darf.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1988"> Wenn wir es unter diesen Umständen unternommen haben, einiges über<lb/>
die Personenfrage zu sagen, so kann es sich natürlich nur darum handeln,<lb/>
gewisse Vorbedingungen zu erörtern, deren Beachtung wir erforderlich halten,<lb/>
um eine zweckentsprechende Verwaltung der Personalangelegenheiten überhaupt<lb/>
zu ermöglichen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1989"> In dieser Hinsicht erscheint es uns zunächst sehr wichtig, daß ein Organ<lb/>
vorhanden ist, welches sich ganz besonders der Personalangelegenheiten der<lb/>
Provinzialbeamten, aus welchen doch alle übrigen Beamten hervorgehen, an¬<lb/>
zunehmen hat. Selbstverständlich werden sich alle Vorgesetzten nach wie vor<lb/>
über die Fähigkeiten ihrer Untergebenen fortgesetzt zu unterrichten haben. Wir<lb/>
halten es aber, um möglichst unrichtige Einschätzungen zu vermeiden, für sehr<lb/>
wesentlich, daß noch eine zweite Stelle zur dauernden und entscheidenden Mit¬<lb/>
wirkung berufen ist, die vor allen Dingen in der Lage ist, einen größeren Kreis<lb/>
von Beamten übersehen zu können. Denn die Zahl der Untergebenen, welche<lb/>
von ihren Vorgesetzten wirklich gekannt werden, ist im allgemeinen eine ver¬<lb/>
hältnismäßig kleine, so daß es oft an einem passenden Vergleich fehlen muß,<lb/>
um ein richtiges Urteil zu ermöglichen. Aus diesem Grunde haben wir geglaubt,<lb/>
und haben dies bereits an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, daß ganz<lb/>
besonders die Oberprästdenten dazu geeignet sein möchten, in Personalangelegen¬<lb/>
heiten eine wichtige Tätigkeit zu entfalten. Gerade sie sind in der Lage, alle<lb/>
Beamten der Provinz kennen zu lernen und unter Mitwirkung der übrigen<lb/>
hierfür in Frage kommenden Instanzen die große Masse der Beamten dauernd<lb/>
zu beobachten. Auch dürfte von ihnen ihrer ganzen Stellung nach zu erwarten<lb/>
sein, daß sie in der Beurteilung der Fähigkeiten eine gewisse Unabhängigkeit<lb/>
an den Tag legen werden, was als großer Vorteil zu veranschlagen ist. So<lb/>
würden die Oberprästdenten eine wertvolle Zentralinstanz für die Personal¬<lb/>
angelegenheiten innerhalb der Provinz bilden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1990"> Wesentlich ist es natürlich, daß die Beurteilung lediglich auf Grund persön¬<lb/>
licher Anschauung gewonnen wird, welche zu erweitern und zu vervollständigen<lb/>
jede Gelegenheit wahrgenommen werden müßte. Der Schriftverkehr in Per¬<lb/>
sonalsachen verhält sich unseres Erachtens zu dem, was not tut, genau so, wie<lb/>
die Theorie zur Praxis. Er dürfte nur am Platze sein, wo es gilt, die ge¬<lb/>
wonnenen Resultate festzulegen oder mitzuteilen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1991" next="#ID_1992"> Eine weitere Forderung allgemeiner Natur ist die. daß die freie Auswahl<lb/>
der Beamten innerhalb gewisser Grenzen zu jeder Zeit erhalten bleibt, d. h.<lb/>
es muß möglich sein, einen Wechsel der Beamten innerhalb eines Verhältnis-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0505] Reform der inneren Verwaltung haben hier noch nie so recht zu einem glücklichen Ziele geführt. So wird denn die ganze Personenfrage immer ein mehr oder weniger ungelöstes Rätsel bleiben und zu jenen unabwägbaren Dingen zu rechnen sein, deren Gestaltung ganz nach Wunsch nur unter besonders glücklichen Umständen zu erwarten ist. denen die größte Aufmerksamkeit zu widmen man, aber wegen ihrer Wichtigkeit nie aufhören darf. Wenn wir es unter diesen Umständen unternommen haben, einiges über die Personenfrage zu sagen, so kann es sich natürlich nur darum handeln, gewisse Vorbedingungen zu erörtern, deren Beachtung wir erforderlich halten, um eine zweckentsprechende Verwaltung der Personalangelegenheiten überhaupt zu ermöglichen. In dieser Hinsicht erscheint es uns zunächst sehr wichtig, daß ein Organ vorhanden ist, welches sich ganz besonders der Personalangelegenheiten der Provinzialbeamten, aus welchen doch alle übrigen Beamten hervorgehen, an¬ zunehmen hat. Selbstverständlich werden sich alle Vorgesetzten nach wie vor über die Fähigkeiten ihrer Untergebenen fortgesetzt zu unterrichten haben. Wir halten es aber, um möglichst unrichtige Einschätzungen zu vermeiden, für sehr wesentlich, daß noch eine zweite Stelle zur dauernden und entscheidenden Mit¬ wirkung berufen ist, die vor allen Dingen in der Lage ist, einen größeren Kreis von Beamten übersehen zu können. Denn die Zahl der Untergebenen, welche von ihren Vorgesetzten wirklich gekannt werden, ist im allgemeinen eine ver¬ hältnismäßig kleine, so daß es oft an einem passenden Vergleich fehlen muß, um ein richtiges Urteil zu ermöglichen. Aus diesem Grunde haben wir geglaubt, und haben dies bereits an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, daß ganz besonders die Oberprästdenten dazu geeignet sein möchten, in Personalangelegen¬ heiten eine wichtige Tätigkeit zu entfalten. Gerade sie sind in der Lage, alle Beamten der Provinz kennen zu lernen und unter Mitwirkung der übrigen hierfür in Frage kommenden Instanzen die große Masse der Beamten dauernd zu beobachten. Auch dürfte von ihnen ihrer ganzen Stellung nach zu erwarten sein, daß sie in der Beurteilung der Fähigkeiten eine gewisse Unabhängigkeit an den Tag legen werden, was als großer Vorteil zu veranschlagen ist. So würden die Oberprästdenten eine wertvolle Zentralinstanz für die Personal¬ angelegenheiten innerhalb der Provinz bilden. Wesentlich ist es natürlich, daß die Beurteilung lediglich auf Grund persön¬ licher Anschauung gewonnen wird, welche zu erweitern und zu vervollständigen jede Gelegenheit wahrgenommen werden müßte. Der Schriftverkehr in Per¬ sonalsachen verhält sich unseres Erachtens zu dem, was not tut, genau so, wie die Theorie zur Praxis. Er dürfte nur am Platze sein, wo es gilt, die ge¬ wonnenen Resultate festzulegen oder mitzuteilen. Eine weitere Forderung allgemeiner Natur ist die. daß die freie Auswahl der Beamten innerhalb gewisser Grenzen zu jeder Zeit erhalten bleibt, d. h. es muß möglich sein, einen Wechsel der Beamten innerhalb eines Verhältnis-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/505
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/505>, abgerufen am 14.05.2024.