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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Mercury, Tasmania Mail, die alle in Hobart,
der Hauptstadt der Insel, erscheinen. Die
meisten der eben genannten Tageszeitungen
kosten einen Penny und erscheinen sechsmal
wöchentlich, und zwar vorwiegend morgens.
Nur The Age (Melbourne) kommt siebenmal
wöchentlich heraus. Die Inseratenpreise sind
ebenfalls überall fast gleich hoch. Der Zeilen-
Preis beträgt wie bei fast allen Zeitungen
Ostasiens 1,02 Mark, d. h. die australischen
Blätter nehmen denselben Preis, den in Berlin
der Lokalanzeiger berechnet. Unter den
führenden Politischen und wirtschaftlichen
Wochenorganen, die übrigens auch im Inserat
recht erfolgreich sind, seien hervorgehoben:
Der Observer (Illustriertes Organ, 1843 in
Adelaide gegründet), The Leader in Mel¬
bourne, The Queenslcmder (Brisbane) und
The Town und Country Journal in Sydney,
Auckland Weekly News usw. Als Zeitungs¬
sprache waltet das Englische durchweg vor,
ähnlich wie in Brasilien das Portugiesische
und im übrigen Latein-Amerika das Spanische.
Soweit ich ermitteln konnte, liegen bis jetzt
in dem Papuanischen, Polynesischen und ma-
layischen Idiom in Australien noch keine
Blätter vor.

In welcher Weise unterrichtet nun die
australische Presse ihre Leser über die Welt¬
ereignisse, im besonderen über die Vorgänge
in England? Wenn man den Depeschenteil
der großen Melbourner und Sydneyer
Zeitungen mit demjenigen der Berliner und
Londoner Blätter vergleicht, so machen erstere
allerdings einen recht mageren Eindruck. Doch
hängt das natürlich wesentlich mit der abge¬
legenen Verkehrslage Australiens zusammen.
Hinzu kommt, daß das Interesse der austra¬
lischen Leser bis jetzt noch vorwiegend auf
die einzelstaatlichen Verhältnisse und die
Kirchturmspolitik gerichtet ist. Für die Enge
des Gesichtskreises selbst der großen Blätter
ist es bezeichnend, daß z. B. Melbourner
Zeitungen fast den ganzen Lesestoff über
Ereignisse und Tagesfragen des Staates
Viktoria bringen. Über Neu-Südwales be¬
richten sie sehr wenig, fast nichts über
Südaustralien, Queensland, Westaustralien,
Tasmania oder Neu-Seeland. Nur wenn
Wahlen in diesen Staaten stattfinden, ein
Streik daS Wirtschaftsleben lahmt usw.,

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bringen die Melbourner Zeitungen etwas
mehr über die übrigen australischen Staaten.
Die Folge dieser abschließenden Haltung der
Presse -- die zurzeit übrigens auch in Irland
als Begleiterscheinung der Homerüle--Be¬
wegung gegenüber England beobachtet werden
kann -- ist, daß die Bewohner von Viktoria
zwar über ihre eigene staatliche Politik gut
unterrichtet werden, im übrigen aber von
Australien kaum mehr erfahren als in den
großen Londoner Blättern zu lesen ist. Was
eben über die Melbourner Presse gesagt wurde,
gilt auch für die übrigen Zeitungszentren
Australiens. Wer also erwartet, daß er durch
die Lektüre einer australischen Zeitung eine
Gesamtübersicht über die wichtigsten täglichen
Ereignisse des australischen Kontinentes ge¬
winnen kann, dürfte sich in seinen Erwartungen
einigermaßen getäuscht sehen.

Was die Beschaffung europäischen Weltnach¬
richtenmaterials betrifft, so sei hervorgehoben,
daß die englischen Meldungen einstweilen den
Markt noch völlig beherrschen. Bis vor
wenigen Jahren wurde über Deutschland in
der australischen Presse fast nichts gebracht,
und was gebracht wurde, waren entstellende
und verhetzende Nachrichten des Reuter-
Bureaus und der "Times". Erfreulicherweise
bringen die Sun in Sydney und der Mel¬
bourner Herald jetzt wenigstens etwas deut¬
sches Material, wenn auch in bescheidenem
Umfange. Im Hinblick auf die hohen Kosten
der Reuterdepeschen und der Privattelegramme
haben sich die größeren australischen Zeitungen
seit einiger Zeit mit dem Argus in Melbourne
zusammengetan. Die Kabelmeldungen gehen
jetzt täglich von der Fleck-Street in London
an das Bureau des Argus in Melbourne.
Von dieser Stelle gehen die Depeschen in
vollständig gleichem Wortlaut an alle be¬
deutenderen Zeitungen des australischen
Staatenbundes und werden von diesen je
nach Parteirichtung mit entsprechenden Spitz¬
marken versehen. Die Gleichförmigkeit im
Texte der ArguSdePeschen macht es in
Australien überflüssig, daß man sich eine
zweite Zeitung kauft, um etwa in der ersten
Zeitung nicht enthaltendes überseeisches Nach¬
richtenmaterial zu finden.

Die Kabelwege, aus denen die europäischen
Nachrichten übermittelt werden, sind: die süd-

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Mercury, Tasmania Mail, die alle in Hobart,
der Hauptstadt der Insel, erscheinen. Die
meisten der eben genannten Tageszeitungen
kosten einen Penny und erscheinen sechsmal
wöchentlich, und zwar vorwiegend morgens.
Nur The Age (Melbourne) kommt siebenmal
wöchentlich heraus. Die Inseratenpreise sind
ebenfalls überall fast gleich hoch. Der Zeilen-
Preis beträgt wie bei fast allen Zeitungen
Ostasiens 1,02 Mark, d. h. die australischen
Blätter nehmen denselben Preis, den in Berlin
der Lokalanzeiger berechnet. Unter den
führenden Politischen und wirtschaftlichen
Wochenorganen, die übrigens auch im Inserat
recht erfolgreich sind, seien hervorgehoben:
Der Observer (Illustriertes Organ, 1843 in
Adelaide gegründet), The Leader in Mel¬
bourne, The Queenslcmder (Brisbane) und
The Town und Country Journal in Sydney,
Auckland Weekly News usw. Als Zeitungs¬
sprache waltet das Englische durchweg vor,
ähnlich wie in Brasilien das Portugiesische
und im übrigen Latein-Amerika das Spanische.
Soweit ich ermitteln konnte, liegen bis jetzt
in dem Papuanischen, Polynesischen und ma-
layischen Idiom in Australien noch keine
Blätter vor.

In welcher Weise unterrichtet nun die
australische Presse ihre Leser über die Welt¬
ereignisse, im besonderen über die Vorgänge
in England? Wenn man den Depeschenteil
der großen Melbourner und Sydneyer
Zeitungen mit demjenigen der Berliner und
Londoner Blätter vergleicht, so machen erstere
allerdings einen recht mageren Eindruck. Doch
hängt das natürlich wesentlich mit der abge¬
legenen Verkehrslage Australiens zusammen.
Hinzu kommt, daß das Interesse der austra¬
lischen Leser bis jetzt noch vorwiegend auf
die einzelstaatlichen Verhältnisse und die
Kirchturmspolitik gerichtet ist. Für die Enge
des Gesichtskreises selbst der großen Blätter
ist es bezeichnend, daß z. B. Melbourner
Zeitungen fast den ganzen Lesestoff über
Ereignisse und Tagesfragen des Staates
Viktoria bringen. Über Neu-Südwales be¬
richten sie sehr wenig, fast nichts über
Südaustralien, Queensland, Westaustralien,
Tasmania oder Neu-Seeland. Nur wenn
Wahlen in diesen Staaten stattfinden, ein
Streik daS Wirtschaftsleben lahmt usw.,

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bringen die Melbourner Zeitungen etwas
mehr über die übrigen australischen Staaten.
Die Folge dieser abschließenden Haltung der
Presse — die zurzeit übrigens auch in Irland
als Begleiterscheinung der Homerüle--Be¬
wegung gegenüber England beobachtet werden
kann — ist, daß die Bewohner von Viktoria
zwar über ihre eigene staatliche Politik gut
unterrichtet werden, im übrigen aber von
Australien kaum mehr erfahren als in den
großen Londoner Blättern zu lesen ist. Was
eben über die Melbourner Presse gesagt wurde,
gilt auch für die übrigen Zeitungszentren
Australiens. Wer also erwartet, daß er durch
die Lektüre einer australischen Zeitung eine
Gesamtübersicht über die wichtigsten täglichen
Ereignisse des australischen Kontinentes ge¬
winnen kann, dürfte sich in seinen Erwartungen
einigermaßen getäuscht sehen.

Was die Beschaffung europäischen Weltnach¬
richtenmaterials betrifft, so sei hervorgehoben,
daß die englischen Meldungen einstweilen den
Markt noch völlig beherrschen. Bis vor
wenigen Jahren wurde über Deutschland in
der australischen Presse fast nichts gebracht,
und was gebracht wurde, waren entstellende
und verhetzende Nachrichten des Reuter-
Bureaus und der „Times". Erfreulicherweise
bringen die Sun in Sydney und der Mel¬
bourner Herald jetzt wenigstens etwas deut¬
sches Material, wenn auch in bescheidenem
Umfange. Im Hinblick auf die hohen Kosten
der Reuterdepeschen und der Privattelegramme
haben sich die größeren australischen Zeitungen
seit einiger Zeit mit dem Argus in Melbourne
zusammengetan. Die Kabelmeldungen gehen
jetzt täglich von der Fleck-Street in London
an das Bureau des Argus in Melbourne.
Von dieser Stelle gehen die Depeschen in
vollständig gleichem Wortlaut an alle be¬
deutenderen Zeitungen des australischen
Staatenbundes und werden von diesen je
nach Parteirichtung mit entsprechenden Spitz¬
marken versehen. Die Gleichförmigkeit im
Texte der ArguSdePeschen macht es in
Australien überflüssig, daß man sich eine
zweite Zeitung kauft, um etwa in der ersten
Zeitung nicht enthaltendes überseeisches Nach¬
richtenmaterial zu finden.

Die Kabelwege, aus denen die europäischen
Nachrichten übermittelt werden, sind: die süd-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/152>, abgerufen am 16.06.2024.