Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Lin holländischer Britenspicgel

Vatter schließt seine Betrachtungen über Belgien mit den Worten: "Was
Belgien widerfahren ist, kann das Ergebnis der Geschehnisse vom Jahre 1831
genannt werden. Dies kleine Land konnte nicht anders als duldend neutral
sein. Daß die Regierung König Alberts dies nicht erkannt hat, das wird die
Geschichte ihr schwer anrechnen. Aber neben diesem Moment trägt England
die größte Schuld an dem Elend, das über das belgische Land gekommen ist.
Belgien wurde gegenüber Deutschland zu einer feindseligen Haltung ermutigt;
es ist dann von England aber nicht beschirmt, sondern geopfert worden. Wenn
die Belgier mit kühlem Verstände die Ereignisse betrachten, kann die Deutschen
kein Haß treffen; denkende Belgier sollten den Deutschen vergeben und
Gerechtigkeit widerfahren lassen!"

Nachdem Vatter seinen Landsleuten ein längeres Register der Unfreundlich¬
keiten Englands gegen Holland vorgehalten hat, das "die Rechte dieses kleinen
Staates" im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte nicht nur niemals beschützt,
sondern im Gegenteil, wo es konnte, bedroht hat ("Mme o! hinkt"), richtet
er an sie den Apelt, "sich wohl zu hüten vor einem Zusammengehen mit England,
dieser Gefahr für die kleinen Staaten, .... gegen ein Volk wie das deutsche,
den Holländern stets befreundet, 67 Millionen Seelen stark, mit selten reichen
Anlagen und außergewöhnlicher Energie begabt, unternehmend, friedliebend,
voll Hingabe für die Größe des Vaterlandes und tapfer; ein Volk, das
vielleicht in ungleichem Kampfe geschlagen, doch nie überwunden werden kann,
und das bald England und seinen Verbündeten, welche es auch sein mögen,
den Platz, den die Natur ihm angewiesen hat, abzuringen wissen wird. Möge
nicht nur eine treuliche Beobachtung unserer Pflichten als Neutrale, sondern
auch eine mutige Verteidigung unserer Rechte, namentlich auf dem Gebiete von
Handel und Schiffahrt, England Achtung abnötigen; bewahren wir unsere
Selbstachtung, und halten wir uns freundschaftlicher Beziehungen mit Deutschland
versichert, die für das niederländische Volk in der Vergangenheit von Wert
waren und es auch in der Zukunft sein werden!"




Lin holländischer Britenspicgel

Vatter schließt seine Betrachtungen über Belgien mit den Worten: „Was
Belgien widerfahren ist, kann das Ergebnis der Geschehnisse vom Jahre 1831
genannt werden. Dies kleine Land konnte nicht anders als duldend neutral
sein. Daß die Regierung König Alberts dies nicht erkannt hat, das wird die
Geschichte ihr schwer anrechnen. Aber neben diesem Moment trägt England
die größte Schuld an dem Elend, das über das belgische Land gekommen ist.
Belgien wurde gegenüber Deutschland zu einer feindseligen Haltung ermutigt;
es ist dann von England aber nicht beschirmt, sondern geopfert worden. Wenn
die Belgier mit kühlem Verstände die Ereignisse betrachten, kann die Deutschen
kein Haß treffen; denkende Belgier sollten den Deutschen vergeben und
Gerechtigkeit widerfahren lassen!"

Nachdem Vatter seinen Landsleuten ein längeres Register der Unfreundlich¬
keiten Englands gegen Holland vorgehalten hat, das „die Rechte dieses kleinen
Staates" im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte nicht nur niemals beschützt,
sondern im Gegenteil, wo es konnte, bedroht hat („Mme o! hinkt"), richtet
er an sie den Apelt, „sich wohl zu hüten vor einem Zusammengehen mit England,
dieser Gefahr für die kleinen Staaten, .... gegen ein Volk wie das deutsche,
den Holländern stets befreundet, 67 Millionen Seelen stark, mit selten reichen
Anlagen und außergewöhnlicher Energie begabt, unternehmend, friedliebend,
voll Hingabe für die Größe des Vaterlandes und tapfer; ein Volk, das
vielleicht in ungleichem Kampfe geschlagen, doch nie überwunden werden kann,
und das bald England und seinen Verbündeten, welche es auch sein mögen,
den Platz, den die Natur ihm angewiesen hat, abzuringen wissen wird. Möge
nicht nur eine treuliche Beobachtung unserer Pflichten als Neutrale, sondern
auch eine mutige Verteidigung unserer Rechte, namentlich auf dem Gebiete von
Handel und Schiffahrt, England Achtung abnötigen; bewahren wir unsere
Selbstachtung, und halten wir uns freundschaftlicher Beziehungen mit Deutschland
versichert, die für das niederländische Volk in der Vergangenheit von Wert
waren und es auch in der Zukunft sein werden!"




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0290" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323387"/>
          <fw type="header" place="top"> Lin holländischer Britenspicgel</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_919"> Vatter schließt seine Betrachtungen über Belgien mit den Worten: &#x201E;Was<lb/>
Belgien widerfahren ist, kann das Ergebnis der Geschehnisse vom Jahre 1831<lb/>
genannt werden. Dies kleine Land konnte nicht anders als duldend neutral<lb/>
sein. Daß die Regierung König Alberts dies nicht erkannt hat, das wird die<lb/>
Geschichte ihr schwer anrechnen. Aber neben diesem Moment trägt England<lb/>
die größte Schuld an dem Elend, das über das belgische Land gekommen ist.<lb/>
Belgien wurde gegenüber Deutschland zu einer feindseligen Haltung ermutigt;<lb/>
es ist dann von England aber nicht beschirmt, sondern geopfert worden. Wenn<lb/>
die Belgier mit kühlem Verstände die Ereignisse betrachten, kann die Deutschen<lb/>
kein Haß treffen; denkende Belgier sollten den Deutschen vergeben und<lb/>
Gerechtigkeit widerfahren lassen!"</p><lb/>
          <p xml:id="ID_920"> Nachdem Vatter seinen Landsleuten ein längeres Register der Unfreundlich¬<lb/>
keiten Englands gegen Holland vorgehalten hat, das &#x201E;die Rechte dieses kleinen<lb/>
Staates" im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte nicht nur niemals beschützt,<lb/>
sondern im Gegenteil, wo es konnte, bedroht hat (&#x201E;Mme o! hinkt"), richtet<lb/>
er an sie den Apelt, &#x201E;sich wohl zu hüten vor einem Zusammengehen mit England,<lb/>
dieser Gefahr für die kleinen Staaten, .... gegen ein Volk wie das deutsche,<lb/>
den Holländern stets befreundet, 67 Millionen Seelen stark, mit selten reichen<lb/>
Anlagen und außergewöhnlicher Energie begabt, unternehmend, friedliebend,<lb/>
voll Hingabe für die Größe des Vaterlandes und tapfer; ein Volk, das<lb/>
vielleicht in ungleichem Kampfe geschlagen, doch nie überwunden werden kann,<lb/>
und das bald England und seinen Verbündeten, welche es auch sein mögen,<lb/>
den Platz, den die Natur ihm angewiesen hat, abzuringen wissen wird. Möge<lb/>
nicht nur eine treuliche Beobachtung unserer Pflichten als Neutrale, sondern<lb/>
auch eine mutige Verteidigung unserer Rechte, namentlich auf dem Gebiete von<lb/>
Handel und Schiffahrt, England Achtung abnötigen; bewahren wir unsere<lb/>
Selbstachtung, und halten wir uns freundschaftlicher Beziehungen mit Deutschland<lb/>
versichert, die für das niederländische Volk in der Vergangenheit von Wert<lb/>
waren und es auch in der Zukunft sein werden!"</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0290] Lin holländischer Britenspicgel Vatter schließt seine Betrachtungen über Belgien mit den Worten: „Was Belgien widerfahren ist, kann das Ergebnis der Geschehnisse vom Jahre 1831 genannt werden. Dies kleine Land konnte nicht anders als duldend neutral sein. Daß die Regierung König Alberts dies nicht erkannt hat, das wird die Geschichte ihr schwer anrechnen. Aber neben diesem Moment trägt England die größte Schuld an dem Elend, das über das belgische Land gekommen ist. Belgien wurde gegenüber Deutschland zu einer feindseligen Haltung ermutigt; es ist dann von England aber nicht beschirmt, sondern geopfert worden. Wenn die Belgier mit kühlem Verstände die Ereignisse betrachten, kann die Deutschen kein Haß treffen; denkende Belgier sollten den Deutschen vergeben und Gerechtigkeit widerfahren lassen!" Nachdem Vatter seinen Landsleuten ein längeres Register der Unfreundlich¬ keiten Englands gegen Holland vorgehalten hat, das „die Rechte dieses kleinen Staates" im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte nicht nur niemals beschützt, sondern im Gegenteil, wo es konnte, bedroht hat („Mme o! hinkt"), richtet er an sie den Apelt, „sich wohl zu hüten vor einem Zusammengehen mit England, dieser Gefahr für die kleinen Staaten, .... gegen ein Volk wie das deutsche, den Holländern stets befreundet, 67 Millionen Seelen stark, mit selten reichen Anlagen und außergewöhnlicher Energie begabt, unternehmend, friedliebend, voll Hingabe für die Größe des Vaterlandes und tapfer; ein Volk, das vielleicht in ungleichem Kampfe geschlagen, doch nie überwunden werden kann, und das bald England und seinen Verbündeten, welche es auch sein mögen, den Platz, den die Natur ihm angewiesen hat, abzuringen wissen wird. Möge nicht nur eine treuliche Beobachtung unserer Pflichten als Neutrale, sondern auch eine mutige Verteidigung unserer Rechte, namentlich auf dem Gebiete von Handel und Schiffahrt, England Achtung abnötigen; bewahren wir unsere Selbstachtung, und halten wir uns freundschaftlicher Beziehungen mit Deutschland versichert, die für das niederländische Volk in der Vergangenheit von Wert waren und es auch in der Zukunft sein werden!"

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/290
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/290>, abgerufen am 15.05.2024.