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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Krieg und Gedlandkultnr

verfolgt, die dem preußischen Fiskus gehörigen über 30000 Hektar großen Moore
in Hannover. Schleswig-Holstein usw. in einem Zeitraume von etwa 25 bis
30 Jahren zu besiedeln. Der für diesen Zweck ausgearbeitete Besiedlungsplan
berücksichtigte sowohl die reine Hochmoorkultur, als auch die Veenkultur, die darin
besteht, daß die zur Besiedlung nötigen Flächen zunächst abgetorft werden, der
Torf industriell benutzt und erst der Untergrund der landwirtschaftlichen Bebauung
und Besiedlung zugängig gemacht wird. Der gewonnene Torf soll nämlich nach
dem zur technischen Vollkommenheit gebrachten Verfahren von Dr. Caro und
Professor Frank verarbeitet und dabei neben schwefelsaurem Ammoniak, das zur
Düngung der abgetorsten und für die Kultur bestimmten Hochmoorflächen dient,
auch noch besonders billige elektrische Kraft gewonnen werden. Einen Teil der
Kraft will man für industrielle Zwecke, einen andern Teil für intensivere
Bebauung der zur Kultur bestimmten Flächen dienstbar machen. Durch das
Jneinanderarbeiten der beidenKolonisierungsmethoden, der rein-landwirtschaftlichen
und der industriell-landwirtschaftlichen, soll unter Aufwendung eines verhältnis¬
mäßig geringen Kapitals eine sehr intensive und schnell fortschreitende Besiedlung
der staatlichen Moore stattfinden.

Der landwirtschaftliche Teil der der Vorlage zugrundegelegten Denk¬
schrift ist von dem Regierungsrat von Schmeling-Erfurt und der technische
Teil von Dr. Caro-Berlin und I)r. Wolfs-Magdeburg verfaßt. Zuerst soll in
Angriff genommen werden eine in der Nähe zweier großer industriereicher
Handelsstädte belegene Fläche von etwa 14000 Hektar, von der 6000 Hektar
nach dem Caro-Frankschen Verfahren ausgenutzt und der Veenkultur unterworfen,
während 8000 Hektar der direkten landwirtschaftlichen Nutzung (Hochmoorkultur)
zugeführt werden sollen. Das Zustandekommen des Planes der Kolonisierung
der staatlichen Moore würde für Deutschland von ganz besonderer Bedeutung
sein, da neben den in staatlichem Besitze befindlichen Mooren noch über
2 Millionen Hektar Moore sich im Eigentum von Kommunen und Privaten
befinden, die der Ausschließung und Besiedlung harren.

Die Zentral-Moorkommission hatte in einer Resolution vom Oktober 1909
bereits ausgesprochen, daß die in langjährigen Versuchen wohlerprobten KuZtur-
und Siedlungsmethoden es gestatten, die Erschließung und Ansiedlung der deutschen
Moore in beschleunigtem Schrittmaße in Angriff zu nehmen. Man müsse hierbei
berücksichtigen, daß im Deutschen Reiche rund 4000 Ouadratmeilen unkultivierte
Hochmoore vorhanden sind. Hiervon entfallen auf Preußen etwa 50000 Hektar,
von denen 40000 Hektar in Hannover und der Rest in anderen Provinzen
gelegen ist. Nimmt man als durchschnittliche Stellengröße für die Be¬
siedlung der Moore 10 Hektar an, so wären in Preußen 50000 Siedlungen
zu schaffen, auf denen ein leistungsfähiger Bauernstand Platz finden könnte.
Bisher wurden aber nur durchschnittlich jährlich 15 Stellen gegründet, da der
preußische Staat nur 150000 Mark hierfür zur Verfügung stellte. Bei der
großen Bedeutung der Moorbesiedlung für die innere Kolonisation erschien es


Krieg und Gedlandkultnr

verfolgt, die dem preußischen Fiskus gehörigen über 30000 Hektar großen Moore
in Hannover. Schleswig-Holstein usw. in einem Zeitraume von etwa 25 bis
30 Jahren zu besiedeln. Der für diesen Zweck ausgearbeitete Besiedlungsplan
berücksichtigte sowohl die reine Hochmoorkultur, als auch die Veenkultur, die darin
besteht, daß die zur Besiedlung nötigen Flächen zunächst abgetorft werden, der
Torf industriell benutzt und erst der Untergrund der landwirtschaftlichen Bebauung
und Besiedlung zugängig gemacht wird. Der gewonnene Torf soll nämlich nach
dem zur technischen Vollkommenheit gebrachten Verfahren von Dr. Caro und
Professor Frank verarbeitet und dabei neben schwefelsaurem Ammoniak, das zur
Düngung der abgetorsten und für die Kultur bestimmten Hochmoorflächen dient,
auch noch besonders billige elektrische Kraft gewonnen werden. Einen Teil der
Kraft will man für industrielle Zwecke, einen andern Teil für intensivere
Bebauung der zur Kultur bestimmten Flächen dienstbar machen. Durch das
Jneinanderarbeiten der beidenKolonisierungsmethoden, der rein-landwirtschaftlichen
und der industriell-landwirtschaftlichen, soll unter Aufwendung eines verhältnis¬
mäßig geringen Kapitals eine sehr intensive und schnell fortschreitende Besiedlung
der staatlichen Moore stattfinden.

Der landwirtschaftliche Teil der der Vorlage zugrundegelegten Denk¬
schrift ist von dem Regierungsrat von Schmeling-Erfurt und der technische
Teil von Dr. Caro-Berlin und I)r. Wolfs-Magdeburg verfaßt. Zuerst soll in
Angriff genommen werden eine in der Nähe zweier großer industriereicher
Handelsstädte belegene Fläche von etwa 14000 Hektar, von der 6000 Hektar
nach dem Caro-Frankschen Verfahren ausgenutzt und der Veenkultur unterworfen,
während 8000 Hektar der direkten landwirtschaftlichen Nutzung (Hochmoorkultur)
zugeführt werden sollen. Das Zustandekommen des Planes der Kolonisierung
der staatlichen Moore würde für Deutschland von ganz besonderer Bedeutung
sein, da neben den in staatlichem Besitze befindlichen Mooren noch über
2 Millionen Hektar Moore sich im Eigentum von Kommunen und Privaten
befinden, die der Ausschließung und Besiedlung harren.

Die Zentral-Moorkommission hatte in einer Resolution vom Oktober 1909
bereits ausgesprochen, daß die in langjährigen Versuchen wohlerprobten KuZtur-
und Siedlungsmethoden es gestatten, die Erschließung und Ansiedlung der deutschen
Moore in beschleunigtem Schrittmaße in Angriff zu nehmen. Man müsse hierbei
berücksichtigen, daß im Deutschen Reiche rund 4000 Ouadratmeilen unkultivierte
Hochmoore vorhanden sind. Hiervon entfallen auf Preußen etwa 50000 Hektar,
von denen 40000 Hektar in Hannover und der Rest in anderen Provinzen
gelegen ist. Nimmt man als durchschnittliche Stellengröße für die Be¬
siedlung der Moore 10 Hektar an, so wären in Preußen 50000 Siedlungen
zu schaffen, auf denen ein leistungsfähiger Bauernstand Platz finden könnte.
Bisher wurden aber nur durchschnittlich jährlich 15 Stellen gegründet, da der
preußische Staat nur 150000 Mark hierfür zur Verfügung stellte. Bei der
großen Bedeutung der Moorbesiedlung für die innere Kolonisation erschien es


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/323>, abgerufen am 15.05.2024.