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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Krieg und Gedlandkultur

werden, nehmen die Arbeiten einen so günstigen Fortgang, daß schon größere
Flächen für die Frühjahrsbestellung in Frage kommen. Um die Arbeiten noch
schneller fördern zu können, sollen weitere 1500 Kriegsgefangene dort be¬
schäftigt werden.

Es dürfte sich dabei wesentlich um russische Kriegsgefangene handeln, die
sich zweifellos am besten für die zum Teil schwere Arbeit eignen. Wenn diese
Gefangenen auch nicht dasselbe leisten wie die Berufsarbeiter in der Moorkultur,
so haben sie im allgemeinen doch den Erwartungen entsprochen. Jedenfalls
bietet sich für absehbare Zeit kaum wieder eine so günstige Gelegenheit, die
Moorkultur im großen Stile zu betreiben wie gerade jetzt. Die 2^ Millionen
Hektar Moorflächen im Deutschen Reiche können eine Quelle unermeßlichen
Wohlstandes für das deutsche Voll werden und Deutschland dem erstrebenswerten
Ziele, seine Versorgung mit Nahrungsmitteln vom Auslande unabhängig zu
machen, näher bringen. Die Regierung sollte daher mit allen Mitteln darauf
hinarbeiten, möglichst große Mengen der Kriegsgefangenen, die jetzt unseren
Verbrauch belasten, zu Moor- und Ödlandkulturarbeiten heranzuziehen -- ohne
Rücksicht auf die Dauer des Krieges, die zurzeit noch nicht abzusehen ist.
Etwaige örtliche Schwierigkeiten inbezug auf Unterkunft. Bewachung usw. der
Gefangenen können und müssen überwunden werden.

Zweifellos werden für diese Unternehmungen noch größere Mittel zur
Verfügung gestellt werden, sobald die Erfolge allgemein sichtbar geworden sind,
und selbstverständlich bleibt neben der Tätigkeit der Staatsregierung der privaten
Kolonisation ein weites Feld der Mitarbeit vorbehalten, nicht minder auch den
Provinzialverbänden, von denen namentlich der hannoversche recht gute Erfolge
verzeichnet. Wenn bei den Landtagsverhandlungen neuerdings die Gründung
gemeinnütziger Kulturgesellschaften angeregt werden wird, so hat man dabei das
gute Beispiel der gemeinnützigen Ansiedlungsbanken im Auge. Die Landes¬
kulturgesellschaften sollen sich vornehmlich die praktische Ausführung der Moor¬
kulturarbeiten zur Aufgabe machen; sie sind auch imstande, tüchtige Meliorations¬
techniker heranzuziehen.




Krieg und Gedlandkultur

werden, nehmen die Arbeiten einen so günstigen Fortgang, daß schon größere
Flächen für die Frühjahrsbestellung in Frage kommen. Um die Arbeiten noch
schneller fördern zu können, sollen weitere 1500 Kriegsgefangene dort be¬
schäftigt werden.

Es dürfte sich dabei wesentlich um russische Kriegsgefangene handeln, die
sich zweifellos am besten für die zum Teil schwere Arbeit eignen. Wenn diese
Gefangenen auch nicht dasselbe leisten wie die Berufsarbeiter in der Moorkultur,
so haben sie im allgemeinen doch den Erwartungen entsprochen. Jedenfalls
bietet sich für absehbare Zeit kaum wieder eine so günstige Gelegenheit, die
Moorkultur im großen Stile zu betreiben wie gerade jetzt. Die 2^ Millionen
Hektar Moorflächen im Deutschen Reiche können eine Quelle unermeßlichen
Wohlstandes für das deutsche Voll werden und Deutschland dem erstrebenswerten
Ziele, seine Versorgung mit Nahrungsmitteln vom Auslande unabhängig zu
machen, näher bringen. Die Regierung sollte daher mit allen Mitteln darauf
hinarbeiten, möglichst große Mengen der Kriegsgefangenen, die jetzt unseren
Verbrauch belasten, zu Moor- und Ödlandkulturarbeiten heranzuziehen — ohne
Rücksicht auf die Dauer des Krieges, die zurzeit noch nicht abzusehen ist.
Etwaige örtliche Schwierigkeiten inbezug auf Unterkunft. Bewachung usw. der
Gefangenen können und müssen überwunden werden.

Zweifellos werden für diese Unternehmungen noch größere Mittel zur
Verfügung gestellt werden, sobald die Erfolge allgemein sichtbar geworden sind,
und selbstverständlich bleibt neben der Tätigkeit der Staatsregierung der privaten
Kolonisation ein weites Feld der Mitarbeit vorbehalten, nicht minder auch den
Provinzialverbänden, von denen namentlich der hannoversche recht gute Erfolge
verzeichnet. Wenn bei den Landtagsverhandlungen neuerdings die Gründung
gemeinnütziger Kulturgesellschaften angeregt werden wird, so hat man dabei das
gute Beispiel der gemeinnützigen Ansiedlungsbanken im Auge. Die Landes¬
kulturgesellschaften sollen sich vornehmlich die praktische Ausführung der Moor¬
kulturarbeiten zur Aufgabe machen; sie sind auch imstande, tüchtige Meliorations¬
techniker heranzuziehen.




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[0326] Krieg und Gedlandkultur werden, nehmen die Arbeiten einen so günstigen Fortgang, daß schon größere Flächen für die Frühjahrsbestellung in Frage kommen. Um die Arbeiten noch schneller fördern zu können, sollen weitere 1500 Kriegsgefangene dort be¬ schäftigt werden. Es dürfte sich dabei wesentlich um russische Kriegsgefangene handeln, die sich zweifellos am besten für die zum Teil schwere Arbeit eignen. Wenn diese Gefangenen auch nicht dasselbe leisten wie die Berufsarbeiter in der Moorkultur, so haben sie im allgemeinen doch den Erwartungen entsprochen. Jedenfalls bietet sich für absehbare Zeit kaum wieder eine so günstige Gelegenheit, die Moorkultur im großen Stile zu betreiben wie gerade jetzt. Die 2^ Millionen Hektar Moorflächen im Deutschen Reiche können eine Quelle unermeßlichen Wohlstandes für das deutsche Voll werden und Deutschland dem erstrebenswerten Ziele, seine Versorgung mit Nahrungsmitteln vom Auslande unabhängig zu machen, näher bringen. Die Regierung sollte daher mit allen Mitteln darauf hinarbeiten, möglichst große Mengen der Kriegsgefangenen, die jetzt unseren Verbrauch belasten, zu Moor- und Ödlandkulturarbeiten heranzuziehen — ohne Rücksicht auf die Dauer des Krieges, die zurzeit noch nicht abzusehen ist. Etwaige örtliche Schwierigkeiten inbezug auf Unterkunft. Bewachung usw. der Gefangenen können und müssen überwunden werden. Zweifellos werden für diese Unternehmungen noch größere Mittel zur Verfügung gestellt werden, sobald die Erfolge allgemein sichtbar geworden sind, und selbstverständlich bleibt neben der Tätigkeit der Staatsregierung der privaten Kolonisation ein weites Feld der Mitarbeit vorbehalten, nicht minder auch den Provinzialverbänden, von denen namentlich der hannoversche recht gute Erfolge verzeichnet. Wenn bei den Landtagsverhandlungen neuerdings die Gründung gemeinnütziger Kulturgesellschaften angeregt werden wird, so hat man dabei das gute Beispiel der gemeinnützigen Ansiedlungsbanken im Auge. Die Landes¬ kulturgesellschaften sollen sich vornehmlich die praktische Ausführung der Moor¬ kulturarbeiten zur Aufgabe machen; sie sind auch imstande, tüchtige Meliorations¬ techniker heranzuziehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/326>, abgerufen am 15.05.2024.