Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Rechtsfrieden

Neben dem Justiznotariat oder Urkund- und Friedensamt kann aber auch
für tatsächlich und rechtlich geringfügigere Streitigkeiten das Institut der Schieds-
männer oder Friedensrichter, die man dann vielleicht besser als Justizamt¬
männer bezeichnete, bestehen bleiben, wenn es entsprechend meinen Vorschlägen
und der schon vor 18 Jahren im Deutschen Reichstage geäußerten Ansicht des
Vertreters des Preußischen Justizministers weiter ausgebaut wird. Näheres
darüber zu sagen, würde hier zu weit führen.

Den Zweck dieser Zeilen, die im allgemeinen Interesse des Staates wie
der Bevölkerung wichtige Frage der Güteverhandlungen weit mehr noch, als
es bisher geschehen ist, zur Erörterung zu bringen, und eine Stellungnahme
zu meinen Vorschlägen zu veranlassen, hoffe ich erreicht zu haben. Jeder
Mitarbeiter ist erwünscht und hochwillkomner, mag er nun meine Vorschläge
grundsätzlich billigen oder bessere an ihre Stelle setzen. Eine Verbesserung
bedarf vielleicht mein Vorschlag bezüglich eines festen Gehaltes für die Urkund-
und Friedensbeamten. Letzteren könnte statt dessen ähnlich, wie ich dies schon früher
für das reine Notariat vorgeschlagen habe, ein Mindesteinkommen staatlich gewähr¬
leistet werden, darüber hinaus könnten sie mit einem kleinen, allmählich sinkenden
Anteil, beteiligt werden, ähnlich wie dies heute schon bei den Reichsbank-
direktoren und den durch ihre Tätigkeit dem Staate zufließenden Einnahmen
der Fall ist. Doch würde in einem solchen Falle das garantierte Mindestgehalt auf
mindestens 6000M. erhöht und anderseits der Beteiligungsanteil ein weit geringerer
werden müssen, als ich früher vorgeschlagen hube. -- Anderer Ansicht wird
man insbesondere auch darüber sein können, ob nicht doch, entgegen meinen
Vorschlägen ein Zwang zur Anrufung des Friedensamts vor dem Beginne der
Prozeßführung, den ich nach reiflicher Überlegung abgelehnt habe, richtiger sein
würde. Wie nun aber auch die wichtige Frage gelöst werden mag. die Hauptsache ist.
daß sie nicht eher wieder aus der Diskussion verschwindet, als bis sie ihre gesetzliche
Regelung gesunden hat, und wir uns dem allseitig erkannten Segen, den die
jetzigen Kriegsnot-Einigungsämter unserer Bevölkerung gebracht haben, auch für
die kommende Friedenszeit erhalten haben, zum Besten des Allgemeinwohls und
zur Besserung des Verhältnisses zwischen der Bevölkerung und der Staatsgewalt!




22"
Rechtsfrieden

Neben dem Justiznotariat oder Urkund- und Friedensamt kann aber auch
für tatsächlich und rechtlich geringfügigere Streitigkeiten das Institut der Schieds-
männer oder Friedensrichter, die man dann vielleicht besser als Justizamt¬
männer bezeichnete, bestehen bleiben, wenn es entsprechend meinen Vorschlägen
und der schon vor 18 Jahren im Deutschen Reichstage geäußerten Ansicht des
Vertreters des Preußischen Justizministers weiter ausgebaut wird. Näheres
darüber zu sagen, würde hier zu weit führen.

Den Zweck dieser Zeilen, die im allgemeinen Interesse des Staates wie
der Bevölkerung wichtige Frage der Güteverhandlungen weit mehr noch, als
es bisher geschehen ist, zur Erörterung zu bringen, und eine Stellungnahme
zu meinen Vorschlägen zu veranlassen, hoffe ich erreicht zu haben. Jeder
Mitarbeiter ist erwünscht und hochwillkomner, mag er nun meine Vorschläge
grundsätzlich billigen oder bessere an ihre Stelle setzen. Eine Verbesserung
bedarf vielleicht mein Vorschlag bezüglich eines festen Gehaltes für die Urkund-
und Friedensbeamten. Letzteren könnte statt dessen ähnlich, wie ich dies schon früher
für das reine Notariat vorgeschlagen habe, ein Mindesteinkommen staatlich gewähr¬
leistet werden, darüber hinaus könnten sie mit einem kleinen, allmählich sinkenden
Anteil, beteiligt werden, ähnlich wie dies heute schon bei den Reichsbank-
direktoren und den durch ihre Tätigkeit dem Staate zufließenden Einnahmen
der Fall ist. Doch würde in einem solchen Falle das garantierte Mindestgehalt auf
mindestens 6000M. erhöht und anderseits der Beteiligungsanteil ein weit geringerer
werden müssen, als ich früher vorgeschlagen hube. — Anderer Ansicht wird
man insbesondere auch darüber sein können, ob nicht doch, entgegen meinen
Vorschlägen ein Zwang zur Anrufung des Friedensamts vor dem Beginne der
Prozeßführung, den ich nach reiflicher Überlegung abgelehnt habe, richtiger sein
würde. Wie nun aber auch die wichtige Frage gelöst werden mag. die Hauptsache ist.
daß sie nicht eher wieder aus der Diskussion verschwindet, als bis sie ihre gesetzliche
Regelung gesunden hat, und wir uns dem allseitig erkannten Segen, den die
jetzigen Kriegsnot-Einigungsämter unserer Bevölkerung gebracht haben, auch für
die kommende Friedenszeit erhalten haben, zum Besten des Allgemeinwohls und
zur Besserung des Verhältnisses zwischen der Bevölkerung und der Staatsgewalt!




22»
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0351" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323448"/>
          <fw type="header" place="top"> Rechtsfrieden</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1169"> Neben dem Justiznotariat oder Urkund- und Friedensamt kann aber auch<lb/>
für tatsächlich und rechtlich geringfügigere Streitigkeiten das Institut der Schieds-<lb/>
männer oder Friedensrichter, die man dann vielleicht besser als Justizamt¬<lb/>
männer bezeichnete, bestehen bleiben, wenn es entsprechend meinen Vorschlägen<lb/>
und der schon vor 18 Jahren im Deutschen Reichstage geäußerten Ansicht des<lb/>
Vertreters des Preußischen Justizministers weiter ausgebaut wird. Näheres<lb/>
darüber zu sagen, würde hier zu weit führen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1170"> Den Zweck dieser Zeilen, die im allgemeinen Interesse des Staates wie<lb/>
der Bevölkerung wichtige Frage der Güteverhandlungen weit mehr noch, als<lb/>
es bisher geschehen ist, zur Erörterung zu bringen, und eine Stellungnahme<lb/>
zu meinen Vorschlägen zu veranlassen, hoffe ich erreicht zu haben. Jeder<lb/>
Mitarbeiter ist erwünscht und hochwillkomner, mag er nun meine Vorschläge<lb/>
grundsätzlich billigen oder bessere an ihre Stelle setzen. Eine Verbesserung<lb/>
bedarf vielleicht mein Vorschlag bezüglich eines festen Gehaltes für die Urkund-<lb/>
und Friedensbeamten. Letzteren könnte statt dessen ähnlich, wie ich dies schon früher<lb/>
für das reine Notariat vorgeschlagen habe, ein Mindesteinkommen staatlich gewähr¬<lb/>
leistet werden, darüber hinaus könnten sie mit einem kleinen, allmählich sinkenden<lb/>
Anteil, beteiligt werden, ähnlich wie dies heute schon bei den Reichsbank-<lb/>
direktoren und den durch ihre Tätigkeit dem Staate zufließenden Einnahmen<lb/>
der Fall ist. Doch würde in einem solchen Falle das garantierte Mindestgehalt auf<lb/>
mindestens 6000M. erhöht und anderseits der Beteiligungsanteil ein weit geringerer<lb/>
werden müssen, als ich früher vorgeschlagen hube. &#x2014; Anderer Ansicht wird<lb/>
man insbesondere auch darüber sein können, ob nicht doch, entgegen meinen<lb/>
Vorschlägen ein Zwang zur Anrufung des Friedensamts vor dem Beginne der<lb/>
Prozeßführung, den ich nach reiflicher Überlegung abgelehnt habe, richtiger sein<lb/>
würde. Wie nun aber auch die wichtige Frage gelöst werden mag. die Hauptsache ist.<lb/>
daß sie nicht eher wieder aus der Diskussion verschwindet, als bis sie ihre gesetzliche<lb/>
Regelung gesunden hat, und wir uns dem allseitig erkannten Segen, den die<lb/>
jetzigen Kriegsnot-Einigungsämter unserer Bevölkerung gebracht haben, auch für<lb/>
die kommende Friedenszeit erhalten haben, zum Besten des Allgemeinwohls und<lb/>
zur Besserung des Verhältnisses zwischen der Bevölkerung und der Staatsgewalt!</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 22»</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0351] Rechtsfrieden Neben dem Justiznotariat oder Urkund- und Friedensamt kann aber auch für tatsächlich und rechtlich geringfügigere Streitigkeiten das Institut der Schieds- männer oder Friedensrichter, die man dann vielleicht besser als Justizamt¬ männer bezeichnete, bestehen bleiben, wenn es entsprechend meinen Vorschlägen und der schon vor 18 Jahren im Deutschen Reichstage geäußerten Ansicht des Vertreters des Preußischen Justizministers weiter ausgebaut wird. Näheres darüber zu sagen, würde hier zu weit führen. Den Zweck dieser Zeilen, die im allgemeinen Interesse des Staates wie der Bevölkerung wichtige Frage der Güteverhandlungen weit mehr noch, als es bisher geschehen ist, zur Erörterung zu bringen, und eine Stellungnahme zu meinen Vorschlägen zu veranlassen, hoffe ich erreicht zu haben. Jeder Mitarbeiter ist erwünscht und hochwillkomner, mag er nun meine Vorschläge grundsätzlich billigen oder bessere an ihre Stelle setzen. Eine Verbesserung bedarf vielleicht mein Vorschlag bezüglich eines festen Gehaltes für die Urkund- und Friedensbeamten. Letzteren könnte statt dessen ähnlich, wie ich dies schon früher für das reine Notariat vorgeschlagen habe, ein Mindesteinkommen staatlich gewähr¬ leistet werden, darüber hinaus könnten sie mit einem kleinen, allmählich sinkenden Anteil, beteiligt werden, ähnlich wie dies heute schon bei den Reichsbank- direktoren und den durch ihre Tätigkeit dem Staate zufließenden Einnahmen der Fall ist. Doch würde in einem solchen Falle das garantierte Mindestgehalt auf mindestens 6000M. erhöht und anderseits der Beteiligungsanteil ein weit geringerer werden müssen, als ich früher vorgeschlagen hube. — Anderer Ansicht wird man insbesondere auch darüber sein können, ob nicht doch, entgegen meinen Vorschlägen ein Zwang zur Anrufung des Friedensamts vor dem Beginne der Prozeßführung, den ich nach reiflicher Überlegung abgelehnt habe, richtiger sein würde. Wie nun aber auch die wichtige Frage gelöst werden mag. die Hauptsache ist. daß sie nicht eher wieder aus der Diskussion verschwindet, als bis sie ihre gesetzliche Regelung gesunden hat, und wir uns dem allseitig erkannten Segen, den die jetzigen Kriegsnot-Einigungsämter unserer Bevölkerung gebracht haben, auch für die kommende Friedenszeit erhalten haben, zum Besten des Allgemeinwohls und zur Besserung des Verhältnisses zwischen der Bevölkerung und der Staatsgewalt! 22»

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/351
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/351>, abgerufen am 14.05.2024.