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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Neue Entwicklungstendenzen des Neutralitätsrechts

Die Frage, ob die Vereinigten Staaten von Amerika nicht moralisch ver¬
pflichtet wären, Deutschland in dem unwahrscheinlichen Falle, daß es einer
fremden Anleihe bedürfte, eine solche in Amerika deshalb zu gestatten, weil
von dort aus ungeheure Waffenlieferungen an unsere Feinde gemacht worden
find, soll hier nicht erörtert werden. Denn es kommt mir hier nicht darauf
an, zu zeigen, wie sich das geltende Recht zu dieser äußerst bestrittenen Frage stellt,
sondern ich will lediglich die Entwicklungslinie aufzeichnen, die wir aufs deut¬
lichste feststellen können. Die Tendenz der allerneuesten Entwicklung, so sagt
Dr. Strupp in seinem bemerkenswerten Buche über "Das internationale Land¬
kriegsrecht" (Frankfurt a. M., 1914 S. 137) scheint darauf gerichtet zu sein,
Anleihen als neutralitätswidrige Unterstützungen Kriegführender anzusehen.

Diese beiden wichtigen Beispiele zeigen deutlich, wie stark diese Materie
neuerdings im Flusse ist, und wenn man sich weiter vergegenwärtigt, welchen
Einfluß das Auftreten der Unterseeboote auf das Seekriegsrecht hat, so wird
man sich eine Vorstellung davon machen können, welche Umwälzungen der gegen¬
wärtige Krieg dem Seekriegs- und Neutralitätsrecht der Zukunft bringen wird.




Neue Entwicklungstendenzen des Neutralitätsrechts

Die Frage, ob die Vereinigten Staaten von Amerika nicht moralisch ver¬
pflichtet wären, Deutschland in dem unwahrscheinlichen Falle, daß es einer
fremden Anleihe bedürfte, eine solche in Amerika deshalb zu gestatten, weil
von dort aus ungeheure Waffenlieferungen an unsere Feinde gemacht worden
find, soll hier nicht erörtert werden. Denn es kommt mir hier nicht darauf
an, zu zeigen, wie sich das geltende Recht zu dieser äußerst bestrittenen Frage stellt,
sondern ich will lediglich die Entwicklungslinie aufzeichnen, die wir aufs deut¬
lichste feststellen können. Die Tendenz der allerneuesten Entwicklung, so sagt
Dr. Strupp in seinem bemerkenswerten Buche über „Das internationale Land¬
kriegsrecht" (Frankfurt a. M., 1914 S. 137) scheint darauf gerichtet zu sein,
Anleihen als neutralitätswidrige Unterstützungen Kriegführender anzusehen.

Diese beiden wichtigen Beispiele zeigen deutlich, wie stark diese Materie
neuerdings im Flusse ist, und wenn man sich weiter vergegenwärtigt, welchen
Einfluß das Auftreten der Unterseeboote auf das Seekriegsrecht hat, so wird
man sich eine Vorstellung davon machen können, welche Umwälzungen der gegen¬
wärtige Krieg dem Seekriegs- und Neutralitätsrecht der Zukunft bringen wird.




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[0370] Neue Entwicklungstendenzen des Neutralitätsrechts Die Frage, ob die Vereinigten Staaten von Amerika nicht moralisch ver¬ pflichtet wären, Deutschland in dem unwahrscheinlichen Falle, daß es einer fremden Anleihe bedürfte, eine solche in Amerika deshalb zu gestatten, weil von dort aus ungeheure Waffenlieferungen an unsere Feinde gemacht worden find, soll hier nicht erörtert werden. Denn es kommt mir hier nicht darauf an, zu zeigen, wie sich das geltende Recht zu dieser äußerst bestrittenen Frage stellt, sondern ich will lediglich die Entwicklungslinie aufzeichnen, die wir aufs deut¬ lichste feststellen können. Die Tendenz der allerneuesten Entwicklung, so sagt Dr. Strupp in seinem bemerkenswerten Buche über „Das internationale Land¬ kriegsrecht" (Frankfurt a. M., 1914 S. 137) scheint darauf gerichtet zu sein, Anleihen als neutralitätswidrige Unterstützungen Kriegführender anzusehen. Diese beiden wichtigen Beispiele zeigen deutlich, wie stark diese Materie neuerdings im Flusse ist, und wenn man sich weiter vergegenwärtigt, welchen Einfluß das Auftreten der Unterseeboote auf das Seekriegsrecht hat, so wird man sich eine Vorstellung davon machen können, welche Umwälzungen der gegen¬ wärtige Krieg dem Seekriegs- und Neutralitätsrecht der Zukunft bringen wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/370>, abgerufen am 15.05.2024.