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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Kr die Ariegsgewinnsteuer
Justizrat Bamberger Von

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M!le Einwendungen, die Professor Wittschewsky gegen die Kriegs¬
gewinnsteuer erhebt, haben keine überzeugende Kraft. Es ist
nicht verständlich, weswegen nur die äußerste Notwendigkeit es
rechtfertigen soll, eine Kriegssteuer von den Kapitalisten zu er-
^ erheben. Von mittellosen Arbeitern und Handwerkern kann man
sie gewiß nicht einfordern. Übrigens handelt es sich bei der Steuer, für die
aufsteigende Sätze von 5 bis 20 Prozent empfohlen sind, nicht nur um Kapitalisten,
sondern um alle diejenigen, die in den Kriegsjahren mehr verdienen, als im
Durchschnitt der drei vorhergehenden Rechnungsjahre. Liegen diese Voraus¬
setzungen vor. so wären auch Landwirte und Rentner in Höhe des Über¬
schusses zu der Steuer heranzuziehen, die letzteren beispielsweise, wenn ihr
Besitz an Aktien, etwa von Waffenfabriken, ihnen ein höheres Einkommen ge¬
währen sollte, als in Friedenszeiten. In allen diesen Fällen ist Kriegsgewinn
vorhanden. Doch muß dem Steuerpflichtigen für den einzelnen Fall der
Gegenbeweis offen stehen. -- Im allgemeinen kann man davon ausgehen, daß
jeder nach der finanziellen Seite hin zufrieden ist, wenn er in dieser Zeit des
Krieges annähernd so gestellt ist, wie vordem, und wer zusetzen muß, ist zu¬
frieden, wenn er etwas zuzusetzen hat. Wer hingegen infolge des Krieges ein
höheres Einkommen hat, als vorher, der ist so begünstigt, daß man ihm nicht
zu nahe tritt, wenn man ihn zu einer Abgabe vom Überschuß an die Gesamtheit
heranzieht. Das ist das gute Recht der Gesamtheit, weil aus ihren Mitteln
dem einzelnen sein Gewinn zugeflossen ist. Es besteht doch ein schroffer
Gegensatz zwischen der Lage der großen Mehrheit der Bevölkerung, die für den
Unterhalt ihres Lebens jetzt auf bescheidene Unterstützungen angewiesen ist, und
der Lage einer Minderheit, die in derselben Zeit und aus demselben Anlaß
Gewinne bis in die Hunderttausende und Millionen einstreicht. Der Wider¬
spruch verlangt nach einem Ausgleich. Wenn Wittschewsky die Erschließung
dieser Einkommenquelle für das Reich als überflüssig erachtet, indem er auf
das günstige Ergebnis der beiden Kriegsanleihen hinweist, so scheint er zu
übersehen, daß der Krieg noch nicht beendet ist und daß das Reich im Wege
der Anleihen doch nur Schulden gemacht hat, 14000 Millionen Mark Schulden,


Grenzboten II 1916 8


Kr die Ariegsgewinnsteuer
Justizrat Bamberger Von

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M!le Einwendungen, die Professor Wittschewsky gegen die Kriegs¬
gewinnsteuer erhebt, haben keine überzeugende Kraft. Es ist
nicht verständlich, weswegen nur die äußerste Notwendigkeit es
rechtfertigen soll, eine Kriegssteuer von den Kapitalisten zu er-
^ erheben. Von mittellosen Arbeitern und Handwerkern kann man
sie gewiß nicht einfordern. Übrigens handelt es sich bei der Steuer, für die
aufsteigende Sätze von 5 bis 20 Prozent empfohlen sind, nicht nur um Kapitalisten,
sondern um alle diejenigen, die in den Kriegsjahren mehr verdienen, als im
Durchschnitt der drei vorhergehenden Rechnungsjahre. Liegen diese Voraus¬
setzungen vor. so wären auch Landwirte und Rentner in Höhe des Über¬
schusses zu der Steuer heranzuziehen, die letzteren beispielsweise, wenn ihr
Besitz an Aktien, etwa von Waffenfabriken, ihnen ein höheres Einkommen ge¬
währen sollte, als in Friedenszeiten. In allen diesen Fällen ist Kriegsgewinn
vorhanden. Doch muß dem Steuerpflichtigen für den einzelnen Fall der
Gegenbeweis offen stehen. — Im allgemeinen kann man davon ausgehen, daß
jeder nach der finanziellen Seite hin zufrieden ist, wenn er in dieser Zeit des
Krieges annähernd so gestellt ist, wie vordem, und wer zusetzen muß, ist zu¬
frieden, wenn er etwas zuzusetzen hat. Wer hingegen infolge des Krieges ein
höheres Einkommen hat, als vorher, der ist so begünstigt, daß man ihm nicht
zu nahe tritt, wenn man ihn zu einer Abgabe vom Überschuß an die Gesamtheit
heranzieht. Das ist das gute Recht der Gesamtheit, weil aus ihren Mitteln
dem einzelnen sein Gewinn zugeflossen ist. Es besteht doch ein schroffer
Gegensatz zwischen der Lage der großen Mehrheit der Bevölkerung, die für den
Unterhalt ihres Lebens jetzt auf bescheidene Unterstützungen angewiesen ist, und
der Lage einer Minderheit, die in derselben Zeit und aus demselben Anlaß
Gewinne bis in die Hunderttausende und Millionen einstreicht. Der Wider¬
spruch verlangt nach einem Ausgleich. Wenn Wittschewsky die Erschließung
dieser Einkommenquelle für das Reich als überflüssig erachtet, indem er auf
das günstige Ergebnis der beiden Kriegsanleihen hinweist, so scheint er zu
übersehen, daß der Krieg noch nicht beendet ist und daß das Reich im Wege
der Anleihen doch nur Schulden gemacht hat, 14000 Millionen Mark Schulden,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/125>, abgerufen am 15.05.2024.