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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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Die vereinigten Staaten von Amerika und Japan

geschätzten chinesischen Kukis sehr willkommen waren. Die rasch anwachsende
Zahl der japanischen Bevölkerung auf Hawai erregte bald die Aufmerksamkeit
der amerikanischen Staatsmänner und zweifellos ist die Besorgnis vor einer
Japanisierung dieser Inselgruppe ein Grund gewesen, der bei der Annexion
von Hawai durch die Vereinigten Staaten im Juli 1898 in bedeutendem
Maße angesprochen hat*).

Erst nach der Annexion von Hawai beginnt die Zeit der Masseneinwanderung
von Japanern nach dem amerikanischen Festlande, die sich zunächst fast aus¬
schließlich nach Kalifornien wendete, wo die Japaner -- das kann wohl kaum
geleugnet werden -- hervorragenden Anteil an der Entwicklung des in der
ganzen Welt bekannten kalifornischen Obst- und Gemüsebaus gehabt haben.

Alsbald nahm diese Einwanderung einen ungeahnten, in den Weststaaten
der Union wenig erwünschten Umfang an. Die Einwanderungsstatistik für die
Jahre 1901 bis 1906 ergab eine Einwanderung von 79 000 Japanern, die
teils direkt von den japanischen Inseln, größtenteils aber auf dem Umwege
über Hawai nach den Vereinigten Staaten kamen. Im Jahre 1906/07 stieg
die Zahl der japanischen Einwanderer sogar auf 30 824**).

Diese immer stärkere Einwanderung des japanischen Elements und die sich
aus ihr ergebenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen erregten immer mehr
die Besorgnis der Weißen in Kalifornien vor einer Überschwemmung der
Pazifik-Küste durch die gelbe Rasse. Im Jahre 1906 kam die Asiatenfrage
schließlich ins Rollen. Mag auch dem bekannten Schulstreite in San Francisko
von mancher amerikanischen Seite jegliche Bedeutung abgesprochen werden***),
er ist doch der erste Ausbruch des immer stärker werdenden Rassegefühls im
Westen der Vereinigten Staaten und damit des Gegensatzes gegen die gelben
Eindringlinge. Zwar wurde der Schulstreit bald beigelegt; die Vereinigten
Staaten gaben den Protesten der japanischen Regierung gegenüber klein bei,
und Präsident Roosevelt erklärte in seiner Botschaft vom 4. Dezember 1906 die
Haltung der kalifornischen Behörden in dieser Frage für den Verträgen zwischen
der Union und Japan widersprechend. Aber an eine endgültige Beilegung der
japanischen Frage war nicht im entferntesten zu denken.

Die gesetzgebenden Körperschaften gaben dem Drängen der Weststaaten in
Washington schließlich nach, und das Gesetz vom März 1907 brachte eine be¬
deutende Einschränkung der Einwanderung gelber Arbeiter. Durch gleichzeitige





*) Vergleiche Coolidge: a. a. O-, Seite 333.
**
) Vergleiche Rathgen: "Die Japaner in der Weltwirtschaft," Seite 126.
*
**) Vergleiche zum Beispiel Starr Jordan: "Kewtions ol ^span ana the llniteä States"
(bei Blakeslee, a. a. O.) Seite S. -- Wenn Reinsch a. a. O. Seite 191 meint, dah weder
für die U. S. A. noch für Japan eine Frage vorlag, deren Wichtigkeit einen Krieg möglich
gemacht haben könnte, so können wir ihm darin allerdings beistimmen. Darum ist aber diese
Frage nicht weniger bedeutsam und wichtig für die Beurteilung der ganzen amerikanisch¬
japanischen Frage.
Die vereinigten Staaten von Amerika und Japan

geschätzten chinesischen Kukis sehr willkommen waren. Die rasch anwachsende
Zahl der japanischen Bevölkerung auf Hawai erregte bald die Aufmerksamkeit
der amerikanischen Staatsmänner und zweifellos ist die Besorgnis vor einer
Japanisierung dieser Inselgruppe ein Grund gewesen, der bei der Annexion
von Hawai durch die Vereinigten Staaten im Juli 1898 in bedeutendem
Maße angesprochen hat*).

Erst nach der Annexion von Hawai beginnt die Zeit der Masseneinwanderung
von Japanern nach dem amerikanischen Festlande, die sich zunächst fast aus¬
schließlich nach Kalifornien wendete, wo die Japaner — das kann wohl kaum
geleugnet werden — hervorragenden Anteil an der Entwicklung des in der
ganzen Welt bekannten kalifornischen Obst- und Gemüsebaus gehabt haben.

Alsbald nahm diese Einwanderung einen ungeahnten, in den Weststaaten
der Union wenig erwünschten Umfang an. Die Einwanderungsstatistik für die
Jahre 1901 bis 1906 ergab eine Einwanderung von 79 000 Japanern, die
teils direkt von den japanischen Inseln, größtenteils aber auf dem Umwege
über Hawai nach den Vereinigten Staaten kamen. Im Jahre 1906/07 stieg
die Zahl der japanischen Einwanderer sogar auf 30 824**).

Diese immer stärkere Einwanderung des japanischen Elements und die sich
aus ihr ergebenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen erregten immer mehr
die Besorgnis der Weißen in Kalifornien vor einer Überschwemmung der
Pazifik-Küste durch die gelbe Rasse. Im Jahre 1906 kam die Asiatenfrage
schließlich ins Rollen. Mag auch dem bekannten Schulstreite in San Francisko
von mancher amerikanischen Seite jegliche Bedeutung abgesprochen werden***),
er ist doch der erste Ausbruch des immer stärker werdenden Rassegefühls im
Westen der Vereinigten Staaten und damit des Gegensatzes gegen die gelben
Eindringlinge. Zwar wurde der Schulstreit bald beigelegt; die Vereinigten
Staaten gaben den Protesten der japanischen Regierung gegenüber klein bei,
und Präsident Roosevelt erklärte in seiner Botschaft vom 4. Dezember 1906 die
Haltung der kalifornischen Behörden in dieser Frage für den Verträgen zwischen
der Union und Japan widersprechend. Aber an eine endgültige Beilegung der
japanischen Frage war nicht im entferntesten zu denken.

Die gesetzgebenden Körperschaften gaben dem Drängen der Weststaaten in
Washington schließlich nach, und das Gesetz vom März 1907 brachte eine be¬
deutende Einschränkung der Einwanderung gelber Arbeiter. Durch gleichzeitige





*) Vergleiche Coolidge: a. a. O-, Seite 333.
**
) Vergleiche Rathgen: „Die Japaner in der Weltwirtschaft," Seite 126.
*
**) Vergleiche zum Beispiel Starr Jordan: „Kewtions ol ^span ana the llniteä States"
(bei Blakeslee, a. a. O.) Seite S. — Wenn Reinsch a. a. O. Seite 191 meint, dah weder
für die U. S. A. noch für Japan eine Frage vorlag, deren Wichtigkeit einen Krieg möglich
gemacht haben könnte, so können wir ihm darin allerdings beistimmen. Darum ist aber diese
Frage nicht weniger bedeutsam und wichtig für die Beurteilung der ganzen amerikanisch¬
japanischen Frage.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/51>, abgerufen am 05.05.2024.