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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

nehmen soll. Will man uns zu Knechten der
Etymologie machen? Sollen wir uns bei
jedem Wort, das uns in den Mund kommt,
die bange Frage vorlegen: ist eS auch durch
und durch deutsch, läßt sich wenigstens sein
Stamm in der Geschichte der deutschen Sprache
nachweisen oder ist es etwa mal einer fremden
Sprache entnommen? Und wo ist die Grenze
zwischen Lehnwort und Fremdwort? Darüber
sind sich noch nicht einmal die Gelehrten
einig. Und ebensowenig die Sprachschöpfer
über die Verdeutschung der Fremdwörter. Und
wer will sich anmaßen, hier Vorschriften zu
geben, der Gesetzgeber und Zuchtmeister unserer
freien deutschen Sprache zu werden? Sind
die Worte der Sprache wegen da oder ist

nicht vielmehr die Sprache bloß Mittel zum
Zweck? Wenn ich spreche, wenn ich schreibe,
ist meine erste Sorge nicht die: kann ich
auch alles vor dem heiligen Duden verant¬
worten, sondern: mit welchem verständlichen
Wort kann ich den Gedanken, den mein Ge¬
hirn klar und fest erkannt hat, auch klar und
bestimmt zum sichtbaren oder hörbaren Aus¬
druck bringen. Und wenn mir das nur mit
einem Fremdwort gelingt, so zögert vielleicht
mein geschärftes Patriotisches Gewissen einen
Augenblick. Dann aber freue ich mich, daß
unsere Sprache so reich und so helläugig ist.
Echtes Deutschtum glaube ich eher in der
Klarheit als in etymologischer Gymnastik zu
Dr. Fritz Roexke sehen.




Allen Manuskripte" ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rncksendm,,?
nicht verbürgt werden kann.




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Verlag: Berlag der "r-nzboten <K. in. b. H. in Berlin SV/ 11, Tem^elhoser Ufer L5".
Druck: .Der Reichsbote" B, in. S. H. in Berlin SV 11. Dessauer StroK" AUi!7,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

nehmen soll. Will man uns zu Knechten der
Etymologie machen? Sollen wir uns bei
jedem Wort, das uns in den Mund kommt,
die bange Frage vorlegen: ist eS auch durch
und durch deutsch, läßt sich wenigstens sein
Stamm in der Geschichte der deutschen Sprache
nachweisen oder ist es etwa mal einer fremden
Sprache entnommen? Und wo ist die Grenze
zwischen Lehnwort und Fremdwort? Darüber
sind sich noch nicht einmal die Gelehrten
einig. Und ebensowenig die Sprachschöpfer
über die Verdeutschung der Fremdwörter. Und
wer will sich anmaßen, hier Vorschriften zu
geben, der Gesetzgeber und Zuchtmeister unserer
freien deutschen Sprache zu werden? Sind
die Worte der Sprache wegen da oder ist

nicht vielmehr die Sprache bloß Mittel zum
Zweck? Wenn ich spreche, wenn ich schreibe,
ist meine erste Sorge nicht die: kann ich
auch alles vor dem heiligen Duden verant¬
worten, sondern: mit welchem verständlichen
Wort kann ich den Gedanken, den mein Ge¬
hirn klar und fest erkannt hat, auch klar und
bestimmt zum sichtbaren oder hörbaren Aus¬
druck bringen. Und wenn mir das nur mit
einem Fremdwort gelingt, so zögert vielleicht
mein geschärftes Patriotisches Gewissen einen
Augenblick. Dann aber freue ich mich, daß
unsere Sprache so reich und so helläugig ist.
Echtes Deutschtum glaube ich eher in der
Klarheit als in etymologischer Gymnastik zu
Dr. Fritz Roexke sehen.




Allen Manuskripte» ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rncksendm,,?
nicht verbürgt werden kann.




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[0044] Maßgebliches und Unmaßgebliches nehmen soll. Will man uns zu Knechten der Etymologie machen? Sollen wir uns bei jedem Wort, das uns in den Mund kommt, die bange Frage vorlegen: ist eS auch durch und durch deutsch, läßt sich wenigstens sein Stamm in der Geschichte der deutschen Sprache nachweisen oder ist es etwa mal einer fremden Sprache entnommen? Und wo ist die Grenze zwischen Lehnwort und Fremdwort? Darüber sind sich noch nicht einmal die Gelehrten einig. Und ebensowenig die Sprachschöpfer über die Verdeutschung der Fremdwörter. Und wer will sich anmaßen, hier Vorschriften zu geben, der Gesetzgeber und Zuchtmeister unserer freien deutschen Sprache zu werden? Sind die Worte der Sprache wegen da oder ist nicht vielmehr die Sprache bloß Mittel zum Zweck? Wenn ich spreche, wenn ich schreibe, ist meine erste Sorge nicht die: kann ich auch alles vor dem heiligen Duden verant¬ worten, sondern: mit welchem verständlichen Wort kann ich den Gedanken, den mein Ge¬ hirn klar und fest erkannt hat, auch klar und bestimmt zum sichtbaren oder hörbaren Aus¬ druck bringen. Und wenn mir das nur mit einem Fremdwort gelingt, so zögert vielleicht mein geschärftes Patriotisches Gewissen einen Augenblick. Dann aber freue ich mich, daß unsere Sprache so reich und so helläugig ist. Echtes Deutschtum glaube ich eher in der Klarheit als in etymologischer Gymnastik zu Dr. Fritz Roexke sehen. Allen Manuskripte» ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rncksendm,,? nicht verbürgt werden kann. N»q»r»et sämtlicher «»söll«« ««r mit ausdrücklicher Erlaub»!« »es »rrlags gestärket, »«ianrwortlich: der H-ran»e«ber «e-rg Sleinow in Berlin-Lichterseld-West. — Manullriptleudungen »5i Bri-je werden erbeten unter der Adresse: «» den Prranszeber der Grenzbatc» i« Berlin-Lichter seid- West, Sternftraße ««. A»rnspr«cher l>e« Herausgeber»: Amt Lichterseld- «93, de« Verlag« und der Schriftl-itung: Amt Lindow MS Verlag: Berlag der «r-nzboten <K. in. b. H. in Berlin SV/ 11, Tem^elhoser Ufer L5». Druck: .Der Reichsbote" B, in. S. H. in Berlin SV 11. Dessauer StroK» AUi!7,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/44>, abgerufen am 17.06.2024.