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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Beiträge zur Politik des Fernen Gödens

China stärker interessierten Mächte die führende Rolle (tre actual controllinZ in-
fluenLe) Japan vorbehalten sein müsse. Selbstverständlich würden die Mittelmächte
in einer solchen Regierung, wenn sie noch während des Krieges zustande kommt, so
lange keine Vertretung finden können, bis der Friede wieder hergestellt ist."

Es ist interessant, das Echo solcher Äußerungen in der englischen Presse,
speziell in den Blättern des Fernen Ostens und in der Londoner Presse, die
jenen Ländern besondere Aufmerksamkeit schenkt, zu verfolgen. So schreibt
"The London and China Telegraph" vom 12. Juni:

"Japans Absichten mit Bezug auf China sind augenblicklich Gegenstand
lebhafter Diskussion in einem Teile der Presse des Fernen Ostens. Wenn
auch vieles dabei lediglich auf Gerüchte und eitle Spekulationen der Artikel¬
schreiber zurückzuführen ist, so verdient der Gegenstand doch volle Aufmerksam¬
keit, und es sollte demgemäß mit größter Umsicht darüber berichtet werden.
Weit davon entfernt, sehen wir aber, daß den japanischen Staatsmännern
kritiklos allerhand wilde Eroberungspläne in Bezug auf China zugeschrieben
werden. So wird uns berichtet, daß Japan eifrig die chinesischen Revolutionäre
unterstütze, daß es im Begriff stehe, ein Abkommen mit Rußland zu unter¬
zeichnen, das ihm die Vorherrschaft in China sichern würde, und daß mit Aus¬
sicht auf Erfolg Versuche gemacht werden, ein deutsch-japanisches Bündnis nach
dem Kriege zustande zu bringen. Es wäre natürlich töricht, Japans starke
Interessen in China zu übersehen oder anzunehmen, daß es nicht jede Ge¬
legenheit benutzen wird, um diese Interessen mit aller Kraft wahrzunehmen.
Aber es besteht kein Grund für die Annahme, daß Japan das nicht in freund¬
schaftlichem Wettbewerb und Seite an Seite mit den anderen fremden Mächten
durchzuführen beabsichtigt, die in China Interessen haben. In der Tat hat
Baron Kato in einer jüngst gehaltenen Rede, die an die Adresse des englischen
Volkes gerichtet war, mit Bezug auf das englisch-japanische Bündnis bemerkt,
daß zeitweilige Meinungsverschiedenheiten zwischen den Alliierten keinen ge¬
nügenden Grund für die Auflösung des Bündnisses abgeben, daß vielmehr die
engen Beziehungen, die das Bündnis mit sich bringt, bei Auseinandersetzungen
über die beiderseitigen Ansprüche ihre Nützlichkeit erweisen würden und so jeder
unangenehme Konflikt vermieden werde. Das ist vielleicht," sagt der .London
and China Telegraph', "ein deutlicher Wink, der zeigen soll, daß Japan seine
eigenen Interessen ungestört verfolgen will, aber es ist auch ein Beweis dafür,
daß seine Absicht dabei ist, in Übereinstimmung mit den anderen Mächten zu
handeln. Bevor wir überzeugendere Beweise haben, als die, die gegenwärtig
zur Hand sind, nehmen wir die Verdächtigungen, die sich auf die Politik der
japanischen Regierung in China beziehen, nicht ernst. Freilich vergessen auch
wir die einundzwanzig Forderungen nicht, die Japan im vorigen Jahre China
vorgelegt hat, doch dürfen wir daran erinnern, daß es schließlich auf den be¬
denklichsten unter denselben nicht bestand."




Beiträge zur Politik des Fernen Gödens

China stärker interessierten Mächte die führende Rolle (tre actual controllinZ in-
fluenLe) Japan vorbehalten sein müsse. Selbstverständlich würden die Mittelmächte
in einer solchen Regierung, wenn sie noch während des Krieges zustande kommt, so
lange keine Vertretung finden können, bis der Friede wieder hergestellt ist."

Es ist interessant, das Echo solcher Äußerungen in der englischen Presse,
speziell in den Blättern des Fernen Ostens und in der Londoner Presse, die
jenen Ländern besondere Aufmerksamkeit schenkt, zu verfolgen. So schreibt
„The London and China Telegraph" vom 12. Juni:

„Japans Absichten mit Bezug auf China sind augenblicklich Gegenstand
lebhafter Diskussion in einem Teile der Presse des Fernen Ostens. Wenn
auch vieles dabei lediglich auf Gerüchte und eitle Spekulationen der Artikel¬
schreiber zurückzuführen ist, so verdient der Gegenstand doch volle Aufmerksam¬
keit, und es sollte demgemäß mit größter Umsicht darüber berichtet werden.
Weit davon entfernt, sehen wir aber, daß den japanischen Staatsmännern
kritiklos allerhand wilde Eroberungspläne in Bezug auf China zugeschrieben
werden. So wird uns berichtet, daß Japan eifrig die chinesischen Revolutionäre
unterstütze, daß es im Begriff stehe, ein Abkommen mit Rußland zu unter¬
zeichnen, das ihm die Vorherrschaft in China sichern würde, und daß mit Aus¬
sicht auf Erfolg Versuche gemacht werden, ein deutsch-japanisches Bündnis nach
dem Kriege zustande zu bringen. Es wäre natürlich töricht, Japans starke
Interessen in China zu übersehen oder anzunehmen, daß es nicht jede Ge¬
legenheit benutzen wird, um diese Interessen mit aller Kraft wahrzunehmen.
Aber es besteht kein Grund für die Annahme, daß Japan das nicht in freund¬
schaftlichem Wettbewerb und Seite an Seite mit den anderen fremden Mächten
durchzuführen beabsichtigt, die in China Interessen haben. In der Tat hat
Baron Kato in einer jüngst gehaltenen Rede, die an die Adresse des englischen
Volkes gerichtet war, mit Bezug auf das englisch-japanische Bündnis bemerkt,
daß zeitweilige Meinungsverschiedenheiten zwischen den Alliierten keinen ge¬
nügenden Grund für die Auflösung des Bündnisses abgeben, daß vielmehr die
engen Beziehungen, die das Bündnis mit sich bringt, bei Auseinandersetzungen
über die beiderseitigen Ansprüche ihre Nützlichkeit erweisen würden und so jeder
unangenehme Konflikt vermieden werde. Das ist vielleicht," sagt der .London
and China Telegraph', „ein deutlicher Wink, der zeigen soll, daß Japan seine
eigenen Interessen ungestört verfolgen will, aber es ist auch ein Beweis dafür,
daß seine Absicht dabei ist, in Übereinstimmung mit den anderen Mächten zu
handeln. Bevor wir überzeugendere Beweise haben, als die, die gegenwärtig
zur Hand sind, nehmen wir die Verdächtigungen, die sich auf die Politik der
japanischen Regierung in China beziehen, nicht ernst. Freilich vergessen auch
wir die einundzwanzig Forderungen nicht, die Japan im vorigen Jahre China
vorgelegt hat, doch dürfen wir daran erinnern, daß es schließlich auf den be¬
denklichsten unter denselben nicht bestand."




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/100>, abgerufen am 10.06.2024.