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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Akademische Rriegslitercitur

auf den Krieg bezügliche Fragen bilden den Vorwurf der kurzen, leicht und
anregend geschriebenen Artikel, in denen sich die Vertreter der verschiedenen
Fakultäten an ihre alten Hörer wenden.

Inhaltlich einander verwandt, nur im Format verschieden sind der "Weih¬
nachtsgruß" der Universität Tübingen und die von ihr herausgegebene "Kriegs¬
zeitung", von der bis jetzt zwei Nummern vorliegen. Sie wollen in erster
Linie eine innige Verbindung zwischen den Zuhausegebliebenen und den im Felde
Stehenden herstellen, und zur Erreichung dieses Zieles dürften die anheimelnden
Bilder Tübingens von Ubbelohde und die gute Schilderung des gegenwärtigen
akademischen Lebens von Universitätssekretär Rienhardt wesentlich beitragen.
Indessen haben die beiden ersten Schriften keineswegs einen rein örtlichen
Charakter, vielmehr schiebt sich bei ihnen ebensosehr das mit der Universität
eng verbundene lehrhafte Element unauffällig in den Vordergrund.

Die Universität Würzburg endlich hat ihren Studenten eine eigenartige,
von den übrigen Hochschulen abweichende Liebesgabe ins Feld geschickt, ein aus
drei Teilen bestehendes Kunstblatt, das außer wohlgelungenen, derbe Kraft ver¬
ratenden Bildern von Heinz Schiestl zwei Gedichte bringt, eines zum Lob der
Stadt Würzburg, das andere zur Verherrlichung der akademischen Jugend
Deutschlands.

Aber nicht bloß das Verlangen, mit den im Felde Stehenden die Fühlung
zu erhalten, leitete die Daheimgebliebenen bei Abfassung und Versendung lite¬
rarischer Liebesgaben, sondern auch der Wunsch, die in der Ferne Weilenden
geistig und beruflich zu fördern. Am planmäßigsten und umfassendsten dürften
dies bisher die Universitäten Göttingen und München getan haben. Letztere
gab im Februar 1916 eine im ganzen allerdings wenig tröstliche "Zusammen¬
stellung über die derzeitigen mutmaßlichen Aussichten für bayrische Studierende
in verschiedenen akademischen Berufen" heraus, erstere verfaßte eine eigene
Denkschrift über die Einrichtung von Ergänzungskursen für Kriegsteilnehmer.
Eine Sammlung von fünf streng fachwissenschaftlichen Aufsätzen versandte die
Universität Heidelberg an ihre Studenten; sie sollen, wie der Prorektor Professor
Bauer im Vorwort schreibt, ein Gruß sein, "der Euch teilnehmen läßt an der
Arbeit, die wir daheim in aller Stille weiterpflegen, der Euch erinnert an die
Semester vor dem großen Krieg, der Euch hinführt zu den künftigen Tagen,
die ihr wieder mit uns in gemeinsamem Forschen nach Wahrheit zubringen
werdet."

An diese von einzelnen Hochschulen ausgehenden Veröffentlichungen, welche
zwar keine neuen großen Gedanken bieten, aber ein beachtenswertes geistiges
Niveau zeigen, reihen sich andere an, welche für die Studentenschaft im all¬
gemeinen bestimmt sind. Kurze kräftige, aphoristisch gehaltene Ansprachen an
die bei der Mobilmachung hinausziehenden Musensöhne, an die "Propheten
und Priester der deutschen Zukunft" bietet das Sammelheft: "Wenn es gilt fürs
Vaterland". Ein frisches, von treuherziger Begeisterung getragenes Lied:


Akademische Rriegslitercitur

auf den Krieg bezügliche Fragen bilden den Vorwurf der kurzen, leicht und
anregend geschriebenen Artikel, in denen sich die Vertreter der verschiedenen
Fakultäten an ihre alten Hörer wenden.

Inhaltlich einander verwandt, nur im Format verschieden sind der „Weih¬
nachtsgruß" der Universität Tübingen und die von ihr herausgegebene „Kriegs¬
zeitung", von der bis jetzt zwei Nummern vorliegen. Sie wollen in erster
Linie eine innige Verbindung zwischen den Zuhausegebliebenen und den im Felde
Stehenden herstellen, und zur Erreichung dieses Zieles dürften die anheimelnden
Bilder Tübingens von Ubbelohde und die gute Schilderung des gegenwärtigen
akademischen Lebens von Universitätssekretär Rienhardt wesentlich beitragen.
Indessen haben die beiden ersten Schriften keineswegs einen rein örtlichen
Charakter, vielmehr schiebt sich bei ihnen ebensosehr das mit der Universität
eng verbundene lehrhafte Element unauffällig in den Vordergrund.

Die Universität Würzburg endlich hat ihren Studenten eine eigenartige,
von den übrigen Hochschulen abweichende Liebesgabe ins Feld geschickt, ein aus
drei Teilen bestehendes Kunstblatt, das außer wohlgelungenen, derbe Kraft ver¬
ratenden Bildern von Heinz Schiestl zwei Gedichte bringt, eines zum Lob der
Stadt Würzburg, das andere zur Verherrlichung der akademischen Jugend
Deutschlands.

Aber nicht bloß das Verlangen, mit den im Felde Stehenden die Fühlung
zu erhalten, leitete die Daheimgebliebenen bei Abfassung und Versendung lite¬
rarischer Liebesgaben, sondern auch der Wunsch, die in der Ferne Weilenden
geistig und beruflich zu fördern. Am planmäßigsten und umfassendsten dürften
dies bisher die Universitäten Göttingen und München getan haben. Letztere
gab im Februar 1916 eine im ganzen allerdings wenig tröstliche „Zusammen¬
stellung über die derzeitigen mutmaßlichen Aussichten für bayrische Studierende
in verschiedenen akademischen Berufen" heraus, erstere verfaßte eine eigene
Denkschrift über die Einrichtung von Ergänzungskursen für Kriegsteilnehmer.
Eine Sammlung von fünf streng fachwissenschaftlichen Aufsätzen versandte die
Universität Heidelberg an ihre Studenten; sie sollen, wie der Prorektor Professor
Bauer im Vorwort schreibt, ein Gruß sein, „der Euch teilnehmen läßt an der
Arbeit, die wir daheim in aller Stille weiterpflegen, der Euch erinnert an die
Semester vor dem großen Krieg, der Euch hinführt zu den künftigen Tagen,
die ihr wieder mit uns in gemeinsamem Forschen nach Wahrheit zubringen
werdet."

An diese von einzelnen Hochschulen ausgehenden Veröffentlichungen, welche
zwar keine neuen großen Gedanken bieten, aber ein beachtenswertes geistiges
Niveau zeigen, reihen sich andere an, welche für die Studentenschaft im all¬
gemeinen bestimmt sind. Kurze kräftige, aphoristisch gehaltene Ansprachen an
die bei der Mobilmachung hinausziehenden Musensöhne, an die „Propheten
und Priester der deutschen Zukunft" bietet das Sammelheft: „Wenn es gilt fürs
Vaterland". Ein frisches, von treuherziger Begeisterung getragenes Lied:


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[0417] Akademische Rriegslitercitur auf den Krieg bezügliche Fragen bilden den Vorwurf der kurzen, leicht und anregend geschriebenen Artikel, in denen sich die Vertreter der verschiedenen Fakultäten an ihre alten Hörer wenden. Inhaltlich einander verwandt, nur im Format verschieden sind der „Weih¬ nachtsgruß" der Universität Tübingen und die von ihr herausgegebene „Kriegs¬ zeitung", von der bis jetzt zwei Nummern vorliegen. Sie wollen in erster Linie eine innige Verbindung zwischen den Zuhausegebliebenen und den im Felde Stehenden herstellen, und zur Erreichung dieses Zieles dürften die anheimelnden Bilder Tübingens von Ubbelohde und die gute Schilderung des gegenwärtigen akademischen Lebens von Universitätssekretär Rienhardt wesentlich beitragen. Indessen haben die beiden ersten Schriften keineswegs einen rein örtlichen Charakter, vielmehr schiebt sich bei ihnen ebensosehr das mit der Universität eng verbundene lehrhafte Element unauffällig in den Vordergrund. Die Universität Würzburg endlich hat ihren Studenten eine eigenartige, von den übrigen Hochschulen abweichende Liebesgabe ins Feld geschickt, ein aus drei Teilen bestehendes Kunstblatt, das außer wohlgelungenen, derbe Kraft ver¬ ratenden Bildern von Heinz Schiestl zwei Gedichte bringt, eines zum Lob der Stadt Würzburg, das andere zur Verherrlichung der akademischen Jugend Deutschlands. Aber nicht bloß das Verlangen, mit den im Felde Stehenden die Fühlung zu erhalten, leitete die Daheimgebliebenen bei Abfassung und Versendung lite¬ rarischer Liebesgaben, sondern auch der Wunsch, die in der Ferne Weilenden geistig und beruflich zu fördern. Am planmäßigsten und umfassendsten dürften dies bisher die Universitäten Göttingen und München getan haben. Letztere gab im Februar 1916 eine im ganzen allerdings wenig tröstliche „Zusammen¬ stellung über die derzeitigen mutmaßlichen Aussichten für bayrische Studierende in verschiedenen akademischen Berufen" heraus, erstere verfaßte eine eigene Denkschrift über die Einrichtung von Ergänzungskursen für Kriegsteilnehmer. Eine Sammlung von fünf streng fachwissenschaftlichen Aufsätzen versandte die Universität Heidelberg an ihre Studenten; sie sollen, wie der Prorektor Professor Bauer im Vorwort schreibt, ein Gruß sein, „der Euch teilnehmen läßt an der Arbeit, die wir daheim in aller Stille weiterpflegen, der Euch erinnert an die Semester vor dem großen Krieg, der Euch hinführt zu den künftigen Tagen, die ihr wieder mit uns in gemeinsamem Forschen nach Wahrheit zubringen werdet." An diese von einzelnen Hochschulen ausgehenden Veröffentlichungen, welche zwar keine neuen großen Gedanken bieten, aber ein beachtenswertes geistiges Niveau zeigen, reihen sich andere an, welche für die Studentenschaft im all¬ gemeinen bestimmt sind. Kurze kräftige, aphoristisch gehaltene Ansprachen an die bei der Mobilmachung hinausziehenden Musensöhne, an die „Propheten und Priester der deutschen Zukunft" bietet das Sammelheft: „Wenn es gilt fürs Vaterland". Ein frisches, von treuherziger Begeisterung getragenes Lied:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/417>, abgerufen am 10.06.2024.