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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Ariegsgewinne

malen Verteidigung, immerhin im Anfang ungewöhnliche Gewinne bewilligen --,
im Interesse des Gemeinwohls mußte eine Grenze gezogen werden und im dritten
und vierten Kriegsjahre mußten diese Gewinne auf ein normales Matz zurück¬
geführt sein. Aber wir sehen, wie diese Grenzen in rücksichtsloser Profitgier weit
überschritten wurden! Und taten denn diese Unternehmer nicht bloß ihre. Pflicht
und Schuldigkeit? Wir haben die allgemeine Wehrpflicht nur für die Kämpfer
mit der Waffe, aber nicht für die Arbeiter und Unternehmer, die daheim unter
Sicherheit des Lebens und des Erwerbes an der inneren Front wirken. Wäre
es nicht recht und billig, daß der Besitzer einer Fabrik, die jetzt Granaten liefert,
mit derselben Selbstverständlichkeit und unter demselben Entlohnungssatze wie der
Soldat und Offizier zum Vaterlandsdienst eingezogen würde, um seinen Betrieb
und seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, und das Möglichste an Erzeugung
zur Lieferung an das Heer bereitzustellen? Für das, was für die Millionen Pflicht
ist. die seit Jahr und Tag im Felde unter größten Entbehrungen ihr Leben und
ihre Existenz für das Vaterland opfern, bietet man diesem Teil der Vaterlands¬
verteidiger denselben Anreiz, der auch in der privatkapitalistischen Friedenswirtschaft
der stärkste Ansporn zu wirtschaftlicher Leistung war. Ist der Gedanke auf die
Dauer nicht unerträglich, daß Millionen ihr Leben, ihre Gesundheit, ihre Existenz
schweigend fürs Vaterland opfern, während eine verhältnismäßig kleine Anzahl
entschlossener und skrupelloser Geldmacher diese treue Hingabe zu Zwecken eigener
unmäßiger Bereicherung ausbeuten?

Die märchenhaften Gewinne der Industrie sind die Hauptquellen des
jetzigen wirtschaftlichen und sozialen Übels. Sie steigern die Verschuldung des
Reiches und erschweren die Existenzbedingungen des ganzen Volkes für die Zukunft.
Sie stehen aber auch in ursächlichen Zusammenhang mit der allgemeinen uner¬
träglichen Erhöhung der Preise, die besonders seit jener hohen Festsetzung der
Eisenpreise bei Durchführung des Hindenburg-Programms gegen Schluß des
Jahres 1916 sich über alle Warengebiete erstreckte. Die deutsche Kriegswirtschaft
beruht doch einfach darauf, daß das Reich Unmengen von Wechseln zum Diskont
an die Reichsbank sendet, die dafür Noten ausgibt und Kredite eröffnet. Diese
in der Tat bequeme Geldschöpfung gestattet dann, für die Hcereslicferungen die
Phantastischen Preise zu zahlen. Da der Staat der Hauptkäufer ist, wird seine
Bewertung der Kaufkraft des Geldes auf die allgemeine Beurteilung den größten
Einfluß haben. Das führt zu einem Steigen der Gewinne, der Rohstoffpreise,
der Arbeitslöhne. Aber dabei bleibt die Preissteigerung nicht stehen. Jeder von
denen, die ihrerseits für ihre Waren hohe Preise erzielen, ist nun fähig und
bereit, auch seinerseits mehr für die Waren zu bezahlen, deren er bedarf, sei es
zum Zweck der weiteren Güterhcrstelluug oder des persönlichen Gebrauchs. Da¬
durch wird der private Verbrauch gestärkt; denn das Geld dringt zum großen
Teil in Volksschichten, die sich früher mit einem bedeutend bescheideneren Ein¬
kommen begnügen mußten und infolge der plötzlichen Besserung ihrer Einkommens¬
verhältnisse' zu unbesonnenen Ausgaben neigen, Die angereizte Nachfrage treibt
die Preise aller Waren ins Ungemessene und erhöht durch Verschwendung den
Warenmangel; jede neue Preiserhöhungswelle gibt also dem ungesunden, volks¬
wirtschaftlich höchst schädlichen Kreislauf zwischen Geldvermehrung und Waren¬
verminderung neue Nahrung und infolgedessen bedeutet jede Steigerung einer
Preiserhöhungstendenz der Industrie eine schwere Verantwortung für die Regie-
rung. Die sozialen Gegensätze, verschärfen sich und erschweren den Übergang zu
normalen Verhältnissen.

Aus allen diesen Gründen hat der englische Staat schon seit dem Jahre
1915 den übertriebenen Gewinnen entgegengearbeitet, wie sich überhaupt im Laufe
des Krieges England aus einem liberal regierten Lande mit stark entwickelter
Selbstverwaltung in ein staatssozialistisches Bureaukratenland mit einer Menge
staatlicher Eingriffe, Staatskontrollen und Staatsteilhabenschaften entwickelt hat.
In den eigentlichen Wnffenfabriken gibt es vier Systeme: einige Fabriken dürfen
wie früher produzieren; der Staat kauft ihnen ihre Produkte zu Preisen ab, die


Ariegsgewinne

malen Verteidigung, immerhin im Anfang ungewöhnliche Gewinne bewilligen —,
im Interesse des Gemeinwohls mußte eine Grenze gezogen werden und im dritten
und vierten Kriegsjahre mußten diese Gewinne auf ein normales Matz zurück¬
geführt sein. Aber wir sehen, wie diese Grenzen in rücksichtsloser Profitgier weit
überschritten wurden! Und taten denn diese Unternehmer nicht bloß ihre. Pflicht
und Schuldigkeit? Wir haben die allgemeine Wehrpflicht nur für die Kämpfer
mit der Waffe, aber nicht für die Arbeiter und Unternehmer, die daheim unter
Sicherheit des Lebens und des Erwerbes an der inneren Front wirken. Wäre
es nicht recht und billig, daß der Besitzer einer Fabrik, die jetzt Granaten liefert,
mit derselben Selbstverständlichkeit und unter demselben Entlohnungssatze wie der
Soldat und Offizier zum Vaterlandsdienst eingezogen würde, um seinen Betrieb
und seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, und das Möglichste an Erzeugung
zur Lieferung an das Heer bereitzustellen? Für das, was für die Millionen Pflicht
ist. die seit Jahr und Tag im Felde unter größten Entbehrungen ihr Leben und
ihre Existenz für das Vaterland opfern, bietet man diesem Teil der Vaterlands¬
verteidiger denselben Anreiz, der auch in der privatkapitalistischen Friedenswirtschaft
der stärkste Ansporn zu wirtschaftlicher Leistung war. Ist der Gedanke auf die
Dauer nicht unerträglich, daß Millionen ihr Leben, ihre Gesundheit, ihre Existenz
schweigend fürs Vaterland opfern, während eine verhältnismäßig kleine Anzahl
entschlossener und skrupelloser Geldmacher diese treue Hingabe zu Zwecken eigener
unmäßiger Bereicherung ausbeuten?

Die märchenhaften Gewinne der Industrie sind die Hauptquellen des
jetzigen wirtschaftlichen und sozialen Übels. Sie steigern die Verschuldung des
Reiches und erschweren die Existenzbedingungen des ganzen Volkes für die Zukunft.
Sie stehen aber auch in ursächlichen Zusammenhang mit der allgemeinen uner¬
träglichen Erhöhung der Preise, die besonders seit jener hohen Festsetzung der
Eisenpreise bei Durchführung des Hindenburg-Programms gegen Schluß des
Jahres 1916 sich über alle Warengebiete erstreckte. Die deutsche Kriegswirtschaft
beruht doch einfach darauf, daß das Reich Unmengen von Wechseln zum Diskont
an die Reichsbank sendet, die dafür Noten ausgibt und Kredite eröffnet. Diese
in der Tat bequeme Geldschöpfung gestattet dann, für die Hcereslicferungen die
Phantastischen Preise zu zahlen. Da der Staat der Hauptkäufer ist, wird seine
Bewertung der Kaufkraft des Geldes auf die allgemeine Beurteilung den größten
Einfluß haben. Das führt zu einem Steigen der Gewinne, der Rohstoffpreise,
der Arbeitslöhne. Aber dabei bleibt die Preissteigerung nicht stehen. Jeder von
denen, die ihrerseits für ihre Waren hohe Preise erzielen, ist nun fähig und
bereit, auch seinerseits mehr für die Waren zu bezahlen, deren er bedarf, sei es
zum Zweck der weiteren Güterhcrstelluug oder des persönlichen Gebrauchs. Da¬
durch wird der private Verbrauch gestärkt; denn das Geld dringt zum großen
Teil in Volksschichten, die sich früher mit einem bedeutend bescheideneren Ein¬
kommen begnügen mußten und infolge der plötzlichen Besserung ihrer Einkommens¬
verhältnisse' zu unbesonnenen Ausgaben neigen, Die angereizte Nachfrage treibt
die Preise aller Waren ins Ungemessene und erhöht durch Verschwendung den
Warenmangel; jede neue Preiserhöhungswelle gibt also dem ungesunden, volks¬
wirtschaftlich höchst schädlichen Kreislauf zwischen Geldvermehrung und Waren¬
verminderung neue Nahrung und infolgedessen bedeutet jede Steigerung einer
Preiserhöhungstendenz der Industrie eine schwere Verantwortung für die Regie-
rung. Die sozialen Gegensätze, verschärfen sich und erschweren den Übergang zu
normalen Verhältnissen.

Aus allen diesen Gründen hat der englische Staat schon seit dem Jahre
1915 den übertriebenen Gewinnen entgegengearbeitet, wie sich überhaupt im Laufe
des Krieges England aus einem liberal regierten Lande mit stark entwickelter
Selbstverwaltung in ein staatssozialistisches Bureaukratenland mit einer Menge
staatlicher Eingriffe, Staatskontrollen und Staatsteilhabenschaften entwickelt hat.
In den eigentlichen Wnffenfabriken gibt es vier Systeme: einige Fabriken dürfen
wie früher produzieren; der Staat kauft ihnen ihre Produkte zu Preisen ab, die


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[0019] Ariegsgewinne malen Verteidigung, immerhin im Anfang ungewöhnliche Gewinne bewilligen —, im Interesse des Gemeinwohls mußte eine Grenze gezogen werden und im dritten und vierten Kriegsjahre mußten diese Gewinne auf ein normales Matz zurück¬ geführt sein. Aber wir sehen, wie diese Grenzen in rücksichtsloser Profitgier weit überschritten wurden! Und taten denn diese Unternehmer nicht bloß ihre. Pflicht und Schuldigkeit? Wir haben die allgemeine Wehrpflicht nur für die Kämpfer mit der Waffe, aber nicht für die Arbeiter und Unternehmer, die daheim unter Sicherheit des Lebens und des Erwerbes an der inneren Front wirken. Wäre es nicht recht und billig, daß der Besitzer einer Fabrik, die jetzt Granaten liefert, mit derselben Selbstverständlichkeit und unter demselben Entlohnungssatze wie der Soldat und Offizier zum Vaterlandsdienst eingezogen würde, um seinen Betrieb und seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, und das Möglichste an Erzeugung zur Lieferung an das Heer bereitzustellen? Für das, was für die Millionen Pflicht ist. die seit Jahr und Tag im Felde unter größten Entbehrungen ihr Leben und ihre Existenz für das Vaterland opfern, bietet man diesem Teil der Vaterlands¬ verteidiger denselben Anreiz, der auch in der privatkapitalistischen Friedenswirtschaft der stärkste Ansporn zu wirtschaftlicher Leistung war. Ist der Gedanke auf die Dauer nicht unerträglich, daß Millionen ihr Leben, ihre Gesundheit, ihre Existenz schweigend fürs Vaterland opfern, während eine verhältnismäßig kleine Anzahl entschlossener und skrupelloser Geldmacher diese treue Hingabe zu Zwecken eigener unmäßiger Bereicherung ausbeuten? Die märchenhaften Gewinne der Industrie sind die Hauptquellen des jetzigen wirtschaftlichen und sozialen Übels. Sie steigern die Verschuldung des Reiches und erschweren die Existenzbedingungen des ganzen Volkes für die Zukunft. Sie stehen aber auch in ursächlichen Zusammenhang mit der allgemeinen uner¬ träglichen Erhöhung der Preise, die besonders seit jener hohen Festsetzung der Eisenpreise bei Durchführung des Hindenburg-Programms gegen Schluß des Jahres 1916 sich über alle Warengebiete erstreckte. Die deutsche Kriegswirtschaft beruht doch einfach darauf, daß das Reich Unmengen von Wechseln zum Diskont an die Reichsbank sendet, die dafür Noten ausgibt und Kredite eröffnet. Diese in der Tat bequeme Geldschöpfung gestattet dann, für die Hcereslicferungen die Phantastischen Preise zu zahlen. Da der Staat der Hauptkäufer ist, wird seine Bewertung der Kaufkraft des Geldes auf die allgemeine Beurteilung den größten Einfluß haben. Das führt zu einem Steigen der Gewinne, der Rohstoffpreise, der Arbeitslöhne. Aber dabei bleibt die Preissteigerung nicht stehen. Jeder von denen, die ihrerseits für ihre Waren hohe Preise erzielen, ist nun fähig und bereit, auch seinerseits mehr für die Waren zu bezahlen, deren er bedarf, sei es zum Zweck der weiteren Güterhcrstelluug oder des persönlichen Gebrauchs. Da¬ durch wird der private Verbrauch gestärkt; denn das Geld dringt zum großen Teil in Volksschichten, die sich früher mit einem bedeutend bescheideneren Ein¬ kommen begnügen mußten und infolge der plötzlichen Besserung ihrer Einkommens¬ verhältnisse' zu unbesonnenen Ausgaben neigen, Die angereizte Nachfrage treibt die Preise aller Waren ins Ungemessene und erhöht durch Verschwendung den Warenmangel; jede neue Preiserhöhungswelle gibt also dem ungesunden, volks¬ wirtschaftlich höchst schädlichen Kreislauf zwischen Geldvermehrung und Waren¬ verminderung neue Nahrung und infolgedessen bedeutet jede Steigerung einer Preiserhöhungstendenz der Industrie eine schwere Verantwortung für die Regie- rung. Die sozialen Gegensätze, verschärfen sich und erschweren den Übergang zu normalen Verhältnissen. Aus allen diesen Gründen hat der englische Staat schon seit dem Jahre 1915 den übertriebenen Gewinnen entgegengearbeitet, wie sich überhaupt im Laufe des Krieges England aus einem liberal regierten Lande mit stark entwickelter Selbstverwaltung in ein staatssozialistisches Bureaukratenland mit einer Menge staatlicher Eingriffe, Staatskontrollen und Staatsteilhabenschaften entwickelt hat. In den eigentlichen Wnffenfabriken gibt es vier Systeme: einige Fabriken dürfen wie früher produzieren; der Staat kauft ihnen ihre Produkte zu Preisen ab, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/19>, abgerufen am 17.06.2024.