Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Das preußische Zollgesetz vom 2". Mai

hinaus. Die Berliner Politik änderte sich erst, als mit Motz ein Mann das
Finanzministerium übernahm, der allerdings vom Erlaß des Zollgesetzes an jene
Aufgabe erkannt hatte/) und der die nötige Kenntnis und Tatkraft besaß, die
Lösung der Aufgabe in Angriff zu nehmen. Wir erleben das in der Geschichte
unerhörte Beispiel, daß ein Finanzminister, dessen Tätigkeit meist darin besteht,
den Hemmschuh zu bilden, eine ganze Regierung zu einer weitausschauenden,
kühnen Politik mit sich fortreißt, auch wenn diese Politik finanzielle Opfer fordert,
Motz blieb keineswegs bei der eigentlichen Ergänzung des Zollgesetzes durch einen
Zollverein mit einem Zwischenstaate stehen, er richtete sein Augenmerk alsbald
auf eine Vereinigung von ganz Deutschland.

Daß Preußen, d. h. vor allem Motz, das Verdienst hat, den deutschen Zoll-
verein tatsächlich ins Leben gerufen zu haben, davon beißt gewiß, um mit Treitschke
zu reden, keine Maus einen Faden ab. Wesentlich waren zur Erreichung des
Zieles zwei Punkte, an denen Preußen unverrückt festgehalten hat, die VerHand¬
lungsweise von Einzelstaat zu Einzelstaat und der Zolltarif. Wie wenig von
einer Vielheit der Verhandelnden zu erwarten war, das hatte die Geschichte des
Frankfurter Bundestages und anderer Konferenzen zur Genüge dargetan. Es
war ein wesentlicher Grund sür das Mißlingen aller anderen Zollvereinspläne,
daß immer mehrere Staaten zugleich verhandelten. Mit dem Festhalten an seinem
Tarif aber schaltete Preußen von vornherein all den Zank aus, der die Verhand¬
lungen der süddeutschen Staaten in Darmstadt und Stuttgart so unfruchtbar ge¬
macht hatte. Dieser Anteil, den das Zollgesetz vom 26. Mai an dem guten Ge¬
lingen der Motzschen Pläne hatte, wurde noch erheblich dadurch verstärkt, daß
ohne seine finanzielle Ergiebigkeit Preußen wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen
wäre, eine Politik durchzuführen, die fast bei jedem neuen Zollabschluß um der
großen Sache willen von Preußen neue finanzielle Opfer verlangte.

So war also die Begründung des deutschen Zollvereins in mehr als einer
Hinsicht dem preußischen Zollgesetz zu verdanken. Es halte die Aufgabe gestellt
und vorzüglich die Mittel zu deren Durchführung gegeben. Aber damit ist seine
Bedeutung für den Verein noch nicht erschöpft.

Wenn wir Preußen das Verdienst um die tatsächliche Zollvereinsgründung
zuschreiben, so müssen wir aus der anderen Seite betonen, daß es sich in das
Verdienst um die gedankliche Vorarbeit, d. h. vornehmlich um die Ausbildung der
Zollvereinsverfassung mit anderen zu teilen hat.

Denn der Gedanke einer Zollvereinigung war lange, ehe er im preußischen
Ministerium zum Siege geführt wurde, anderswo ausgesprochen und ver¬
arbeitet worden. An Friedrich Lifts Pläne brauchen wir nur kurz zu er"
innern. Weit nüchterner faßte den Gedanken in seiner bekannten Denkschrift
der Badenser Friedrich Nebenius an. Von ihm beeinflußt, versuchte dann der
badische Minister von Berstett auf den Wiener Konferenzen 1819/20, wenigstens
einen Teil der deutschen Staaten wirtschaftlich zu einen. Die Ablehnung mancher
wunderlicher Vorschläge der radikalen Freihändler Marschall aus Nassau und
du Thil aus Darmstadt war neben Bayern gerade Nebenius zu verdanken. Eine
Reihe deutscher Staaten einigten sich dahin, in Darmstadt über einen Zollverein
zu verhandeln. Treitschke hat vollkommen recht, wenn er der eigentlichen Denk¬
schrift des Nebenius jede Bedeutung für den künftigen Zollverein abspricht. Die
Denkschrift versank ungelesen in den Archiven. Aber Nebenius tat doch viel mehr
als Denkschriften schreiben. Er war nicht nur Gelehrter, sondern auch Staats¬
mann. Auf den Darmstädter .Konferenzen hat er sich für seine Pläne mit be-
wundernswertem Eifer eingesetzt. Und wenn die Beratungen auch zu keinem Ziele
führten, so blieben doch die Vorschläge des Badeners die Grundlage jeder weiteren
Verhandlung.

Eine der wichtigsten Bestimmungen des deutschen Zollvereins war die von
der getrennten Verwaltung der Zölle durch die Einzelstaaten. Sie war übernommen



*) VeZgleiche H, von Petersdorff, Friedrich lion Motz I, S. 172 f.
Das preußische Zollgesetz vom 2«. Mai

hinaus. Die Berliner Politik änderte sich erst, als mit Motz ein Mann das
Finanzministerium übernahm, der allerdings vom Erlaß des Zollgesetzes an jene
Aufgabe erkannt hatte/) und der die nötige Kenntnis und Tatkraft besaß, die
Lösung der Aufgabe in Angriff zu nehmen. Wir erleben das in der Geschichte
unerhörte Beispiel, daß ein Finanzminister, dessen Tätigkeit meist darin besteht,
den Hemmschuh zu bilden, eine ganze Regierung zu einer weitausschauenden,
kühnen Politik mit sich fortreißt, auch wenn diese Politik finanzielle Opfer fordert,
Motz blieb keineswegs bei der eigentlichen Ergänzung des Zollgesetzes durch einen
Zollverein mit einem Zwischenstaate stehen, er richtete sein Augenmerk alsbald
auf eine Vereinigung von ganz Deutschland.

Daß Preußen, d. h. vor allem Motz, das Verdienst hat, den deutschen Zoll-
verein tatsächlich ins Leben gerufen zu haben, davon beißt gewiß, um mit Treitschke
zu reden, keine Maus einen Faden ab. Wesentlich waren zur Erreichung des
Zieles zwei Punkte, an denen Preußen unverrückt festgehalten hat, die VerHand¬
lungsweise von Einzelstaat zu Einzelstaat und der Zolltarif. Wie wenig von
einer Vielheit der Verhandelnden zu erwarten war, das hatte die Geschichte des
Frankfurter Bundestages und anderer Konferenzen zur Genüge dargetan. Es
war ein wesentlicher Grund sür das Mißlingen aller anderen Zollvereinspläne,
daß immer mehrere Staaten zugleich verhandelten. Mit dem Festhalten an seinem
Tarif aber schaltete Preußen von vornherein all den Zank aus, der die Verhand¬
lungen der süddeutschen Staaten in Darmstadt und Stuttgart so unfruchtbar ge¬
macht hatte. Dieser Anteil, den das Zollgesetz vom 26. Mai an dem guten Ge¬
lingen der Motzschen Pläne hatte, wurde noch erheblich dadurch verstärkt, daß
ohne seine finanzielle Ergiebigkeit Preußen wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen
wäre, eine Politik durchzuführen, die fast bei jedem neuen Zollabschluß um der
großen Sache willen von Preußen neue finanzielle Opfer verlangte.

So war also die Begründung des deutschen Zollvereins in mehr als einer
Hinsicht dem preußischen Zollgesetz zu verdanken. Es halte die Aufgabe gestellt
und vorzüglich die Mittel zu deren Durchführung gegeben. Aber damit ist seine
Bedeutung für den Verein noch nicht erschöpft.

Wenn wir Preußen das Verdienst um die tatsächliche Zollvereinsgründung
zuschreiben, so müssen wir aus der anderen Seite betonen, daß es sich in das
Verdienst um die gedankliche Vorarbeit, d. h. vornehmlich um die Ausbildung der
Zollvereinsverfassung mit anderen zu teilen hat.

Denn der Gedanke einer Zollvereinigung war lange, ehe er im preußischen
Ministerium zum Siege geführt wurde, anderswo ausgesprochen und ver¬
arbeitet worden. An Friedrich Lifts Pläne brauchen wir nur kurz zu er«
innern. Weit nüchterner faßte den Gedanken in seiner bekannten Denkschrift
der Badenser Friedrich Nebenius an. Von ihm beeinflußt, versuchte dann der
badische Minister von Berstett auf den Wiener Konferenzen 1819/20, wenigstens
einen Teil der deutschen Staaten wirtschaftlich zu einen. Die Ablehnung mancher
wunderlicher Vorschläge der radikalen Freihändler Marschall aus Nassau und
du Thil aus Darmstadt war neben Bayern gerade Nebenius zu verdanken. Eine
Reihe deutscher Staaten einigten sich dahin, in Darmstadt über einen Zollverein
zu verhandeln. Treitschke hat vollkommen recht, wenn er der eigentlichen Denk¬
schrift des Nebenius jede Bedeutung für den künftigen Zollverein abspricht. Die
Denkschrift versank ungelesen in den Archiven. Aber Nebenius tat doch viel mehr
als Denkschriften schreiben. Er war nicht nur Gelehrter, sondern auch Staats¬
mann. Auf den Darmstädter .Konferenzen hat er sich für seine Pläne mit be-
wundernswertem Eifer eingesetzt. Und wenn die Beratungen auch zu keinem Ziele
führten, so blieben doch die Vorschläge des Badeners die Grundlage jeder weiteren
Verhandlung.

Eine der wichtigsten Bestimmungen des deutschen Zollvereins war die von
der getrennten Verwaltung der Zölle durch die Einzelstaaten. Sie war übernommen



*) VeZgleiche H, von Petersdorff, Friedrich lion Motz I, S. 172 f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0190" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333673"/>
          <fw type="header" place="top"> Das preußische Zollgesetz vom 2«. Mai</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_695" prev="#ID_694"> hinaus. Die Berliner Politik änderte sich erst, als mit Motz ein Mann das<lb/>
Finanzministerium übernahm, der allerdings vom Erlaß des Zollgesetzes an jene<lb/>
Aufgabe erkannt hatte/) und der die nötige Kenntnis und Tatkraft besaß, die<lb/>
Lösung der Aufgabe in Angriff zu nehmen. Wir erleben das in der Geschichte<lb/>
unerhörte Beispiel, daß ein Finanzminister, dessen Tätigkeit meist darin besteht,<lb/>
den Hemmschuh zu bilden, eine ganze Regierung zu einer weitausschauenden,<lb/>
kühnen Politik mit sich fortreißt, auch wenn diese Politik finanzielle Opfer fordert,<lb/>
Motz blieb keineswegs bei der eigentlichen Ergänzung des Zollgesetzes durch einen<lb/>
Zollverein mit einem Zwischenstaate stehen, er richtete sein Augenmerk alsbald<lb/>
auf eine Vereinigung von ganz Deutschland.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_696"> Daß Preußen, d. h. vor allem Motz, das Verdienst hat, den deutschen Zoll-<lb/>
verein tatsächlich ins Leben gerufen zu haben, davon beißt gewiß, um mit Treitschke<lb/>
zu reden, keine Maus einen Faden ab. Wesentlich waren zur Erreichung des<lb/>
Zieles zwei Punkte, an denen Preußen unverrückt festgehalten hat, die VerHand¬<lb/>
lungsweise von Einzelstaat zu Einzelstaat und der Zolltarif. Wie wenig von<lb/>
einer Vielheit der Verhandelnden zu erwarten war, das hatte die Geschichte des<lb/>
Frankfurter Bundestages und anderer Konferenzen zur Genüge dargetan. Es<lb/>
war ein wesentlicher Grund sür das Mißlingen aller anderen Zollvereinspläne,<lb/>
daß immer mehrere Staaten zugleich verhandelten. Mit dem Festhalten an seinem<lb/>
Tarif aber schaltete Preußen von vornherein all den Zank aus, der die Verhand¬<lb/>
lungen der süddeutschen Staaten in Darmstadt und Stuttgart so unfruchtbar ge¬<lb/>
macht hatte. Dieser Anteil, den das Zollgesetz vom 26. Mai an dem guten Ge¬<lb/>
lingen der Motzschen Pläne hatte, wurde noch erheblich dadurch verstärkt, daß<lb/>
ohne seine finanzielle Ergiebigkeit Preußen wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen<lb/>
wäre, eine Politik durchzuführen, die fast bei jedem neuen Zollabschluß um der<lb/>
großen Sache willen von Preußen neue finanzielle Opfer verlangte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_697"> So war also die Begründung des deutschen Zollvereins in mehr als einer<lb/>
Hinsicht dem preußischen Zollgesetz zu verdanken. Es halte die Aufgabe gestellt<lb/>
und vorzüglich die Mittel zu deren Durchführung gegeben. Aber damit ist seine<lb/>
Bedeutung für den Verein noch nicht erschöpft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_698"> Wenn wir Preußen das Verdienst um die tatsächliche Zollvereinsgründung<lb/>
zuschreiben, so müssen wir aus der anderen Seite betonen, daß es sich in das<lb/>
Verdienst um die gedankliche Vorarbeit, d. h. vornehmlich um die Ausbildung der<lb/>
Zollvereinsverfassung mit anderen zu teilen hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_699"> Denn der Gedanke einer Zollvereinigung war lange, ehe er im preußischen<lb/>
Ministerium zum Siege geführt wurde, anderswo ausgesprochen und ver¬<lb/>
arbeitet worden. An Friedrich Lifts Pläne brauchen wir nur kurz zu er«<lb/>
innern. Weit nüchterner faßte den Gedanken in seiner bekannten Denkschrift<lb/>
der Badenser Friedrich Nebenius an. Von ihm beeinflußt, versuchte dann der<lb/>
badische Minister von Berstett auf den Wiener Konferenzen 1819/20, wenigstens<lb/>
einen Teil der deutschen Staaten wirtschaftlich zu einen. Die Ablehnung mancher<lb/>
wunderlicher Vorschläge der radikalen Freihändler Marschall aus Nassau und<lb/>
du Thil aus Darmstadt war neben Bayern gerade Nebenius zu verdanken. Eine<lb/>
Reihe deutscher Staaten einigten sich dahin, in Darmstadt über einen Zollverein<lb/>
zu verhandeln. Treitschke hat vollkommen recht, wenn er der eigentlichen Denk¬<lb/>
schrift des Nebenius jede Bedeutung für den künftigen Zollverein abspricht. Die<lb/>
Denkschrift versank ungelesen in den Archiven. Aber Nebenius tat doch viel mehr<lb/>
als Denkschriften schreiben. Er war nicht nur Gelehrter, sondern auch Staats¬<lb/>
mann. Auf den Darmstädter .Konferenzen hat er sich für seine Pläne mit be-<lb/>
wundernswertem Eifer eingesetzt. Und wenn die Beratungen auch zu keinem Ziele<lb/>
führten, so blieben doch die Vorschläge des Badeners die Grundlage jeder weiteren<lb/>
Verhandlung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_700" next="#ID_701"> Eine der wichtigsten Bestimmungen des deutschen Zollvereins war die von<lb/>
der getrennten Verwaltung der Zölle durch die Einzelstaaten. Sie war übernommen</p><lb/>
          <note xml:id="FID_36" place="foot"> *) VeZgleiche H, von Petersdorff, Friedrich lion Motz I, S. 172 f.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0190] Das preußische Zollgesetz vom 2«. Mai hinaus. Die Berliner Politik änderte sich erst, als mit Motz ein Mann das Finanzministerium übernahm, der allerdings vom Erlaß des Zollgesetzes an jene Aufgabe erkannt hatte/) und der die nötige Kenntnis und Tatkraft besaß, die Lösung der Aufgabe in Angriff zu nehmen. Wir erleben das in der Geschichte unerhörte Beispiel, daß ein Finanzminister, dessen Tätigkeit meist darin besteht, den Hemmschuh zu bilden, eine ganze Regierung zu einer weitausschauenden, kühnen Politik mit sich fortreißt, auch wenn diese Politik finanzielle Opfer fordert, Motz blieb keineswegs bei der eigentlichen Ergänzung des Zollgesetzes durch einen Zollverein mit einem Zwischenstaate stehen, er richtete sein Augenmerk alsbald auf eine Vereinigung von ganz Deutschland. Daß Preußen, d. h. vor allem Motz, das Verdienst hat, den deutschen Zoll- verein tatsächlich ins Leben gerufen zu haben, davon beißt gewiß, um mit Treitschke zu reden, keine Maus einen Faden ab. Wesentlich waren zur Erreichung des Zieles zwei Punkte, an denen Preußen unverrückt festgehalten hat, die VerHand¬ lungsweise von Einzelstaat zu Einzelstaat und der Zolltarif. Wie wenig von einer Vielheit der Verhandelnden zu erwarten war, das hatte die Geschichte des Frankfurter Bundestages und anderer Konferenzen zur Genüge dargetan. Es war ein wesentlicher Grund sür das Mißlingen aller anderen Zollvereinspläne, daß immer mehrere Staaten zugleich verhandelten. Mit dem Festhalten an seinem Tarif aber schaltete Preußen von vornherein all den Zank aus, der die Verhand¬ lungen der süddeutschen Staaten in Darmstadt und Stuttgart so unfruchtbar ge¬ macht hatte. Dieser Anteil, den das Zollgesetz vom 26. Mai an dem guten Ge¬ lingen der Motzschen Pläne hatte, wurde noch erheblich dadurch verstärkt, daß ohne seine finanzielle Ergiebigkeit Preußen wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen wäre, eine Politik durchzuführen, die fast bei jedem neuen Zollabschluß um der großen Sache willen von Preußen neue finanzielle Opfer verlangte. So war also die Begründung des deutschen Zollvereins in mehr als einer Hinsicht dem preußischen Zollgesetz zu verdanken. Es halte die Aufgabe gestellt und vorzüglich die Mittel zu deren Durchführung gegeben. Aber damit ist seine Bedeutung für den Verein noch nicht erschöpft. Wenn wir Preußen das Verdienst um die tatsächliche Zollvereinsgründung zuschreiben, so müssen wir aus der anderen Seite betonen, daß es sich in das Verdienst um die gedankliche Vorarbeit, d. h. vornehmlich um die Ausbildung der Zollvereinsverfassung mit anderen zu teilen hat. Denn der Gedanke einer Zollvereinigung war lange, ehe er im preußischen Ministerium zum Siege geführt wurde, anderswo ausgesprochen und ver¬ arbeitet worden. An Friedrich Lifts Pläne brauchen wir nur kurz zu er« innern. Weit nüchterner faßte den Gedanken in seiner bekannten Denkschrift der Badenser Friedrich Nebenius an. Von ihm beeinflußt, versuchte dann der badische Minister von Berstett auf den Wiener Konferenzen 1819/20, wenigstens einen Teil der deutschen Staaten wirtschaftlich zu einen. Die Ablehnung mancher wunderlicher Vorschläge der radikalen Freihändler Marschall aus Nassau und du Thil aus Darmstadt war neben Bayern gerade Nebenius zu verdanken. Eine Reihe deutscher Staaten einigten sich dahin, in Darmstadt über einen Zollverein zu verhandeln. Treitschke hat vollkommen recht, wenn er der eigentlichen Denk¬ schrift des Nebenius jede Bedeutung für den künftigen Zollverein abspricht. Die Denkschrift versank ungelesen in den Archiven. Aber Nebenius tat doch viel mehr als Denkschriften schreiben. Er war nicht nur Gelehrter, sondern auch Staats¬ mann. Auf den Darmstädter .Konferenzen hat er sich für seine Pläne mit be- wundernswertem Eifer eingesetzt. Und wenn die Beratungen auch zu keinem Ziele führten, so blieben doch die Vorschläge des Badeners die Grundlage jeder weiteren Verhandlung. Eine der wichtigsten Bestimmungen des deutschen Zollvereins war die von der getrennten Verwaltung der Zölle durch die Einzelstaaten. Sie war übernommen *) VeZgleiche H, von Petersdorff, Friedrich lion Motz I, S. 172 f.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/190
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/190>, abgerufen am 17.06.2024.