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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Das preußische Jollgesetz vom 2t. Mai 1,3^8

aus dem zwischen Baden, Hessen-Darmstadt und Nassau 1824 aufgestellten Heidel-
berger Protokoll. Während Treitschke die Urheberschaft dieses Gedankens etwas
allgemein den südwestdeutschen Höfen zuweist, ist einer seiner heftigsten Gegner,
Arthur Böhtlingk,') geneigt, auch dieses Verdienst für Nebenius in Anspruch zu
nehmen. In Wirklichkeit wurde, soweit wir sehen können, der Gedanke einer ge¬
trennten Zollverwaltung zum ersten Male in Sonderverhandlungen zwischen den
beiden Hessen und Nassau 1822 von dem nassauischen Regierungspräsidenten von
Mülmann ausgesprochen, dann auch in dem totgeborenen Arnstädter Verein der
Thüringer Staaten von 1823 Bestimmung. Offenbar hatte Mülmann die Rege¬
lung der Rheinoktroierhebung, bei der seit 1817 tatsächlich getrennte Verwaltung
bestand, auf die Zollerhebung übertragen. Aber der Nassauer war sich der Be¬
deutung seines Vorschlages noch nicht bewußt. Erst der Hesse Hofmann griff den
Gedanken in voller Erkenntnis seiner Tragweite wieder auf, um ihn in Heidelberg
zum Siege zu führen. Zwar gibt es auch einen Aufsatz von Nebenius über die
getrennte Zollverwaltung, er fußt aber ganz auf Hofmann und kommt über ihn
nirgends hinaus. Wir dürfen in Hofmann den eigentlichen Urheber des bedeutungs¬
vollen Vorschlages sehen, und es ist gewiß ein beachtenswertes Zusammentreffen,
daß gerade er über den ersten Zollverein mit Preußen verhandelt hat.'

Wir müssen also daran festhalten, daß die Grundzüge der Zollvereins-
Verfassung in den süddeutschen Verhandlungen ausgebaut worden sind, und daß
der Hesse Hofmann und der Badener Nebenius sich um diesen Ausbau hervor¬
ragend verdient gemacht haben. Preußen wußte dann, von seinem Gesandten
Otterstedt aufs trefflichste über die Beratungen in Darmstadt, Heidelberg und
Stuttgart unterrichtet, aus ihnen zu lernen, so daß Motz den Hessen Hofmann
wider Erwarten mit dessen eigenen Ideen überraschen konnte.

Die eigentliche Veranlassung aber zu den süddeutschen Verhandlungen
war nichts anderes als das preußische Zollgesetz von 1818 gewesen. Wie ängstlich
hatten sich die Regierungen vorher gehütet, handelspolitische Fragen im Bunde
zu erörtern! Und auch die Versuche der Gewerbetreibenden, sich gegen die englische
und andere Industrien zu wehren, waren über kümmerliche Anfänge nicht hinaus¬
gekommen. Das wurde mit einem Schlage anders mit der Vollziehung des
preußischen Gesetzes. Am Bundestag, in der Rheinschiffahrtszentralkommission in
Mainz, bei den Zusammenkünften in Karlsbad und Wien nahmen die Zolldebatten
kein Ende. Die Kaufleute und Fabrikanten regten sich, List begann seine Tätigkeit
für den Handelsverein, Nebenius schrieb seine Denkschrift über den Vundeszoll-
verein. Die kleinen Staaten wandten sich an die größeren wegen gemeinsamen
Vorgehens gegen Preußen, der Vereinsgedanke schwirrte in der Luft. Die Ur¬
sachen für diese Wirkungen des Maigesetzes sind so oft auseinandergesetzt worde,^
daß hier eine kurze Andeutung genügt. Da waren zunächst solche wirtschaftlicher
Natur. Von altersher im engen Verkehr stehende Gebiete wurden durch die neue
Zollinie getrennt. Landwirtschaft und Industrie der kleinen Staaten vom preußischen
Markt verdrängt und den Binnenländern die Verbindung mit der See eychweit
Fand die englische Massenflut an den preußischen Grenzen em lenPes Halt^ so
stürzte sie sich um so wilder in den unglücklichen Rest von Deutschland. Da
kamen politische Gründe. Die Bevölkerung im Westen hatte in der Franzosenzeit
einen wahren Haß gegen alles "undeutsche" Douanenwesen eingesogen Me ^jungen aber sahen in der wirtschaftlichen Not ihrer Lander den Hauptsnner sie beunruhigenden Revolution. Und wie Mettermch und seine Traba M
d'e Einführung von Reichsständen in Preußen, also die poMifche Emse es.
l'ewegung innerhalb des Staates bekämpften, f. erschien ihnen auch wirt¬
schaftliche Einheit als gefährlich. Alle diese Grunde trafen zu armen um den
Wunsch "ach Beseitigung des Zollgesetzes hervorzurufen. ^°Is unerfüllbar erwies, suchten die betroffenen deutschen Staaten durch eine



*) In seiner Schrift: Carl Friedrich Nebenius. Der deutsche Zollverein das Karls¬
ruher PolLchm?u^ in Deutschland. Karlsruhe 1899. S. 62.
Das preußische Jollgesetz vom 2t. Mai 1,3^8

aus dem zwischen Baden, Hessen-Darmstadt und Nassau 1824 aufgestellten Heidel-
berger Protokoll. Während Treitschke die Urheberschaft dieses Gedankens etwas
allgemein den südwestdeutschen Höfen zuweist, ist einer seiner heftigsten Gegner,
Arthur Böhtlingk,') geneigt, auch dieses Verdienst für Nebenius in Anspruch zu
nehmen. In Wirklichkeit wurde, soweit wir sehen können, der Gedanke einer ge¬
trennten Zollverwaltung zum ersten Male in Sonderverhandlungen zwischen den
beiden Hessen und Nassau 1822 von dem nassauischen Regierungspräsidenten von
Mülmann ausgesprochen, dann auch in dem totgeborenen Arnstädter Verein der
Thüringer Staaten von 1823 Bestimmung. Offenbar hatte Mülmann die Rege¬
lung der Rheinoktroierhebung, bei der seit 1817 tatsächlich getrennte Verwaltung
bestand, auf die Zollerhebung übertragen. Aber der Nassauer war sich der Be¬
deutung seines Vorschlages noch nicht bewußt. Erst der Hesse Hofmann griff den
Gedanken in voller Erkenntnis seiner Tragweite wieder auf, um ihn in Heidelberg
zum Siege zu führen. Zwar gibt es auch einen Aufsatz von Nebenius über die
getrennte Zollverwaltung, er fußt aber ganz auf Hofmann und kommt über ihn
nirgends hinaus. Wir dürfen in Hofmann den eigentlichen Urheber des bedeutungs¬
vollen Vorschlages sehen, und es ist gewiß ein beachtenswertes Zusammentreffen,
daß gerade er über den ersten Zollverein mit Preußen verhandelt hat.'

Wir müssen also daran festhalten, daß die Grundzüge der Zollvereins-
Verfassung in den süddeutschen Verhandlungen ausgebaut worden sind, und daß
der Hesse Hofmann und der Badener Nebenius sich um diesen Ausbau hervor¬
ragend verdient gemacht haben. Preußen wußte dann, von seinem Gesandten
Otterstedt aufs trefflichste über die Beratungen in Darmstadt, Heidelberg und
Stuttgart unterrichtet, aus ihnen zu lernen, so daß Motz den Hessen Hofmann
wider Erwarten mit dessen eigenen Ideen überraschen konnte.

Die eigentliche Veranlassung aber zu den süddeutschen Verhandlungen
war nichts anderes als das preußische Zollgesetz von 1818 gewesen. Wie ängstlich
hatten sich die Regierungen vorher gehütet, handelspolitische Fragen im Bunde
zu erörtern! Und auch die Versuche der Gewerbetreibenden, sich gegen die englische
und andere Industrien zu wehren, waren über kümmerliche Anfänge nicht hinaus¬
gekommen. Das wurde mit einem Schlage anders mit der Vollziehung des
preußischen Gesetzes. Am Bundestag, in der Rheinschiffahrtszentralkommission in
Mainz, bei den Zusammenkünften in Karlsbad und Wien nahmen die Zolldebatten
kein Ende. Die Kaufleute und Fabrikanten regten sich, List begann seine Tätigkeit
für den Handelsverein, Nebenius schrieb seine Denkschrift über den Vundeszoll-
verein. Die kleinen Staaten wandten sich an die größeren wegen gemeinsamen
Vorgehens gegen Preußen, der Vereinsgedanke schwirrte in der Luft. Die Ur¬
sachen für diese Wirkungen des Maigesetzes sind so oft auseinandergesetzt worde,^
daß hier eine kurze Andeutung genügt. Da waren zunächst solche wirtschaftlicher
Natur. Von altersher im engen Verkehr stehende Gebiete wurden durch die neue
Zollinie getrennt. Landwirtschaft und Industrie der kleinen Staaten vom preußischen
Markt verdrängt und den Binnenländern die Verbindung mit der See eychweit
Fand die englische Massenflut an den preußischen Grenzen em lenPes Halt^ so
stürzte sie sich um so wilder in den unglücklichen Rest von Deutschland. Da
kamen politische Gründe. Die Bevölkerung im Westen hatte in der Franzosenzeit
einen wahren Haß gegen alles „undeutsche" Douanenwesen eingesogen Me ^jungen aber sahen in der wirtschaftlichen Not ihrer Lander den Hauptsnner sie beunruhigenden Revolution. Und wie Mettermch und seine Traba M
d'e Einführung von Reichsständen in Preußen, also die poMifche Emse es.
l'ewegung innerhalb des Staates bekämpften, f. erschien ihnen auch wirt¬
schaftliche Einheit als gefährlich. Alle diese Grunde trafen zu armen um den
Wunsch »ach Beseitigung des Zollgesetzes hervorzurufen. ^°Is unerfüllbar erwies, suchten die betroffenen deutschen Staaten durch eine



*) In seiner Schrift: Carl Friedrich Nebenius. Der deutsche Zollverein das Karls¬
ruher PolLchm?u^ in Deutschland. Karlsruhe 1899. S. 62.
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[0191] Das preußische Jollgesetz vom 2t. Mai 1,3^8 aus dem zwischen Baden, Hessen-Darmstadt und Nassau 1824 aufgestellten Heidel- berger Protokoll. Während Treitschke die Urheberschaft dieses Gedankens etwas allgemein den südwestdeutschen Höfen zuweist, ist einer seiner heftigsten Gegner, Arthur Böhtlingk,') geneigt, auch dieses Verdienst für Nebenius in Anspruch zu nehmen. In Wirklichkeit wurde, soweit wir sehen können, der Gedanke einer ge¬ trennten Zollverwaltung zum ersten Male in Sonderverhandlungen zwischen den beiden Hessen und Nassau 1822 von dem nassauischen Regierungspräsidenten von Mülmann ausgesprochen, dann auch in dem totgeborenen Arnstädter Verein der Thüringer Staaten von 1823 Bestimmung. Offenbar hatte Mülmann die Rege¬ lung der Rheinoktroierhebung, bei der seit 1817 tatsächlich getrennte Verwaltung bestand, auf die Zollerhebung übertragen. Aber der Nassauer war sich der Be¬ deutung seines Vorschlages noch nicht bewußt. Erst der Hesse Hofmann griff den Gedanken in voller Erkenntnis seiner Tragweite wieder auf, um ihn in Heidelberg zum Siege zu führen. Zwar gibt es auch einen Aufsatz von Nebenius über die getrennte Zollverwaltung, er fußt aber ganz auf Hofmann und kommt über ihn nirgends hinaus. Wir dürfen in Hofmann den eigentlichen Urheber des bedeutungs¬ vollen Vorschlages sehen, und es ist gewiß ein beachtenswertes Zusammentreffen, daß gerade er über den ersten Zollverein mit Preußen verhandelt hat.' Wir müssen also daran festhalten, daß die Grundzüge der Zollvereins- Verfassung in den süddeutschen Verhandlungen ausgebaut worden sind, und daß der Hesse Hofmann und der Badener Nebenius sich um diesen Ausbau hervor¬ ragend verdient gemacht haben. Preußen wußte dann, von seinem Gesandten Otterstedt aufs trefflichste über die Beratungen in Darmstadt, Heidelberg und Stuttgart unterrichtet, aus ihnen zu lernen, so daß Motz den Hessen Hofmann wider Erwarten mit dessen eigenen Ideen überraschen konnte. Die eigentliche Veranlassung aber zu den süddeutschen Verhandlungen war nichts anderes als das preußische Zollgesetz von 1818 gewesen. Wie ängstlich hatten sich die Regierungen vorher gehütet, handelspolitische Fragen im Bunde zu erörtern! Und auch die Versuche der Gewerbetreibenden, sich gegen die englische und andere Industrien zu wehren, waren über kümmerliche Anfänge nicht hinaus¬ gekommen. Das wurde mit einem Schlage anders mit der Vollziehung des preußischen Gesetzes. Am Bundestag, in der Rheinschiffahrtszentralkommission in Mainz, bei den Zusammenkünften in Karlsbad und Wien nahmen die Zolldebatten kein Ende. Die Kaufleute und Fabrikanten regten sich, List begann seine Tätigkeit für den Handelsverein, Nebenius schrieb seine Denkschrift über den Vundeszoll- verein. Die kleinen Staaten wandten sich an die größeren wegen gemeinsamen Vorgehens gegen Preußen, der Vereinsgedanke schwirrte in der Luft. Die Ur¬ sachen für diese Wirkungen des Maigesetzes sind so oft auseinandergesetzt worde,^ daß hier eine kurze Andeutung genügt. Da waren zunächst solche wirtschaftlicher Natur. Von altersher im engen Verkehr stehende Gebiete wurden durch die neue Zollinie getrennt. Landwirtschaft und Industrie der kleinen Staaten vom preußischen Markt verdrängt und den Binnenländern die Verbindung mit der See eychweit Fand die englische Massenflut an den preußischen Grenzen em lenPes Halt^ so stürzte sie sich um so wilder in den unglücklichen Rest von Deutschland. Da kamen politische Gründe. Die Bevölkerung im Westen hatte in der Franzosenzeit einen wahren Haß gegen alles „undeutsche" Douanenwesen eingesogen Me ^jungen aber sahen in der wirtschaftlichen Not ihrer Lander den Hauptsnner sie beunruhigenden Revolution. Und wie Mettermch und seine Traba M d'e Einführung von Reichsständen in Preußen, also die poMifche Emse es. l'ewegung innerhalb des Staates bekämpften, f. erschien ihnen auch wirt¬ schaftliche Einheit als gefährlich. Alle diese Grunde trafen zu armen um den Wunsch »ach Beseitigung des Zollgesetzes hervorzurufen. ^°Is unerfüllbar erwies, suchten die betroffenen deutschen Staaten durch eine *) In seiner Schrift: Carl Friedrich Nebenius. Der deutsche Zollverein das Karls¬ ruher PolLchm?u^ in Deutschland. Karlsruhe 1899. S. 62.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/191>, abgerufen am 25.05.2024.