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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr.

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Deutschösterreich und die südslawische Frage

deutschen Sprachgebiet stehen. Als ein geeignetes Mittel zur engeren Verbindung
des Hinterlandes mit den maritimen Interessen und zur Ergänzung der vielfach
von Ausländern durchsetzten Handelsmarine aus dem Hinterland empfiehlt man
die Errichtung einer deutschen Schiffahrtsschule (bisher bestehen nur italienische
und slawischeI). welche allen Völkern des Hinterlandes zugute käme, aber den
notwendigen deutschen Einfluß in Trieft und im Seewesen erheblich verstärken
müßte. Es ist ja bezeichnend, daß man seinerzeit in Britisch-Ostafrika die eine
Zeitlang bestandene Linie des österreichischen Lloyd "l'tie Italiari" nannte und
daß die deutsche Kommandosprache der Kriegsmarine auf Schwierigkeiten bei
der wesentlich südslawischen, durch die Handelsmarine italianisierten Mannschaft
stieß! Das begründet die Forderung noch der Schule wohl ausreichend. Der
verdiente Vorkämpfer um den Weg zur Adria, Abgeordneter Dobernig, hat nach
einer Mitteilung des Abgeordneten Kraft im Sommer 1917 die Zustimmung des
Kaisers für die deutsche Schiffahrtsschule in Trieft erhalten.

Um die Gefahren zu vermeiden, welche ein südslawischer Riegel für Oster¬
reich, seine Seegeltung, seinen Weg in die Südosthalbinsel und sein Deutschtum
bringen müßte, und doch der politischen Zerreißung des geographisch geschlossenen
kroatischen Volkes abzuhelfen, ist vorgeschlagen worden (noch neuestens von
L. von Südland in seinem Buche "Die Südslawenfrage und der Weltkrieg",
Wien 19 l8). Kroatien-Slawonien, das gemeinsame Verwaltungsgebiet und Dal-
matien zu einem Reichslande zu vereinigen, das bei der weitestgehenden Selbst¬
verwaltung und parlamentarischen Selbstregierung doch in all.in der Gesamt-
monarchie wichtigen Fragen an deren Zustimmung gebunden sein, also einem
Kondominium Österreichs und Ungarns unterstehen soll. So wertvoll zweifellos
ein solcher gemeinsamer Besitz gerade als Band der von Ungarn und auch von
wachsenden österreichischen Gruppen bedrohten Gemeinsamkeit. als Schutzmittel
gegen die drohende Lockerung des Zusammenhalts zur bloß>n "Personalunion"
wäre, so ist doch bei dem heutigen Machtgefühl und der faktischen, während des
Krieges rücksichtslos gesteigerten Machtstellung Ungarns keine Aussicht vorhanden,
dessen Zustimmung zu einer solchen Vergrößerung des gemeinsamen Gebiets zu
erhalten. Vielmehr werden die ungarischen Wünsche nach einer, durch zweifel¬
hafte, aber energisch vertretene historische Ansprüche begründeten Angliederung des
heutigen gemeinsamen Verwaltungsgebiets, wie auch Dalmatiens an das dem
ungarischen Staat subordinierte Kroatien immer lauter; insbesondere hat der
Ministerpräsident Wekerle sich für die Angliederung Dalmatiens an Kroatien offen
ausgesprochen, und die Veri: ahrung Dr. von Seidlers dagegen entbehrt des Rück¬
halts an starken politischen Kräften. Auch muß man sich fragen, ob das innerlich
gespaltene Osterreich bei einem Kondominium mehr als formelle Rechte gegenüber
dem starken Ungarn erreichen könnte, daS auch bisher schon die bosinsche Verkehrs-
Hvlitik durchaus in ungarischen Sinne zu gestalten und die Ausführung vertrags¬
mäßig übernommener Bahnbauten zur besseren Verbindung mit Österreich immer
wieder hinauszuziehen wußte. So mußte man sich schweren Herzens mit dem
Gedanken vertraut machen, die ungarische Oberherrschaft über die serbokroatischen
Gebiete der Monarchie (mit Ausschluß Jstriens) zuzugestehen, wenn Österreich oa-
sur entsprechende Sicherungen erhalten und diese durch Aufnahme in die..mittel¬
europäischen" Vereinbarungen wirklich verbürgt und durchgeführt werden konnten.
Denn der freie Durchgang nach dem Südosten wie durch Ungarn selbst, so durch
das diesem anzugliedernde Südslawengebiet, ist eine wirtschaftliche und politische
Lebensbedinguna wie für Österreich, so auch für das Deutsche Reich.

, Die deutschen Volksräte Österreichs, deren Willen sich die Abgeordneten
weht dauernd werden widersetzen können, stellen daher neben das unbedingte Fest¬
halten des Weges nach Trieft und Polo, die Bereitwilligkeit, über eme Ausdehnung
des kroatischen SubdualismuS" auf Bosnien, die Herzegowina und Dalmatten
SU verhandeln Osterreich müßte dafür natürlich die volle Sicherung seiner Wirt-
sLaftlichen Interessen in diesen Ländern, Verbesserung seiner Zugangswege zu ihnen,
Schutz gegen Tarif- und Steuervorkchrungen, die es benachteiligen konnten, "offene


Deutschösterreich und die südslawische Frage

deutschen Sprachgebiet stehen. Als ein geeignetes Mittel zur engeren Verbindung
des Hinterlandes mit den maritimen Interessen und zur Ergänzung der vielfach
von Ausländern durchsetzten Handelsmarine aus dem Hinterland empfiehlt man
die Errichtung einer deutschen Schiffahrtsschule (bisher bestehen nur italienische
und slawischeI). welche allen Völkern des Hinterlandes zugute käme, aber den
notwendigen deutschen Einfluß in Trieft und im Seewesen erheblich verstärken
müßte. Es ist ja bezeichnend, daß man seinerzeit in Britisch-Ostafrika die eine
Zeitlang bestandene Linie des österreichischen Lloyd „l'tie Italiari" nannte und
daß die deutsche Kommandosprache der Kriegsmarine auf Schwierigkeiten bei
der wesentlich südslawischen, durch die Handelsmarine italianisierten Mannschaft
stieß! Das begründet die Forderung noch der Schule wohl ausreichend. Der
verdiente Vorkämpfer um den Weg zur Adria, Abgeordneter Dobernig, hat nach
einer Mitteilung des Abgeordneten Kraft im Sommer 1917 die Zustimmung des
Kaisers für die deutsche Schiffahrtsschule in Trieft erhalten.

Um die Gefahren zu vermeiden, welche ein südslawischer Riegel für Oster¬
reich, seine Seegeltung, seinen Weg in die Südosthalbinsel und sein Deutschtum
bringen müßte, und doch der politischen Zerreißung des geographisch geschlossenen
kroatischen Volkes abzuhelfen, ist vorgeschlagen worden (noch neuestens von
L. von Südland in seinem Buche „Die Südslawenfrage und der Weltkrieg",
Wien 19 l8). Kroatien-Slawonien, das gemeinsame Verwaltungsgebiet und Dal-
matien zu einem Reichslande zu vereinigen, das bei der weitestgehenden Selbst¬
verwaltung und parlamentarischen Selbstregierung doch in all.in der Gesamt-
monarchie wichtigen Fragen an deren Zustimmung gebunden sein, also einem
Kondominium Österreichs und Ungarns unterstehen soll. So wertvoll zweifellos
ein solcher gemeinsamer Besitz gerade als Band der von Ungarn und auch von
wachsenden österreichischen Gruppen bedrohten Gemeinsamkeit. als Schutzmittel
gegen die drohende Lockerung des Zusammenhalts zur bloß>n „Personalunion"
wäre, so ist doch bei dem heutigen Machtgefühl und der faktischen, während des
Krieges rücksichtslos gesteigerten Machtstellung Ungarns keine Aussicht vorhanden,
dessen Zustimmung zu einer solchen Vergrößerung des gemeinsamen Gebiets zu
erhalten. Vielmehr werden die ungarischen Wünsche nach einer, durch zweifel¬
hafte, aber energisch vertretene historische Ansprüche begründeten Angliederung des
heutigen gemeinsamen Verwaltungsgebiets, wie auch Dalmatiens an das dem
ungarischen Staat subordinierte Kroatien immer lauter; insbesondere hat der
Ministerpräsident Wekerle sich für die Angliederung Dalmatiens an Kroatien offen
ausgesprochen, und die Veri: ahrung Dr. von Seidlers dagegen entbehrt des Rück¬
halts an starken politischen Kräften. Auch muß man sich fragen, ob das innerlich
gespaltene Osterreich bei einem Kondominium mehr als formelle Rechte gegenüber
dem starken Ungarn erreichen könnte, daS auch bisher schon die bosinsche Verkehrs-
Hvlitik durchaus in ungarischen Sinne zu gestalten und die Ausführung vertrags¬
mäßig übernommener Bahnbauten zur besseren Verbindung mit Österreich immer
wieder hinauszuziehen wußte. So mußte man sich schweren Herzens mit dem
Gedanken vertraut machen, die ungarische Oberherrschaft über die serbokroatischen
Gebiete der Monarchie (mit Ausschluß Jstriens) zuzugestehen, wenn Österreich oa-
sur entsprechende Sicherungen erhalten und diese durch Aufnahme in die..mittel¬
europäischen" Vereinbarungen wirklich verbürgt und durchgeführt werden konnten.
Denn der freie Durchgang nach dem Südosten wie durch Ungarn selbst, so durch
das diesem anzugliedernde Südslawengebiet, ist eine wirtschaftliche und politische
Lebensbedinguna wie für Österreich, so auch für das Deutsche Reich.

, Die deutschen Volksräte Österreichs, deren Willen sich die Abgeordneten
weht dauernd werden widersetzen können, stellen daher neben das unbedingte Fest¬
halten des Weges nach Trieft und Polo, die Bereitwilligkeit, über eme Ausdehnung
des kroatischen SubdualismuS" auf Bosnien, die Herzegowina und Dalmatten
SU verhandeln Osterreich müßte dafür natürlich die volle Sicherung seiner Wirt-
sLaftlichen Interessen in diesen Ländern, Verbesserung seiner Zugangswege zu ihnen,
Schutz gegen Tarif- und Steuervorkchrungen, die es benachteiligen konnten, „offene


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[0255] Deutschösterreich und die südslawische Frage deutschen Sprachgebiet stehen. Als ein geeignetes Mittel zur engeren Verbindung des Hinterlandes mit den maritimen Interessen und zur Ergänzung der vielfach von Ausländern durchsetzten Handelsmarine aus dem Hinterland empfiehlt man die Errichtung einer deutschen Schiffahrtsschule (bisher bestehen nur italienische und slawischeI). welche allen Völkern des Hinterlandes zugute käme, aber den notwendigen deutschen Einfluß in Trieft und im Seewesen erheblich verstärken müßte. Es ist ja bezeichnend, daß man seinerzeit in Britisch-Ostafrika die eine Zeitlang bestandene Linie des österreichischen Lloyd „l'tie Italiari" nannte und daß die deutsche Kommandosprache der Kriegsmarine auf Schwierigkeiten bei der wesentlich südslawischen, durch die Handelsmarine italianisierten Mannschaft stieß! Das begründet die Forderung noch der Schule wohl ausreichend. Der verdiente Vorkämpfer um den Weg zur Adria, Abgeordneter Dobernig, hat nach einer Mitteilung des Abgeordneten Kraft im Sommer 1917 die Zustimmung des Kaisers für die deutsche Schiffahrtsschule in Trieft erhalten. Um die Gefahren zu vermeiden, welche ein südslawischer Riegel für Oster¬ reich, seine Seegeltung, seinen Weg in die Südosthalbinsel und sein Deutschtum bringen müßte, und doch der politischen Zerreißung des geographisch geschlossenen kroatischen Volkes abzuhelfen, ist vorgeschlagen worden (noch neuestens von L. von Südland in seinem Buche „Die Südslawenfrage und der Weltkrieg", Wien 19 l8). Kroatien-Slawonien, das gemeinsame Verwaltungsgebiet und Dal- matien zu einem Reichslande zu vereinigen, das bei der weitestgehenden Selbst¬ verwaltung und parlamentarischen Selbstregierung doch in all.in der Gesamt- monarchie wichtigen Fragen an deren Zustimmung gebunden sein, also einem Kondominium Österreichs und Ungarns unterstehen soll. So wertvoll zweifellos ein solcher gemeinsamer Besitz gerade als Band der von Ungarn und auch von wachsenden österreichischen Gruppen bedrohten Gemeinsamkeit. als Schutzmittel gegen die drohende Lockerung des Zusammenhalts zur bloß>n „Personalunion" wäre, so ist doch bei dem heutigen Machtgefühl und der faktischen, während des Krieges rücksichtslos gesteigerten Machtstellung Ungarns keine Aussicht vorhanden, dessen Zustimmung zu einer solchen Vergrößerung des gemeinsamen Gebiets zu erhalten. Vielmehr werden die ungarischen Wünsche nach einer, durch zweifel¬ hafte, aber energisch vertretene historische Ansprüche begründeten Angliederung des heutigen gemeinsamen Verwaltungsgebiets, wie auch Dalmatiens an das dem ungarischen Staat subordinierte Kroatien immer lauter; insbesondere hat der Ministerpräsident Wekerle sich für die Angliederung Dalmatiens an Kroatien offen ausgesprochen, und die Veri: ahrung Dr. von Seidlers dagegen entbehrt des Rück¬ halts an starken politischen Kräften. Auch muß man sich fragen, ob das innerlich gespaltene Osterreich bei einem Kondominium mehr als formelle Rechte gegenüber dem starken Ungarn erreichen könnte, daS auch bisher schon die bosinsche Verkehrs- Hvlitik durchaus in ungarischen Sinne zu gestalten und die Ausführung vertrags¬ mäßig übernommener Bahnbauten zur besseren Verbindung mit Österreich immer wieder hinauszuziehen wußte. So mußte man sich schweren Herzens mit dem Gedanken vertraut machen, die ungarische Oberherrschaft über die serbokroatischen Gebiete der Monarchie (mit Ausschluß Jstriens) zuzugestehen, wenn Österreich oa- sur entsprechende Sicherungen erhalten und diese durch Aufnahme in die..mittel¬ europäischen" Vereinbarungen wirklich verbürgt und durchgeführt werden konnten. Denn der freie Durchgang nach dem Südosten wie durch Ungarn selbst, so durch das diesem anzugliedernde Südslawengebiet, ist eine wirtschaftliche und politische Lebensbedinguna wie für Österreich, so auch für das Deutsche Reich. , Die deutschen Volksräte Österreichs, deren Willen sich die Abgeordneten weht dauernd werden widersetzen können, stellen daher neben das unbedingte Fest¬ halten des Weges nach Trieft und Polo, die Bereitwilligkeit, über eme Ausdehnung des kroatischen SubdualismuS" auf Bosnien, die Herzegowina und Dalmatten SU verhandeln Osterreich müßte dafür natürlich die volle Sicherung seiner Wirt- sLaftlichen Interessen in diesen Ländern, Verbesserung seiner Zugangswege zu ihnen, Schutz gegen Tarif- und Steuervorkchrungen, die es benachteiligen konnten, „offene

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333482/255>, abgerufen am 16.06.2024.