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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Materialien zur Polenpolitik

Materialien zur Polenpolitik

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Die Polen und Kriegsanleihe.

Im
Bochumer "Wiarus Polski" Ur. 162 vom
5.Juli d. I. findet sich folgende "Warnung":

"Alle, die unter Berufung auf den .Nciro-
dowiec' das durch nichts begründete Gerücht
verbreiten, als hätte sich die .Vereinigung'
an der Kriegsanleihe beteiligt, warnen wir
öffentlich und erklären, daß ^ bei der Revision
der Kassenbücher und Quittungen eine dahin-
lautende Position nicht gefunden worden ist.
Wir werden den > Zentralvorstand der Pol¬
nischen Berufsvereinigung ersuchen, jeden, der
derartige Gerüchte verbreitet, zur Verant¬
wortung zu ziehen.

Jgnatz Noszak, Michael Grajek,
Mitglieder des Ausschusses des Aufsichtsrat
der Poln. Ber.-Vereinigung."

-,
Polnische Expansion unter deutscher Hege¬

monie.

'/
Die "Kölnische Zeitung" Ur. "93
vom 29. Juli d. I. läßt sich aus Berlin unter
dem 27. Juli telegraphieren:

"Eine der wesentlichen Ursachen, warum
sich so viele Polen von dem Gedanken eines
einheitlichen großen russischen Reiches nicht
trennen konnten, waren die mit diesem rie¬
sigen Wirtschaftsgebiete verbundenen, schier un¬
begrenzten Möglichkeiten. Das große russische
Wirtschaftsgebiet war reich an natürlichen
Hilfsmitteln, und sein großer Umfang wie
auch sein Hinüberreichen bis nachlAsien er¬
möglichte die Äußerung einer großen wirt¬
schaftlichen Lebenskraft. Es ist ja auch eine
nur allzu bekannte Tatsache, daß der große
Aufschwung der polnischen Industrie
dem großen osteuropäischen undlnord-
und mittelasiatischen 'Absatzgebiet
und Hinterland Polens zu verdanken
ist. Der ganze Osten war aber nicht nur
für Polnische Waren geöffnet, sondern auch
für polnische, besonders fachmännisch aus¬
gebildete Arbeitskräfte zugänglich. Nußland
war, wie gesagt, reich an natürlichen Hilfs¬
mitteln, es war jedoch arm an geschulten
Arbeitskräften, und da waren der polnische
Techniker und der Polnische Kaufmann eine
durchaus willkommene Erscheinung. Die nun¬
mehr in Osteuropa zugunsten Deutschlands

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erfolgende Machtverschiebung ist in dieser
Richtung ?ur die Polen mit keinerlei Gefahren
verbunden. Im Gegenteil, die ordnende und
leitende Hand Deutschlands bedarf vielfach
der Polnischen Brücke, um nach dem Osten
zu gelangen, wie denn auch die Polen durch
Vermittlung Deutschlands mit der westeuro¬
päischen Kultur und der westeuropäischen
Wirtschaft in Beziehungen treten können. Es
ist erfreulich, daß die Erkenntnis dieser Tat¬
sache auch bei den Polen sich allmählich Bahn
zu brechen beginnt. Ein polnischer Schrift¬
steller Dr. Gustav Doborzynfti ist es, der in
der Zeitschrift .Wiadomosci Polskie' die
Worte ausspricht:

Für unser Volk eröffnet sich unter der
Hegemonie Deutschlands ein weiter Wirkungs¬
kreis. Wir werden sür die Deutschen not¬
wendig sein, denn von uns und einigen
Tausenden russischer Intelligenz abgesehen,
werden sie keine Kulturelemente im Osten
vorfinden. Wenn wir das Stärkeverhältnis
Deutschlands und seiner Gegner treffend ein¬
schätzen, werden uns die deutschen Siege nicht
schrecken. Je mehr Einfluß die Deutschen er¬
reichen, desto mehr wird ihr Ausdehnungs¬
bedürfnis befriedigt und desto mehr werden
wir im Osten entlastet."


Ein, wie wir hoffen, nicht im Reichsamt
des Innern zustande gekommener Artikel in
Ur. 394 der "Norddeutschen Allgemeinen
Zeitung" vom 4. August d. I. lädt die Polen
freundlich ein, ihre Ausdehnungsbestrebungen
nach Preußen zu richten. Das interessante
Dokument der gegenwärtigen Phase deutscher
Polenpolitik schließt:

"Deshalb sollte schärfer betont werden,
daß die natürlichen Lebensbedingungen der
polnischen Industrie durch die Richtung be¬
stimmt werden, die die Natur ihrem Handel
gewiesen hat, und die durch die Richtung
ihrer Ströme gegeben sind. Hier kommt in
Frage, daß Deutschland Polen gewissermaßen
den Ausgang sperrt. Aber das würde für
die Wirtschaft selbst kein. Hindernis sein, so¬
lange es daS Mittel der Verträge gibt, die
derartige Unannehmlichkeiten mildern oder

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Materialien zur Polenpolitik

Materialien zur Polenpolitik

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Die Polen und Kriegsanleihe.

Im
Bochumer „Wiarus Polski" Ur. 162 vom
5.Juli d. I. findet sich folgende „Warnung":

„Alle, die unter Berufung auf den .Nciro-
dowiec' das durch nichts begründete Gerücht
verbreiten, als hätte sich die .Vereinigung'
an der Kriegsanleihe beteiligt, warnen wir
öffentlich und erklären, daß ^ bei der Revision
der Kassenbücher und Quittungen eine dahin-
lautende Position nicht gefunden worden ist.
Wir werden den > Zentralvorstand der Pol¬
nischen Berufsvereinigung ersuchen, jeden, der
derartige Gerüchte verbreitet, zur Verant¬
wortung zu ziehen.

Jgnatz Noszak, Michael Grajek,
Mitglieder des Ausschusses des Aufsichtsrat
der Poln. Ber.-Vereinigung."

-,
Polnische Expansion unter deutscher Hege¬

monie.

'/
Die „Kölnische Zeitung" Ur. «93
vom 29. Juli d. I. läßt sich aus Berlin unter
dem 27. Juli telegraphieren:

„Eine der wesentlichen Ursachen, warum
sich so viele Polen von dem Gedanken eines
einheitlichen großen russischen Reiches nicht
trennen konnten, waren die mit diesem rie¬
sigen Wirtschaftsgebiete verbundenen, schier un¬
begrenzten Möglichkeiten. Das große russische
Wirtschaftsgebiet war reich an natürlichen
Hilfsmitteln, und sein großer Umfang wie
auch sein Hinüberreichen bis nachlAsien er¬
möglichte die Äußerung einer großen wirt¬
schaftlichen Lebenskraft. Es ist ja auch eine
nur allzu bekannte Tatsache, daß der große
Aufschwung der polnischen Industrie
dem großen osteuropäischen undlnord-
und mittelasiatischen 'Absatzgebiet
und Hinterland Polens zu verdanken
ist. Der ganze Osten war aber nicht nur
für Polnische Waren geöffnet, sondern auch
für polnische, besonders fachmännisch aus¬
gebildete Arbeitskräfte zugänglich. Nußland
war, wie gesagt, reich an natürlichen Hilfs¬
mitteln, es war jedoch arm an geschulten
Arbeitskräften, und da waren der polnische
Techniker und der Polnische Kaufmann eine
durchaus willkommene Erscheinung. Die nun¬
mehr in Osteuropa zugunsten Deutschlands

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erfolgende Machtverschiebung ist in dieser
Richtung ?ur die Polen mit keinerlei Gefahren
verbunden. Im Gegenteil, die ordnende und
leitende Hand Deutschlands bedarf vielfach
der Polnischen Brücke, um nach dem Osten
zu gelangen, wie denn auch die Polen durch
Vermittlung Deutschlands mit der westeuro¬
päischen Kultur und der westeuropäischen
Wirtschaft in Beziehungen treten können. Es
ist erfreulich, daß die Erkenntnis dieser Tat¬
sache auch bei den Polen sich allmählich Bahn
zu brechen beginnt. Ein polnischer Schrift¬
steller Dr. Gustav Doborzynfti ist es, der in
der Zeitschrift .Wiadomosci Polskie' die
Worte ausspricht:

Für unser Volk eröffnet sich unter der
Hegemonie Deutschlands ein weiter Wirkungs¬
kreis. Wir werden sür die Deutschen not¬
wendig sein, denn von uns und einigen
Tausenden russischer Intelligenz abgesehen,
werden sie keine Kulturelemente im Osten
vorfinden. Wenn wir das Stärkeverhältnis
Deutschlands und seiner Gegner treffend ein¬
schätzen, werden uns die deutschen Siege nicht
schrecken. Je mehr Einfluß die Deutschen er¬
reichen, desto mehr wird ihr Ausdehnungs¬
bedürfnis befriedigt und desto mehr werden
wir im Osten entlastet."


Ein, wie wir hoffen, nicht im Reichsamt
des Innern zustande gekommener Artikel in
Ur. 394 der „Norddeutschen Allgemeinen
Zeitung" vom 4. August d. I. lädt die Polen
freundlich ein, ihre Ausdehnungsbestrebungen
nach Preußen zu richten. Das interessante
Dokument der gegenwärtigen Phase deutscher
Polenpolitik schließt:

„Deshalb sollte schärfer betont werden,
daß die natürlichen Lebensbedingungen der
polnischen Industrie durch die Richtung be¬
stimmt werden, die die Natur ihrem Handel
gewiesen hat, und die durch die Richtung
ihrer Ströme gegeben sind. Hier kommt in
Frage, daß Deutschland Polen gewissermaßen
den Ausgang sperrt. Aber das würde für
die Wirtschaft selbst kein. Hindernis sein, so¬
lange es daS Mittel der Verträge gibt, die
derartige Unannehmlichkeiten mildern oder

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[0186] Materialien zur Polenpolitik Materialien zur Polenpolitik Die Polen und Kriegsanleihe. Im Bochumer „Wiarus Polski" Ur. 162 vom 5.Juli d. I. findet sich folgende „Warnung": „Alle, die unter Berufung auf den .Nciro- dowiec' das durch nichts begründete Gerücht verbreiten, als hätte sich die .Vereinigung' an der Kriegsanleihe beteiligt, warnen wir öffentlich und erklären, daß ^ bei der Revision der Kassenbücher und Quittungen eine dahin- lautende Position nicht gefunden worden ist. Wir werden den > Zentralvorstand der Pol¬ nischen Berufsvereinigung ersuchen, jeden, der derartige Gerüchte verbreitet, zur Verant¬ wortung zu ziehen. Jgnatz Noszak, Michael Grajek, Mitglieder des Ausschusses des Aufsichtsrat der Poln. Ber.-Vereinigung." -, Polnische Expansion unter deutscher Hege¬ monie. '/ Die „Kölnische Zeitung" Ur. «93 vom 29. Juli d. I. läßt sich aus Berlin unter dem 27. Juli telegraphieren: „Eine der wesentlichen Ursachen, warum sich so viele Polen von dem Gedanken eines einheitlichen großen russischen Reiches nicht trennen konnten, waren die mit diesem rie¬ sigen Wirtschaftsgebiete verbundenen, schier un¬ begrenzten Möglichkeiten. Das große russische Wirtschaftsgebiet war reich an natürlichen Hilfsmitteln, und sein großer Umfang wie auch sein Hinüberreichen bis nachlAsien er¬ möglichte die Äußerung einer großen wirt¬ schaftlichen Lebenskraft. Es ist ja auch eine nur allzu bekannte Tatsache, daß der große Aufschwung der polnischen Industrie dem großen osteuropäischen undlnord- und mittelasiatischen 'Absatzgebiet und Hinterland Polens zu verdanken ist. Der ganze Osten war aber nicht nur für Polnische Waren geöffnet, sondern auch für polnische, besonders fachmännisch aus¬ gebildete Arbeitskräfte zugänglich. Nußland war, wie gesagt, reich an natürlichen Hilfs¬ mitteln, es war jedoch arm an geschulten Arbeitskräften, und da waren der polnische Techniker und der Polnische Kaufmann eine durchaus willkommene Erscheinung. Die nun¬ mehr in Osteuropa zugunsten Deutschlands erfolgende Machtverschiebung ist in dieser Richtung ?ur die Polen mit keinerlei Gefahren verbunden. Im Gegenteil, die ordnende und leitende Hand Deutschlands bedarf vielfach der Polnischen Brücke, um nach dem Osten zu gelangen, wie denn auch die Polen durch Vermittlung Deutschlands mit der westeuro¬ päischen Kultur und der westeuropäischen Wirtschaft in Beziehungen treten können. Es ist erfreulich, daß die Erkenntnis dieser Tat¬ sache auch bei den Polen sich allmählich Bahn zu brechen beginnt. Ein polnischer Schrift¬ steller Dr. Gustav Doborzynfti ist es, der in der Zeitschrift .Wiadomosci Polskie' die Worte ausspricht: Für unser Volk eröffnet sich unter der Hegemonie Deutschlands ein weiter Wirkungs¬ kreis. Wir werden sür die Deutschen not¬ wendig sein, denn von uns und einigen Tausenden russischer Intelligenz abgesehen, werden sie keine Kulturelemente im Osten vorfinden. Wenn wir das Stärkeverhältnis Deutschlands und seiner Gegner treffend ein¬ schätzen, werden uns die deutschen Siege nicht schrecken. Je mehr Einfluß die Deutschen er¬ reichen, desto mehr wird ihr Ausdehnungs¬ bedürfnis befriedigt und desto mehr werden wir im Osten entlastet." Ein, wie wir hoffen, nicht im Reichsamt des Innern zustande gekommener Artikel in Ur. 394 der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" vom 4. August d. I. lädt die Polen freundlich ein, ihre Ausdehnungsbestrebungen nach Preußen zu richten. Das interessante Dokument der gegenwärtigen Phase deutscher Polenpolitik schließt: „Deshalb sollte schärfer betont werden, daß die natürlichen Lebensbedingungen der polnischen Industrie durch die Richtung be¬ stimmt werden, die die Natur ihrem Handel gewiesen hat, und die durch die Richtung ihrer Ströme gegeben sind. Hier kommt in Frage, daß Deutschland Polen gewissermaßen den Ausgang sperrt. Aber das würde für die Wirtschaft selbst kein. Hindernis sein, so¬ lange es daS Mittel der Verträge gibt, die derartige Unannehmlichkeiten mildern oder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/186>, abgerufen am 16.06.2024.