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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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so das; in ihnen heute Tschechen (4081) und Deutsche (4108) <in Zahl gleich stehen.
Diese nicht unbedeutende haMreisartig um Budweis sich legenden' Gemeinden
wie Rudolstadt und andere 'würden sich ohne unnatürlichen Zwang dem nur
zehn jkilometer ivcstlich entfernten geschlossenen deutschen Besitzstande anfügen.
Das; die Tschechen bei ihrer stark in diesen Dörfern angewachsenen Zahl die einer
solchen Lösung günstige Abstimmung zu beeinflussen "vermögen, liegt aus der
Hand, so das; nicht grundlos neutrale Aussicht der Plebiszitvorgänge herbei¬
gewünscht wird.

Tschechischen Angriffen weniger ausgesetzt ist die halbinselartig in
tschechisches Gebiet ragende deutsche Zone von Neubistritz. Dreißig Kilometer
Luftlinie trennen es von den letzten Gemeinden des südwestböhmischen ab¬
geschlossenen deutschen Volksstreiseus. Da südlich eine Rückendeckung in dem
Deutschen Niederösterreich gegeben ist, vermag der Neubistritzer Bezirk genügende
völkische - Widerstandsfähigkeit zu entwickeln. Seine Verknüpfungen mit Nieder¬
österreich, als dessen Anhängsel es praktisch mehr zu werten ist, denn als Teil
Deutschböhmens, wurde von den Bewohnern bereits selbst zum Wunsch erhoben.

.Das klar zu umgrenzende Iglauer Revier ist eine geschlossene Fläche von
398 .Kilometer, auf der 78 deutsche Siedlungen stehen. Es handelt sich um alt¬
eingesessene Bauern, die im zwölften -und "dreizehnten Jahrhundert durch zu¬
gewanderte .deutsche Bergleute und später -auch durch deutsche Kaufleute verstärkt
wurden. Es wohnen hier 4!) 198 Deutsche, denen nur 5173 Tschechen gegenüber
stehen, die fast allein in der Stadt Iglau sitzen. Mitten durch das Iglauer
Gebiet läuft die Grenze der ehemaligen Kronländer Böhmen und Mähren.. Die
deutschen Dörfer gruppieren sich um eine autonome Stadt (Iglau) und zwei
Marktflecken (Stannern und Stecken). Geistige wie materielle Kultur: ein Wohl-
entwickeltes Schulwesen, mannige -Einrichtungen "für Bildung und Wohlfahrt,
vor allem aber eine von waldreichern Hügelland begünstigte Land- und Fort-
Wirtschaft, desgleichen eine blühende Industrie, an deren Spitze Tuch- und Wirk¬
waren stehen, lassen uns diese Nachkommen deutscher Bauern und Bürger als
einen Volkssplitter schätzen, dessen 'Vernichtung mit allen Kräften abgewehrt
Werden nutz. Sie nahmen beherzt ihr Selbstbestimmungsrecht schon am
3. November 1918 in Anspruch und erhoben feierlich die' Forderung ihres
Anschlusses an Deutschösterreich, dessen Grenzen ihm "us der Route Iglau--Zuaim
in nur 1^ Stunden erreichbar sind. Den deutschböhmischen Kreis Stecken des
Iglauer Bezirkes von -dem gegebenen natürlichen Zusammenhange zu lösen und
als Sonderstück Deutschböhmens aus Gründen historischer Zugehörigkeit auf¬
zubauen, wäre keine glückliche territoriale Regelung.

Auch der fest umrahmte Schönhengstler "Sprach-gau, den wir im Osten
Böhmens in Augenschein zu nehmen haben, darf als Sprachinsel gelten. Dies
nachdem die Verbindung mit deU Volksgenossen un Osten gegen Deutschschlesien
durch das Vordringen der Tschechen ins obere Marchtal zwischen Hohenstadt und
Aussee zerriß, auch die Verbindung nach Norden mit dem Grulicher Gebiet durch
tschechisches Vordringen seit der Hussitenzeit mehr und mehr lahm gelegt wurde.
Die Dinge liegen ähnlich wie beim Iglauer Gebiet, indem wir ebenfalls einen
böhmischen und einen mährischen Teil finden; auch hat die Bevölkerung dieser
Böhmen bisher angehörigen Striche (deutscher Gerichtsbezirk Lcmdskron und die
deutschen Gemeinden der tschechischen Gerichtsbezirke Wildeuschwert, Leitomischl
und PolitschLa) sich, wie die Iglauer dies taten, zusammen mit allen Volks¬
genossen des Schönhengstlergaus durch öffentliche Meinungsabgabe dem nächst¬
liegenden größeren geschlossenen deutschen Sprachgebieten angelehnt. Diese
erscheinen heute geeint als eine Provinz Deutschösterreichs mit der Bezeichnung
"Sudetenland"; außer den von Böhmen zugeschlagener deutschen Sprachherden
setzt sich dies Sudetenland in der Hauptsache aus dem nördlichen Deutschmähren
und aus Deütschschlesien zusammen und birgt die ansehnliche Zahl von
642 810 Deutschen (94.3 Prozent) neben nur 25 048 Tschechen (3.7 Prozent).
Der ganze Schönhengstler Sprachgau stellt hierzu fast ein Sechstel der Bevölkerung
(105 343 Deutsche und 3307 Tschechen). Die sonstigen kleinen isoliert gelegenen


so das; in ihnen heute Tschechen (4081) und Deutsche (4108) <in Zahl gleich stehen.
Diese nicht unbedeutende haMreisartig um Budweis sich legenden' Gemeinden
wie Rudolstadt und andere 'würden sich ohne unnatürlichen Zwang dem nur
zehn jkilometer ivcstlich entfernten geschlossenen deutschen Besitzstande anfügen.
Das; die Tschechen bei ihrer stark in diesen Dörfern angewachsenen Zahl die einer
solchen Lösung günstige Abstimmung zu beeinflussen "vermögen, liegt aus der
Hand, so das; nicht grundlos neutrale Aussicht der Plebiszitvorgänge herbei¬
gewünscht wird.

Tschechischen Angriffen weniger ausgesetzt ist die halbinselartig in
tschechisches Gebiet ragende deutsche Zone von Neubistritz. Dreißig Kilometer
Luftlinie trennen es von den letzten Gemeinden des südwestböhmischen ab¬
geschlossenen deutschen Volksstreiseus. Da südlich eine Rückendeckung in dem
Deutschen Niederösterreich gegeben ist, vermag der Neubistritzer Bezirk genügende
völkische - Widerstandsfähigkeit zu entwickeln. Seine Verknüpfungen mit Nieder¬
österreich, als dessen Anhängsel es praktisch mehr zu werten ist, denn als Teil
Deutschböhmens, wurde von den Bewohnern bereits selbst zum Wunsch erhoben.

.Das klar zu umgrenzende Iglauer Revier ist eine geschlossene Fläche von
398 .Kilometer, auf der 78 deutsche Siedlungen stehen. Es handelt sich um alt¬
eingesessene Bauern, die im zwölften -und "dreizehnten Jahrhundert durch zu¬
gewanderte .deutsche Bergleute und später -auch durch deutsche Kaufleute verstärkt
wurden. Es wohnen hier 4!) 198 Deutsche, denen nur 5173 Tschechen gegenüber
stehen, die fast allein in der Stadt Iglau sitzen. Mitten durch das Iglauer
Gebiet läuft die Grenze der ehemaligen Kronländer Böhmen und Mähren.. Die
deutschen Dörfer gruppieren sich um eine autonome Stadt (Iglau) und zwei
Marktflecken (Stannern und Stecken). Geistige wie materielle Kultur: ein Wohl-
entwickeltes Schulwesen, mannige -Einrichtungen «für Bildung und Wohlfahrt,
vor allem aber eine von waldreichern Hügelland begünstigte Land- und Fort-
Wirtschaft, desgleichen eine blühende Industrie, an deren Spitze Tuch- und Wirk¬
waren stehen, lassen uns diese Nachkommen deutscher Bauern und Bürger als
einen Volkssplitter schätzen, dessen 'Vernichtung mit allen Kräften abgewehrt
Werden nutz. Sie nahmen beherzt ihr Selbstbestimmungsrecht schon am
3. November 1918 in Anspruch und erhoben feierlich die' Forderung ihres
Anschlusses an Deutschösterreich, dessen Grenzen ihm «us der Route Iglau—Zuaim
in nur 1^ Stunden erreichbar sind. Den deutschböhmischen Kreis Stecken des
Iglauer Bezirkes von -dem gegebenen natürlichen Zusammenhange zu lösen und
als Sonderstück Deutschböhmens aus Gründen historischer Zugehörigkeit auf¬
zubauen, wäre keine glückliche territoriale Regelung.

Auch der fest umrahmte Schönhengstler «Sprach-gau, den wir im Osten
Böhmens in Augenschein zu nehmen haben, darf als Sprachinsel gelten. Dies
nachdem die Verbindung mit deU Volksgenossen un Osten gegen Deutschschlesien
durch das Vordringen der Tschechen ins obere Marchtal zwischen Hohenstadt und
Aussee zerriß, auch die Verbindung nach Norden mit dem Grulicher Gebiet durch
tschechisches Vordringen seit der Hussitenzeit mehr und mehr lahm gelegt wurde.
Die Dinge liegen ähnlich wie beim Iglauer Gebiet, indem wir ebenfalls einen
böhmischen und einen mährischen Teil finden; auch hat die Bevölkerung dieser
Böhmen bisher angehörigen Striche (deutscher Gerichtsbezirk Lcmdskron und die
deutschen Gemeinden der tschechischen Gerichtsbezirke Wildeuschwert, Leitomischl
und PolitschLa) sich, wie die Iglauer dies taten, zusammen mit allen Volks¬
genossen des Schönhengstlergaus durch öffentliche Meinungsabgabe dem nächst¬
liegenden größeren geschlossenen deutschen Sprachgebieten angelehnt. Diese
erscheinen heute geeint als eine Provinz Deutschösterreichs mit der Bezeichnung
„Sudetenland"; außer den von Böhmen zugeschlagener deutschen Sprachherden
setzt sich dies Sudetenland in der Hauptsache aus dem nördlichen Deutschmähren
und aus Deütschschlesien zusammen und birgt die ansehnliche Zahl von
642 810 Deutschen (94.3 Prozent) neben nur 25 048 Tschechen (3.7 Prozent).
Der ganze Schönhengstler Sprachgau stellt hierzu fast ein Sechstel der Bevölkerung
(105 343 Deutsche und 3307 Tschechen). Die sonstigen kleinen isoliert gelegenen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/50>, abgerufen am 15.05.2024.