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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Wirtschaftspolitik der Sowjetrcgierung

nach Lenin sein soll. (S. 11.) Droht dem Unternehmer in absehbarer Zeit die
gewaltsame Expropriation, dann sabotiert er sein Unternehmen. Man mag das
beklagen, die Tatsachen aber sind da' und mit ihnen muß man als praktischer
Politiker rechnen. Falls ich nnn Lenin recht verstehe, so hat er dies auch sehr
Wohl erkannt. Wenn er die Einstellung der Offensive gegen das Kapital trotzdem
als vorübergehende Maßnahme darstellt, so scheint mir dies nur eine taktische
Maßregel, mit Hilfe deren er seinen Rückzug von dem eigentlichen Angriffsziele
verschleiern will. Ich leite diese meine, Ansicht daraus 'her, daß Lenin diesen
Punkt seiner Neformmaßnahmeu so überaus umständlich und vorsichtig
begründet. (S. 10/13.) Außerdem aber wird die Darstellung seiner weiteren
Neformmaßnahmen zeigen, > daß Lenin nunmehr, nachdem er' die ihm bis zu
seinem Regierungsantritt mangelnde praktische Erfahrung ergänzt hat, sich
ourchaus nicht scheut, Dogmen preiszugeben, die jeden theoretischen Kommunisten
unantastbare Heiligtümer sind.

Der Kampf gegen das Kapital wird also -- jedenfalls sicher "fürs erste" --
eingestellt.

Es s-olgt nun der Aufbau des Wirtschaftslebens, der Organisation der
Rechnungslegung und Kontrolle, der Produktion und der Verteilung der
Produkte. Der Mangel an Erfolg, der sich ans diese"! Gebiete gezeigt hat, soll
nun dadurch behoben werden, daß die besten Fachleute und die größten
Organisatoren zur Arbeit herangezogen .werden. (S. 16.) Dies kann geschehen
"entweder auf alte Art und Weise, auf bürgerliche Art (d. h. für hohe Bezahlung)
oder auf neue Weife, auf proletarische Art (d. h. durch Schaffung von Verhältnissen
der allgemeinen Rechnungslegung und Kontrolle, die unvermeidlich und von
selbst die Fachleute einordnen und einstellen würden)".

Wie dies letztere in der Praxis aussehen soll, verrät Lenin nicht, Vermut¬
lich weiß er selbst es auch gar nicht. Jedenfalls sagt er: "Wir mußten jetzt zu dem
alten bürgerlichen Mittel greifen und auf eine sehr hohe Bezahlung der "Dienst¬
leistungen" der größten unter den bürgerlichen Fachleuten eingehen." Dieser
Schritt ist eingestandenermaßen "ein Schritt nach rückwärts", eine Aufgabe des
kommunistischen Prinzips "einer Gleichstellung der Gehälter mit der -Entlohnung
eines Durchschnittarbeiters". (S. 16.)

Es sei dies ein Tribut für die eigene Rückständigkeit des Proletariats, und
an letzterem liege es, diesen Tribut so bald als möglich überflüssig zu machen
durch Selbstorganisation und Selbstdisziplin. (S. 19.)

Neben der Organisation der allgemeinen Rechnungslegung und Kontrolle
steht das Erfordernis, "die strengste allgemeine allumfassende Rechnungslegung
und Kontrolle des Getreides und der Erfassung des Getreides (nachher auch aller
anderen notwendigen Erzeugnisse) einzurichten. (-S. 25.) Zu diesem Zweck ist
nun ein Dekret erlassen worden, das zur Grundlage dieser Rechnungslegung und
Kontrolle sich der bürgerlichen Genossenschaften und der Arbeitergenossenschaften,
die auf bürgerlichem Standpunkt verharren, bedient. (S. 25.) Hierbei waren
Kompromisse in mehrfacher Richtung zu schließen. Vertreter der Organisationen
(also auch Angehörige der Bourgeoisie) hatten bei Beratung des Dekretes
beschließende Stimme (S. 25), der Grundsatz des unentgeltlichen'Eintritts in die
Genossenschaft und das ^Prinzip des Zusammenschlusses der Bevölkerung einer
Ortschaft in eine einzige Genossenschaft ist aufgehoben. (S. 25.) Ja, die
Bourgeoisie stellt in gewissem Umfange anch Mitglieder der Aufsichtsrate der
Genossenschaften. (S.'26.) , Alle diese'Grundsätze stellen bereits eine derartige
Abweichung vom kommunistischen Standpunkt dar, daß man sich schon jetzt fragt,
U'las eigentlich vom Kommunismus in der Praxis noch besteht. Die Frage wird
sich noch stärker aufdrängen, wenn man die weiteren "Reformen" Lenins
kennen lernt.

Daß Lenin die Einführung gesetzmäßiger Steuern sowie die Durch¬
führung der Arbeitspflicht für notwendig erachtet, ist bereits erwähnt worden.
Bezüglich der Durchführung der Arbeitspflicht, die natürlich bei den Reichen zu


Wirtschaftspolitik der Sowjetrcgierung

nach Lenin sein soll. (S. 11.) Droht dem Unternehmer in absehbarer Zeit die
gewaltsame Expropriation, dann sabotiert er sein Unternehmen. Man mag das
beklagen, die Tatsachen aber sind da' und mit ihnen muß man als praktischer
Politiker rechnen. Falls ich nnn Lenin recht verstehe, so hat er dies auch sehr
Wohl erkannt. Wenn er die Einstellung der Offensive gegen das Kapital trotzdem
als vorübergehende Maßnahme darstellt, so scheint mir dies nur eine taktische
Maßregel, mit Hilfe deren er seinen Rückzug von dem eigentlichen Angriffsziele
verschleiern will. Ich leite diese meine, Ansicht daraus 'her, daß Lenin diesen
Punkt seiner Neformmaßnahmeu so überaus umständlich und vorsichtig
begründet. (S. 10/13.) Außerdem aber wird die Darstellung seiner weiteren
Neformmaßnahmen zeigen, > daß Lenin nunmehr, nachdem er' die ihm bis zu
seinem Regierungsantritt mangelnde praktische Erfahrung ergänzt hat, sich
ourchaus nicht scheut, Dogmen preiszugeben, die jeden theoretischen Kommunisten
unantastbare Heiligtümer sind.

Der Kampf gegen das Kapital wird also — jedenfalls sicher „fürs erste" —
eingestellt.

Es s-olgt nun der Aufbau des Wirtschaftslebens, der Organisation der
Rechnungslegung und Kontrolle, der Produktion und der Verteilung der
Produkte. Der Mangel an Erfolg, der sich ans diese»! Gebiete gezeigt hat, soll
nun dadurch behoben werden, daß die besten Fachleute und die größten
Organisatoren zur Arbeit herangezogen .werden. (S. 16.) Dies kann geschehen
„entweder auf alte Art und Weise, auf bürgerliche Art (d. h. für hohe Bezahlung)
oder auf neue Weife, auf proletarische Art (d. h. durch Schaffung von Verhältnissen
der allgemeinen Rechnungslegung und Kontrolle, die unvermeidlich und von
selbst die Fachleute einordnen und einstellen würden)".

Wie dies letztere in der Praxis aussehen soll, verrät Lenin nicht, Vermut¬
lich weiß er selbst es auch gar nicht. Jedenfalls sagt er: „Wir mußten jetzt zu dem
alten bürgerlichen Mittel greifen und auf eine sehr hohe Bezahlung der „Dienst¬
leistungen" der größten unter den bürgerlichen Fachleuten eingehen." Dieser
Schritt ist eingestandenermaßen „ein Schritt nach rückwärts", eine Aufgabe des
kommunistischen Prinzips „einer Gleichstellung der Gehälter mit der -Entlohnung
eines Durchschnittarbeiters". (S. 16.)

Es sei dies ein Tribut für die eigene Rückständigkeit des Proletariats, und
an letzterem liege es, diesen Tribut so bald als möglich überflüssig zu machen
durch Selbstorganisation und Selbstdisziplin. (S. 19.)

Neben der Organisation der allgemeinen Rechnungslegung und Kontrolle
steht das Erfordernis, „die strengste allgemeine allumfassende Rechnungslegung
und Kontrolle des Getreides und der Erfassung des Getreides (nachher auch aller
anderen notwendigen Erzeugnisse) einzurichten. (-S. 25.) Zu diesem Zweck ist
nun ein Dekret erlassen worden, das zur Grundlage dieser Rechnungslegung und
Kontrolle sich der bürgerlichen Genossenschaften und der Arbeitergenossenschaften,
die auf bürgerlichem Standpunkt verharren, bedient. (S. 25.) Hierbei waren
Kompromisse in mehrfacher Richtung zu schließen. Vertreter der Organisationen
(also auch Angehörige der Bourgeoisie) hatten bei Beratung des Dekretes
beschließende Stimme (S. 25), der Grundsatz des unentgeltlichen'Eintritts in die
Genossenschaft und das ^Prinzip des Zusammenschlusses der Bevölkerung einer
Ortschaft in eine einzige Genossenschaft ist aufgehoben. (S. 25.) Ja, die
Bourgeoisie stellt in gewissem Umfange anch Mitglieder der Aufsichtsrate der
Genossenschaften. (S.'26.) , Alle diese'Grundsätze stellen bereits eine derartige
Abweichung vom kommunistischen Standpunkt dar, daß man sich schon jetzt fragt,
U'las eigentlich vom Kommunismus in der Praxis noch besteht. Die Frage wird
sich noch stärker aufdrängen, wenn man die weiteren „Reformen" Lenins
kennen lernt.

Daß Lenin die Einführung gesetzmäßiger Steuern sowie die Durch¬
führung der Arbeitspflicht für notwendig erachtet, ist bereits erwähnt worden.
Bezüglich der Durchführung der Arbeitspflicht, die natürlich bei den Reichen zu


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[0072] Wirtschaftspolitik der Sowjetrcgierung nach Lenin sein soll. (S. 11.) Droht dem Unternehmer in absehbarer Zeit die gewaltsame Expropriation, dann sabotiert er sein Unternehmen. Man mag das beklagen, die Tatsachen aber sind da' und mit ihnen muß man als praktischer Politiker rechnen. Falls ich nnn Lenin recht verstehe, so hat er dies auch sehr Wohl erkannt. Wenn er die Einstellung der Offensive gegen das Kapital trotzdem als vorübergehende Maßnahme darstellt, so scheint mir dies nur eine taktische Maßregel, mit Hilfe deren er seinen Rückzug von dem eigentlichen Angriffsziele verschleiern will. Ich leite diese meine, Ansicht daraus 'her, daß Lenin diesen Punkt seiner Neformmaßnahmeu so überaus umständlich und vorsichtig begründet. (S. 10/13.) Außerdem aber wird die Darstellung seiner weiteren Neformmaßnahmen zeigen, > daß Lenin nunmehr, nachdem er' die ihm bis zu seinem Regierungsantritt mangelnde praktische Erfahrung ergänzt hat, sich ourchaus nicht scheut, Dogmen preiszugeben, die jeden theoretischen Kommunisten unantastbare Heiligtümer sind. Der Kampf gegen das Kapital wird also — jedenfalls sicher „fürs erste" — eingestellt. Es s-olgt nun der Aufbau des Wirtschaftslebens, der Organisation der Rechnungslegung und Kontrolle, der Produktion und der Verteilung der Produkte. Der Mangel an Erfolg, der sich ans diese»! Gebiete gezeigt hat, soll nun dadurch behoben werden, daß die besten Fachleute und die größten Organisatoren zur Arbeit herangezogen .werden. (S. 16.) Dies kann geschehen „entweder auf alte Art und Weise, auf bürgerliche Art (d. h. für hohe Bezahlung) oder auf neue Weife, auf proletarische Art (d. h. durch Schaffung von Verhältnissen der allgemeinen Rechnungslegung und Kontrolle, die unvermeidlich und von selbst die Fachleute einordnen und einstellen würden)". Wie dies letztere in der Praxis aussehen soll, verrät Lenin nicht, Vermut¬ lich weiß er selbst es auch gar nicht. Jedenfalls sagt er: „Wir mußten jetzt zu dem alten bürgerlichen Mittel greifen und auf eine sehr hohe Bezahlung der „Dienst¬ leistungen" der größten unter den bürgerlichen Fachleuten eingehen." Dieser Schritt ist eingestandenermaßen „ein Schritt nach rückwärts", eine Aufgabe des kommunistischen Prinzips „einer Gleichstellung der Gehälter mit der -Entlohnung eines Durchschnittarbeiters". (S. 16.) Es sei dies ein Tribut für die eigene Rückständigkeit des Proletariats, und an letzterem liege es, diesen Tribut so bald als möglich überflüssig zu machen durch Selbstorganisation und Selbstdisziplin. (S. 19.) Neben der Organisation der allgemeinen Rechnungslegung und Kontrolle steht das Erfordernis, „die strengste allgemeine allumfassende Rechnungslegung und Kontrolle des Getreides und der Erfassung des Getreides (nachher auch aller anderen notwendigen Erzeugnisse) einzurichten. (-S. 25.) Zu diesem Zweck ist nun ein Dekret erlassen worden, das zur Grundlage dieser Rechnungslegung und Kontrolle sich der bürgerlichen Genossenschaften und der Arbeitergenossenschaften, die auf bürgerlichem Standpunkt verharren, bedient. (S. 25.) Hierbei waren Kompromisse in mehrfacher Richtung zu schließen. Vertreter der Organisationen (also auch Angehörige der Bourgeoisie) hatten bei Beratung des Dekretes beschließende Stimme (S. 25), der Grundsatz des unentgeltlichen'Eintritts in die Genossenschaft und das ^Prinzip des Zusammenschlusses der Bevölkerung einer Ortschaft in eine einzige Genossenschaft ist aufgehoben. (S. 25.) Ja, die Bourgeoisie stellt in gewissem Umfange anch Mitglieder der Aufsichtsrate der Genossenschaften. (S.'26.) , Alle diese'Grundsätze stellen bereits eine derartige Abweichung vom kommunistischen Standpunkt dar, daß man sich schon jetzt fragt, U'las eigentlich vom Kommunismus in der Praxis noch besteht. Die Frage wird sich noch stärker aufdrängen, wenn man die weiteren „Reformen" Lenins kennen lernt. Daß Lenin die Einführung gesetzmäßiger Steuern sowie die Durch¬ führung der Arbeitspflicht für notwendig erachtet, ist bereits erwähnt worden. Bezüglich der Durchführung der Arbeitspflicht, die natürlich bei den Reichen zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/72>, abgerufen am 05.06.2024.