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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Infolge solcher rationalistischer Voreingenommenheiten gelang Crispi erst
die offene Annäherung an Deutschland und das ihm verbündete Österreich durch
die Zuspitzung des italienisch-französischen Verhältnisses, als Frankreich, ohne
die älteren italienischen Ansprüche zu beachten, von Tunis Besitz ergriff. Die
akute Wandlung der Volksstimmung gegen Frankreich, das durch keinen noch so
lauten italienischen Schmerzensschrei berührt wurde, hatte CriSpi ausgenutzt, um
den Dreibund abzuschließen, der die nationale Fortentwicklung Italiens für die
nächsten Jahre gewährleistete. Zur See hatte England dem italienischen Drei¬
bundsgenossen die unerläßliche Rückendeckung geliehen, um Italien gegen Frank¬
reichs Mittelmcerposition zu stärken.

Unter dem Strom dieser politischen Geschehnisse quoll dennoch ungeschwächt
der alte Haß gegen Österreich. Die Jrredentisten hatten überhaupt nur kurze
Zeit geschwiegen und ihre Agitation für den Erwerb des Trentinos hatte kaum
einen Augenblick stillgestanden. Die Imperialisten als die Verfechter der Idee
des römischen Weltreiches gewannen mit dem wachsenden wirtschaftlichen Auf¬
schwung des Landes gerade in Kreisen der italienischen Gesellschaft stark an
Boden. Die Schule der Realpolitiker, der Crispi und später vor allen Dingen
ti San Giuliani angehörte, und die der Hauptsache nach das amtliche Italien
bis zum Ausbruch des Weltkrieges repräsentierte, lehnte die irredentistischen Ziele
ab, da diese dem Geiste des Dreibundes widersprachen, verfocht aber im übrigen
immer die Ansicht, daß Italien nur in der englischen Freundschaft die Krönung
der Dreibundspolitik erblicke. Die Abänderungen, die der Dreibundvertrag aus
italienische Anträge hin erfuhr, beweisen zur Genüge, daß das amtliche Italien
als Ersatz für den Verzicht auf das irredentistische Programm gewillt, war, zu¬
nächst durch die Fixierung eines kolonialpolitischen Programms mit Zustimmung
der Vertragsmächte und Englands, eine imperialistische Bahn zu beschreiten.
Mancini, der offen zugestand, daß die zu verwerfende irredentistische Agitation
"den Untergang der österreichischen Monarchie" wolle, begründete in der Kammer
als Minister des Äußeren die Notwendigkeit der italienischen Mittelmeer- und
Kolonialpolitik mit den Worten: "Vor dreißig Jahren schon, als Italien noch
ein schöner Traum war, und mir in Piemont gestaltet war, meinen Überzeu¬
gungen freien Ausdruck zu verleihen, da lehrte ich von der Kanzel herab, daß
Italien nach Erringung seiner Einheit sein ganzes Streben auf Gründung von
Kolonien werde richten müssen, daß das Mittelländische Meer für Italien voll¬
ständig ein italienischer See werden müsse." Die Ausbreitung im Mittelmeer
ivar in den ersten Jahren nach Abschluß des Dreibundvertrages tatsächlich die
Sehnsucht der italienischen Machtpolitiker. In diesen Jahren gingen denn auch
Massciua, Eryträa und ein Stück des Somalilandes in italienischen Besitz über,
bis die schmähliche Niederlage bei Ätna (1896) diesen italienischen Plänen ein
Ende bereitete und bis im Jahre 1893 die franzosenfeindliche Politik Italiens
wieder auf dem Zustand loyaler Gegenseitigkeit zurückgeführt war.

Der fieberhaften Tätigkeit der Kreise, die unaufhörlich den Haß gegen
Österreich schürten, war es gelungen, die italienischen Staatsmänner von der
-Notwendigkeit eines freundschaftlichen Verhältnisses zur lateinischen Schwesternation
Zu überzeugen. Seit Crispis Sturz bemühte sich das amtliche Italien, einerseits
durch das Festhalten am Dreibunde auf dem Balkan diplomatische Vorteile zu
Dringen, andererseits aber nicht nur die Freundschaft Englands zu erhalten,
wildem auch die Frankreichs zu gewinnen. Ludo Hartmann zieht daraus die
Lud formulierte Folgerung: "So lange der Gegensatz zwischen den beiden euro¬
päischen Mächtegruppen latent war, konnte Italien unzweifelhaft aus ihm fried-
Wen Vorteil ziehen; als aber durch die aggressive Einkreisungspolitik König
Eduards sich die Gegensätze zuspitzten und je mehr die italienischen Regierungen
Su"n Ersatz für frühere Enttäuschungen sich selbst imperialistische Ziele setzten, desto
Mr mußte auch Italien in den großen Strudel hineingezogen werden. Als
5? die italienische Negierung auf der Konferenz von Algeciras in der Marokko-
tnse auf die Seite der Westmächte stellte und sich von ihnen Zusagen für ihre


Grenzboten II 1919 6

Infolge solcher rationalistischer Voreingenommenheiten gelang Crispi erst
die offene Annäherung an Deutschland und das ihm verbündete Österreich durch
die Zuspitzung des italienisch-französischen Verhältnisses, als Frankreich, ohne
die älteren italienischen Ansprüche zu beachten, von Tunis Besitz ergriff. Die
akute Wandlung der Volksstimmung gegen Frankreich, das durch keinen noch so
lauten italienischen Schmerzensschrei berührt wurde, hatte CriSpi ausgenutzt, um
den Dreibund abzuschließen, der die nationale Fortentwicklung Italiens für die
nächsten Jahre gewährleistete. Zur See hatte England dem italienischen Drei¬
bundsgenossen die unerläßliche Rückendeckung geliehen, um Italien gegen Frank¬
reichs Mittelmcerposition zu stärken.

Unter dem Strom dieser politischen Geschehnisse quoll dennoch ungeschwächt
der alte Haß gegen Österreich. Die Jrredentisten hatten überhaupt nur kurze
Zeit geschwiegen und ihre Agitation für den Erwerb des Trentinos hatte kaum
einen Augenblick stillgestanden. Die Imperialisten als die Verfechter der Idee
des römischen Weltreiches gewannen mit dem wachsenden wirtschaftlichen Auf¬
schwung des Landes gerade in Kreisen der italienischen Gesellschaft stark an
Boden. Die Schule der Realpolitiker, der Crispi und später vor allen Dingen
ti San Giuliani angehörte, und die der Hauptsache nach das amtliche Italien
bis zum Ausbruch des Weltkrieges repräsentierte, lehnte die irredentistischen Ziele
ab, da diese dem Geiste des Dreibundes widersprachen, verfocht aber im übrigen
immer die Ansicht, daß Italien nur in der englischen Freundschaft die Krönung
der Dreibundspolitik erblicke. Die Abänderungen, die der Dreibundvertrag aus
italienische Anträge hin erfuhr, beweisen zur Genüge, daß das amtliche Italien
als Ersatz für den Verzicht auf das irredentistische Programm gewillt, war, zu¬
nächst durch die Fixierung eines kolonialpolitischen Programms mit Zustimmung
der Vertragsmächte und Englands, eine imperialistische Bahn zu beschreiten.
Mancini, der offen zugestand, daß die zu verwerfende irredentistische Agitation
»den Untergang der österreichischen Monarchie" wolle, begründete in der Kammer
als Minister des Äußeren die Notwendigkeit der italienischen Mittelmeer- und
Kolonialpolitik mit den Worten: „Vor dreißig Jahren schon, als Italien noch
ein schöner Traum war, und mir in Piemont gestaltet war, meinen Überzeu¬
gungen freien Ausdruck zu verleihen, da lehrte ich von der Kanzel herab, daß
Italien nach Erringung seiner Einheit sein ganzes Streben auf Gründung von
Kolonien werde richten müssen, daß das Mittelländische Meer für Italien voll¬
ständig ein italienischer See werden müsse." Die Ausbreitung im Mittelmeer
ivar in den ersten Jahren nach Abschluß des Dreibundvertrages tatsächlich die
Sehnsucht der italienischen Machtpolitiker. In diesen Jahren gingen denn auch
Massciua, Eryträa und ein Stück des Somalilandes in italienischen Besitz über,
bis die schmähliche Niederlage bei Ätna (1896) diesen italienischen Plänen ein
Ende bereitete und bis im Jahre 1893 die franzosenfeindliche Politik Italiens
wieder auf dem Zustand loyaler Gegenseitigkeit zurückgeführt war.

Der fieberhaften Tätigkeit der Kreise, die unaufhörlich den Haß gegen
Österreich schürten, war es gelungen, die italienischen Staatsmänner von der
-Notwendigkeit eines freundschaftlichen Verhältnisses zur lateinischen Schwesternation
Zu überzeugen. Seit Crispis Sturz bemühte sich das amtliche Italien, einerseits
durch das Festhalten am Dreibunde auf dem Balkan diplomatische Vorteile zu
Dringen, andererseits aber nicht nur die Freundschaft Englands zu erhalten,
wildem auch die Frankreichs zu gewinnen. Ludo Hartmann zieht daraus die
Lud formulierte Folgerung: „So lange der Gegensatz zwischen den beiden euro¬
päischen Mächtegruppen latent war, konnte Italien unzweifelhaft aus ihm fried-
Wen Vorteil ziehen; als aber durch die aggressive Einkreisungspolitik König
Eduards sich die Gegensätze zuspitzten und je mehr die italienischen Regierungen
Su»n Ersatz für frühere Enttäuschungen sich selbst imperialistische Ziele setzten, desto
Mr mußte auch Italien in den großen Strudel hineingezogen werden. Als
5? die italienische Negierung auf der Konferenz von Algeciras in der Marokko-
tnse auf die Seite der Westmächte stellte und sich von ihnen Zusagen für ihre


Grenzboten II 1919 6
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[0077] Infolge solcher rationalistischer Voreingenommenheiten gelang Crispi erst die offene Annäherung an Deutschland und das ihm verbündete Österreich durch die Zuspitzung des italienisch-französischen Verhältnisses, als Frankreich, ohne die älteren italienischen Ansprüche zu beachten, von Tunis Besitz ergriff. Die akute Wandlung der Volksstimmung gegen Frankreich, das durch keinen noch so lauten italienischen Schmerzensschrei berührt wurde, hatte CriSpi ausgenutzt, um den Dreibund abzuschließen, der die nationale Fortentwicklung Italiens für die nächsten Jahre gewährleistete. Zur See hatte England dem italienischen Drei¬ bundsgenossen die unerläßliche Rückendeckung geliehen, um Italien gegen Frank¬ reichs Mittelmcerposition zu stärken. Unter dem Strom dieser politischen Geschehnisse quoll dennoch ungeschwächt der alte Haß gegen Österreich. Die Jrredentisten hatten überhaupt nur kurze Zeit geschwiegen und ihre Agitation für den Erwerb des Trentinos hatte kaum einen Augenblick stillgestanden. Die Imperialisten als die Verfechter der Idee des römischen Weltreiches gewannen mit dem wachsenden wirtschaftlichen Auf¬ schwung des Landes gerade in Kreisen der italienischen Gesellschaft stark an Boden. Die Schule der Realpolitiker, der Crispi und später vor allen Dingen ti San Giuliani angehörte, und die der Hauptsache nach das amtliche Italien bis zum Ausbruch des Weltkrieges repräsentierte, lehnte die irredentistischen Ziele ab, da diese dem Geiste des Dreibundes widersprachen, verfocht aber im übrigen immer die Ansicht, daß Italien nur in der englischen Freundschaft die Krönung der Dreibundspolitik erblicke. Die Abänderungen, die der Dreibundvertrag aus italienische Anträge hin erfuhr, beweisen zur Genüge, daß das amtliche Italien als Ersatz für den Verzicht auf das irredentistische Programm gewillt, war, zu¬ nächst durch die Fixierung eines kolonialpolitischen Programms mit Zustimmung der Vertragsmächte und Englands, eine imperialistische Bahn zu beschreiten. Mancini, der offen zugestand, daß die zu verwerfende irredentistische Agitation »den Untergang der österreichischen Monarchie" wolle, begründete in der Kammer als Minister des Äußeren die Notwendigkeit der italienischen Mittelmeer- und Kolonialpolitik mit den Worten: „Vor dreißig Jahren schon, als Italien noch ein schöner Traum war, und mir in Piemont gestaltet war, meinen Überzeu¬ gungen freien Ausdruck zu verleihen, da lehrte ich von der Kanzel herab, daß Italien nach Erringung seiner Einheit sein ganzes Streben auf Gründung von Kolonien werde richten müssen, daß das Mittelländische Meer für Italien voll¬ ständig ein italienischer See werden müsse." Die Ausbreitung im Mittelmeer ivar in den ersten Jahren nach Abschluß des Dreibundvertrages tatsächlich die Sehnsucht der italienischen Machtpolitiker. In diesen Jahren gingen denn auch Massciua, Eryträa und ein Stück des Somalilandes in italienischen Besitz über, bis die schmähliche Niederlage bei Ätna (1896) diesen italienischen Plänen ein Ende bereitete und bis im Jahre 1893 die franzosenfeindliche Politik Italiens wieder auf dem Zustand loyaler Gegenseitigkeit zurückgeführt war. Der fieberhaften Tätigkeit der Kreise, die unaufhörlich den Haß gegen Österreich schürten, war es gelungen, die italienischen Staatsmänner von der -Notwendigkeit eines freundschaftlichen Verhältnisses zur lateinischen Schwesternation Zu überzeugen. Seit Crispis Sturz bemühte sich das amtliche Italien, einerseits durch das Festhalten am Dreibunde auf dem Balkan diplomatische Vorteile zu Dringen, andererseits aber nicht nur die Freundschaft Englands zu erhalten, wildem auch die Frankreichs zu gewinnen. Ludo Hartmann zieht daraus die Lud formulierte Folgerung: „So lange der Gegensatz zwischen den beiden euro¬ päischen Mächtegruppen latent war, konnte Italien unzweifelhaft aus ihm fried- Wen Vorteil ziehen; als aber durch die aggressive Einkreisungspolitik König Eduards sich die Gegensätze zuspitzten und je mehr die italienischen Regierungen Su»n Ersatz für frühere Enttäuschungen sich selbst imperialistische Ziele setzten, desto Mr mußte auch Italien in den großen Strudel hineingezogen werden. Als 5? die italienische Negierung auf der Konferenz von Algeciras in der Marokko- tnse auf die Seite der Westmächte stellte und sich von ihnen Zusagen für ihre Grenzboten II 1919 6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/77>, abgerufen am 05.06.2024.