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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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schlossen, daß Sowjetrußland sich auf diesem Boden mit seinein äußerlich er¬
bittertsten Gegner Frankreich zusammenfindet.

Schon hat die Welt einen neuen Beweis dafür, wie wenig geschlossen die
Weststaaten zueinander stehen, wenn Interessen im hohen Osten in Frage kommen.
Hinter dem Rücken der Bundesgenossen hat Frankreich seinen Vertrag mit den
Türken von Angora geschlossen und es ist gewiß bezeichnend, daß soviel man weiß,
weder bei den Verhandlungen, noch in dem Abkommen des Bündnisses zwischen
Angora und Moskau irgendwie Erwähnung getan worden ist. Immerhin hat
man es in Paris angesichts der begreiflichen englischen Aufregung für richtig ge¬
halten, genauere Einzelheiten aus dem Abkommen bekannt zu geben, womit
freilich nickt gesagt ist, daß es nicht auch noch Geheimklauseln enthält.

Dies letztere läßt nicht nur die ungewöhnlich weitschweifige und umständ¬
liche Fassung des Vertragstextes vermuten, aus dem hervorzuheben nur die Ver¬
legung der türkisch-syrischen Grenze nach Süden, ein Spezicilregime zugunsten der
Türken in Alexandrette (von den Armeniern ist nicht mehr die Rede!) und die
Übertragung des Betriebes der Bagdadbahn zwischen Bosanti und Naessibin,
sowie auf den Zweigbahnen im Vilajet Adana sind, sondern vor allem das
gleichzeitig, man sieht nicht recht weshalb, veröffentlichte Begleitschreiben Jussufs
Kemals, des Außenministers von Angora, der, beiläufig angemerkt, Gesandter in
Moskau gewesen ist. Es wird darin der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß das
Abkommen die Wiederherstellung und Festigung der früheren engen Beziehungen
zwischen Frankreich und Türkei begünstigen möchte, "wogegen die Negierung der
französischen Republik sich bemüht alle auf die Unabhängigkeit und Suveränität
der Türkei bezüglichen Fragen in einem Geiste herzlichen Einvernehmens zu
lösen." Die Angoraregierung ist weiterhin zur Entwicklung der wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen den beiden Ländern bereit, einer französischen Gruppe die
Konzession für die Eisen-, Chrom- und Silberbergwerke im Harchittale zu über¬
tragen. Andere von französischen Gruppen etwa gestellte Ansuchen über Berg¬
werks-, Eisenbahn-, Hafen- und Wasserkonzesfionen sollen, sofern sie den gegen¬
seitigen Interessen beider Länder entsprechen, mit dem größten Wohlwollen geprüft
werden. Die Türkei wünscht außerdem die Berufung französischer Spezialisten
an ihre Fachschulen.

Das heißt eigentlich nichts anderes, als daß die Türkei und Frankreich ein
Bündnis gegen Griechenland und England schließen und bildet im Grunde eine
Bestätigung des im "Manchester Guardian" gebrachten Alarmartikels. Es ist nur
folgerichtig, wenn daraufhin nicht nur König Konstantin, dem man in Frankreich
nie wohlgesinnt gewesen ist, sondern auch Gunaris in Paris außerordentlich schlecht
behandelt wird. Und es ist ebenso folgerichtig, daß man ihn auch in England
antichambrieren läßt. Der Mohr hat seine Schuldigkeit nicht getan oder jeden¬
falls eine unglückliche Hand dabei gehabt. Man muß ihn erst ganz klein werden
lassen, damit er, falls es zum Schlimmsten kommt, wenigstens mit aller Bereit¬
willigkeit die Verteidigung und eventuell die Aneignung Konstantinopels für Eng¬
land übernimmt. Gunaris hat sich denn auch bereit finden lassen, die Vermittlung
der Alliierten auf der im März vorgeschlagenen Grundlage anzunehmen. Danach
sollte Smyrna autonom unter türkischer Oberhoheit werden, aber von einem christ
lichen und von den Alliierten ernannten Gouverneur (also einem Neutralen oder
Italiener unter geheimem englischen Einfluß) regiert werden. Da aber den Eng
läutern nach den Erfahrungen bei Jsmid die Nachbarschaft der Kemalisten un¬
heimlich geworden ist, wünscht Gunaris jetzt "nur", daß das Gebiet von Smyrna
nach Osten und Norden ausgedehnt werde und das ganze Küstengebiet bis zum
Mcmnarameer umfasse. Was aus Thracien werden soll, erwähnt lieber noch
kein Mensch.

Ob die Franzosen viel gegen eine solche Regelung einwenden können, ist
sehr fraglich, da sie sich durch Abschluß des Abkommens zwischen Jussuf Kemal
und Franklin-Bouillon in eine recht ungewöhnliche diplomatische Lage gebracht
haben. Die Regierung Kemal Paschas besteht ja eigentlich nicht zu Recht. Mit


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schlossen, daß Sowjetrußland sich auf diesem Boden mit seinein äußerlich er¬
bittertsten Gegner Frankreich zusammenfindet.

Schon hat die Welt einen neuen Beweis dafür, wie wenig geschlossen die
Weststaaten zueinander stehen, wenn Interessen im hohen Osten in Frage kommen.
Hinter dem Rücken der Bundesgenossen hat Frankreich seinen Vertrag mit den
Türken von Angora geschlossen und es ist gewiß bezeichnend, daß soviel man weiß,
weder bei den Verhandlungen, noch in dem Abkommen des Bündnisses zwischen
Angora und Moskau irgendwie Erwähnung getan worden ist. Immerhin hat
man es in Paris angesichts der begreiflichen englischen Aufregung für richtig ge¬
halten, genauere Einzelheiten aus dem Abkommen bekannt zu geben, womit
freilich nickt gesagt ist, daß es nicht auch noch Geheimklauseln enthält.

Dies letztere läßt nicht nur die ungewöhnlich weitschweifige und umständ¬
liche Fassung des Vertragstextes vermuten, aus dem hervorzuheben nur die Ver¬
legung der türkisch-syrischen Grenze nach Süden, ein Spezicilregime zugunsten der
Türken in Alexandrette (von den Armeniern ist nicht mehr die Rede!) und die
Übertragung des Betriebes der Bagdadbahn zwischen Bosanti und Naessibin,
sowie auf den Zweigbahnen im Vilajet Adana sind, sondern vor allem das
gleichzeitig, man sieht nicht recht weshalb, veröffentlichte Begleitschreiben Jussufs
Kemals, des Außenministers von Angora, der, beiläufig angemerkt, Gesandter in
Moskau gewesen ist. Es wird darin der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß das
Abkommen die Wiederherstellung und Festigung der früheren engen Beziehungen
zwischen Frankreich und Türkei begünstigen möchte, „wogegen die Negierung der
französischen Republik sich bemüht alle auf die Unabhängigkeit und Suveränität
der Türkei bezüglichen Fragen in einem Geiste herzlichen Einvernehmens zu
lösen." Die Angoraregierung ist weiterhin zur Entwicklung der wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen den beiden Ländern bereit, einer französischen Gruppe die
Konzession für die Eisen-, Chrom- und Silberbergwerke im Harchittale zu über¬
tragen. Andere von französischen Gruppen etwa gestellte Ansuchen über Berg¬
werks-, Eisenbahn-, Hafen- und Wasserkonzesfionen sollen, sofern sie den gegen¬
seitigen Interessen beider Länder entsprechen, mit dem größten Wohlwollen geprüft
werden. Die Türkei wünscht außerdem die Berufung französischer Spezialisten
an ihre Fachschulen.

Das heißt eigentlich nichts anderes, als daß die Türkei und Frankreich ein
Bündnis gegen Griechenland und England schließen und bildet im Grunde eine
Bestätigung des im „Manchester Guardian" gebrachten Alarmartikels. Es ist nur
folgerichtig, wenn daraufhin nicht nur König Konstantin, dem man in Frankreich
nie wohlgesinnt gewesen ist, sondern auch Gunaris in Paris außerordentlich schlecht
behandelt wird. Und es ist ebenso folgerichtig, daß man ihn auch in England
antichambrieren läßt. Der Mohr hat seine Schuldigkeit nicht getan oder jeden¬
falls eine unglückliche Hand dabei gehabt. Man muß ihn erst ganz klein werden
lassen, damit er, falls es zum Schlimmsten kommt, wenigstens mit aller Bereit¬
willigkeit die Verteidigung und eventuell die Aneignung Konstantinopels für Eng¬
land übernimmt. Gunaris hat sich denn auch bereit finden lassen, die Vermittlung
der Alliierten auf der im März vorgeschlagenen Grundlage anzunehmen. Danach
sollte Smyrna autonom unter türkischer Oberhoheit werden, aber von einem christ
lichen und von den Alliierten ernannten Gouverneur (also einem Neutralen oder
Italiener unter geheimem englischen Einfluß) regiert werden. Da aber den Eng
läutern nach den Erfahrungen bei Jsmid die Nachbarschaft der Kemalisten un¬
heimlich geworden ist, wünscht Gunaris jetzt „nur", daß das Gebiet von Smyrna
nach Osten und Norden ausgedehnt werde und das ganze Küstengebiet bis zum
Mcmnarameer umfasse. Was aus Thracien werden soll, erwähnt lieber noch
kein Mensch.

Ob die Franzosen viel gegen eine solche Regelung einwenden können, ist
sehr fraglich, da sie sich durch Abschluß des Abkommens zwischen Jussuf Kemal
und Franklin-Bouillon in eine recht ungewöhnliche diplomatische Lage gebracht
haben. Die Regierung Kemal Paschas besteht ja eigentlich nicht zu Recht. Mit


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[0230] lveltspiegel schlossen, daß Sowjetrußland sich auf diesem Boden mit seinein äußerlich er¬ bittertsten Gegner Frankreich zusammenfindet. Schon hat die Welt einen neuen Beweis dafür, wie wenig geschlossen die Weststaaten zueinander stehen, wenn Interessen im hohen Osten in Frage kommen. Hinter dem Rücken der Bundesgenossen hat Frankreich seinen Vertrag mit den Türken von Angora geschlossen und es ist gewiß bezeichnend, daß soviel man weiß, weder bei den Verhandlungen, noch in dem Abkommen des Bündnisses zwischen Angora und Moskau irgendwie Erwähnung getan worden ist. Immerhin hat man es in Paris angesichts der begreiflichen englischen Aufregung für richtig ge¬ halten, genauere Einzelheiten aus dem Abkommen bekannt zu geben, womit freilich nickt gesagt ist, daß es nicht auch noch Geheimklauseln enthält. Dies letztere läßt nicht nur die ungewöhnlich weitschweifige und umständ¬ liche Fassung des Vertragstextes vermuten, aus dem hervorzuheben nur die Ver¬ legung der türkisch-syrischen Grenze nach Süden, ein Spezicilregime zugunsten der Türken in Alexandrette (von den Armeniern ist nicht mehr die Rede!) und die Übertragung des Betriebes der Bagdadbahn zwischen Bosanti und Naessibin, sowie auf den Zweigbahnen im Vilajet Adana sind, sondern vor allem das gleichzeitig, man sieht nicht recht weshalb, veröffentlichte Begleitschreiben Jussufs Kemals, des Außenministers von Angora, der, beiläufig angemerkt, Gesandter in Moskau gewesen ist. Es wird darin der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß das Abkommen die Wiederherstellung und Festigung der früheren engen Beziehungen zwischen Frankreich und Türkei begünstigen möchte, „wogegen die Negierung der französischen Republik sich bemüht alle auf die Unabhängigkeit und Suveränität der Türkei bezüglichen Fragen in einem Geiste herzlichen Einvernehmens zu lösen." Die Angoraregierung ist weiterhin zur Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern bereit, einer französischen Gruppe die Konzession für die Eisen-, Chrom- und Silberbergwerke im Harchittale zu über¬ tragen. Andere von französischen Gruppen etwa gestellte Ansuchen über Berg¬ werks-, Eisenbahn-, Hafen- und Wasserkonzesfionen sollen, sofern sie den gegen¬ seitigen Interessen beider Länder entsprechen, mit dem größten Wohlwollen geprüft werden. Die Türkei wünscht außerdem die Berufung französischer Spezialisten an ihre Fachschulen. Das heißt eigentlich nichts anderes, als daß die Türkei und Frankreich ein Bündnis gegen Griechenland und England schließen und bildet im Grunde eine Bestätigung des im „Manchester Guardian" gebrachten Alarmartikels. Es ist nur folgerichtig, wenn daraufhin nicht nur König Konstantin, dem man in Frankreich nie wohlgesinnt gewesen ist, sondern auch Gunaris in Paris außerordentlich schlecht behandelt wird. Und es ist ebenso folgerichtig, daß man ihn auch in England antichambrieren läßt. Der Mohr hat seine Schuldigkeit nicht getan oder jeden¬ falls eine unglückliche Hand dabei gehabt. Man muß ihn erst ganz klein werden lassen, damit er, falls es zum Schlimmsten kommt, wenigstens mit aller Bereit¬ willigkeit die Verteidigung und eventuell die Aneignung Konstantinopels für Eng¬ land übernimmt. Gunaris hat sich denn auch bereit finden lassen, die Vermittlung der Alliierten auf der im März vorgeschlagenen Grundlage anzunehmen. Danach sollte Smyrna autonom unter türkischer Oberhoheit werden, aber von einem christ lichen und von den Alliierten ernannten Gouverneur (also einem Neutralen oder Italiener unter geheimem englischen Einfluß) regiert werden. Da aber den Eng läutern nach den Erfahrungen bei Jsmid die Nachbarschaft der Kemalisten un¬ heimlich geworden ist, wünscht Gunaris jetzt „nur", daß das Gebiet von Smyrna nach Osten und Norden ausgedehnt werde und das ganze Küstengebiet bis zum Mcmnarameer umfasse. Was aus Thracien werden soll, erwähnt lieber noch kein Mensch. Ob die Franzosen viel gegen eine solche Regelung einwenden können, ist sehr fraglich, da sie sich durch Abschluß des Abkommens zwischen Jussuf Kemal und Franklin-Bouillon in eine recht ungewöhnliche diplomatische Lage gebracht haben. Die Regierung Kemal Paschas besteht ja eigentlich nicht zu Recht. Mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/230>, abgerufen am 28.05.2024.