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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Abriß meiner Haager Berichterstattung

4. In England ist eine Friedenspartel vorhanden, die wir im Hinblick auf
den psychologischen Moment, den Verzicht Frankreichs, kräftigen müssen,

ö. Wird er verpaßt, dürfte sich der englisch-amerikanische Widerstand vor-
steifen. England und Amerika werden am ehesten verhandeln, wenn sie zu Lande
noch nicht selbst vernichtend geschlagen worden sind.

Zurzeit scheint man die Dinge laufen zu lassen. Reichsleitung und Aus¬
wärtiges Amt sind zu zwingen, sich über Vorbereitung des Kriegsendes mit der
O. H. L. zu verständigen und sie ohne Zeitverlust in Angriff zu nehmen." Ich
hatte nach Orientierung bei der Abteilung Fremde Heere den bestimmten Ein¬
druck gewonnen, daß wir noch zu wesentlichen Erfolgen gegen die Franzosen oder
gegen die Engländer befähigt waren. Ich war deshalb da.für, ti!e Franzosew
Entscheidung suchend anzugreifen. Daß wir sie nicht vernichtend schlugen, erklärt
sich aus der Verseuchung verschiedener Fronteinheiten durch die Heimat. Der
Dolchstoß in den Rücken der Armee ist Tatsache. Nur er hat den militärischen
Erfolg im Westen verhindert. >

Längere Berichte habe ich in der Folgezeit nicht mehr geschrieben. Ich be¬
gnügte mich mit Telegrammen, von denen ich keine Durchschlage besitze. Militä¬
rische Notizen über Amerika und England wurden fast allabendlich abgesandt,
über die politische Entwicklung in diesen Ländern hielt sich die O. H. L. durch
Durchschlüge der vorzüglichen Pressereferate der vom Auswärtigen Amt ressor-
tierenden "englischen Hilfsstelle Haag" auf dem laufenden. Unsere Verhandlun¬
gen wegen des englischen An- und Abflugs nahmieu einen befriedigenden Verlauf.
Zu dieser Angelegenheit schrieb ich am 20. Juli: "Wir haben den Beobachtungs¬
austausch dadurch erreicht, daß wir ihn rein militärisch behandelt haben. Das
politische Moment wurde zwar nicht verkannt, aber absichtlich ignoriert. Den
Beitritt zu unserem grundsätzlichen Standpunkt werden wir am ehesten erreichen,
wenn loir ihn rein juristisch zur Diskussion stellen. Die Frage der Neutralität
deS Luftraums und seiner Berletzuug interessiert auch die übrigen Neutralen.
Holland als Heimat des Grotius und des Völkerrechts erscheint jedoch in erster
Linie berufen, das Luftrecht für deu unmittelbaren Bedarf der Neutralen vor¬
läufig zu formulieren. Mit diesem Ersuchen könnten wir unter Darlegung
unserer Auffassung um Holland herantreten und ihm nahelegen, sich zur Klärung
dieser Frage nicht nur mit den übrigen Neutralen, sondern auch mit der Gegen¬
seite ins Benehmen zu setzen. Wird die Neutralität des Luftraums zum Gegen¬
stand eines internationalen Gedankenaustausches, so kauu sich England nicht aus¬
schließen. Ich verspreche mir hiervon eine verstärkte Wirkung des holländischen
Protestes, den wir nach Beibringung ausreichender Unterlagen bestimmt erreichen
werden. Der Protest hat nämlich nur einen Zweck, wenn er England veranlaßt,
das überfliegen zu unterlassen. Damit, daß Holland nach erfolglosen Protest
die diplomatischen Beziehungen zu England abbricht, wäre uns in keiner Weise
gedient. Nach allem muß unser Ansinnen an Holland sich nicht als Ausfluß
von Mißtrauen darstellen, sondern sich in die Form eines Antrages an die zustän¬
dige Stelle, den völkerrechtlichen Fachmann unter den Neutralen kleiden, eine
heikle juristische Frage im Allgemeinintercsse provisorisch zu klären."

Die letzte Juliwoche brachte schlechte Nachrichten. In Familieubriesen vom
2.'!. und 29. Juli schrieb ich: "Fons hat seine Sache beim Gegenangriff gut gemacht,
man braucht seinen Teilerfolg aber nicht tragisch zu nehmen." Und: "Ich höre,
daß sie im Rheinland die Ohren hängen lassen. Die größten Schreier sind die
ersten, umzufallen." Unter dem 1. August regte ich bei der Auslandsstelle der
O. H. L. (bisher militärische Stelle beim Auswärtigen Amt) an, dem Lord Laus'
downc, der sich erneut geäußert hatte, durch Prinz Max von Baden antworten zu
lassen. Der Prinz könne etwa sagen: "Unsere Negierung muß leider schweigen,
da ihre letzten Avancen schnöde zurückgewiesen wurden. Wir sind jedoch nach wie
vor zum Verständigungsfrieden bereit. Die Ziele unseres Verteidigungskrieges
müssen wir natürlich erreichen. Brest-Litowsk verstößt nur scheinbar gegen dieses


Abriß meiner Haager Berichterstattung

4. In England ist eine Friedenspartel vorhanden, die wir im Hinblick auf
den psychologischen Moment, den Verzicht Frankreichs, kräftigen müssen,

ö. Wird er verpaßt, dürfte sich der englisch-amerikanische Widerstand vor-
steifen. England und Amerika werden am ehesten verhandeln, wenn sie zu Lande
noch nicht selbst vernichtend geschlagen worden sind.

Zurzeit scheint man die Dinge laufen zu lassen. Reichsleitung und Aus¬
wärtiges Amt sind zu zwingen, sich über Vorbereitung des Kriegsendes mit der
O. H. L. zu verständigen und sie ohne Zeitverlust in Angriff zu nehmen." Ich
hatte nach Orientierung bei der Abteilung Fremde Heere den bestimmten Ein¬
druck gewonnen, daß wir noch zu wesentlichen Erfolgen gegen die Franzosen oder
gegen die Engländer befähigt waren. Ich war deshalb da.für, ti!e Franzosew
Entscheidung suchend anzugreifen. Daß wir sie nicht vernichtend schlugen, erklärt
sich aus der Verseuchung verschiedener Fronteinheiten durch die Heimat. Der
Dolchstoß in den Rücken der Armee ist Tatsache. Nur er hat den militärischen
Erfolg im Westen verhindert. >

Längere Berichte habe ich in der Folgezeit nicht mehr geschrieben. Ich be¬
gnügte mich mit Telegrammen, von denen ich keine Durchschlage besitze. Militä¬
rische Notizen über Amerika und England wurden fast allabendlich abgesandt,
über die politische Entwicklung in diesen Ländern hielt sich die O. H. L. durch
Durchschlüge der vorzüglichen Pressereferate der vom Auswärtigen Amt ressor-
tierenden „englischen Hilfsstelle Haag" auf dem laufenden. Unsere Verhandlun¬
gen wegen des englischen An- und Abflugs nahmieu einen befriedigenden Verlauf.
Zu dieser Angelegenheit schrieb ich am 20. Juli: „Wir haben den Beobachtungs¬
austausch dadurch erreicht, daß wir ihn rein militärisch behandelt haben. Das
politische Moment wurde zwar nicht verkannt, aber absichtlich ignoriert. Den
Beitritt zu unserem grundsätzlichen Standpunkt werden wir am ehesten erreichen,
wenn loir ihn rein juristisch zur Diskussion stellen. Die Frage der Neutralität
deS Luftraums und seiner Berletzuug interessiert auch die übrigen Neutralen.
Holland als Heimat des Grotius und des Völkerrechts erscheint jedoch in erster
Linie berufen, das Luftrecht für deu unmittelbaren Bedarf der Neutralen vor¬
läufig zu formulieren. Mit diesem Ersuchen könnten wir unter Darlegung
unserer Auffassung um Holland herantreten und ihm nahelegen, sich zur Klärung
dieser Frage nicht nur mit den übrigen Neutralen, sondern auch mit der Gegen¬
seite ins Benehmen zu setzen. Wird die Neutralität des Luftraums zum Gegen¬
stand eines internationalen Gedankenaustausches, so kauu sich England nicht aus¬
schließen. Ich verspreche mir hiervon eine verstärkte Wirkung des holländischen
Protestes, den wir nach Beibringung ausreichender Unterlagen bestimmt erreichen
werden. Der Protest hat nämlich nur einen Zweck, wenn er England veranlaßt,
das überfliegen zu unterlassen. Damit, daß Holland nach erfolglosen Protest
die diplomatischen Beziehungen zu England abbricht, wäre uns in keiner Weise
gedient. Nach allem muß unser Ansinnen an Holland sich nicht als Ausfluß
von Mißtrauen darstellen, sondern sich in die Form eines Antrages an die zustän¬
dige Stelle, den völkerrechtlichen Fachmann unter den Neutralen kleiden, eine
heikle juristische Frage im Allgemeinintercsse provisorisch zu klären."

Die letzte Juliwoche brachte schlechte Nachrichten. In Familieubriesen vom
2.'!. und 29. Juli schrieb ich: „Fons hat seine Sache beim Gegenangriff gut gemacht,
man braucht seinen Teilerfolg aber nicht tragisch zu nehmen." Und: „Ich höre,
daß sie im Rheinland die Ohren hängen lassen. Die größten Schreier sind die
ersten, umzufallen." Unter dem 1. August regte ich bei der Auslandsstelle der
O. H. L. (bisher militärische Stelle beim Auswärtigen Amt) an, dem Lord Laus'
downc, der sich erneut geäußert hatte, durch Prinz Max von Baden antworten zu
lassen. Der Prinz könne etwa sagen: „Unsere Negierung muß leider schweigen,
da ihre letzten Avancen schnöde zurückgewiesen wurden. Wir sind jedoch nach wie
vor zum Verständigungsfrieden bereit. Die Ziele unseres Verteidigungskrieges
müssen wir natürlich erreichen. Brest-Litowsk verstößt nur scheinbar gegen dieses


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[0382] Abriß meiner Haager Berichterstattung 4. In England ist eine Friedenspartel vorhanden, die wir im Hinblick auf den psychologischen Moment, den Verzicht Frankreichs, kräftigen müssen, ö. Wird er verpaßt, dürfte sich der englisch-amerikanische Widerstand vor- steifen. England und Amerika werden am ehesten verhandeln, wenn sie zu Lande noch nicht selbst vernichtend geschlagen worden sind. Zurzeit scheint man die Dinge laufen zu lassen. Reichsleitung und Aus¬ wärtiges Amt sind zu zwingen, sich über Vorbereitung des Kriegsendes mit der O. H. L. zu verständigen und sie ohne Zeitverlust in Angriff zu nehmen." Ich hatte nach Orientierung bei der Abteilung Fremde Heere den bestimmten Ein¬ druck gewonnen, daß wir noch zu wesentlichen Erfolgen gegen die Franzosen oder gegen die Engländer befähigt waren. Ich war deshalb da.für, ti!e Franzosew Entscheidung suchend anzugreifen. Daß wir sie nicht vernichtend schlugen, erklärt sich aus der Verseuchung verschiedener Fronteinheiten durch die Heimat. Der Dolchstoß in den Rücken der Armee ist Tatsache. Nur er hat den militärischen Erfolg im Westen verhindert. > Längere Berichte habe ich in der Folgezeit nicht mehr geschrieben. Ich be¬ gnügte mich mit Telegrammen, von denen ich keine Durchschlage besitze. Militä¬ rische Notizen über Amerika und England wurden fast allabendlich abgesandt, über die politische Entwicklung in diesen Ländern hielt sich die O. H. L. durch Durchschlüge der vorzüglichen Pressereferate der vom Auswärtigen Amt ressor- tierenden „englischen Hilfsstelle Haag" auf dem laufenden. Unsere Verhandlun¬ gen wegen des englischen An- und Abflugs nahmieu einen befriedigenden Verlauf. Zu dieser Angelegenheit schrieb ich am 20. Juli: „Wir haben den Beobachtungs¬ austausch dadurch erreicht, daß wir ihn rein militärisch behandelt haben. Das politische Moment wurde zwar nicht verkannt, aber absichtlich ignoriert. Den Beitritt zu unserem grundsätzlichen Standpunkt werden wir am ehesten erreichen, wenn loir ihn rein juristisch zur Diskussion stellen. Die Frage der Neutralität deS Luftraums und seiner Berletzuug interessiert auch die übrigen Neutralen. Holland als Heimat des Grotius und des Völkerrechts erscheint jedoch in erster Linie berufen, das Luftrecht für deu unmittelbaren Bedarf der Neutralen vor¬ läufig zu formulieren. Mit diesem Ersuchen könnten wir unter Darlegung unserer Auffassung um Holland herantreten und ihm nahelegen, sich zur Klärung dieser Frage nicht nur mit den übrigen Neutralen, sondern auch mit der Gegen¬ seite ins Benehmen zu setzen. Wird die Neutralität des Luftraums zum Gegen¬ stand eines internationalen Gedankenaustausches, so kauu sich England nicht aus¬ schließen. Ich verspreche mir hiervon eine verstärkte Wirkung des holländischen Protestes, den wir nach Beibringung ausreichender Unterlagen bestimmt erreichen werden. Der Protest hat nämlich nur einen Zweck, wenn er England veranlaßt, das überfliegen zu unterlassen. Damit, daß Holland nach erfolglosen Protest die diplomatischen Beziehungen zu England abbricht, wäre uns in keiner Weise gedient. Nach allem muß unser Ansinnen an Holland sich nicht als Ausfluß von Mißtrauen darstellen, sondern sich in die Form eines Antrages an die zustän¬ dige Stelle, den völkerrechtlichen Fachmann unter den Neutralen kleiden, eine heikle juristische Frage im Allgemeinintercsse provisorisch zu klären." Die letzte Juliwoche brachte schlechte Nachrichten. In Familieubriesen vom 2.'!. und 29. Juli schrieb ich: „Fons hat seine Sache beim Gegenangriff gut gemacht, man braucht seinen Teilerfolg aber nicht tragisch zu nehmen." Und: „Ich höre, daß sie im Rheinland die Ohren hängen lassen. Die größten Schreier sind die ersten, umzufallen." Unter dem 1. August regte ich bei der Auslandsstelle der O. H. L. (bisher militärische Stelle beim Auswärtigen Amt) an, dem Lord Laus' downc, der sich erneut geäußert hatte, durch Prinz Max von Baden antworten zu lassen. Der Prinz könne etwa sagen: „Unsere Negierung muß leider schweigen, da ihre letzten Avancen schnöde zurückgewiesen wurden. Wir sind jedoch nach wie vor zum Verständigungsfrieden bereit. Die Ziele unseres Verteidigungskrieges müssen wir natürlich erreichen. Brest-Litowsk verstößt nur scheinbar gegen dieses

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/382>, abgerufen am 29.05.2024.