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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Ausbau seiner Beziehungen in Ostasien und Ostsibirien widmen. Denn über
die Beseitigung der Sonderrechte in China wurde zwar viel geredet, aber nichts
Positives vereinbart. Vorläufig bleibt daher alles beim alten, und Japan kann
für das in Washington Durchgesetzt oder Verhinderte unbedenklich das Bündnis
mit England anfgelen, das seine Zeit erfüllt hat. Großbritanniens Lage hat
sich im zu Ende gehenden Jahre stark verändert. Die einzelnen Reichsteile sind
selbständiger geworden und haben Mitbestimmnugsrecht bei den großen Fragen
erworben. Dvwning Street leitet nicht mehr die Fäden nach Belieben, es muß
Rücksicht nehmen auf die großen Dominien. Unklar bleibt die Stellung Indiens,
Auch das indische Kaiserreich hat innerhalb des Ncichsverbaudes Rechte. Die
Schwierigkeit besteht aber darin, daß die 320 Millionen Inder sich selbst ver¬
walten und nicht mehr einer kleinen Minderheit unverantwortlicher angloindi-
scher Beamter ausgeliefert bleiben wollen, Irland in unmittelbarster Nähe der
Heimatsinsel soll ebenfalls Freistaat werden. Ehe sich London hierzu entschloß,
hat der südafrikanische Ministerpräsideiit Sinnes als Vermittler gewirkt. Der
leitende Staatsmann eines Dominiums, ein früherer Bureugeneral, hat also
hier in die eigenste Poliük Englands eingegriffen, ein bezeichnendes Merkmal
der Zeit und der Verschiebung des politischen Schwerpunkts im britischen Reich.
Im einzelnen ist das künftige Verhältnis zwischen dem vorwiegend protestan¬
tischen Ulster und dem in seiner Mehrheit katholischen südlichen Irland nvcli un¬
bestimmt, der grundlegende Schritt zur Auflösung der Union von 1801 ist jeden¬
falls getan, Ä gypt e n will sich völlig vom britischen Reiche lösen. Es weigert
sich sogar, England das Besatznngsrecht der.Kanalzone zuzugestehen.

Durch die Welt des Ostens ist überhaupt ein Zug des Erwachens gegangen,
Wie bei der Umgestaltung der Beziehungen zwischen Reichsmitgliedern und Zen¬
trale, hat London im Orient den neuen Verhältnissen Rechnung tragen müssen.
Es hat mit Afghanistan paktiert, Persien sich selbst überlassen; die alte Methode
der Bevormundung wird nur noch gegenüber den Arabern angewendet, deren
Gebiet an eine bunte Schar Potentaten unter britischer Aufsicht verteilt worden
ist. Den Rückhalt der Widerstandskraft des Islam bildet die auatolische Türkei,
Gegen sie hatte England die Griechen aufgeboten. Der hellenische Feldzug in
Kleinasien schlug fehl und heute möchte dasselbe London einen Friedensschluß
vermitteln, der für Hellas den Verzicht auf Smyrna, das unter türkischer Ober¬
hoheit autonom werden soll, und Ostthrazien mit sich bringen dürfte. Auf dieser
Grundlage Hütte Griechenland ohne verlustreichen und kostspieligen Krieg sich
schon längst mit deu Nationalisten einigen können. Die Türkei hat - Konstan¬
tinopel mit dein Sultan ist innerlich mit Mustafa Kemal völlig einverstanden --
unter llberbrücknnq der konfessionellen Gegensätze zwischen Sunna und Schia Be¬
ziehungen zu Perlen angeknüpft. Mit Afghanistan ist eine Verständigung ein-
gelei!et worden, und so bereitet sich der islamische Dreibund vor, den der
Begründer der afghanischen Macht, Abdnr-rahman, erträumte. Die Emauzi-
Patiou des Ostens fand Unterstützung bei den Sowjets, Lu denen, die anato¬
lische Türkei in ein freundschaftliches Verhältnis trat. Auch das Abkommen mit
Frankreich, das den Türken taktisch große Vorteile bringt, hat die Fäden zwi¬
schen Angora und Moskau in keiner Weise gestört. Die Bolschewismen haben dem
Islam gegenüber auf die Durchführung ihrer Theorie verzichtet und so nach außen
Bundesgenossen gefunden. Aber auch im Innern haben sie Wasser in ihren
Wein gegossen und unter Aufrechterhaltung der Form, dein nun einmal un¬
entbehrlichen Kapitalismus die Tore geöffnet, Lenin und Trotzki erkannten ein
Abschwenken ins Bürgerliche als notwendig an und siegten über die starre Rich¬
tung Cinowjefs. Nach ihrer Mauserung dürften die bisherigen Machthaber in
Nußland zunächst am Nuder bleiben. Es ist kein Ersatz für sie vorhanden.
Auch haben die Bolschewismen allen Schrecken und Greueln zum Trotz in den
Augen Gesamtrußlands das Verdienst, der nationalen Sache gegen die Ein-
mischnugsversuche des Auslandes zum Siege verholfen zu haben. Die Welt
beginnt' mit Rußland zu rechnen. Nach England, Italien und Amerika lenkt


Jahre-wend«:

Ausbau seiner Beziehungen in Ostasien und Ostsibirien widmen. Denn über
die Beseitigung der Sonderrechte in China wurde zwar viel geredet, aber nichts
Positives vereinbart. Vorläufig bleibt daher alles beim alten, und Japan kann
für das in Washington Durchgesetzt oder Verhinderte unbedenklich das Bündnis
mit England anfgelen, das seine Zeit erfüllt hat. Großbritanniens Lage hat
sich im zu Ende gehenden Jahre stark verändert. Die einzelnen Reichsteile sind
selbständiger geworden und haben Mitbestimmnugsrecht bei den großen Fragen
erworben. Dvwning Street leitet nicht mehr die Fäden nach Belieben, es muß
Rücksicht nehmen auf die großen Dominien. Unklar bleibt die Stellung Indiens,
Auch das indische Kaiserreich hat innerhalb des Ncichsverbaudes Rechte. Die
Schwierigkeit besteht aber darin, daß die 320 Millionen Inder sich selbst ver¬
walten und nicht mehr einer kleinen Minderheit unverantwortlicher angloindi-
scher Beamter ausgeliefert bleiben wollen, Irland in unmittelbarster Nähe der
Heimatsinsel soll ebenfalls Freistaat werden. Ehe sich London hierzu entschloß,
hat der südafrikanische Ministerpräsideiit Sinnes als Vermittler gewirkt. Der
leitende Staatsmann eines Dominiums, ein früherer Bureugeneral, hat also
hier in die eigenste Poliük Englands eingegriffen, ein bezeichnendes Merkmal
der Zeit und der Verschiebung des politischen Schwerpunkts im britischen Reich.
Im einzelnen ist das künftige Verhältnis zwischen dem vorwiegend protestan¬
tischen Ulster und dem in seiner Mehrheit katholischen südlichen Irland nvcli un¬
bestimmt, der grundlegende Schritt zur Auflösung der Union von 1801 ist jeden¬
falls getan, Ä gypt e n will sich völlig vom britischen Reiche lösen. Es weigert
sich sogar, England das Besatznngsrecht der.Kanalzone zuzugestehen.

Durch die Welt des Ostens ist überhaupt ein Zug des Erwachens gegangen,
Wie bei der Umgestaltung der Beziehungen zwischen Reichsmitgliedern und Zen¬
trale, hat London im Orient den neuen Verhältnissen Rechnung tragen müssen.
Es hat mit Afghanistan paktiert, Persien sich selbst überlassen; die alte Methode
der Bevormundung wird nur noch gegenüber den Arabern angewendet, deren
Gebiet an eine bunte Schar Potentaten unter britischer Aufsicht verteilt worden
ist. Den Rückhalt der Widerstandskraft des Islam bildet die auatolische Türkei,
Gegen sie hatte England die Griechen aufgeboten. Der hellenische Feldzug in
Kleinasien schlug fehl und heute möchte dasselbe London einen Friedensschluß
vermitteln, der für Hellas den Verzicht auf Smyrna, das unter türkischer Ober¬
hoheit autonom werden soll, und Ostthrazien mit sich bringen dürfte. Auf dieser
Grundlage Hütte Griechenland ohne verlustreichen und kostspieligen Krieg sich
schon längst mit deu Nationalisten einigen können. Die Türkei hat - Konstan¬
tinopel mit dein Sultan ist innerlich mit Mustafa Kemal völlig einverstanden —
unter llberbrücknnq der konfessionellen Gegensätze zwischen Sunna und Schia Be¬
ziehungen zu Perlen angeknüpft. Mit Afghanistan ist eine Verständigung ein-
gelei!et worden, und so bereitet sich der islamische Dreibund vor, den der
Begründer der afghanischen Macht, Abdnr-rahman, erträumte. Die Emauzi-
Patiou des Ostens fand Unterstützung bei den Sowjets, Lu denen, die anato¬
lische Türkei in ein freundschaftliches Verhältnis trat. Auch das Abkommen mit
Frankreich, das den Türken taktisch große Vorteile bringt, hat die Fäden zwi¬
schen Angora und Moskau in keiner Weise gestört. Die Bolschewismen haben dem
Islam gegenüber auf die Durchführung ihrer Theorie verzichtet und so nach außen
Bundesgenossen gefunden. Aber auch im Innern haben sie Wasser in ihren
Wein gegossen und unter Aufrechterhaltung der Form, dein nun einmal un¬
entbehrlichen Kapitalismus die Tore geöffnet, Lenin und Trotzki erkannten ein
Abschwenken ins Bürgerliche als notwendig an und siegten über die starre Rich¬
tung Cinowjefs. Nach ihrer Mauserung dürften die bisherigen Machthaber in
Nußland zunächst am Nuder bleiben. Es ist kein Ersatz für sie vorhanden.
Auch haben die Bolschewismen allen Schrecken und Greueln zum Trotz in den
Augen Gesamtrußlands das Verdienst, der nationalen Sache gegen die Ein-
mischnugsversuche des Auslandes zum Siege verholfen zu haben. Die Welt
beginnt' mit Rußland zu rechnen. Nach England, Italien und Amerika lenkt


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[0409] Jahre-wend«: Ausbau seiner Beziehungen in Ostasien und Ostsibirien widmen. Denn über die Beseitigung der Sonderrechte in China wurde zwar viel geredet, aber nichts Positives vereinbart. Vorläufig bleibt daher alles beim alten, und Japan kann für das in Washington Durchgesetzt oder Verhinderte unbedenklich das Bündnis mit England anfgelen, das seine Zeit erfüllt hat. Großbritanniens Lage hat sich im zu Ende gehenden Jahre stark verändert. Die einzelnen Reichsteile sind selbständiger geworden und haben Mitbestimmnugsrecht bei den großen Fragen erworben. Dvwning Street leitet nicht mehr die Fäden nach Belieben, es muß Rücksicht nehmen auf die großen Dominien. Unklar bleibt die Stellung Indiens, Auch das indische Kaiserreich hat innerhalb des Ncichsverbaudes Rechte. Die Schwierigkeit besteht aber darin, daß die 320 Millionen Inder sich selbst ver¬ walten und nicht mehr einer kleinen Minderheit unverantwortlicher angloindi- scher Beamter ausgeliefert bleiben wollen, Irland in unmittelbarster Nähe der Heimatsinsel soll ebenfalls Freistaat werden. Ehe sich London hierzu entschloß, hat der südafrikanische Ministerpräsideiit Sinnes als Vermittler gewirkt. Der leitende Staatsmann eines Dominiums, ein früherer Bureugeneral, hat also hier in die eigenste Poliük Englands eingegriffen, ein bezeichnendes Merkmal der Zeit und der Verschiebung des politischen Schwerpunkts im britischen Reich. Im einzelnen ist das künftige Verhältnis zwischen dem vorwiegend protestan¬ tischen Ulster und dem in seiner Mehrheit katholischen südlichen Irland nvcli un¬ bestimmt, der grundlegende Schritt zur Auflösung der Union von 1801 ist jeden¬ falls getan, Ä gypt e n will sich völlig vom britischen Reiche lösen. Es weigert sich sogar, England das Besatznngsrecht der.Kanalzone zuzugestehen. Durch die Welt des Ostens ist überhaupt ein Zug des Erwachens gegangen, Wie bei der Umgestaltung der Beziehungen zwischen Reichsmitgliedern und Zen¬ trale, hat London im Orient den neuen Verhältnissen Rechnung tragen müssen. Es hat mit Afghanistan paktiert, Persien sich selbst überlassen; die alte Methode der Bevormundung wird nur noch gegenüber den Arabern angewendet, deren Gebiet an eine bunte Schar Potentaten unter britischer Aufsicht verteilt worden ist. Den Rückhalt der Widerstandskraft des Islam bildet die auatolische Türkei, Gegen sie hatte England die Griechen aufgeboten. Der hellenische Feldzug in Kleinasien schlug fehl und heute möchte dasselbe London einen Friedensschluß vermitteln, der für Hellas den Verzicht auf Smyrna, das unter türkischer Ober¬ hoheit autonom werden soll, und Ostthrazien mit sich bringen dürfte. Auf dieser Grundlage Hütte Griechenland ohne verlustreichen und kostspieligen Krieg sich schon längst mit deu Nationalisten einigen können. Die Türkei hat - Konstan¬ tinopel mit dein Sultan ist innerlich mit Mustafa Kemal völlig einverstanden — unter llberbrücknnq der konfessionellen Gegensätze zwischen Sunna und Schia Be¬ ziehungen zu Perlen angeknüpft. Mit Afghanistan ist eine Verständigung ein- gelei!et worden, und so bereitet sich der islamische Dreibund vor, den der Begründer der afghanischen Macht, Abdnr-rahman, erträumte. Die Emauzi- Patiou des Ostens fand Unterstützung bei den Sowjets, Lu denen, die anato¬ lische Türkei in ein freundschaftliches Verhältnis trat. Auch das Abkommen mit Frankreich, das den Türken taktisch große Vorteile bringt, hat die Fäden zwi¬ schen Angora und Moskau in keiner Weise gestört. Die Bolschewismen haben dem Islam gegenüber auf die Durchführung ihrer Theorie verzichtet und so nach außen Bundesgenossen gefunden. Aber auch im Innern haben sie Wasser in ihren Wein gegossen und unter Aufrechterhaltung der Form, dein nun einmal un¬ entbehrlichen Kapitalismus die Tore geöffnet, Lenin und Trotzki erkannten ein Abschwenken ins Bürgerliche als notwendig an und siegten über die starre Rich¬ tung Cinowjefs. Nach ihrer Mauserung dürften die bisherigen Machthaber in Nußland zunächst am Nuder bleiben. Es ist kein Ersatz für sie vorhanden. Auch haben die Bolschewismen allen Schrecken und Greueln zum Trotz in den Augen Gesamtrußlands das Verdienst, der nationalen Sache gegen die Ein- mischnugsversuche des Auslandes zum Siege verholfen zu haben. Die Welt beginnt' mit Rußland zu rechnen. Nach England, Italien und Amerika lenkt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/409>, abgerufen am 15.05.2024.