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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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von Schiller und Goethe? Kmipen. Kinos, Kabaretts sind ihr Tempel, Tage-S
zeitungen ni d Zugstücke ihre gristge Kost.

Kein Zweifel, wohin diese Wirtschaftspolitik führ"! Gleich nach der
Revolution, im Februar 1919, als die Deutsche Nationalversammlung in
Weimar zusammentrat, schien es clam Augenblick, als ob das Volk der
"Dichter und Dnrkcr" miete, vus den richtig," Weg zuiückgeirihrt werten sollte.
Doch nur ein Augenblick! Sondern winden die festesten Grundlage" einer sitt¬
lichen Stantsauffassung. Heer und Beamtentum, untergraben, /ari gacra kmneL!
Wollen nun die Anständigen das V >ik immer >i, ter in den Sumpf fuhren lassen,
oder ist es nicht ihre heilige Pflicht, den Geichäfispolilikern sowie allen denen,
die den Egoismus über alles stellen, ein "Halt" zu bieten? In den Tiefen der
Volksseele, in den Köpfen der Besten gard es gewaltig. Bessere Anschauungen
über den Sinn unseres schaffend, den Zweck all r Polin! kämpf n mit dein
herrschenden Wahn vom Wntichastm um des Profiles, vom Fort>chrilt um des
Fortschrittes willen.

Die Aussichten für eine Kulturpolitik sind leider sehr ungewiß. Der Vertrag
von Versailles bedroht sie. Er fordert ungeheure dech, ische und wirtsckaitliche
Leistungen, die wir, wenn übe,Haupt, nur durch llberhieiung alles bisher Dei°
gewese> en e> füllen töiinten. Der kulturelle "stanelarck ok Ille" hat also einen Fe ut
zu vielen anderen mehr, denn mau muß besorgen, das; i un eist recht alles drunter und
diüber geht, weil wir uns doch sür die Zwiinlieftrungen an die Entente schadlos halten
sollen durch freie Ausfuhr in das übrige Ausland. Schon erwäg" man die "indunrielle
Eischließung" des flachen Landes, unveirrt um den Rest von Natur und Kultur, der
dieser "Erschließung" zum Opfer fallen muß. Gott sei unserem armen Lande gnädig!

Gegen eine maßvolle Entfaltung der noch brachliegenden Kräfte unserer
Heimat hätte kein Vernünftiger etwas einzuwenden N ir der Ausartung gilt der
Kampf. Wir haben wirklich wichtigere Aufgaben als mit od.r ohn>> Absicht den Dreck,
die Unrast unserer Fabrikstädte mit ihren kulturverveerenden Begleiterscheinungen
aufs Land hinaustragen l M>t Vorsicht, mit ders. idem Gewissenhaftigkeit, mit
welcher der Arzt einem Herzkranken Beleb"! gsmitul verschreibt, dürfie der Politiker
in Deuischland jetzt I dustriewirtsamft empfehlen. (Höchstens in der Fo in von
großzügigen Jnduünesiedlungen) Nest der Reichtum, nicht die Masse, nur die
Gesinnung, die Qualität kann uns fördern. Sonst behält Spengler recht mit
seinem Pessimismus. Ein kulturell "verdünntes" Volk könne aus die Dauer
nicht einmal Wirtschaftspolitik mit Eriolg betreiben.




von Schiller und Goethe? Kmipen. Kinos, Kabaretts sind ihr Tempel, Tage-S
zeitungen ni d Zugstücke ihre gristge Kost.

Kein Zweifel, wohin diese Wirtschaftspolitik führ«! Gleich nach der
Revolution, im Februar 1919, als die Deutsche Nationalversammlung in
Weimar zusammentrat, schien es clam Augenblick, als ob das Volk der
„Dichter und Dnrkcr" miete, vus den richtig,» Weg zuiückgeirihrt werten sollte.
Doch nur ein Augenblick! Sondern winden die festesten Grundlage» einer sitt¬
lichen Stantsauffassung. Heer und Beamtentum, untergraben, /ari gacra kmneL!
Wollen nun die Anständigen das V >ik immer >i, ter in den Sumpf fuhren lassen,
oder ist es nicht ihre heilige Pflicht, den Geichäfispolilikern sowie allen denen,
die den Egoismus über alles stellen, ein „Halt" zu bieten? In den Tiefen der
Volksseele, in den Köpfen der Besten gard es gewaltig. Bessere Anschauungen
über den Sinn unseres schaffend, den Zweck all r Polin! kämpf n mit dein
herrschenden Wahn vom Wntichastm um des Profiles, vom Fort>chrilt um des
Fortschrittes willen.

Die Aussichten für eine Kulturpolitik sind leider sehr ungewiß. Der Vertrag
von Versailles bedroht sie. Er fordert ungeheure dech, ische und wirtsckaitliche
Leistungen, die wir, wenn übe,Haupt, nur durch llberhieiung alles bisher Dei°
gewese> en e> füllen töiinten. Der kulturelle „stanelarck ok Ille" hat also einen Fe ut
zu vielen anderen mehr, denn mau muß besorgen, das; i un eist recht alles drunter und
diüber geht, weil wir uns doch sür die Zwiinlieftrungen an die Entente schadlos halten
sollen durch freie Ausfuhr in das übrige Ausland. Schon erwäg» man die „indunrielle
Eischließung" des flachen Landes, unveirrt um den Rest von Natur und Kultur, der
dieser „Erschließung" zum Opfer fallen muß. Gott sei unserem armen Lande gnädig!

Gegen eine maßvolle Entfaltung der noch brachliegenden Kräfte unserer
Heimat hätte kein Vernünftiger etwas einzuwenden N ir der Ausartung gilt der
Kampf. Wir haben wirklich wichtigere Aufgaben als mit od.r ohn>> Absicht den Dreck,
die Unrast unserer Fabrikstädte mit ihren kulturverveerenden Begleiterscheinungen
aufs Land hinaustragen l M>t Vorsicht, mit ders. idem Gewissenhaftigkeit, mit
welcher der Arzt einem Herzkranken Beleb»! gsmitul verschreibt, dürfie der Politiker
in Deuischland jetzt I dustriewirtsamft empfehlen. (Höchstens in der Fo in von
großzügigen Jnduünesiedlungen) Nest der Reichtum, nicht die Masse, nur die
Gesinnung, die Qualität kann uns fördern. Sonst behält Spengler recht mit
seinem Pessimismus. Ein kulturell „verdünntes" Volk könne aus die Dauer
nicht einmal Wirtschaftspolitik mit Eriolg betreiben.




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[0418] von Schiller und Goethe? Kmipen. Kinos, Kabaretts sind ihr Tempel, Tage-S zeitungen ni d Zugstücke ihre gristge Kost. Kein Zweifel, wohin diese Wirtschaftspolitik führ«! Gleich nach der Revolution, im Februar 1919, als die Deutsche Nationalversammlung in Weimar zusammentrat, schien es clam Augenblick, als ob das Volk der „Dichter und Dnrkcr" miete, vus den richtig,» Weg zuiückgeirihrt werten sollte. Doch nur ein Augenblick! Sondern winden die festesten Grundlage» einer sitt¬ lichen Stantsauffassung. Heer und Beamtentum, untergraben, /ari gacra kmneL! Wollen nun die Anständigen das V >ik immer >i, ter in den Sumpf fuhren lassen, oder ist es nicht ihre heilige Pflicht, den Geichäfispolilikern sowie allen denen, die den Egoismus über alles stellen, ein „Halt" zu bieten? In den Tiefen der Volksseele, in den Köpfen der Besten gard es gewaltig. Bessere Anschauungen über den Sinn unseres schaffend, den Zweck all r Polin! kämpf n mit dein herrschenden Wahn vom Wntichastm um des Profiles, vom Fort>chrilt um des Fortschrittes willen. Die Aussichten für eine Kulturpolitik sind leider sehr ungewiß. Der Vertrag von Versailles bedroht sie. Er fordert ungeheure dech, ische und wirtsckaitliche Leistungen, die wir, wenn übe,Haupt, nur durch llberhieiung alles bisher Dei° gewese> en e> füllen töiinten. Der kulturelle „stanelarck ok Ille" hat also einen Fe ut zu vielen anderen mehr, denn mau muß besorgen, das; i un eist recht alles drunter und diüber geht, weil wir uns doch sür die Zwiinlieftrungen an die Entente schadlos halten sollen durch freie Ausfuhr in das übrige Ausland. Schon erwäg» man die „indunrielle Eischließung" des flachen Landes, unveirrt um den Rest von Natur und Kultur, der dieser „Erschließung" zum Opfer fallen muß. Gott sei unserem armen Lande gnädig! Gegen eine maßvolle Entfaltung der noch brachliegenden Kräfte unserer Heimat hätte kein Vernünftiger etwas einzuwenden N ir der Ausartung gilt der Kampf. Wir haben wirklich wichtigere Aufgaben als mit od.r ohn>> Absicht den Dreck, die Unrast unserer Fabrikstädte mit ihren kulturverveerenden Begleiterscheinungen aufs Land hinaustragen l M>t Vorsicht, mit ders. idem Gewissenhaftigkeit, mit welcher der Arzt einem Herzkranken Beleb»! gsmitul verschreibt, dürfie der Politiker in Deuischland jetzt I dustriewirtsamft empfehlen. (Höchstens in der Fo in von großzügigen Jnduünesiedlungen) Nest der Reichtum, nicht die Masse, nur die Gesinnung, die Qualität kann uns fördern. Sonst behält Spengler recht mit seinem Pessimismus. Ein kulturell „verdünntes" Volk könne aus die Dauer nicht einmal Wirtschaftspolitik mit Eriolg betreiben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/418>, abgerufen am 14.05.2024.