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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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vie Erkenntnis der Tender-jeu geschichtlicher Entwicklung

"'wicht werd-n konnte, hätten wir andere Mittel wählen müssen, die der staats¬
gefährlichen Richtung der Socialdemokratie die Spitze umbogen Das wurde
freilich durch die grundsätzliche Opposition der Sozialdemokratie in hohem Maße
erschwert. Sie hat es dahin gebracht, das? selbst die sehr weitgehende soziale
Gesetzgebung, in der wir allen übngen Ländern voraus waren, von der Arbeiter¬
welt immer nur als eine kümmerliche Abschlagszahlung, als ein Almosen
empfunden wurde. Unsere Regie-enden haben jedenfalls keine gedeihliche Lösung
der dringenden Frage gefunden. Die Bürokratie hat hier versagt, nicht minder
aber die G.sellsctiosi. Für sie trifft zu. was Treitschke bereits vor der Reichs-
gründung schrieb"): "Es bleibt doch eine tief beschämende Erinnerung, dasz erst
der drohende Lärm der Kommunisten, erst die Angst vor dem roten Gespinst
unsere Besitzenden bewogen hat, dem durch die freie Konkurrenz verwandelten
Zustande der arbeitenden Klassen ernstlich nachzudenken." Das Verständnis für
die Bedürfnisse der Albeiterwelt hat weilen Kreisen gefehlt. Es ist versäumt
worden, sie sowohl wirischüstlich wie ethisch und den Stätten ihrer Arbeit zu ver¬
knüpfen und an diese zu fesseln. So ist es dahin gekommen, das? vor dem Kriege
bereits ein Riß durch unser Volk ging, der durch fortgesetzte Verhetzung und die
suggestive Wirkung des Bolschewismus die Revolution und die noch jetzt bestrhende
Spaltung der Nation gebracht hat.

Es ist gewiß ein leichtes, nachträglich derartige Folgerungen zuziehen; auch
sollen hiermit keine Beschuldigungen ausgesprochen werden, sondern es soll nur
die Tatsache f,fegt stellt werden, daß es uns vor dem Kriege an der wahren Er¬
kenntnis der T noenzm geschichtlicher Entwicklung und an "wirklichen Talenten"
im Sinne Rankes ges.sie hat, "die das Vorübergehende, dem Wechsel Unter¬
worfene von dem Begründeten und Bleibenden zu unterscheiden" wußten. Wenn
es einerseits ein Voneil war. daß der alte Staat bei uns fest in den Über¬
lieferungen der Vergangenheit wurzelte, so besteht doch andererseits kein Zweifel,
daß er in mehr als einer N chtung es zu sehr tat, indem er manche Äußerlich¬
keiten der Tradition über diese selbst stellte, die doch nur Segen wirkt, wenn sie
sich lebendig fortbildet. Ihrem eigentlich.n Wesen vermag sie darum nicht minder
treu zu bleiben. Nichts ist falscher als unser alles Regime als "fluchwürdig" zu
bezeichnen. Es war nur zu wenig biegsam und darum gerade bei einer gewissen
äußerlichen Schroffheit schwach, wie die Schroffheit meist ein Zeichen zugleich
von Einseitigkeit und Schwäche ist.

Aus unserer jüngsten Vergangenheit sollen wir lernen. Es kommt heute
nicht nur für den Staatsmann und Politiker darauf an, offenen Auges die Ent¬
wicklung der Dinge zu betrachten, sondern solches muß Gemeingut aller werden,
die an irgend einer Stelle führend auftreten. Wie die Verhältnisse sich aber seit
der Revolution bei uns gestaltet haben, kommt es sehr wesentlich darauf an. zu
erkennen, darz man nach Ranke "das Begründete und Bleibende nur vergeblich
antasten" würde, und die Versuche es dennoch zu tun, werden immer wieder
unternommen. Gelingen sie, und gehen uns dadurch wahrhafte, für immer
bleibende Werte verloren, so ist es um unser Volt geschehen. Niemand kann die
Dinge auf ihren früheren Stand zurückführen, das Bemühen, die Klassengegen¬
sätze, so weit das menschenmöglich ist, auszugleichen, muß endlich zur völkischen
Einheit führen, darf aber nicht die Vernichtung einer Klasse zur Folge haben,
die vorwieaeno Trägerin der deutschen Kulturwerte ist, des Mittelstandes, auch
nicht zur V-rkennung dessen, was Bildung und Besitz für unser Volk von j her
bedeutet habnr. Im Mittelstände, in weitestein Sinne genommen, wurzelt vor
allem unser Nationalbewußtsein. Dieses zu unterdrücken oder auch nur zu beein¬
trächtigen, ist ein schwerer F.hier. Es hieße tels stilistisch den Fehlspruch von
Versailles als Ausfluß der geschichtlichen Entwicklung hinnehmen. Tatsächlich ist
es umgekehrt. Die wahre Erkenntnis geschichtlicher Entwicklung kann nur dazu



Fcmilreichs Staatsleben und der BonaPartiSmuS.
vie Erkenntnis der Tender-jeu geschichtlicher Entwicklung

»'wicht werd-n konnte, hätten wir andere Mittel wählen müssen, die der staats¬
gefährlichen Richtung der Socialdemokratie die Spitze umbogen Das wurde
freilich durch die grundsätzliche Opposition der Sozialdemokratie in hohem Maße
erschwert. Sie hat es dahin gebracht, das? selbst die sehr weitgehende soziale
Gesetzgebung, in der wir allen übngen Ländern voraus waren, von der Arbeiter¬
welt immer nur als eine kümmerliche Abschlagszahlung, als ein Almosen
empfunden wurde. Unsere Regie-enden haben jedenfalls keine gedeihliche Lösung
der dringenden Frage gefunden. Die Bürokratie hat hier versagt, nicht minder
aber die G.sellsctiosi. Für sie trifft zu. was Treitschke bereits vor der Reichs-
gründung schrieb"): „Es bleibt doch eine tief beschämende Erinnerung, dasz erst
der drohende Lärm der Kommunisten, erst die Angst vor dem roten Gespinst
unsere Besitzenden bewogen hat, dem durch die freie Konkurrenz verwandelten
Zustande der arbeitenden Klassen ernstlich nachzudenken." Das Verständnis für
die Bedürfnisse der Albeiterwelt hat weilen Kreisen gefehlt. Es ist versäumt
worden, sie sowohl wirischüstlich wie ethisch und den Stätten ihrer Arbeit zu ver¬
knüpfen und an diese zu fesseln. So ist es dahin gekommen, das? vor dem Kriege
bereits ein Riß durch unser Volk ging, der durch fortgesetzte Verhetzung und die
suggestive Wirkung des Bolschewismus die Revolution und die noch jetzt bestrhende
Spaltung der Nation gebracht hat.

Es ist gewiß ein leichtes, nachträglich derartige Folgerungen zuziehen; auch
sollen hiermit keine Beschuldigungen ausgesprochen werden, sondern es soll nur
die Tatsache f,fegt stellt werden, daß es uns vor dem Kriege an der wahren Er¬
kenntnis der T noenzm geschichtlicher Entwicklung und an „wirklichen Talenten"
im Sinne Rankes ges.sie hat, „die das Vorübergehende, dem Wechsel Unter¬
worfene von dem Begründeten und Bleibenden zu unterscheiden" wußten. Wenn
es einerseits ein Voneil war. daß der alte Staat bei uns fest in den Über¬
lieferungen der Vergangenheit wurzelte, so besteht doch andererseits kein Zweifel,
daß er in mehr als einer N chtung es zu sehr tat, indem er manche Äußerlich¬
keiten der Tradition über diese selbst stellte, die doch nur Segen wirkt, wenn sie
sich lebendig fortbildet. Ihrem eigentlich.n Wesen vermag sie darum nicht minder
treu zu bleiben. Nichts ist falscher als unser alles Regime als „fluchwürdig" zu
bezeichnen. Es war nur zu wenig biegsam und darum gerade bei einer gewissen
äußerlichen Schroffheit schwach, wie die Schroffheit meist ein Zeichen zugleich
von Einseitigkeit und Schwäche ist.

Aus unserer jüngsten Vergangenheit sollen wir lernen. Es kommt heute
nicht nur für den Staatsmann und Politiker darauf an, offenen Auges die Ent¬
wicklung der Dinge zu betrachten, sondern solches muß Gemeingut aller werden,
die an irgend einer Stelle führend auftreten. Wie die Verhältnisse sich aber seit
der Revolution bei uns gestaltet haben, kommt es sehr wesentlich darauf an. zu
erkennen, darz man nach Ranke „das Begründete und Bleibende nur vergeblich
antasten" würde, und die Versuche es dennoch zu tun, werden immer wieder
unternommen. Gelingen sie, und gehen uns dadurch wahrhafte, für immer
bleibende Werte verloren, so ist es um unser Volt geschehen. Niemand kann die
Dinge auf ihren früheren Stand zurückführen, das Bemühen, die Klassengegen¬
sätze, so weit das menschenmöglich ist, auszugleichen, muß endlich zur völkischen
Einheit führen, darf aber nicht die Vernichtung einer Klasse zur Folge haben,
die vorwieaeno Trägerin der deutschen Kulturwerte ist, des Mittelstandes, auch
nicht zur V-rkennung dessen, was Bildung und Besitz für unser Volk von j her
bedeutet habnr. Im Mittelstände, in weitestein Sinne genommen, wurzelt vor
allem unser Nationalbewußtsein. Dieses zu unterdrücken oder auch nur zu beein¬
trächtigen, ist ein schwerer F.hier. Es hieße tels stilistisch den Fehlspruch von
Versailles als Ausfluß der geschichtlichen Entwicklung hinnehmen. Tatsächlich ist
es umgekehrt. Die wahre Erkenntnis geschichtlicher Entwicklung kann nur dazu



Fcmilreichs Staatsleben und der BonaPartiSmuS.
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[0420] vie Erkenntnis der Tender-jeu geschichtlicher Entwicklung »'wicht werd-n konnte, hätten wir andere Mittel wählen müssen, die der staats¬ gefährlichen Richtung der Socialdemokratie die Spitze umbogen Das wurde freilich durch die grundsätzliche Opposition der Sozialdemokratie in hohem Maße erschwert. Sie hat es dahin gebracht, das? selbst die sehr weitgehende soziale Gesetzgebung, in der wir allen übngen Ländern voraus waren, von der Arbeiter¬ welt immer nur als eine kümmerliche Abschlagszahlung, als ein Almosen empfunden wurde. Unsere Regie-enden haben jedenfalls keine gedeihliche Lösung der dringenden Frage gefunden. Die Bürokratie hat hier versagt, nicht minder aber die G.sellsctiosi. Für sie trifft zu. was Treitschke bereits vor der Reichs- gründung schrieb"): „Es bleibt doch eine tief beschämende Erinnerung, dasz erst der drohende Lärm der Kommunisten, erst die Angst vor dem roten Gespinst unsere Besitzenden bewogen hat, dem durch die freie Konkurrenz verwandelten Zustande der arbeitenden Klassen ernstlich nachzudenken." Das Verständnis für die Bedürfnisse der Albeiterwelt hat weilen Kreisen gefehlt. Es ist versäumt worden, sie sowohl wirischüstlich wie ethisch und den Stätten ihrer Arbeit zu ver¬ knüpfen und an diese zu fesseln. So ist es dahin gekommen, das? vor dem Kriege bereits ein Riß durch unser Volk ging, der durch fortgesetzte Verhetzung und die suggestive Wirkung des Bolschewismus die Revolution und die noch jetzt bestrhende Spaltung der Nation gebracht hat. Es ist gewiß ein leichtes, nachträglich derartige Folgerungen zuziehen; auch sollen hiermit keine Beschuldigungen ausgesprochen werden, sondern es soll nur die Tatsache f,fegt stellt werden, daß es uns vor dem Kriege an der wahren Er¬ kenntnis der T noenzm geschichtlicher Entwicklung und an „wirklichen Talenten" im Sinne Rankes ges.sie hat, „die das Vorübergehende, dem Wechsel Unter¬ worfene von dem Begründeten und Bleibenden zu unterscheiden" wußten. Wenn es einerseits ein Voneil war. daß der alte Staat bei uns fest in den Über¬ lieferungen der Vergangenheit wurzelte, so besteht doch andererseits kein Zweifel, daß er in mehr als einer N chtung es zu sehr tat, indem er manche Äußerlich¬ keiten der Tradition über diese selbst stellte, die doch nur Segen wirkt, wenn sie sich lebendig fortbildet. Ihrem eigentlich.n Wesen vermag sie darum nicht minder treu zu bleiben. Nichts ist falscher als unser alles Regime als „fluchwürdig" zu bezeichnen. Es war nur zu wenig biegsam und darum gerade bei einer gewissen äußerlichen Schroffheit schwach, wie die Schroffheit meist ein Zeichen zugleich von Einseitigkeit und Schwäche ist. Aus unserer jüngsten Vergangenheit sollen wir lernen. Es kommt heute nicht nur für den Staatsmann und Politiker darauf an, offenen Auges die Ent¬ wicklung der Dinge zu betrachten, sondern solches muß Gemeingut aller werden, die an irgend einer Stelle führend auftreten. Wie die Verhältnisse sich aber seit der Revolution bei uns gestaltet haben, kommt es sehr wesentlich darauf an. zu erkennen, darz man nach Ranke „das Begründete und Bleibende nur vergeblich antasten" würde, und die Versuche es dennoch zu tun, werden immer wieder unternommen. Gelingen sie, und gehen uns dadurch wahrhafte, für immer bleibende Werte verloren, so ist es um unser Volt geschehen. Niemand kann die Dinge auf ihren früheren Stand zurückführen, das Bemühen, die Klassengegen¬ sätze, so weit das menschenmöglich ist, auszugleichen, muß endlich zur völkischen Einheit führen, darf aber nicht die Vernichtung einer Klasse zur Folge haben, die vorwieaeno Trägerin der deutschen Kulturwerte ist, des Mittelstandes, auch nicht zur V-rkennung dessen, was Bildung und Besitz für unser Volk von j her bedeutet habnr. Im Mittelstände, in weitestein Sinne genommen, wurzelt vor allem unser Nationalbewußtsein. Dieses zu unterdrücken oder auch nur zu beein¬ trächtigen, ist ein schwerer F.hier. Es hieße tels stilistisch den Fehlspruch von Versailles als Ausfluß der geschichtlichen Entwicklung hinnehmen. Tatsächlich ist es umgekehrt. Die wahre Erkenntnis geschichtlicher Entwicklung kann nur dazu Fcmilreichs Staatsleben und der BonaPartiSmuS.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/420>, abgerufen am 14.05.2024.