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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Abriß meiner Haager Berichterstattung

Ebenso wenig wie dem Militarismus dürfen wir dem Idealismus nicht zu recht¬
fertigende Zugeständnisse machen. Hiervor haben wir uns besonders zu hüten,
da der Renegat zu Übertreibungen neigt. In vielen Punkten werden wir von dem
schlecht unterrichteten an den besser zu unterrichtenden Präsidenten appellieren
müssen. Statt jedoch den Wilson-Spieß umzudrehen, haben sich unsere neuen
Männer aufgespießt. Die militärische Lage war nicht verzweifelt, und General
Ludendorff hatte sie nicht als verzweifelt hinstellen wollen. Ihm war es nur
darauf angekommen, zu erreichen, daß endlich die politische Konsequenz aus ihr
gezogen wurde, die er schon im August gefordert hatte. Daß sein Schritt dem
neuen Reichskanzler das politische Rückgrat brechen und es den Vernichtungs¬
politikern drüben steifen mußte, wurde von ihm verkannt. Ein Krieg läßt sich
nun einmal nicht wie eine Friedensübung abblasen. Eine regierende Regierung
hätte General Ludendorff auf Erholungsurlaub geschickt. Statt dessen ging man
auf seinen mißverstandenen Wunsch ein und verabschiedete ihn, als er versuchte,
die Situation wieder herzustellen.

Am 8. November schrieb ich: "Wir haben also wohl die Revolution. Wenn
wir nicht die Nerven verloren hätten, wären wir immer noch ganz leidlich aus
der Geschichte herausgekommen. Wir haben alles beinahe, aber nichts ganz
geschafft. Für die letzte Nasenlänge und die letzten zehn Minuten hat es nicht
gereicht. Die Front ist bisher bewundernswert." Am 9. November: "Kaiser
und Kronprinz abgetreten!" Am 10. November: "Mir ist von allem fast körperlich
übel, man muß aber den Kopf oben behalten. Nach einem Extrablatt ist der
Kaiser in Holland angekommen!" Der 9. November und die folgenden Tage
waren die schwersten meines Lebens. Wenn ich es auch nicht aussprach, so
konnte ich mich doch eines scharfen Urteils nicht enthalten. An der Front hieß
es: Der Kaiser ist desertiert! Das stimmte aber nicht. Der Nachfolger von
General Ludendorff hatte dem Kaiser die Lage, natürlich ohne totus unrichtig
geschildert und festgestellt, daß er sich nicht an die Front begeben, nicht im Großen
Hauptquartier bleiben und nicht nach Deutschland reisen konnte. Es blieb also,
da die Schweiz nicht in Frage kam, nur der Übertritt nach Holland. Vom
Kanzler verraten, sah sich der Kaiser ausschließlich auf den Felomarschall angewiesen.
Von ihm beim Portepee gefaßt, wäre er ohne mit der Wimper zu zucken, ins
Feuer geritten oder auf Berlin marschiert. Der Feldmarschall trat jedoch der
Lagebeurteilung des Generals Groener bei, die damit zu der Obersten Heeresleitung
wurde. Als solche hat sie Seine Majestät übernommen. Im gleichen Sinne
wirkte die Scheu des .Kaisers, den Bürgerkrieg um die eigene Person zu entfesseln

Da es auch in Holland gährte, lag dem Kabinett daran, die Internierung
größerer Mengen von revolutionär verseuchten deutschen Soldaten zu vermeiden.
So erkläre ich mir wenigstens die uns erteilte Erlaubnis, deutsche Truppen nach
Entwaffnung über die schmalste Stelle des Maastrichtzipfels zu führen. Man
nahm wohl an, daß was nicht um Holland herum abströmen konnte, nicht in.
böser Absicht, sondern um der Gefangennahme zu entgehen, über die holländische
Grenze kommen würde. Die Durchmarscherlaubnis war von einem deutschen
örtlichen Befehlshaber auf Wunsch seines Soldatenrates beantragt worden. Der
Durchmarsch, den ich an Ort und Stelle im Benehmen mit dem holländischen
Generalstab in Gang brachte, beschämte mich auf das tiefste. Am 16. November
fand im Haag die erste Sitzung einer internationalen Kommission für den Rück¬
transport der Entente-Gefangenen aus Deutschland statt, zu dem ich abgeordnet
würde. Je schlechter es uns Deutschen ging, desto zuvorkommender bewiesen sich
die Holländer. Mein Verhältnis zum "Allgemeinen Hauptquartier" und seinem
Chef, dem Kommandanten der Land- und Seemacht, General Snijders, war gut.
Bei der kristallklaren, streng neutralen Position des Oberkommandierenden wußte
man im vorhinein, wie er sich zu den jeweilig auftretenden Krisen einstellen
würde. Der Versuch, ihn von seiner Linie abzubringen, kam überhaupt nicht in
Frage. In welchem Maße sie ihm zu Dank verpflichtet sind, dürfte seinen Lands-


Abriß meiner Haager Berichterstattung

Ebenso wenig wie dem Militarismus dürfen wir dem Idealismus nicht zu recht¬
fertigende Zugeständnisse machen. Hiervor haben wir uns besonders zu hüten,
da der Renegat zu Übertreibungen neigt. In vielen Punkten werden wir von dem
schlecht unterrichteten an den besser zu unterrichtenden Präsidenten appellieren
müssen. Statt jedoch den Wilson-Spieß umzudrehen, haben sich unsere neuen
Männer aufgespießt. Die militärische Lage war nicht verzweifelt, und General
Ludendorff hatte sie nicht als verzweifelt hinstellen wollen. Ihm war es nur
darauf angekommen, zu erreichen, daß endlich die politische Konsequenz aus ihr
gezogen wurde, die er schon im August gefordert hatte. Daß sein Schritt dem
neuen Reichskanzler das politische Rückgrat brechen und es den Vernichtungs¬
politikern drüben steifen mußte, wurde von ihm verkannt. Ein Krieg läßt sich
nun einmal nicht wie eine Friedensübung abblasen. Eine regierende Regierung
hätte General Ludendorff auf Erholungsurlaub geschickt. Statt dessen ging man
auf seinen mißverstandenen Wunsch ein und verabschiedete ihn, als er versuchte,
die Situation wieder herzustellen.

Am 8. November schrieb ich: „Wir haben also wohl die Revolution. Wenn
wir nicht die Nerven verloren hätten, wären wir immer noch ganz leidlich aus
der Geschichte herausgekommen. Wir haben alles beinahe, aber nichts ganz
geschafft. Für die letzte Nasenlänge und die letzten zehn Minuten hat es nicht
gereicht. Die Front ist bisher bewundernswert." Am 9. November: „Kaiser
und Kronprinz abgetreten!" Am 10. November: „Mir ist von allem fast körperlich
übel, man muß aber den Kopf oben behalten. Nach einem Extrablatt ist der
Kaiser in Holland angekommen!" Der 9. November und die folgenden Tage
waren die schwersten meines Lebens. Wenn ich es auch nicht aussprach, so
konnte ich mich doch eines scharfen Urteils nicht enthalten. An der Front hieß
es: Der Kaiser ist desertiert! Das stimmte aber nicht. Der Nachfolger von
General Ludendorff hatte dem Kaiser die Lage, natürlich ohne totus unrichtig
geschildert und festgestellt, daß er sich nicht an die Front begeben, nicht im Großen
Hauptquartier bleiben und nicht nach Deutschland reisen konnte. Es blieb also,
da die Schweiz nicht in Frage kam, nur der Übertritt nach Holland. Vom
Kanzler verraten, sah sich der Kaiser ausschließlich auf den Felomarschall angewiesen.
Von ihm beim Portepee gefaßt, wäre er ohne mit der Wimper zu zucken, ins
Feuer geritten oder auf Berlin marschiert. Der Feldmarschall trat jedoch der
Lagebeurteilung des Generals Groener bei, die damit zu der Obersten Heeresleitung
wurde. Als solche hat sie Seine Majestät übernommen. Im gleichen Sinne
wirkte die Scheu des .Kaisers, den Bürgerkrieg um die eigene Person zu entfesseln

Da es auch in Holland gährte, lag dem Kabinett daran, die Internierung
größerer Mengen von revolutionär verseuchten deutschen Soldaten zu vermeiden.
So erkläre ich mir wenigstens die uns erteilte Erlaubnis, deutsche Truppen nach
Entwaffnung über die schmalste Stelle des Maastrichtzipfels zu führen. Man
nahm wohl an, daß was nicht um Holland herum abströmen konnte, nicht in.
böser Absicht, sondern um der Gefangennahme zu entgehen, über die holländische
Grenze kommen würde. Die Durchmarscherlaubnis war von einem deutschen
örtlichen Befehlshaber auf Wunsch seines Soldatenrates beantragt worden. Der
Durchmarsch, den ich an Ort und Stelle im Benehmen mit dem holländischen
Generalstab in Gang brachte, beschämte mich auf das tiefste. Am 16. November
fand im Haag die erste Sitzung einer internationalen Kommission für den Rück¬
transport der Entente-Gefangenen aus Deutschland statt, zu dem ich abgeordnet
würde. Je schlechter es uns Deutschen ging, desto zuvorkommender bewiesen sich
die Holländer. Mein Verhältnis zum „Allgemeinen Hauptquartier" und seinem
Chef, dem Kommandanten der Land- und Seemacht, General Snijders, war gut.
Bei der kristallklaren, streng neutralen Position des Oberkommandierenden wußte
man im vorhinein, wie er sich zu den jeweilig auftretenden Krisen einstellen
würde. Der Versuch, ihn von seiner Linie abzubringen, kam überhaupt nicht in
Frage. In welchem Maße sie ihm zu Dank verpflichtet sind, dürfte seinen Lands-


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[0426] Abriß meiner Haager Berichterstattung Ebenso wenig wie dem Militarismus dürfen wir dem Idealismus nicht zu recht¬ fertigende Zugeständnisse machen. Hiervor haben wir uns besonders zu hüten, da der Renegat zu Übertreibungen neigt. In vielen Punkten werden wir von dem schlecht unterrichteten an den besser zu unterrichtenden Präsidenten appellieren müssen. Statt jedoch den Wilson-Spieß umzudrehen, haben sich unsere neuen Männer aufgespießt. Die militärische Lage war nicht verzweifelt, und General Ludendorff hatte sie nicht als verzweifelt hinstellen wollen. Ihm war es nur darauf angekommen, zu erreichen, daß endlich die politische Konsequenz aus ihr gezogen wurde, die er schon im August gefordert hatte. Daß sein Schritt dem neuen Reichskanzler das politische Rückgrat brechen und es den Vernichtungs¬ politikern drüben steifen mußte, wurde von ihm verkannt. Ein Krieg läßt sich nun einmal nicht wie eine Friedensübung abblasen. Eine regierende Regierung hätte General Ludendorff auf Erholungsurlaub geschickt. Statt dessen ging man auf seinen mißverstandenen Wunsch ein und verabschiedete ihn, als er versuchte, die Situation wieder herzustellen. Am 8. November schrieb ich: „Wir haben also wohl die Revolution. Wenn wir nicht die Nerven verloren hätten, wären wir immer noch ganz leidlich aus der Geschichte herausgekommen. Wir haben alles beinahe, aber nichts ganz geschafft. Für die letzte Nasenlänge und die letzten zehn Minuten hat es nicht gereicht. Die Front ist bisher bewundernswert." Am 9. November: „Kaiser und Kronprinz abgetreten!" Am 10. November: „Mir ist von allem fast körperlich übel, man muß aber den Kopf oben behalten. Nach einem Extrablatt ist der Kaiser in Holland angekommen!" Der 9. November und die folgenden Tage waren die schwersten meines Lebens. Wenn ich es auch nicht aussprach, so konnte ich mich doch eines scharfen Urteils nicht enthalten. An der Front hieß es: Der Kaiser ist desertiert! Das stimmte aber nicht. Der Nachfolger von General Ludendorff hatte dem Kaiser die Lage, natürlich ohne totus unrichtig geschildert und festgestellt, daß er sich nicht an die Front begeben, nicht im Großen Hauptquartier bleiben und nicht nach Deutschland reisen konnte. Es blieb also, da die Schweiz nicht in Frage kam, nur der Übertritt nach Holland. Vom Kanzler verraten, sah sich der Kaiser ausschließlich auf den Felomarschall angewiesen. Von ihm beim Portepee gefaßt, wäre er ohne mit der Wimper zu zucken, ins Feuer geritten oder auf Berlin marschiert. Der Feldmarschall trat jedoch der Lagebeurteilung des Generals Groener bei, die damit zu der Obersten Heeresleitung wurde. Als solche hat sie Seine Majestät übernommen. Im gleichen Sinne wirkte die Scheu des .Kaisers, den Bürgerkrieg um die eigene Person zu entfesseln Da es auch in Holland gährte, lag dem Kabinett daran, die Internierung größerer Mengen von revolutionär verseuchten deutschen Soldaten zu vermeiden. So erkläre ich mir wenigstens die uns erteilte Erlaubnis, deutsche Truppen nach Entwaffnung über die schmalste Stelle des Maastrichtzipfels zu führen. Man nahm wohl an, daß was nicht um Holland herum abströmen konnte, nicht in. böser Absicht, sondern um der Gefangennahme zu entgehen, über die holländische Grenze kommen würde. Die Durchmarscherlaubnis war von einem deutschen örtlichen Befehlshaber auf Wunsch seines Soldatenrates beantragt worden. Der Durchmarsch, den ich an Ort und Stelle im Benehmen mit dem holländischen Generalstab in Gang brachte, beschämte mich auf das tiefste. Am 16. November fand im Haag die erste Sitzung einer internationalen Kommission für den Rück¬ transport der Entente-Gefangenen aus Deutschland statt, zu dem ich abgeordnet würde. Je schlechter es uns Deutschen ging, desto zuvorkommender bewiesen sich die Holländer. Mein Verhältnis zum „Allgemeinen Hauptquartier" und seinem Chef, dem Kommandanten der Land- und Seemacht, General Snijders, war gut. Bei der kristallklaren, streng neutralen Position des Oberkommandierenden wußte man im vorhinein, wie er sich zu den jeweilig auftretenden Krisen einstellen würde. Der Versuch, ihn von seiner Linie abzubringen, kam überhaupt nicht in Frage. In welchem Maße sie ihm zu Dank verpflichtet sind, dürfte seinen Lands-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/426>, abgerufen am 30.05.2024.