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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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holten ihn zu den Kranken, und gaben ihm so viel Gold daß er bald ein reicher Mann war. Nun trug es sich zu, daß der König schwer erkrankte; der Arzt ward berufen, und sollte sagen, ob Genesung möglich wäre. Wie er aber zu dem Bette trat, so stand der Tod zu den Füßen des Kranken, und da war für ihn kein Kraut mehr gewachsen. Da kam es dem Arzt in den Sinn ob er vielleicht den Tod überlisten könnte, und tröstete sich damit, weil er sein Pathe wäre, würde er es nicht übel nehmen wenn es ihn einmal hinters Licht führte. Er faßte also den Kranken, und legte ihn verkehrt, so daß der Tod zu Häupten desselben zu stehen kam. Dann gab er ihm von dem Kraute ein, und der König erholte sich, und ward wieder gesund. Der Tod aber kam zu dem Arzte, machte ein böses und finsteres Gesicht, drohte mit dem Finger, und sagte diesmal will ich dirs nachsehen, weil du mein Pathe bist, aber wagst du noch einmal mich zu betrügen, so nehme ich dich selbst mit fort.'

Bald hernach verfiel des Königs einzige Tochter in eine schwere Krankheit. Der alte König weinte Tag und Nacht, daß ihm die Augen erblindeten, und ließ bekannt machen wer sie vom Tode errette, der solle ihr Gemahl werden, und die Krone erben. Da kam der Arzt zu dem Bette der Kranken, und erblickte den Tod zu ihren Füßen. Er hätte sich der Warnung seines Pathen erinnern sollen, aber die große Schönheit der Königstochter nahm ihn so ein, daß er alle Gedanken in den Wind schlug. Wie zornig und böse ihn der Tod auch ansah, und ihm mit geballter Faust drohte, so änderte er doch die Lage der Kranken, und gab ihr sein Kraut, so daß sich das Leben in ihr neu zu regen anfieng.

holten ihn zu den Kranken, und gaben ihm so viel Gold daß er bald ein reicher Mann war. Nun trug es sich zu, daß der König schwer erkrankte; der Arzt ward berufen, und sollte sagen, ob Genesung möglich wäre. Wie er aber zu dem Bette trat, so stand der Tod zu den Füßen des Kranken, und da war für ihn kein Kraut mehr gewachsen. Da kam es dem Arzt in den Sinn ob er vielleicht den Tod überlisten könnte, und tröstete sich damit, weil er sein Pathe wäre, würde er es nicht übel nehmen wenn es ihn einmal hinters Licht führte. Er faßte also den Kranken, und legte ihn verkehrt, so daß der Tod zu Häupten desselben zu stehen kam. Dann gab er ihm von dem Kraute ein, und der König erholte sich, und ward wieder gesund. Der Tod aber kam zu dem Arzte, machte ein böses und finsteres Gesicht, drohte mit dem Finger, und sagte diesmal will ich dirs nachsehen, weil du mein Pathe bist, aber wagst du noch einmal mich zu betrügen, so nehme ich dich selbst mit fort.’

Bald hernach verfiel des Königs einzige Tochter in eine schwere Krankheit. Der alte König weinte Tag und Nacht, daß ihm die Augen erblindeten, und ließ bekannt machen wer sie vom Tode errette, der solle ihr Gemahl werden, und die Krone erben. Da kam der Arzt zu dem Bette der Kranken, und erblickte den Tod zu ihren Füßen. Er hätte sich der Warnung seines Pathen erinnern sollen, aber die große Schönheit der Königstochter nahm ihn so ein, daß er alle Gedanken in den Wind schlug. Wie zornig und böse ihn der Tod auch ansah, und ihm mit geballter Faust drohte, so änderte er doch die Lage der Kranken, und gab ihr sein Kraut, so daß sich das Leben in ihr neu zu regen anfieng.

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[257/0295] holten ihn zu den Kranken, und gaben ihm so viel Gold daß er bald ein reicher Mann war. Nun trug es sich zu, daß der König schwer erkrankte; der Arzt ward berufen, und sollte sagen, ob Genesung möglich wäre. Wie er aber zu dem Bette trat, so stand der Tod zu den Füßen des Kranken, und da war für ihn kein Kraut mehr gewachsen. Da kam es dem Arzt in den Sinn ob er vielleicht den Tod überlisten könnte, und tröstete sich damit, weil er sein Pathe wäre, würde er es nicht übel nehmen wenn es ihn einmal hinters Licht führte. Er faßte also den Kranken, und legte ihn verkehrt, so daß der Tod zu Häupten desselben zu stehen kam. Dann gab er ihm von dem Kraute ein, und der König erholte sich, und ward wieder gesund. Der Tod aber kam zu dem Arzte, machte ein böses und finsteres Gesicht, drohte mit dem Finger, und sagte diesmal will ich dirs nachsehen, weil du mein Pathe bist, aber wagst du noch einmal mich zu betrügen, so nehme ich dich selbst mit fort.’ Bald hernach verfiel des Königs einzige Tochter in eine schwere Krankheit. Der alte König weinte Tag und Nacht, daß ihm die Augen erblindeten, und ließ bekannt machen wer sie vom Tode errette, der solle ihr Gemahl werden, und die Krone erben. Da kam der Arzt zu dem Bette der Kranken, und erblickte den Tod zu ihren Füßen. Er hätte sich der Warnung seines Pathen erinnern sollen, aber die große Schönheit der Königstochter nahm ihn so ein, daß er alle Gedanken in den Wind schlug. Wie zornig und böse ihn der Tod auch ansah, und ihm mit geballter Faust drohte, so änderte er doch die Lage der Kranken, und gab ihr sein Kraut, so daß sich das Leben in ihr neu zu regen anfieng.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/295>, abgerufen am 04.05.2024.