Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

weil er sahe daß wir lustig waren; sein gröste Freud
erw se er mit den Krancken umbzugehen/ die er alle
einer schnellen Gesundheit vertröstete/ und sagte/
er erfreue sich dermal eins daß er den Menschen:
vornemblich aber Christ und sonderlich seinen
Landsleuten einmal dienen könte/ welcher ehe er
schon lange Jahr beraubt gewest wäre; er war bey-
des ihr Koch und Artzt/ massen er mich unserm
Mecio und Balbierer fleissig conferirte/ was etwan
an dem einen und amdern zuthun und zulassen sein
möchte/ weßwegen ihn dan beydes die Officianten
und das Volck gleichsamb wie einem Abgott
ehreten.

Jch selbst bedachte mich weiln ich ihm dienen
möchte; ich behielt ihn bey mir/ und liesse ohne sein
Wissen durch unsere Zimmerleut widerumb ein
neue Hütte auffrichten in der Form wie die lustige
Garten-Häuser bey uns ein Ansehen haben; dann
ich sahe wol daß er weit ein mehrers meritirte, alß
ich ihm anthun kondte oder er annehmen wolte; sei-
ne Conversation war sehr holdseelig/ hingegen a-
ber mehr als viel zu kurtz/ und wann ich ihm etwas
seiner Persohn halber fragte/ mise er mich in gegen-
wertiges Buch/ und sagte/ zu demselbigen hette er
noch genüge beschriben davon ihn jetzt zugedencken
verdriessen thät; Alß ich ihn aber erinnerte/ er sollte
sich gleichwol wider zu den Leuten begeben/ damit
er nit so einsamb wie ein unvernünfftig Vihe dahin
sterbe/ warzu er dann jetzt gute Gelegenheit hette/
sich mit uns wider in sein Vatterland zumachen?
antwortet er mein GOtt was wolt ihr mich zeichen
hier ist Fried/ dort ist Krieg; hier weiß ich nichts

von
G 7

weil er ſahe daß wir luſtig waren; ſein groͤſte Freud
erw ſe er mit den Krancken umbzugehen/ die er alle
einer ſchnellen Geſundheit vertroͤſtete/ und ſagte/
er erfreue ſich dermal eins daß er den Menſchen:
vornemblich aber Chriſt und ſonderlich ſeinen
Landsleuten einmal dienen koͤnte/ welcher ehe er
ſchon lange Jahr beraubt geweſt waͤre; er war bey-
des ihr Koch und Artzt/ maſſen er mich unſerm
Mecio und Balbierer fleiſſig conferirte/ was etwan
an dem einen und amdern zuthun und zulaſſen ſein
moͤchte/ weßwegen ihn dan beydes die Officianten
und das Volck gleichſamb wie einem Abgott
ehreten.

Jch ſelbſt bedachte mich weiln ich ihm dienen
moͤchte; ich behielt ihn bey mir/ und lieſſe ohne ſein
Wiſſen durch unſere Zimmerleut widerumb ein
neue Huͤtte auffrichten in der Form wie die luſtige
Garten-Haͤuſer bey uns ein Anſehen haben; dann
ich ſahe wol daß er weit ein mehrers meritirte, alß
ich ihm anthun kondte oder er annehmen wolte; ſei-
ne Converſation war ſehr holdſeelig/ hingegen a-
ber mehr als viel zu kurtz/ und wann ich ihm etwas
ſeiner Perſohn halber fragte/ miſe er mich in gegen-
wertiges Buch/ und ſagte/ zu demſelbigen hette er
noch genuͤge beſchriben davon ihn jetzt zugedencken
verdrieſſen thaͤt; Alß ich ihn aber erinnerte/ er ſollte
ſich gleichwol wider zu den Leuten begeben/ damit
er nit ſo einſamb wie ein unvernuͤnfftig Vihe dahin
ſterbe/ warzu er dann jetzt gute Gelegenheit hette/
ſich mit uns wider in ſein Vatterland zumachen?
antwortet er mein GOtt was wolt ihr mich zeichen
hier iſt Fried/ dort iſt Krieg; hier weiß ich nichts

von
G 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0161"/>
weil er &#x017F;ahe daß wir lu&#x017F;tig waren; &#x017F;ein gro&#x0364;&#x017F;te Freud<lb/>
erw &#x017F;e er mit den Krancken umbzugehen/ die er alle<lb/>
einer &#x017F;chnellen Ge&#x017F;undheit vertro&#x0364;&#x017F;tete/ und &#x017F;agte/<lb/>
er erfreue &#x017F;ich dermal eins daß er den Men&#x017F;chen:<lb/>
vornemblich aber Chri&#x017F;t und &#x017F;onderlich &#x017F;einen<lb/>
Landsleuten einmal dienen ko&#x0364;nte/ welcher ehe er<lb/>
&#x017F;chon lange Jahr beraubt gewe&#x017F;t wa&#x0364;re; er war bey-<lb/>
des ihr Koch und Artzt/ ma&#x017F;&#x017F;en er mich un&#x017F;erm<lb/><hi rendition="#aq">Mecio</hi> und Balbierer flei&#x017F;&#x017F;ig <hi rendition="#aq">conferirte/</hi> was etwan<lb/>
an dem einen und amdern zuthun und zula&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein<lb/>
mo&#x0364;chte/ weßwegen ihn dan beydes die <hi rendition="#aq">Officianten</hi><lb/>
und das Volck gleich&#x017F;amb wie einem Abgott<lb/>
ehreten.</p><lb/>
        <p>Jch &#x017F;elb&#x017F;t bedachte mich weiln ich ihm dienen<lb/>
mo&#x0364;chte; ich behielt ihn bey mir/ und lie&#x017F;&#x017F;e ohne &#x017F;ein<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en durch un&#x017F;ere Zimmerleut widerumb ein<lb/>
neue Hu&#x0364;tte auffrichten in der Form wie die lu&#x017F;tige<lb/>
Garten-Ha&#x0364;u&#x017F;er bey uns ein An&#x017F;ehen haben; dann<lb/>
ich &#x017F;ahe wol daß er weit ein mehrers <hi rendition="#aq">meritirte,</hi> alß<lb/>
ich ihm anthun kondte oder er annehmen wolte; &#x017F;ei-<lb/>
ne <hi rendition="#aq">Conver&#x017F;ation</hi> war &#x017F;ehr hold&#x017F;eelig/ hingegen a-<lb/>
ber mehr als viel zu kurtz/ und wann ich ihm etwas<lb/>
&#x017F;einer Per&#x017F;ohn halber fragte/ mi&#x017F;e er mich in gegen-<lb/>
wertiges Buch/ und &#x017F;agte/ zu dem&#x017F;elbigen hette er<lb/>
noch genu&#x0364;ge be&#x017F;chriben davon ihn jetzt zugedencken<lb/>
verdrie&#x017F;&#x017F;en tha&#x0364;t; Alß ich ihn aber erinnerte/ er &#x017F;ollte<lb/>
&#x017F;ich gleichwol wider zu den Leuten begeben/ damit<lb/>
er nit &#x017F;o ein&#x017F;amb wie ein unvernu&#x0364;nfftig Vihe dahin<lb/>
&#x017F;terbe/ warzu er dann jetzt gute Gelegenheit hette/<lb/>
&#x017F;ich mit uns wider in &#x017F;ein Vatterland zumachen?<lb/>
antwortet er mein GOtt was wolt ihr mich zeichen<lb/>
hier i&#x017F;t Fried/ dort i&#x017F;t Krieg; hier weiß ich nichts<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 7</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0161] weil er ſahe daß wir luſtig waren; ſein groͤſte Freud erw ſe er mit den Krancken umbzugehen/ die er alle einer ſchnellen Geſundheit vertroͤſtete/ und ſagte/ er erfreue ſich dermal eins daß er den Menſchen: vornemblich aber Chriſt und ſonderlich ſeinen Landsleuten einmal dienen koͤnte/ welcher ehe er ſchon lange Jahr beraubt geweſt waͤre; er war bey- des ihr Koch und Artzt/ maſſen er mich unſerm Mecio und Balbierer fleiſſig conferirte/ was etwan an dem einen und amdern zuthun und zulaſſen ſein moͤchte/ weßwegen ihn dan beydes die Officianten und das Volck gleichſamb wie einem Abgott ehreten. Jch ſelbſt bedachte mich weiln ich ihm dienen moͤchte; ich behielt ihn bey mir/ und lieſſe ohne ſein Wiſſen durch unſere Zimmerleut widerumb ein neue Huͤtte auffrichten in der Form wie die luſtige Garten-Haͤuſer bey uns ein Anſehen haben; dann ich ſahe wol daß er weit ein mehrers meritirte, alß ich ihm anthun kondte oder er annehmen wolte; ſei- ne Converſation war ſehr holdſeelig/ hingegen a- ber mehr als viel zu kurtz/ und wann ich ihm etwas ſeiner Perſohn halber fragte/ miſe er mich in gegen- wertiges Buch/ und ſagte/ zu demſelbigen hette er noch genuͤge beſchriben davon ihn jetzt zugedencken verdrieſſen thaͤt; Alß ich ihn aber erinnerte/ er ſollte ſich gleichwol wider zu den Leuten begeben/ damit er nit ſo einſamb wie ein unvernuͤnfftig Vihe dahin ſterbe/ warzu er dann jetzt gute Gelegenheit hette/ ſich mit uns wider in ſein Vatterland zumachen? antwortet er mein GOtt was wolt ihr mich zeichen hier iſt Fried/ dort iſt Krieg; hier weiß ich nichts von G 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/161
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/161>, abgerufen am 27.04.2024.