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Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

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müglich seyn könte/ mit dem Werck
selbst/ das sie suchet hernach gefolgt;
dieweil ich aber ein schlechten Ruhm
sihe/ dessen wir sich hierdurch würdig
machten; hat mich Rahtsamer zuseyn
gedunckt/ daß ich der Tugend und Er-
barkeit mehr als dem Gehorsam folge;
welche mich from seyn und schweigen
heissen. Hertzallerliebster Joseph/ ant-
wortet Selicha/ du schützest Ehr und
Tugend vor/ welche doch nur im Wahn
bestehen/ ja es ist nur ein unnutzliches
Spiegelfechten; Schau nur/ wann du
gleich aller Welt Tugenden hättest/ so
werden sie dir doch nicht anstehen/ oder
zu deiner Befürderung an dir warge-
nommen werden/ und also dir nichts
helffen können/ weil du ein Leibeigner
Knecht bist; wann du aber nach mei-
nem Willen lebest/ welches du ohne das
zuthun schuldig bist/ so kan ich dich frey
und glückselig machen/ welches dir dei-
ne Tugenden nicht leisten können; blei-
best du mir aber widerspänstig/ und
machst durch deine Hartnäckige Ver-

weige-

muͤglich ſeyn koͤnte/ mit dem Werck
ſelbſt/ das ſie ſuchet hernach gefolgt;
dieweil ich aber ein ſchlechten Ruhm
ſihe/ deſſen wir ſich hierdurch wuͤrdig
machten; hat mich Rahtſamer zuſeyn
gedunckt/ daß ich der Tugend und Er-
barkeit mehr als dem Gehorſam folge;
welche mich from ſeyn und ſchweigen
heiſſen. Hertzallerliebſter Joſeph/ ant-
wortet Selicha/ du ſchuͤtzeſt Ehr und
Tugend vor/ welche doch nur im Wahn
beſtehen/ ja es iſt nur ein unnutzliches
Spiegelfechten; Schau nur/ wann du
gleich aller Welt Tugenden haͤtteſt/ ſo
werden ſie dir doch nicht anſtehen/ oder
zu deiner Befuͤrderung an dir warge-
nommen werden/ und alſo dir nichts
helffen koͤnnen/ weil du ein Leibeigner
Knecht biſt; wann du aber nach mei-
nem Willen lebeſt/ welches du ohne das
zuthun ſchuldig biſt/ ſo kan ich dich frey
und gluͤckſelig machen/ welches dir dei-
ne Tugenden nicht leiſten koͤnnen; blei-
beſt du mir aber widerſpaͤnſtig/ und
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[102.[102]/0106] muͤglich ſeyn koͤnte/ mit dem Werck ſelbſt/ das ſie ſuchet hernach gefolgt; dieweil ich aber ein ſchlechten Ruhm ſihe/ deſſen wir ſich hierdurch wuͤrdig machten; hat mich Rahtſamer zuſeyn gedunckt/ daß ich der Tugend und Er- barkeit mehr als dem Gehorſam folge; welche mich from ſeyn und ſchweigen heiſſen. Hertzallerliebſter Joſeph/ ant- wortet Selicha/ du ſchuͤtzeſt Ehr und Tugend vor/ welche doch nur im Wahn beſtehen/ ja es iſt nur ein unnutzliches Spiegelfechten; Schau nur/ wann du gleich aller Welt Tugenden haͤtteſt/ ſo werden ſie dir doch nicht anſtehen/ oder zu deiner Befuͤrderung an dir warge- nommen werden/ und alſo dir nichts helffen koͤnnen/ weil du ein Leibeigner Knecht biſt; wann du aber nach mei- nem Willen lebeſt/ welches du ohne das zuthun ſchuldig biſt/ ſo kan ich dich frey und gluͤckſelig machen/ welches dir dei- ne Tugenden nicht leiſten koͤnnen; blei- beſt du mir aber widerſpaͤnſtig/ und machſt durch deine Hartnaͤckige Ver- weige-

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Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 102.[102]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/106>, abgerufen am 29.04.2024.