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Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

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weiß ich Mittel solche dergestalt zuschän-
den/ daß sie derselben bald vergessen
werden/ dabey mein hochgebiedente
Frau verspühren kan/ wie hertzlich ich sie
gleichwohl liebe. Hierauff schwieg Jo-
seph still/ und hoffte er hätte sie genug
bewegt/ entweder in sich selbst zu gehen/
und ihr ein Gewissen zu machen/ oder
ihn wegen seiner vorgewandten Undüch-
tigkeit zuverwerffen.

Aber weit gefehlt/ die Lieb hat schärf-
fere Augen/ Ach! liebster Joseph/ sagte
sie/ du wendest vor die Tugend sey der
Zweck nach dem du strebest/ und schä-
mest dich doch nicht zu liegen auff daß du
mich betriegen mögest; Die zarte Milch-
haar deiner Rosensarben Wangen/ da-
mit sich die Korallen rothe Lippen zuzieh-
ren beginnen/ bezeugen mir viel ein an-
ders: sie schwieg darauff still/ also daß
Joseph nicht abnehmen kunte/ was sie
weiters Sinns war/ Joseph aber redet
auch nichts mehr,

Nahe an ihrem Bette stund ein ge-
deckter Tisch mit allerhand Confect und

köstli-

weiß ich Mittel ſolche dergeſtalt zuſchaͤn-
den/ daß ſie derſelben bald vergeſſen
werden/ dabey mein hochgebiedente
Frau verſpuͤhren kan/ wie hertzlich ich ſie
gleichwohl liebe. Hierauff ſchwieg Jo-
ſeph ſtill/ und hoffte er haͤtte ſie genug
bewegt/ entweder in ſich ſelbſt zu gehen/
und ihr ein Gewiſſen zu machen/ oder
ihn wegen ſeiner vorgewandten Unduͤch-
tigkeit zuverwerffen.

Aber weit gefehlt/ die Lieb hat ſchaͤrf-
fere Augen/ Ach! liebſter Joſeph/ ſagte
ſie/ du wendeſt vor die Tugend ſey der
Zweck nach dem du ſtrebeſt/ und ſchaͤ-
meſt dich doch nicht zu liegen auff daß du
mich betriegen moͤgeſt; Die zarte Milch-
haar deiner Roſenſarben Wangen/ da-
mit ſich die Korallen rothe Lippen zuzieh-
ren beginnen/ bezeugen mir viel ein an-
ders: ſie ſchwieg darauff ſtill/ alſo daß
Joſeph nicht abnehmen kunte/ was ſie
weiters Sinns war/ Joſeph aber redet
auch nichts mehr,

Nahe an ihrem Bette ſtund ein ge-
deckter Tiſch mit allerhand Confect und

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[107.[107]/0111] weiß ich Mittel ſolche dergeſtalt zuſchaͤn- den/ daß ſie derſelben bald vergeſſen werden/ dabey mein hochgebiedente Frau verſpuͤhren kan/ wie hertzlich ich ſie gleichwohl liebe. Hierauff ſchwieg Jo- ſeph ſtill/ und hoffte er haͤtte ſie genug bewegt/ entweder in ſich ſelbſt zu gehen/ und ihr ein Gewiſſen zu machen/ oder ihn wegen ſeiner vorgewandten Unduͤch- tigkeit zuverwerffen. Aber weit gefehlt/ die Lieb hat ſchaͤrf- fere Augen/ Ach! liebſter Joſeph/ ſagte ſie/ du wendeſt vor die Tugend ſey der Zweck nach dem du ſtrebeſt/ und ſchaͤ- meſt dich doch nicht zu liegen auff daß du mich betriegen moͤgeſt; Die zarte Milch- haar deiner Roſenſarben Wangen/ da- mit ſich die Korallen rothe Lippen zuzieh- ren beginnen/ bezeugen mir viel ein an- ders: ſie ſchwieg darauff ſtill/ alſo daß Joſeph nicht abnehmen kunte/ was ſie weiters Sinns war/ Joſeph aber redet auch nichts mehr, Nahe an ihrem Bette ſtund ein ge- deckter Tiſch mit allerhand Confect und koͤſtli-

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Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 107.[107]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/111>, abgerufen am 29.04.2024.