Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Von dem Völkerrechte überhaupt,
II] Der Beweis des Herkommens liegt, weil es auf That-
sachen beruht, dem, der sich darauf bezieht, ob, und
muß entweder a] durch Zeugen, b] öffentliche Staats-
schriften, oder c] durch glaubwürdige Geschichtschreiber
geführt werden. Zur Erläuterung und Bestätigung fin-
den iedoch auch philosophische Beweise statt.
Dietr. Herm. Kemmerich diß. de probatione con-
suetudinis et observantiae tam privatae quam
publicae. Ienae
1732. 4.
Henr. Bodini diss. de eo quod justum est circa testi-
monium historicorum. Halae
1701. 4.
Indes schiebt man bey dem Herkommen nicht selten die
Schuld auf die Ministers, und schützt einen Kanz-
leyfehler vor.
III] Die Rechtskraft eines dergleichen Herkommens unter
den europäischen Staaten ist um so weniger zu bezweifeln,
da ihr eignes Anerkentnis solche bewährt. Sie
a] berufen sich öfters auf ein Völkerrecht.
b] verstehen darunter nichts als hergebrachte Gewon-
heiten,
c] legen ihnen eine volkomne Verbindlichkeit bey.
Ad. Fr. Glafeys Recht der Vernunft 1. Buch 1. Kap.
§. 329. S. 205. ed. 1746.
J. J. Mosers Versuch etc. Abhandlung von den Nor-
men etc. §. 5.
Als beym Ryswickschen Friedenskongresse die kaiserli-
chen Gesandten durch zu strenge Behauptung der
Vorzüge des Kaisers mancherley Irrungen veran-
laßten, äusserte man von Seiten der vermittelnden
Gesandschaft: daß kein einziger Minister Sr. Kaiserl.
Majestät den Rang und Vorzug vor andern Souve-
rains streitig machte, weil die Possession, in
welcher sich ein römischer Kaiser diesfals main-
tenirt
Von dem Voͤlkerrechte uͤberhaupt,
II] Der Beweis des Herkommens liegt, weil es auf That-
ſachen beruht, dem, der ſich darauf bezieht, ob, und
muß entweder a] durch Zeugen, b] oͤffentliche Staats-
ſchriften, oder c] durch glaubwuͤrdige Geſchichtſchreiber
gefuͤhrt werden. Zur Erlaͤuterung und Beſtaͤtigung fin-
den iedoch auch philoſophiſche Beweiſe ſtatt.
Dietr. Herm. Kemmerich diß. de probatione con-
ſuetudinis et obſervantiae tam privatae quam
publicae. Ienae
1732. 4.
Henr. Bodini disſ. de eo quod juſtum eſt circa teſti-
monium hiſtoricorum. Halae
1701. 4.
Indes ſchiebt man bey dem Herkommen nicht ſelten die
Schuld auf die Miniſters, und ſchuͤtzt einen Kanz-
leyfehler vor.
III] Die Rechtskraft eines dergleichen Herkommens unter
den europaͤiſchen Staaten iſt um ſo weniger zu bezweifeln,
da ihr eignes Anerkentnis ſolche bewaͤhrt. Sie
a] berufen ſich oͤfters auf ein Voͤlkerrecht.
b] verſtehen darunter nichts als hergebrachte Gewon-
heiten,
c] legen ihnen eine volkomne Verbindlichkeit bey.
Ad. Fr. Glafeys Recht der Vernunft 1. Buch 1. Kap.
§. 329. S. 205. ed. 1746.
J. J. Moſers Verſuch ꝛc. Abhandlung von den Nor-
men ꝛc. §. 5.
Als beym Ryswickſchen Friedenskongreſſe die kaiſerli-
chen Geſandten durch zu ſtrenge Behauptung der
Vorzuͤge des Kaiſers mancherley Irrungen veran-
laßten, aͤuſſerte man von Seiten der vermittelnden
Geſandſchaft: daß kein einziger Miniſter Sr. Kaiſerl.
Majeſtaͤt den Rang und Vorzug vor andern Souve-
rains ſtreitig machte, weil die Poſſeſſion, in
welcher ſich ein roͤmiſcher Kaiſer diesfals main-
tenirt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0056" n="30"/>
          <fw place="top" type="header">Von dem Vo&#x0364;lkerrechte u&#x0364;berhaupt,</fw><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">II</hi>] Der Beweis des Herkommens liegt, weil es auf That-<lb/>
&#x017F;achen beruht, dem, der &#x017F;ich darauf bezieht, ob, und<lb/>
muß entweder <hi rendition="#aq">a</hi>] durch Zeugen, <hi rendition="#aq">b</hi>] o&#x0364;ffentliche Staats-<lb/>
&#x017F;chriften, oder <hi rendition="#aq">c</hi>] durch glaubwu&#x0364;rdige Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber<lb/>
gefu&#x0364;hrt werden. Zur Erla&#x0364;uterung und Be&#x017F;ta&#x0364;tigung fin-<lb/>
den iedoch auch philo&#x017F;ophi&#x017F;che Bewei&#x017F;e &#x017F;tatt.<lb/><list><item><hi rendition="#aq">Dietr. Herm. <hi rendition="#i">Kemmerich</hi> diß. de probatione con-<lb/>
&#x017F;uetudinis et ob&#x017F;ervantiae tam privatae quam<lb/>
publicae. Ienae</hi> 1732. 4.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">Henr. <hi rendition="#i">Bodini</hi> dis&#x017F;. de eo quod ju&#x017F;tum e&#x017F;t circa te&#x017F;ti-<lb/>
monium hi&#x017F;toricorum. Halae</hi> 1701. 4.</item><lb/><item>Indes &#x017F;chiebt man bey dem Herkommen nicht &#x017F;elten die<lb/>
Schuld auf die Mini&#x017F;ters, und &#x017F;chu&#x0364;tzt einen Kanz-<lb/>
leyfehler vor.</item></list></item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">III</hi>] Die <hi rendition="#fr">Rechtskraft</hi> eines dergleichen Herkommens unter<lb/>
den europa&#x0364;i&#x017F;chen Staaten i&#x017F;t um &#x017F;o weniger zu bezweifeln,<lb/>
da ihr eignes Anerkentnis &#x017F;olche bewa&#x0364;hrt. Sie<lb/><list><item><hi rendition="#aq">a</hi>] berufen &#x017F;ich o&#x0364;fters auf ein Vo&#x0364;lkerrecht.</item><lb/><item><hi rendition="#aq">b</hi>] ver&#x017F;tehen darunter nichts als hergebrachte Gewon-<lb/>
heiten,</item><lb/><item><hi rendition="#aq">c</hi>] legen ihnen eine volkomne Verbindlichkeit bey.</item><lb/><item>Ad. Fr. <hi rendition="#fr">Glafeys</hi> Recht der Vernunft 1. Buch 1. Kap.<lb/>
§. 329. S. 205. <hi rendition="#aq">ed.</hi> 1746.</item><lb/><item>J. J. <hi rendition="#fr">Mo&#x017F;ers</hi> Ver&#x017F;uch &#xA75B;c. Abhandlung von den Nor-<lb/>
men &#xA75B;c. §. 5.</item><lb/><item>Als beym Ryswick&#x017F;chen Friedenskongre&#x017F;&#x017F;e die kai&#x017F;erli-<lb/>
chen Ge&#x017F;andten durch zu &#x017F;trenge Behauptung der<lb/>
Vorzu&#x0364;ge des Kai&#x017F;ers mancherley Irrungen veran-<lb/>
laßten, a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte man von Seiten der vermittelnden<lb/>
Ge&#x017F;and&#x017F;chaft: daß kein einziger Mini&#x017F;ter Sr. Kai&#x017F;erl.<lb/>
Maje&#x017F;ta&#x0364;t den Rang und Vorzug vor andern Souve-<lb/>
rains &#x017F;treitig machte, weil die <hi rendition="#fr">Po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ion</hi>, in<lb/><hi rendition="#fr">welcher &#x017F;ich ein ro&#x0364;mi&#x017F;cher Kai&#x017F;er diesfals</hi> main-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tenirt</fw><lb/></item></list></item>
          </list>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0056] Von dem Voͤlkerrechte uͤberhaupt, II] Der Beweis des Herkommens liegt, weil es auf That- ſachen beruht, dem, der ſich darauf bezieht, ob, und muß entweder a] durch Zeugen, b] oͤffentliche Staats- ſchriften, oder c] durch glaubwuͤrdige Geſchichtſchreiber gefuͤhrt werden. Zur Erlaͤuterung und Beſtaͤtigung fin- den iedoch auch philoſophiſche Beweiſe ſtatt. Dietr. Herm. Kemmerich diß. de probatione con- ſuetudinis et obſervantiae tam privatae quam publicae. Ienae 1732. 4. Henr. Bodini disſ. de eo quod juſtum eſt circa teſti- monium hiſtoricorum. Halae 1701. 4. Indes ſchiebt man bey dem Herkommen nicht ſelten die Schuld auf die Miniſters, und ſchuͤtzt einen Kanz- leyfehler vor. III] Die Rechtskraft eines dergleichen Herkommens unter den europaͤiſchen Staaten iſt um ſo weniger zu bezweifeln, da ihr eignes Anerkentnis ſolche bewaͤhrt. Sie a] berufen ſich oͤfters auf ein Voͤlkerrecht. b] verſtehen darunter nichts als hergebrachte Gewon- heiten, c] legen ihnen eine volkomne Verbindlichkeit bey. Ad. Fr. Glafeys Recht der Vernunft 1. Buch 1. Kap. §. 329. S. 205. ed. 1746. J. J. Moſers Verſuch ꝛc. Abhandlung von den Nor- men ꝛc. §. 5. Als beym Ryswickſchen Friedenskongreſſe die kaiſerli- chen Geſandten durch zu ſtrenge Behauptung der Vorzuͤge des Kaiſers mancherley Irrungen veran- laßten, aͤuſſerte man von Seiten der vermittelnden Geſandſchaft: daß kein einziger Miniſter Sr. Kaiſerl. Majeſtaͤt den Rang und Vorzug vor andern Souve- rains ſtreitig machte, weil die Poſſeſſion, in welcher ſich ein roͤmiſcher Kaiſer diesfals main- tenirt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/56
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/56>, abgerufen am 15.10.2024.