Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Daniel O'Connell.
Vernunft gesichert, will das Heilige vom Weltlichen
trennen, damit das Eine nicht in des Andern Sturz
hineingezogen werde. Die Trennung von Kirche und
Staat ist wahrlich eine Forderung, die nicht von der
Feindschaft ausgeht. Die englische Hochkirche hat ei¬
nen Kampf zu bestehen, der damit enden wird, daß
ihre Heiligthümer in den Koth geworfen werden. Man
wird die göttliche Offenbarung mit rohen Händen be¬
tasten, und den Himmel wie die Götzen behandeln,
welche der Muselmann unter dem Sattel eines erleg¬
ten afrikanischen Heiden findet.

Wer das Christenthum liebt, ja selbst der, der es
mehr als weltgeschichtliche Evolution betrachtet, oder es
als eine zärtliche, sagenreiche Mutter, von welcher euer
Geist die erste Nahrung sog, mit kindlicher Theilnahme
anschaut, sieht mit Schmerz diese Gewitter heraufzie¬
hen, welche damit enden werden, daß das Himmlische
sich wieder zurückziehen muß in die Schlupfwinkel der
Berge, in dunkle Verstecke, aus welchen das Wild des
Waldes stutzig auffährt, in eine Einsamkeit, die nicht
eher aufhören wird, ehe sich die Plünderung nicht legte
und die Entwürdigungen der Ewigkeit von der rohe¬
sten Nemesis zerrissen sind.

Betet, daß dieser Kelch vorübergehe!

Daniel O'Connell.
Vernunft geſichert, will das Heilige vom Weltlichen
trennen, damit das Eine nicht in des Andern Sturz
hineingezogen werde. Die Trennung von Kirche und
Staat iſt wahrlich eine Forderung, die nicht von der
Feindſchaft ausgeht. Die engliſche Hochkirche hat ei¬
nen Kampf zu beſtehen, der damit enden wird, daß
ihre Heiligthuͤmer in den Koth geworfen werden. Man
wird die goͤttliche Offenbarung mit rohen Haͤnden be¬
taſten, und den Himmel wie die Goͤtzen behandeln,
welche der Muſelmann unter dem Sattel eines erleg¬
ten afrikaniſchen Heiden findet.

Wer das Chriſtenthum liebt, ja ſelbſt der, der es
mehr als weltgeſchichtliche Evolution betrachtet, oder es
als eine zaͤrtliche, ſagenreiche Mutter, von welcher euer
Geiſt die erſte Nahrung ſog, mit kindlicher Theilnahme
anſchaut, ſieht mit Schmerz dieſe Gewitter heraufzie¬
hen, welche damit enden werden, daß das Himmliſche
ſich wieder zuruͤckziehen muß in die Schlupfwinkel der
Berge, in dunkle Verſtecke, aus welchen das Wild des
Waldes ſtutzig auffaͤhrt, in eine Einſamkeit, die nicht
eher aufhoͤren wird, ehe ſich die Pluͤnderung nicht legte
und die Entwuͤrdigungen der Ewigkeit von der rohe¬
ſten Nemeſis zerriſſen ſind.

Betet, daß dieſer Kelch voruͤbergehe!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0201" n="183"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Daniel O'Connell</hi>.<lb/></fw>Vernunft ge&#x017F;ichert, will das Heilige vom Weltlichen<lb/>
trennen, damit das Eine nicht in des Andern Sturz<lb/>
hineingezogen werde. Die Trennung von Kirche und<lb/>
Staat i&#x017F;t wahrlich eine Forderung, die nicht von der<lb/>
Feind&#x017F;chaft ausgeht. Die engli&#x017F;che Hochkirche hat ei¬<lb/>
nen Kampf zu be&#x017F;tehen, der damit enden wird, daß<lb/>
ihre Heiligthu&#x0364;mer in den Koth geworfen werden. Man<lb/>
wird die go&#x0364;ttliche Offenbarung mit rohen Ha&#x0364;nden be¬<lb/>
ta&#x017F;ten, und den Himmel wie die Go&#x0364;tzen behandeln,<lb/>
welche der Mu&#x017F;elmann unter dem Sattel eines erleg¬<lb/>
ten afrikani&#x017F;chen Heiden findet.</p><lb/>
        <p>Wer das Chri&#x017F;tenthum liebt, ja &#x017F;elb&#x017F;t der, der es<lb/>
mehr als weltge&#x017F;chichtliche Evolution betrachtet, oder es<lb/>
als eine za&#x0364;rtliche, &#x017F;agenreiche Mutter, von welcher euer<lb/>
Gei&#x017F;t die er&#x017F;te Nahrung &#x017F;og, mit kindlicher Theilnahme<lb/>
an&#x017F;chaut, &#x017F;ieht mit Schmerz die&#x017F;e Gewitter heraufzie¬<lb/>
hen, welche damit enden werden, daß das Himmli&#x017F;che<lb/>
&#x017F;ich wieder zuru&#x0364;ckziehen muß in die Schlupfwinkel der<lb/>
Berge, in dunkle Ver&#x017F;tecke, aus welchen das Wild des<lb/>
Waldes &#x017F;tutzig auffa&#x0364;hrt, in eine Ein&#x017F;amkeit, die nicht<lb/>
eher aufho&#x0364;ren wird, ehe &#x017F;ich die Plu&#x0364;nderung nicht legte<lb/>
und die Entwu&#x0364;rdigungen der Ewigkeit von der rohe¬<lb/>
&#x017F;ten Neme&#x017F;is zerri&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Betet, daß die&#x017F;er Kelch voru&#x0364;bergehe!<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0201] Daniel O'Connell. Vernunft geſichert, will das Heilige vom Weltlichen trennen, damit das Eine nicht in des Andern Sturz hineingezogen werde. Die Trennung von Kirche und Staat iſt wahrlich eine Forderung, die nicht von der Feindſchaft ausgeht. Die engliſche Hochkirche hat ei¬ nen Kampf zu beſtehen, der damit enden wird, daß ihre Heiligthuͤmer in den Koth geworfen werden. Man wird die goͤttliche Offenbarung mit rohen Haͤnden be¬ taſten, und den Himmel wie die Goͤtzen behandeln, welche der Muſelmann unter dem Sattel eines erleg¬ ten afrikaniſchen Heiden findet. Wer das Chriſtenthum liebt, ja ſelbſt der, der es mehr als weltgeſchichtliche Evolution betrachtet, oder es als eine zaͤrtliche, ſagenreiche Mutter, von welcher euer Geiſt die erſte Nahrung ſog, mit kindlicher Theilnahme anſchaut, ſieht mit Schmerz dieſe Gewitter heraufzie¬ hen, welche damit enden werden, daß das Himmliſche ſich wieder zuruͤckziehen muß in die Schlupfwinkel der Berge, in dunkle Verſtecke, aus welchen das Wild des Waldes ſtutzig auffaͤhrt, in eine Einſamkeit, die nicht eher aufhoͤren wird, ehe ſich die Pluͤnderung nicht legte und die Entwuͤrdigungen der Ewigkeit von der rohe¬ ſten Nemeſis zerriſſen ſind. Betet, daß dieſer Kelch voruͤbergehe!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/201
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/201>, abgerufen am 04.05.2024.