Er findet seinen Stolz in einer fast bürgerlichen Wohl¬ behäbigkeit, die mit der Diplomatie an seinem Platze nicht kokettirt, sondern nur rivalisirt.
Dem Salonstone weit näher steht Salomon in Wien, der mit einer gewissen Kälte des äußern Be¬ nehmens negative Formen verbindet, welche ans Di¬ plomatische streifen. Nichtsdestoweniger soll er den gro¬ ßen Blick theilen, welcher namentlich den ältesten Bru¬ der auszeichnet.
Nathan in London repräsentirt vortrefflich Sitte, Gesinnung und Reichthum der City. Er packt seine Unternehmungen mit einer Riesenfaust. An ihm ist Alles kolossal. Ein Freund von mir sagte neulich über diesen Mann: "Geht er auf die Jagd, so müs¬ sen es wenigstens Elephanten sein, die er erlegt." Kann man dem Bilde trauen, welches Fürst Pückler in leisen Zügen von Nathan Rothschild entwirft, so ist er ein jovialer Mann, der im Stande ist, sich über seine Stellung zu erheben und eine Unbefangen¬ heit zu äußern, welche sogar über sich selbst scherzt. Nur läßt es der sarkastische Fürst unentschieden, ob Nathan, wenn er sich etwas breit mit seinem Reich¬ thume entfaltet, mehr der unbewußten naiven Freude
Rothſchild.
Er findet ſeinen Stolz in einer faſt buͤrgerlichen Wohl¬ behaͤbigkeit, die mit der Diplomatie an ſeinem Platze nicht kokettirt, ſondern nur rivaliſirt.
Dem Salonstone weit naͤher ſteht Salomon in Wien, der mit einer gewiſſen Kaͤlte des aͤußern Be¬ nehmens negative Formen verbindet, welche ans Di¬ plomatiſche ſtreifen. Nichtsdeſtoweniger ſoll er den gro¬ ßen Blick theilen, welcher namentlich den aͤlteſten Bru¬ der auszeichnet.
Nathan in London repraͤſentirt vortrefflich Sitte, Geſinnung und Reichthum der City. Er packt ſeine Unternehmungen mit einer Rieſenfauſt. An ihm iſt Alles koloſſal. Ein Freund von mir ſagte neulich uͤber dieſen Mann: „Geht er auf die Jagd, ſo muͤſ¬ ſen es wenigſtens Elephanten ſein, die er erlegt.“ Kann man dem Bilde trauen, welches Fuͤrſt Puͤckler in leiſen Zuͤgen von Nathan Rothſchild entwirft, ſo iſt er ein jovialer Mann, der im Stande iſt, ſich uͤber ſeine Stellung zu erheben und eine Unbefangen¬ heit zu aͤußern, welche ſogar uͤber ſich ſelbſt ſcherzt. Nur laͤßt es der ſarkaſtiſche Fuͤrſt unentſchieden, ob Nathan, wenn er ſich etwas breit mit ſeinem Reich¬ thume entfaltet, mehr der unbewußten naiven Freude
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Rothſchild.
Er findet ſeinen Stolz in einer faſt buͤrgerlichen Wohl¬
behaͤbigkeit, die mit der Diplomatie an ſeinem Platze
nicht kokettirt, ſondern nur rivaliſirt.
Dem Salonstone weit naͤher ſteht Salomon in
Wien, der mit einer gewiſſen Kaͤlte des aͤußern Be¬
nehmens negative Formen verbindet, welche ans Di¬
plomatiſche ſtreifen. Nichtsdeſtoweniger ſoll er den gro¬
ßen Blick theilen, welcher namentlich den aͤlteſten Bru¬
der auszeichnet.
Nathan in London repraͤſentirt vortrefflich Sitte,
Geſinnung und Reichthum der City. Er packt ſeine
Unternehmungen mit einer Rieſenfauſt. An ihm iſt
Alles koloſſal. Ein Freund von mir ſagte neulich
uͤber dieſen Mann: „Geht er auf die Jagd, ſo muͤſ¬
ſen es wenigſtens Elephanten ſein, die er erlegt.“
Kann man dem Bilde trauen, welches Fuͤrſt Puͤckler
in leiſen Zuͤgen von Nathan Rothſchild entwirft, ſo
iſt er ein jovialer Mann, der im Stande iſt, ſich
uͤber ſeine Stellung zu erheben und eine Unbefangen¬
heit zu aͤußern, welche ſogar uͤber ſich ſelbſt ſcherzt.
Nur laͤßt es der ſarkaſtiſche Fuͤrſt unentſchieden, ob
Nathan, wenn er ſich etwas breit mit ſeinem Reich¬
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie… [mehr]
Ab Oktober 1834 ließ Karl Gutzkow seine als Serie angelegten Reflexionen über "Öffentliche Charaktere" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung erscheinen. In Buchform erschien ein erster Band 1835 bei Hoffmann und Campe in Hamburg. Zur Publikation der weiteren geplanten Teile kam es nicht.
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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/318>, abgerufen am 04.12.2023.
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