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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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von den prächtigen Meubles und Pallästen, deren Eigenthümerinnen eben zum Richtplatze geführt wären. Vor weiblicher Eitelkeit, vor ewiger Hinneigung zum Glanze der Monarchie hätte so des Mordens kein Ende werden können. Wie grausam, uns Verbrechen anzurechnen, deren Urheber unsere Männer waren, unsere Absicht zu verkennen, die Nichts sehnlicher wünschte, als den Frieden! Wir wollten die steinernen Stufen und Fußböden von den schauderhaften Blutflecken säubern, wollten durch die zarten Verkettungen des häuslichen Lebens Euren wilden, entmenschten Sinn fesseln und zähmen. So wie Ihr überhaupt gewohnt seid, Alles nur in seiner nächsten Aeußerung zu erfassen, so habt Ihr auch die Tiefe des weiblichen Charakters immer verkannt. Wenn wir auch nicht verlangen, Ihr solltet untertauchen, und Perlen aus uns fischen, so habt Ihr doch jene Tiefe nicht einmal mit einem Senkblei untersucht. Und dennoch wollt Ihr die Zuchtmeister unseres Seelenlebens werden? Nein, mein Entschluß steht fest, dieser Vorsatz ist unerschütterlich. Ich sollte doch meinen, wir hätten gewisse Mittel, Euch zu kirren. Die Frauen müssen für die Frauen wirken. Jene verderbliche Lehre, daß sich das Weib an den Mann als an seinen erst Lebenshaltung gewährenden Stamm anschließen soll, muß zuerst erschüt-

von den prächtigen Meubles und Pallästen, deren Eigenthümerinnen eben zum Richtplatze geführt wären. Vor weiblicher Eitelkeit, vor ewiger Hinneigung zum Glanze der Monarchie hätte so des Mordens kein Ende werden können. Wie grausam, uns Verbrechen anzurechnen, deren Urheber unsere Männer waren, unsere Absicht zu verkennen, die Nichts sehnlicher wünschte, als den Frieden! Wir wollten die steinernen Stufen und Fußböden von den schauderhaften Blutflecken säubern, wollten durch die zarten Verkettungen des häuslichen Lebens Euren wilden, entmenschten Sinn fesseln und zähmen. So wie Ihr überhaupt gewohnt seid, Alles nur in seiner nächsten Aeußerung zu erfassen, so habt Ihr auch die Tiefe des weiblichen Charakters immer verkannt. Wenn wir auch nicht verlangen, Ihr solltet untertauchen, und Perlen aus uns fischen, so habt Ihr doch jene Tiefe nicht einmal mit einem Senkblei untersucht. Und dennoch wollt Ihr die Zuchtmeister unseres Seelenlebens werden? Nein, mein Entschluß steht fest, dieser Vorsatz ist unerschütterlich. Ich sollte doch meinen, wir hätten gewisse Mittel, Euch zu kirren. Die Frauen müssen für die Frauen wirken. Jene verderbliche Lehre, daß sich das Weib an den Mann als an seinen erst Lebenshaltung gewährenden Stamm anschließen soll, muß zuerst erschüt-

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von den prächtigen Meubles und Pallästen, deren Eigenthümerinnen eben zum Richtplatze geführt wären. Vor weiblicher Eitelkeit, vor ewiger Hinneigung zum Glanze der Monarchie hätte so des Mordens kein Ende werden können. Wie grausam, uns Verbrechen anzurechnen, deren Urheber unsere Männer waren, unsere Absicht zu verkennen, die Nichts sehnlicher wünschte, als den Frieden! Wir wollten die steinernen Stufen und Fußböden von den schauderhaften Blutflecken säubern, wollten durch die zarten Verkettungen des häuslichen Lebens Euren wilden, entmenschten Sinn fesseln und zähmen. So wie Ihr überhaupt gewohnt seid, Alles nur in seiner nächsten Aeußerung zu erfassen, so habt Ihr auch die Tiefe des weiblichen Charakters immer verkannt. Wenn wir auch nicht verlangen, Ihr solltet untertauchen, und Perlen aus uns fischen, so habt Ihr doch jene Tiefe nicht einmal mit einem Senkblei untersucht. Und dennoch wollt Ihr die Zuchtmeister unseres Seelenlebens werden? Nein, mein Entschluß steht fest, dieser Vorsatz ist unerschütterlich. Ich sollte doch meinen, wir hätten gewisse Mittel, Euch zu kirren. Die Frauen müssen für die Frauen wirken. Jene verderbliche Lehre, daß sich das Weib an den Mann als an seinen erst Lebenshaltung gewährenden Stamm anschließen soll, muß zuerst erschüt-
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[178/0191] von den prächtigen Meubles und Pallästen, deren Eigenthümerinnen eben zum Richtplatze geführt wären. Vor weiblicher Eitelkeit, vor ewiger Hinneigung zum Glanze der Monarchie hätte so des Mordens kein Ende werden können. Wie grausam, uns Verbrechen anzurechnen, deren Urheber unsere Männer waren, unsere Absicht zu verkennen, die Nichts sehnlicher wünschte, als den Frieden! Wir wollten die steinernen Stufen und Fußböden von den schauderhaften Blutflecken säubern, wollten durch die zarten Verkettungen des häuslichen Lebens Euren wilden, entmenschten Sinn fesseln und zähmen. So wie Ihr überhaupt gewohnt seid, Alles nur in seiner nächsten Aeußerung zu erfassen, so habt Ihr auch die Tiefe des weiblichen Charakters immer verkannt. Wenn wir auch nicht verlangen, Ihr solltet untertauchen, und Perlen aus uns fischen, so habt Ihr doch jene Tiefe nicht einmal mit einem Senkblei untersucht. Und dennoch wollt Ihr die Zuchtmeister unseres Seelenlebens werden? Nein, mein Entschluß steht fest, dieser Vorsatz ist unerschütterlich. Ich sollte doch meinen, wir hätten gewisse Mittel, Euch zu kirren. Die Frauen müssen für die Frauen wirken. Jene verderbliche Lehre, daß sich das Weib an den Mann als an seinen erst Lebenshaltung gewährenden Stamm anschließen soll, muß zuerst erschüt-

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Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/191>, abgerufen am 06.05.2024.