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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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dem Papiere hervorrücken; denn Fürstenwort ist heilig.

Ob denn aber wirklich an die Restauration zu denken ist? Du siehst die weißen Stellen unserer Zeitungen und die Menge der Gedankenstriche. Soll das Restauration sein? O, Du weißt nicht, wie es in Deutschland während der Restaurationsperiode aussah! Erst wenn Du von zerknickten Fittichen eines sonst mächtig rauschenden Adlers hörst, dann fürchte! Wenn Du den Wurm am Marke des deutschen Geistes nagen hörst, wenn man auf Sandhügel wieder schwache Hütten baut, wenn sich die Blätter des großen Geisterwaldes färben, falb und verdorrt zur Erde fallen, dann fürchte! Nur dann fürchte, wenn man Großes und Herrliches wieder zu sich herabzieht, weil man zu klein ist, es zu erreichen, wenn alle jugendlichen Herzen und Kräfte des Vaterlandes an die platte Gemeinheit der Mode, an die leere Alltäglichkeit sich wieder hingeben, wenn die Klänge einer sinkenden Kirche immer weiter, immer ferner hallen, und Nichts mehr übrig bleibt, als die ausgebrannten Opferschalen. Dann werd' ich mein Angesicht abwenden, wenn ich sie die alten Werkzeuge ihrer kindischen Spiele wieder hervorsuchen sehe, wenn sie unersättlich sein werden im Verachten, und schamlos im Preisen, wenn sie die ge-

dem Papiere hervorrücken; denn Fürstenwort ist heilig.

Ob denn aber wirklich an die Restauration zu denken ist? Du siehst die weißen Stellen unserer Zeitungen und die Menge der Gedankenstriche. Soll das Restauration sein? O, Du weißt nicht, wie es in Deutschland während der Restaurationsperiode aussah! Erst wenn Du von zerknickten Fittichen eines sonst mächtig rauschenden Adlers hörst, dann fürchte! Wenn Du den Wurm am Marke des deutschen Geistes nagen hörst, wenn man auf Sandhügel wieder schwache Hütten baut, wenn sich die Blätter des großen Geisterwaldes färben, falb und verdorrt zur Erde fallen, dann fürchte! Nur dann fürchte, wenn man Großes und Herrliches wieder zu sich herabzieht, weil man zu klein ist, es zu erreichen, wenn alle jugendlichen Herzen und Kräfte des Vaterlandes an die platte Gemeinheit der Mode, an die leere Alltäglichkeit sich wieder hingeben, wenn die Klänge einer sinkenden Kirche immer weiter, immer ferner hallen, und Nichts mehr übrig bleibt, als die ausgebrannten Opferschalen. Dann werd’ ich mein Angesicht abwenden, wenn ich sie die alten Werkzeuge ihrer kindischen Spiele wieder hervorsuchen sehe, wenn sie unersättlich sein werden im Verachten, und schamlos im Preisen, wenn sie die ge-

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[202/0215] dem Papiere hervorrücken; denn Fürstenwort ist heilig. Ob denn aber wirklich an die Restauration zu denken ist? Du siehst die weißen Stellen unserer Zeitungen und die Menge der Gedankenstriche. Soll das Restauration sein? O, Du weißt nicht, wie es in Deutschland während der Restaurationsperiode aussah! Erst wenn Du von zerknickten Fittichen eines sonst mächtig rauschenden Adlers hörst, dann fürchte! Wenn Du den Wurm am Marke des deutschen Geistes nagen hörst, wenn man auf Sandhügel wieder schwache Hütten baut, wenn sich die Blätter des großen Geisterwaldes färben, falb und verdorrt zur Erde fallen, dann fürchte! Nur dann fürchte, wenn man Großes und Herrliches wieder zu sich herabzieht, weil man zu klein ist, es zu erreichen, wenn alle jugendlichen Herzen und Kräfte des Vaterlandes an die platte Gemeinheit der Mode, an die leere Alltäglichkeit sich wieder hingeben, wenn die Klänge einer sinkenden Kirche immer weiter, immer ferner hallen, und Nichts mehr übrig bleibt, als die ausgebrannten Opferschalen. Dann werd’ ich mein Angesicht abwenden, wenn ich sie die alten Werkzeuge ihrer kindischen Spiele wieder hervorsuchen sehe, wenn sie unersättlich sein werden im Verachten, und schamlos im Preisen, wenn sie die ge-

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Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
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  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/215>, abgerufen am 01.05.2024.