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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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von Seiten des Kraters so sehr täuschen würde, oder endlich schweiften unsere Blicke nach der Stadt hinüber, die wir einst oft und immer mit so vielem Vergnügen betraten.

Die Kirchhöfe sind auch noch jetzt die Vorstädte unserer modernen Niederlassungen; Du weißt, daß wir unsern Eingang in Pompeji durch die Gräberstraße nehmen müssen.

Welche Todtenstille und wie lebendig scheint doch Alles! Ich denke, aus jener Taberne muß ein Mann treten, der sich so eben den Bart hat scheeren lassen. Ich höre, wie der geschwätzige Bartkratzer die neuesten Zeitungsnachrichten seinen Kunden nicht ohne Urtheil mittheilte.

In diesem Hause hier hab' ich mich oft gebadet und mit köstlichen Salben meinem Körper jenen eigenthümlichen Glanz gegeben, der immer so sehr Deinen Beifall fand. Der Bademeister war jener Rufus, den der Gott in Pästum einst einmal den Engel der Unschuld genannt hat, weil er nicht wie andere seines Gewerbes außer den Röhren, die in die Badewanne kaltes und warmes Wasser leiteten, noch eine dritte unterhielt, durch die junge Nymphen der Donau oder der Spree herzuströmten oder wohl gar Knaben von der Art, wie sie Graf Platen in seinen Gedichten besungen hat und Johannes von Müller sie liebte.

von Seiten des Kraters so sehr täuschen würde, oder endlich schweiften unsere Blicke nach der Stadt hinüber, die wir einst oft und immer mit so vielem Vergnügen betraten.

Die Kirchhöfe sind auch noch jetzt die Vorstädte unserer modernen Niederlassungen; Du weißt, daß wir unsern Eingang in Pompeji durch die Gräberstraße nehmen müssen.

Welche Todtenstille und wie lebendig scheint doch Alles! Ich denke, aus jener Taberne muß ein Mann treten, der sich so eben den Bart hat scheeren lassen. Ich höre, wie der geschwätzige Bartkratzer die neuesten Zeitungsnachrichten seinen Kunden nicht ohne Urtheil mittheilte.

In diesem Hause hier hab’ ich mich oft gebadet und mit köstlichen Salben meinem Körper jenen eigenthümlichen Glanz gegeben, der immer so sehr Deinen Beifall fand. Der Bademeister war jener Rufus, den der Gott in Pästum einst einmal den Engel der Unschuld genannt hat, weil er nicht wie andere seines Gewerbes außer den Röhren, die in die Badewanne kaltes und warmes Wasser leiteten, noch eine dritte unterhielt, durch die junge Nymphen der Donau oder der Spree herzuströmten oder wohl gar Knaben von der Art, wie sie Graf Platen in seinen Gedichten besungen hat und Johannes von Müller sie liebte.

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[275/0288] von Seiten des Kraters so sehr täuschen würde, oder endlich schweiften unsere Blicke nach der Stadt hinüber, die wir einst oft und immer mit so vielem Vergnügen betraten. Die Kirchhöfe sind auch noch jetzt die Vorstädte unserer modernen Niederlassungen; Du weißt, daß wir unsern Eingang in Pompeji durch die Gräberstraße nehmen müssen. Welche Todtenstille und wie lebendig scheint doch Alles! Ich denke, aus jener Taberne muß ein Mann treten, der sich so eben den Bart hat scheeren lassen. Ich höre, wie der geschwätzige Bartkratzer die neuesten Zeitungsnachrichten seinen Kunden nicht ohne Urtheil mittheilte. In diesem Hause hier hab’ ich mich oft gebadet und mit köstlichen Salben meinem Körper jenen eigenthümlichen Glanz gegeben, der immer so sehr Deinen Beifall fand. Der Bademeister war jener Rufus, den der Gott in Pästum einst einmal den Engel der Unschuld genannt hat, weil er nicht wie andere seines Gewerbes außer den Röhren, die in die Badewanne kaltes und warmes Wasser leiteten, noch eine dritte unterhielt, durch die junge Nymphen der Donau oder der Spree herzuströmten oder wohl gar Knaben von der Art, wie sie Graf Platen in seinen Gedichten besungen hat und Johannes von Müller sie liebte.

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/288>, abgerufen am 14.05.2024.