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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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Wie wichtig muß das siebente Siegel sein! Noch immer bedarf es zu seiner Lösung ungewöhnlicher Vorkehrungen. Mit Posaunen wurd' es nach und nach geöffnet. Wie sich von selbst versteht, sind diese Posaunen die sogenannten Schreier des Tags, die Journalisten, die Männer sans loi et foi.

Es muß Ihnen bekannt sein, daß es in Deutschland beinahe das Ansehen gewann, als wären die Bestrebungen der Restaurirenden durchgedrungen. O! in den Jahren 20 -- 30 waren wir seelenvergnügt. Wir trugen unsere Ketten aus Ironie, mit Vergnügen, lachten drüber. Wir glaubten Tage in Aranjuez zu leben, solche Richtung nahm die Literatur. Süß war sie, überzuckert, wie Honig. Wer sie aber verdauen wollte, bekam Bauchgrimmen. Darum nun verschlingt Johannes während der 6ten und 7ten Posaune ein Buch. Hören Sie darüber ihn selbst:

"Ich nahm das Büchlein von der Hand des Engels, und verschlang es. Und es war süß in meinem Munde, wie Honig: und da ich es gegessen hatte, grimmte mich's im Bauche."

Da nun der Engel die siebente Posaune blies, wurden die Erscheinungen so mannigfach, daß wir wohl daran thun, Alles gehörig zu unterscheiden. Es beginnt nämlich ein Kampf zwischen den Vor-

Wie wichtig muß das siebente Siegel sein! Noch immer bedarf es zu seiner Lösung ungewöhnlicher Vorkehrungen. Mit Posaunen wurd’ es nach und nach geöffnet. Wie sich von selbst versteht, sind diese Posaunen die sogenannten Schreier des Tags, die Journalisten, die Männer sans loi et foi.

Es muß Ihnen bekannt sein, daß es in Deutschland beinahe das Ansehen gewann, als wären die Bestrebungen der Restaurirenden durchgedrungen. O! in den Jahren 20 — 30 waren wir seelenvergnügt. Wir trugen unsere Ketten aus Ironie, mit Vergnügen, lachten drüber. Wir glaubten Tage in Aranjuez zu leben, solche Richtung nahm die Literatur. Süß war sie, überzuckert, wie Honig. Wer sie aber verdauen wollte, bekam Bauchgrimmen. Darum nun verschlingt Johannes während der 6ten und 7ten Posaune ein Buch. Hören Sie darüber ihn selbst:

»Ich nahm das Büchlein von der Hand des Engels, und verschlang es. Und es war süß in meinem Munde, wie Honig: und da ich es gegessen hatte, grimmte mich’s im Bauche.«

Da nun der Engel die siebente Posaune blies, wurden die Erscheinungen so mannigfach, daß wir wohl daran thun, Alles gehörig zu unterscheiden. Es beginnt nämlich ein Kampf zwischen den Vor-

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[311/0324] Wie wichtig muß das siebente Siegel sein! Noch immer bedarf es zu seiner Lösung ungewöhnlicher Vorkehrungen. Mit Posaunen wurd’ es nach und nach geöffnet. Wie sich von selbst versteht, sind diese Posaunen die sogenannten Schreier des Tags, die Journalisten, die Männer sans loi et foi. Es muß Ihnen bekannt sein, daß es in Deutschland beinahe das Ansehen gewann, als wären die Bestrebungen der Restaurirenden durchgedrungen. O! in den Jahren 20 — 30 waren wir seelenvergnügt. Wir trugen unsere Ketten aus Ironie, mit Vergnügen, lachten drüber. Wir glaubten Tage in Aranjuez zu leben, solche Richtung nahm die Literatur. Süß war sie, überzuckert, wie Honig. Wer sie aber verdauen wollte, bekam Bauchgrimmen. Darum nun verschlingt Johannes während der 6ten und 7ten Posaune ein Buch. Hören Sie darüber ihn selbst: »Ich nahm das Büchlein von der Hand des Engels, und verschlang es. Und es war süß in meinem Munde, wie Honig: und da ich es gegessen hatte, grimmte mich’s im Bauche.« Da nun der Engel die siebente Posaune blies, wurden die Erscheinungen so mannigfach, daß wir wohl daran thun, Alles gehörig zu unterscheiden. Es beginnt nämlich ein Kampf zwischen den Vor-

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/324>, abgerufen am 28.04.2024.