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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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boten des Himmels und der Hölle. Die Zeichen sind so ausdrücklich, daß ich keinen Anstand nehme, die himmlische Erscheinung für die Hoffnung der Völker, die höllische für die Legitimität, heilige Allianz u. s. w. zu nehmen.

"Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: ein Weib mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen."

Das ist die Volkssouveränität! Ja, das ist sie!

"Und sie war schwanger und schrie, und war in Kindesnöthen und hatte große Qual zur Geburt."

Gott, daß ich ihr helfen könnte! Fräulein, Sie werden roth, aber in der That, jetzt ist nicht Zeit zum Rothwerden! Die Sache ist bedenklich, sehr bedenklich! Hören Sie nur:

"Und siehe, ein großer rother Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen. Und sein Schwanz zog den dritten Theil der Sterne, und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf daß, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße."

O, fallen Sie noch nicht in Ohnmacht! Gott nimmt ja das Kind auf seinen Stuhl und schickt

boten des Himmels und der Hölle. Die Zeichen sind so ausdrücklich, daß ich keinen Anstand nehme, die himmlische Erscheinung für die Hoffnung der Völker, die höllische für die Legitimität, heilige Allianz u. s. w. zu nehmen.

»Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: ein Weib mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.«

Das ist die Volkssouveränität! Ja, das ist sie!

»Und sie war schwanger und schrie, und war in Kindesnöthen und hatte große Qual zur Geburt.«

Gott, daß ich ihr helfen könnte! Fräulein, Sie werden roth, aber in der That, jetzt ist nicht Zeit zum Rothwerden! Die Sache ist bedenklich, sehr bedenklich! Hören Sie nur:

»Und siehe, ein großer rother Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen. Und sein Schwanz zog den dritten Theil der Sterne, und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf daß, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße.«

O, fallen Sie noch nicht in Ohnmacht! Gott nimmt ja das Kind auf seinen Stuhl und schickt

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[312/0325] boten des Himmels und der Hölle. Die Zeichen sind so ausdrücklich, daß ich keinen Anstand nehme, die himmlische Erscheinung für die Hoffnung der Völker, die höllische für die Legitimität, heilige Allianz u. s. w. zu nehmen. »Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: ein Weib mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.« Das ist die Volkssouveränität! Ja, das ist sie! »Und sie war schwanger und schrie, und war in Kindesnöthen und hatte große Qual zur Geburt.« Gott, daß ich ihr helfen könnte! Fräulein, Sie werden roth, aber in der That, jetzt ist nicht Zeit zum Rothwerden! Die Sache ist bedenklich, sehr bedenklich! Hören Sie nur: »Und siehe, ein großer rother Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen. Und sein Schwanz zog den dritten Theil der Sterne, und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf daß, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße.« O, fallen Sie noch nicht in Ohnmacht! Gott nimmt ja das Kind auf seinen Stuhl und schickt

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/325>, abgerufen am 28.04.2024.