Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hotel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei arbeitete er fortwährend in "Revanche"! Er corrigirte das Ada'sche Französisch. "Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!" Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder.

Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige "junge Gräfin" jetzt die Güte, Liebe,

Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hôtel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei arbeitete er fortwährend in „Revanche“! Er corrigirte das Ada’sche Französisch. „Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!“ Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder.

Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige „junge Gräfin“ jetzt die Güte, Liebe,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0289" n="283"/>
Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hôtel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei <ref xml:id="TEXTarbeiteteBISRevanche" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLarbeiteteBISRevanche">arbeitete er fortwährend in &#x201E;Revanche</ref>&#x201C;! Er corrigirte das Ada&#x2019;sche Französisch. &#x201E;Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!&#x201C; Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder.</p>
        <p>Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige &#x201E;junge Gräfin&#x201C; jetzt die Güte, Liebe,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0289] Standesrücksichten, ohne Wahl, ohne vorherige Neigung geschlossen war, verstärkten sich die Aeußerungen. Schon bekam die Dienerschaft Stoff zum Weitertragen. Ein Glück noch, daß La Rose nicht im Hôtel Noailles zu Marseille entlassen worden war, sondern fortfuhr, wie schon von ihm beim zweiten Nachtquartier begonnen, zu vermitteln und auszugleichen, auch zu überraschen. La Rose war ein Virtuose im Dienen. Und dabei arbeitete er fortwährend in „Revanche“! Er corrigirte das Ada’sche Französisch. „Gnädige Frau Gräfin, Sie sprechen ein Kutscher-Französisch, das ich nur glaube gehört zu haben in Alsace!“ Sein ihm auf diese unschuldige Weise zugestandener Patriotismus schlug alle Wallungen des Bösewerdens nieder. Als sich endlich in dem lieblichen, von grünen Höhenzügen sanft umfriedigten Thale, unter diesen schon längst in gelben Bündeln auf den Feldern befindlichen Halmfrüchten, diesen duftenden noch schwertragenden Obstbäumen auch Ottomar eingefunden hatte, trat plötzlich mit der jungen Gräfin eine Umwandlung ein, die Allen auffallen, Alle, die den Grund derselben erkannten, erschrecken mußte. Konnte man früher fast der Generalin Recht geben, wenn sie gesagt hatte: Die guten Worte, die du den Leuten giebst, kann man ja zählen! so war die gnädige „junge Gräfin“ jetzt die Güte, Liebe,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/289
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/289>, abgerufen am 15.05.2024.