Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Es schlug acht Uhr. Sie war in eine Auf¬
regung gekommen, welche für ihren Entschluß
nicht paßte. Was ist Sturm, Ungewitter,
Herbst, was selbst der Schmerz der Seele und
des Herzens, wenn der Geist seine Gedanken
aufrüttelt und die Denkkraft ihre Fühlfäden
ausschießt? Das Denken erhält den Muth,
den man am Wissen verliert. Wally war so
nahe daran, ihre Verirrung zu fühlen. Aber
sie war ein weibliches Herz, das nicht so leicht
vergißt, was es einmal wollte und in sich
selbst kein großes Register von Entschließungen
hat, wo sie wählen könnte. Sie fiel in den
alten Schmerz zurück.

Um neun Uhr griff sie noch einmal nach
der Feder und schrieb:

Es ſchlug acht Uhr. Sie war in eine Auf¬
regung gekommen, welche für ihren Entſchluß
nicht paßte. Was iſt Sturm, Ungewitter,
Herbſt, was ſelbſt der Schmerz der Seele und
des Herzens, wenn der Geiſt ſeine Gedanken
aufrüttelt und die Denkkraft ihre Fühlfäden
ausſchießt? Das Denken erhält den Muth,
den man am Wiſſen verliert. Wally war ſo
nahe daran, ihre Verirrung zu fühlen. Aber
ſie war ein weibliches Herz, das nicht ſo leicht
vergißt, was es einmal wollte und in ſich
ſelbſt kein großes Regiſter von Entſchließungen
hat, wo ſie wählen könnte. Sie fiel in den
alten Schmerz zurück.

Um neun Uhr griff ſie noch einmal nach
der Feder und ſchrieb:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0320" n="311"/>
        <p>Es &#x017F;chlug acht Uhr. Sie war in eine Auf¬<lb/>
regung gekommen, welche für ihren Ent&#x017F;chluß<lb/>
nicht paßte. Was i&#x017F;t Sturm, Ungewitter,<lb/>
Herb&#x017F;t, was &#x017F;elb&#x017F;t der Schmerz der Seele und<lb/>
des Herzens, wenn der Gei&#x017F;t &#x017F;eine Gedanken<lb/>
aufrüttelt und die Denkkraft ihre Fühlfäden<lb/>
aus&#x017F;chießt? Das Denken erhält den Muth,<lb/>
den man am Wi&#x017F;&#x017F;en verliert. Wally war &#x017F;o<lb/>
nahe daran, ihre Verirrung zu fühlen. Aber<lb/>
&#x017F;ie war ein weibliches Herz, das nicht &#x017F;o leicht<lb/>
vergißt, was es einmal wollte und in &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t kein großes Regi&#x017F;ter von Ent&#x017F;chließungen<lb/>
hat, wo &#x017F;ie wählen könnte. Sie fiel in den<lb/>
alten Schmerz zurück.</p><lb/>
        <p>Um neun Uhr griff &#x017F;ie noch einmal nach<lb/>
der Feder und &#x017F;chrieb:<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0320] Es ſchlug acht Uhr. Sie war in eine Auf¬ regung gekommen, welche für ihren Entſchluß nicht paßte. Was iſt Sturm, Ungewitter, Herbſt, was ſelbſt der Schmerz der Seele und des Herzens, wenn der Geiſt ſeine Gedanken aufrüttelt und die Denkkraft ihre Fühlfäden ausſchießt? Das Denken erhält den Muth, den man am Wiſſen verliert. Wally war ſo nahe daran, ihre Verirrung zu fühlen. Aber ſie war ein weibliches Herz, das nicht ſo leicht vergißt, was es einmal wollte und in ſich ſelbſt kein großes Regiſter von Entſchließungen hat, wo ſie wählen könnte. Sie fiel in den alten Schmerz zurück. Um neun Uhr griff ſie noch einmal nach der Feder und ſchrieb:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/320
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/320>, abgerufen am 28.04.2024.