Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Das Herz.
entstehe, von welcher sie gewiß überzeugt zu seyn glaub-
ten, daß sie wirklich erfolge. Es hätten sich aber diese
berühmten Männer gar leicht von solchen Jrrthume be-
freien können. Denn das Herz wird in der That unter
seiner Zusammenziehung nicht blaß (h), so wie auch sonst
kein einiger von denen andern Muskeln, wenn er sich
verkürzt, seine Röthe verliehret. Jch habe dieses an al-
len Thieren die warmes Blut haben, an Vögeln und
vierfüßigen, zu tausendmalen mit Augen gesehen. Da-
mit es aber nicht das Ansehen gewinne, als ob ich solche
redliche Männer eines angestellten betrüglichen Versuchs
beschuldigen wollte, so ist es allerdings an dem, daß
bei Thieren die kaltes Blut haben, und bei welchen
das Herzfleisch dünne ist, allezeit das Herz bei jegli-
cher Zusammenziehung blaß werde; und daß besonders
das Herz eines Hünchen, welches sich in einem bebrüte-
ten Eye befindet, ganz weis werde. Dieses hatte Hel-
montius
(i) an einem Frosche, Harvey (k) an der
Schlange, und andere an Fischen (l), an den eyerlegen-
den vierfüßigen, und an Würmern wahrgenommen.
An diesen Thieren ist das Herz an sich selbst schon blaß (n),
es wird aber roth, sobald es eine Portion rothes Blut
von dem Herzohre bekommt, und wird nachhero erst blaß,
wenn es diese Blutmasse in die grosse Schlagader getrie-
ben hat. Es bestehet aber der Jrrthum derer berühm-
ten Männer eigentlich darinnen (o), daß sie die abwech-
selnde Röthe und Blässe dem Herzfleische beigelegt haben,
(k*)
(m)

die
(h) [Spaltenumbruch] Unter vielen, sehe man nur
etwas weniges nach am angef. Ort,
Exp. 474. 482. 483. der berühmte
remvs S. 33.
(i) Blas humanum n. 16.
(k) Am angef. Ort S. 21. 22.
24. 28. 47.
(l) Waläus, Nicol. Steno-
nis
der Sohn, Acta hafniens. am
angef. Ort. S. 149. Lower c. 3.
[Spaltenumbruch] S. 111. Lancisius S. 68. 81.
Ausg. 1728. Am Frosche de bre-
mond
Memoir. de l'Acad. roy. des
scienc.
1739. S. 472. An der Lam-
prete Power Obs. 32. An dem Sa-
lamander Jacobäus S. 120.
(n) Am angef. Ort Exp. 487.
492. 542. 546. 549.
(o) Gavet am angef. Ort S. 26.
(k*) S. 47.
(m) Lister S. 29. an der
Schnekke.

Viertes Buch. Das Herz.
entſtehe, von welcher ſie gewiß uͤberzeugt zu ſeyn glaub-
ten, daß ſie wirklich erfolge. Es haͤtten ſich aber dieſe
beruͤhmten Maͤnner gar leicht von ſolchen Jrrthume be-
freien koͤnnen. Denn das Herz wird in der That unter
ſeiner Zuſammenziehung nicht blaß (h), ſo wie auch ſonſt
kein einiger von denen andern Muskeln, wenn er ſich
verkuͤrzt, ſeine Roͤthe verliehret. Jch habe dieſes an al-
len Thieren die warmes Blut haben, an Voͤgeln und
vierfuͤßigen, zu tauſendmalen mit Augen geſehen. Da-
mit es aber nicht das Anſehen gewinne, als ob ich ſolche
redliche Maͤnner eines angeſtellten betruͤglichen Verſuchs
beſchuldigen wollte, ſo iſt es allerdings an dem, daß
bei Thieren die kaltes Blut haben, und bei welchen
das Herzfleiſch duͤnne iſt, allezeit das Herz bei jegli-
cher Zuſammenziehung blaß werde; und daß beſonders
das Herz eines Huͤnchen, welches ſich in einem bebruͤte-
ten Eye befindet, ganz weis werde. Dieſes hatte Hel-
montius
(i) an einem Froſche, Harvey (k) an der
Schlange, und andere an Fiſchen (l), an den eyerlegen-
den vierfuͤßigen, und an Wuͤrmern wahrgenommen.
An dieſen Thieren iſt das Herz an ſich ſelbſt ſchon blaß (n),
es wird aber roth, ſobald es eine Portion rothes Blut
von dem Herzohre bekommt, und wird nachhero erſt blaß,
wenn es dieſe Blutmaſſe in die groſſe Schlagader getrie-
ben hat. Es beſtehet aber der Jrrthum derer beruͤhm-
ten Maͤnner eigentlich darinnen (o), daß ſie die abwech-
ſelnde Roͤthe und Blaͤſſe dem Herzfleiſche beigelegt haben,
(k*)
(m)

die
(h) [Spaltenumbruch] Unter vielen, ſehe man nur
etwas weniges nach am angef. Ort,
Exp. 474. 482. 483. der beruͤhmte
remvs S. 33.
(i) Blas humanum n. 16.
(k) Am angef. Ort S. 21. 22.
24. 28. 47.
(l) Waläus, Nicol. Steno-
nis
der Sohn, Acta hafnienſ. am
angef. Ort. S. 149. Lower c. 3.
[Spaltenumbruch] S. 111. Lanciſius S. 68. 81.
Ausg. 1728. Am Froſche de bre-
mond
Memoir. de l’Acad. roy. des
ſcienc.
1739. S. 472. An der Lam-
prete Power Obſ. 32. An dem Sa-
lamander Jacobäus S. 120.
(n) Am angef. Ort Exp. 487.
492. 542. 546. 549.
(o) Gavet am angef. Ort S. 26.
(k*) S. 47.
(m) Liſter S. 29. an der
Schnekke.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0758" n="702"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
ent&#x017F;tehe, von welcher &#x017F;ie gewiß u&#x0364;berzeugt zu &#x017F;eyn glaub-<lb/>
ten, daß &#x017F;ie wirklich erfolge. Es ha&#x0364;tten &#x017F;ich aber die&#x017F;e<lb/>
beru&#x0364;hmten Ma&#x0364;nner gar leicht von &#x017F;olchen Jrrthume be-<lb/>
freien ko&#x0364;nnen. Denn das Herz wird in der That unter<lb/>
&#x017F;einer Zu&#x017F;ammenziehung nicht blaß <note place="foot" n="(h)"><cb/>
Unter vielen, &#x017F;ehe man nur<lb/>
etwas weniges nach am angef. Ort,<lb/><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 474. 482. 483. der beru&#x0364;hmte<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">remvs</hi></hi> S. 33.</note>, &#x017F;o wie auch &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
kein einiger von denen andern Muskeln, wenn er &#x017F;ich<lb/>
verku&#x0364;rzt, &#x017F;eine Ro&#x0364;the verliehret. Jch habe die&#x017F;es an al-<lb/>
len Thieren die warmes Blut haben, an Vo&#x0364;geln und<lb/>
vierfu&#x0364;ßigen, zu tau&#x017F;endmalen mit Augen ge&#x017F;ehen. Da-<lb/>
mit es aber nicht das An&#x017F;ehen gewinne, als ob ich &#x017F;olche<lb/>
redliche Ma&#x0364;nner eines ange&#x017F;tellten betru&#x0364;glichen Ver&#x017F;uchs<lb/>
be&#x017F;chuldigen wollte, &#x017F;o i&#x017F;t es allerdings an dem, daß<lb/>
bei Thieren die kaltes Blut haben, und bei welchen<lb/>
das Herzflei&#x017F;ch du&#x0364;nne i&#x017F;t, allezeit das Herz bei jegli-<lb/>
cher Zu&#x017F;ammenziehung blaß werde; und daß be&#x017F;onders<lb/>
das Herz eines Hu&#x0364;nchen, welches &#x017F;ich in einem bebru&#x0364;te-<lb/>
ten Eye befindet, ganz weis werde. Die&#x017F;es hatte <hi rendition="#fr">Hel-<lb/>
montius</hi> <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">Blas humanum n.</hi> 16.</note> an einem Fro&#x017F;che, <hi rendition="#fr">Harvey</hi> <note place="foot" n="(k)">Am angef. Ort S. 21. 22.<lb/>
24. 28. 47.</note> an der<lb/>
Schlange, und andere an Fi&#x017F;chen <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#fr">Waläus,</hi> Nicol. <hi rendition="#fr">Steno-<lb/>
nis</hi> der Sohn, <hi rendition="#aq">Acta hafnien&#x017F;.</hi> am<lb/>
angef. Ort. S. 149. <hi rendition="#fr">Lower</hi> <hi rendition="#aq">c.</hi> 3.<lb/><cb/>
S. 111. <hi rendition="#fr">Lanci&#x017F;ius</hi> S. 68. 81.<lb/>
Ausg. 1728. Am Fro&#x017F;che <hi rendition="#aq">de <hi rendition="#k">bre-<lb/>
mond</hi> Memoir. de l&#x2019;Acad. roy. des<lb/>
&#x017F;cienc.</hi> 1739. S. 472. An der Lam-<lb/>
prete <hi rendition="#fr">Power</hi> <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;.</hi> 32. An dem Sa-<lb/>
lamander <hi rendition="#fr">Jacobäus</hi> S. 120.</note>, an den eyerlegen-<lb/>
den vierfu&#x0364;ßigen, und an Wu&#x0364;rmern wahrgenommen.<lb/>
An die&#x017F;en Thieren i&#x017F;t das Herz an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chon blaß <note place="foot" n="(n)">Am angef. Ort <hi rendition="#aq">Exp.</hi> 487.<lb/>
492. 542. 546. 549.</note>,<lb/>
es wird aber roth, &#x017F;obald es eine Portion rothes Blut<lb/>
von dem Herzohre bekommt, und wird nachhero er&#x017F;t blaß,<lb/>
wenn es die&#x017F;e Blutma&#x017F;&#x017F;e in die gro&#x017F;&#x017F;e Schlagader getrie-<lb/>
ben hat. Es be&#x017F;tehet aber der Jrrthum derer beru&#x0364;hm-<lb/>
ten Ma&#x0364;nner eigentlich darinnen <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#fr">Gavet</hi> am angef. Ort S. 26.</note>, daß &#x017F;ie die abwech-<lb/>
&#x017F;elnde Ro&#x0364;the und Bla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e dem Herzflei&#x017F;che beigelegt haben,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/><note place="foot" n="(k*)">S. 47.</note><lb/><note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#fr">Li&#x017F;ter</hi> S. 29. an der<lb/>
Schnekke.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[702/0758] Viertes Buch. Das Herz. entſtehe, von welcher ſie gewiß uͤberzeugt zu ſeyn glaub- ten, daß ſie wirklich erfolge. Es haͤtten ſich aber dieſe beruͤhmten Maͤnner gar leicht von ſolchen Jrrthume be- freien koͤnnen. Denn das Herz wird in der That unter ſeiner Zuſammenziehung nicht blaß (h), ſo wie auch ſonſt kein einiger von denen andern Muskeln, wenn er ſich verkuͤrzt, ſeine Roͤthe verliehret. Jch habe dieſes an al- len Thieren die warmes Blut haben, an Voͤgeln und vierfuͤßigen, zu tauſendmalen mit Augen geſehen. Da- mit es aber nicht das Anſehen gewinne, als ob ich ſolche redliche Maͤnner eines angeſtellten betruͤglichen Verſuchs beſchuldigen wollte, ſo iſt es allerdings an dem, daß bei Thieren die kaltes Blut haben, und bei welchen das Herzfleiſch duͤnne iſt, allezeit das Herz bei jegli- cher Zuſammenziehung blaß werde; und daß beſonders das Herz eines Huͤnchen, welches ſich in einem bebruͤte- ten Eye befindet, ganz weis werde. Dieſes hatte Hel- montius (i) an einem Froſche, Harvey (k) an der Schlange, und andere an Fiſchen (l), an den eyerlegen- den vierfuͤßigen, und an Wuͤrmern wahrgenommen. An dieſen Thieren iſt das Herz an ſich ſelbſt ſchon blaß (n), es wird aber roth, ſobald es eine Portion rothes Blut von dem Herzohre bekommt, und wird nachhero erſt blaß, wenn es dieſe Blutmaſſe in die groſſe Schlagader getrie- ben hat. Es beſtehet aber der Jrrthum derer beruͤhm- ten Maͤnner eigentlich darinnen (o), daß ſie die abwech- ſelnde Roͤthe und Blaͤſſe dem Herzfleiſche beigelegt haben, die (k*) (m) (h) Unter vielen, ſehe man nur etwas weniges nach am angef. Ort, Exp. 474. 482. 483. der beruͤhmte remvs S. 33. (i) Blas humanum n. 16. (k) Am angef. Ort S. 21. 22. 24. 28. 47. (l) Waläus, Nicol. Steno- nis der Sohn, Acta hafnienſ. am angef. Ort. S. 149. Lower c. 3. S. 111. Lanciſius S. 68. 81. Ausg. 1728. Am Froſche de bre- mond Memoir. de l’Acad. roy. des ſcienc. 1739. S. 472. An der Lam- prete Power Obſ. 32. An dem Sa- lamander Jacobäus S. 120. (n) Am angef. Ort Exp. 487. 492. 542. 546. 549. (o) Gavet am angef. Ort S. 26. (k*) S. 47. (m) Liſter S. 29. an der Schnekke.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/758
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/758>, abgerufen am 28.05.2024.