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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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Das Herabschlingen. XVIII. Buch.
Seiten des Zuganges zum Luftröhrenkopfe befindliche
Furche laufen, in die Röhre des Atems tröpfeln (f), und
Husten erregen sollen (g). Man ersieht hieraus, war-
um solche Leute so leicht zu husten anfangen müssen, wel-
che wärend des Niederschlingens lachen, oder da ihr Ge-
müt sonst mit andern Sorgen beschäfftigt ist, geschwinde
trinken. Sie richten nämlich im Lachen, um den Atem
herauszulassen, den Kehldekkel in die Höhe, sie ziehen
den Luftröhrenkopf herab, und das zu einer Zeit, da sie
diesen Luftröhrenkopf am meisten in die Höhe heben soll-
ten, damit sich der Kehldekkel umwenden könnte. Man
sieht, wie unmöglich es sei, daß wir zu gleicher Zeit ein-
atmen, und hinabschlingen sollten; denn der Luftröhren-
kopf lieget an Leuten offen da, welche Luft in sich zie-
hen wollen.

Es erfolgen daher von einem Kehldekkel, welcher
angefressen (h), steif (i), oder erschlaft ist (k), daß er sich
nicht wenden kann, sobald sich das Getränke in den Luft-
röhrenkopf verwirrt, tödtliche Zufälle.

Grosse Tropfen verursachen Husten, kleine schaden
so viel nicht. Man hat bereits in den ganz alten Zei-
ten, über ein in die Luftröhre fallendes Getränke, Strei-
tigkeiten geführt, und es will der Verfasser des Hippo-
kratischen
Werkes (l), daß dennoch etwas von dem
Trunke in den Luftröhrenkopf kommen soll, welches er
durch einen Versuch mit wohlriechenden Wassern bestä-
tigt (m). Plato nimmt diese Meinung ebenfalls an
(n), hingegen fertigt sie Erasistratus (o), und vor ihm

ein
(f) [Spaltenumbruch] PETIT Mem. de 1716. p 13.
(g) Ibid. p. 14. LITTRE Mem.
de l'Acad. 1718. p.
304.
(h) Bei der Lustseuche von an-
gefr. Kehldekkel eine Erstikkung
MEROLIN ad PANDOLPHIN de
ventosit. spin. p.
273.
(i) CONNET sepulchr. II. p. 31.
(k) HELMONT catarrh. deli-
ram. n.
54.
(l) [Spaltenumbruch] De corde, et alias autor. I.
pe03C1;i ton eitos, pathon.
(m) Denn dieses ist seine Mei-
nung, ob er gleich den pharynx
nennet.
(n) In TIMAEO.
(o) GALEN hipp. et Plat. de-
cret. L. VIII. c.
9.

Das Herabſchlingen. XVIII. Buch.
Seiten des Zuganges zum Luftroͤhrenkopfe befindliche
Furche laufen, in die Roͤhre des Atems troͤpfeln (f), und
Huſten erregen ſollen (g). Man erſieht hieraus, war-
um ſolche Leute ſo leicht zu huſten anfangen muͤſſen, wel-
che waͤrend des Niederſchlingens lachen, oder da ihr Ge-
muͤt ſonſt mit andern Sorgen beſchaͤfftigt iſt, geſchwinde
trinken. Sie richten naͤmlich im Lachen, um den Atem
herauszulaſſen, den Kehldekkel in die Hoͤhe, ſie ziehen
den Luftroͤhrenkopf herab, und das zu einer Zeit, da ſie
dieſen Luftroͤhrenkopf am meiſten in die Hoͤhe heben ſoll-
ten, damit ſich der Kehldekkel umwenden koͤnnte. Man
ſieht, wie unmoͤglich es ſei, daß wir zu gleicher Zeit ein-
atmen, und hinabſchlingen ſollten; denn der Luftroͤhren-
kopf lieget an Leuten offen da, welche Luft in ſich zie-
hen wollen.

Es erfolgen daher von einem Kehldekkel, welcher
angefreſſen (h), ſteif (i), oder erſchlaft iſt (k), daß er ſich
nicht wenden kann, ſobald ſich das Getraͤnke in den Luft-
roͤhrenkopf verwirrt, toͤdtliche Zufaͤlle.

Groſſe Tropfen verurſachen Huſten, kleine ſchaden
ſo viel nicht. Man hat bereits in den ganz alten Zei-
ten, uͤber ein in die Luftroͤhre fallendes Getraͤnke, Strei-
tigkeiten gefuͤhrt, und es will der Verfaſſer des Hippo-
kratiſchen
Werkes (l), daß dennoch etwas von dem
Trunke in den Luftroͤhrenkopf kommen ſoll, welches er
durch einen Verſuch mit wohlriechenden Waſſern beſtaͤ-
tigt (m). Plato nimmt dieſe Meinung ebenfalls an
(n), hingegen fertigt ſie Eraſiſtratus (o), und vor ihm

ein
(f) [Spaltenumbruch] PETIT Mém. de 1716. p 13.
(g) Ibid. p. 14. LITTRE Mém.
de l’Acad. 1718. p.
304.
(h) Bei der Luſtſeuche von an-
gefr. Kehldekkel eine Erſtikkung
MEROLIN ad PANDOLPHIN de
ventoſit. ſpin. p.
273.
(i) CONNET ſepulchr. II. p. 31.
(k) HELMONT catarrh. deli-
ram. n.
54.
(l) [Spaltenumbruch] De corde, et alias autor. I.
πε03C1;ι τον ειτος, παθων.
(m) Denn dieſes iſt ſeine Mei-
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cret. L. VIII. c.
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[142/0162] Das Herabſchlingen. XVIII. Buch. Seiten des Zuganges zum Luftroͤhrenkopfe befindliche Furche laufen, in die Roͤhre des Atems troͤpfeln (f), und Huſten erregen ſollen (g). Man erſieht hieraus, war- um ſolche Leute ſo leicht zu huſten anfangen muͤſſen, wel- che waͤrend des Niederſchlingens lachen, oder da ihr Ge- muͤt ſonſt mit andern Sorgen beſchaͤfftigt iſt, geſchwinde trinken. Sie richten naͤmlich im Lachen, um den Atem herauszulaſſen, den Kehldekkel in die Hoͤhe, ſie ziehen den Luftroͤhrenkopf herab, und das zu einer Zeit, da ſie dieſen Luftroͤhrenkopf am meiſten in die Hoͤhe heben ſoll- ten, damit ſich der Kehldekkel umwenden koͤnnte. Man ſieht, wie unmoͤglich es ſei, daß wir zu gleicher Zeit ein- atmen, und hinabſchlingen ſollten; denn der Luftroͤhren- kopf lieget an Leuten offen da, welche Luft in ſich zie- hen wollen. Es erfolgen daher von einem Kehldekkel, welcher angefreſſen (h), ſteif (i), oder erſchlaft iſt (k), daß er ſich nicht wenden kann, ſobald ſich das Getraͤnke in den Luft- roͤhrenkopf verwirrt, toͤdtliche Zufaͤlle. Groſſe Tropfen verurſachen Huſten, kleine ſchaden ſo viel nicht. Man hat bereits in den ganz alten Zei- ten, uͤber ein in die Luftroͤhre fallendes Getraͤnke, Strei- tigkeiten gefuͤhrt, und es will der Verfaſſer des Hippo- kratiſchen Werkes (l), daß dennoch etwas von dem Trunke in den Luftroͤhrenkopf kommen ſoll, welches er durch einen Verſuch mit wohlriechenden Waſſern beſtaͤ- tigt (m). Plato nimmt dieſe Meinung ebenfalls an (n), hingegen fertigt ſie Eraſiſtratus (o), und vor ihm ein (f) PETIT Mém. de 1716. p 13. (g) Ibid. p. 14. LITTRE Mém. de l’Acad. 1718. p. 304. (h) Bei der Luſtſeuche von an- gefr. Kehldekkel eine Erſtikkung MEROLIN ad PANDOLPHIN de ventoſit. ſpin. p. 273. (i) CONNET ſepulchr. II. p. 31. (k) HELMONT catarrh. deli- ram. n. 54. (l) De corde, et alias autor. I. πε03C1;ι τον ειτος, παθων. (m) Denn dieſes iſt ſeine Mei- nung, ob er gleich den pharynx nennet. (n) In TIMÆO. (o) GALEN hipp. et Plat. de- cret. L. VIII. c. 9.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/162>, abgerufen am 12.05.2024.