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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

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Der Magen. XIX. Buch.

Diejenige Pflanzen, welche gewürzhaft sind, tragen
überhaupt zur Ernährung wenig bei, indem ihnen das
zarte, zähe oder klebrige fehlt, welches sich an die Fasern
anhängen muß, um solche zu ernähren.

Was alkalisch wird, ist so saftig, daß ausser dem Was-
ser, etwas weniges mehliges übrig bleibt, und eben dieses
ist zu scharf, als daß es mit dem Chil und Blute selbst
sehr verwandt sein sollte.

Es können zwar alle Pflanzen ernähren, sie thun die-
ses aber mit einer kleinen Portion, nämlich blos mit dem
Mehle, welches die mehresten in sehr geringer Quantität
enthalten; und zwar nur mit dem gallertartigen Theile
dieses Mehles. Daher wird eine übermäßige Menge
von Pflanzenfutter erfordert, und es verzehrt eine Hol-
ländische Kuh innerhalb vier und zwanzig Stunden sechs
und vierzig Pfunde Gras, da sie doch nicht dreimal schwe-
rer, als ein Mensch ist (u*).

Es gehören ferner desto mehr Kräfte und eine län-
gere Anstrengung des Lebens dazu, wenn das säuerliche
Mehl in die Natur eines alkalischen Leims übergehen soll.

Dieses ist die Ursache, warum die Speisen von Ve-
getabilien weniger nähren und weniger Stärke geben.

Jnsonderheit macht auch die Milch mit Brodt leicht
entweder ein Sodbrennen, oder sie gerinnt im Magen
(w), liegt darinnen oft lange, und verursacht grosse
Uebel (x); ja sie verwandelt sich oft endlich gar in Stei-
ne, welche durch den Hintern abgehen (y).

Zu starke Säure aber, und selbst die Zitronen (z),
greifen die zottige Magenhaut an, und haben eine heftige
Kolik verursacht (a).

Die
(u*) [Spaltenumbruch] BOERVAAVE prax. I.
p
171.
(w) ZELST de podag. p. 34.
(x) La METTRIE obs. 48.
MONGIN d'un Epiploon. petrisie.
(y) [Spaltenumbruch] MONGIN ibid.
(z) ORTLOB. beim ADOLPHI
oper. p.
311.
(a) TRONCHIN colic. pict.
p.
84.
Der Magen. XIX. Buch.

Diejenige Pflanzen, welche gewuͤrzhaft ſind, tragen
uͤberhaupt zur Ernaͤhrung wenig bei, indem ihnen das
zarte, zaͤhe oder klebrige fehlt, welches ſich an die Faſern
anhaͤngen muß, um ſolche zu ernaͤhren.

Was alkaliſch wird, iſt ſo ſaftig, daß auſſer dem Waſ-
ſer, etwas weniges mehliges uͤbrig bleibt, und eben dieſes
iſt zu ſcharf, als daß es mit dem Chil und Blute ſelbſt
ſehr verwandt ſein ſollte.

Es koͤnnen zwar alle Pflanzen ernaͤhren, ſie thun die-
ſes aber mit einer kleinen Portion, naͤmlich blos mit dem
Mehle, welches die mehreſten in ſehr geringer Quantitaͤt
enthalten; und zwar nur mit dem gallertartigen Theile
dieſes Mehles. Daher wird eine uͤbermaͤßige Menge
von Pflanzenfutter erfordert, und es verzehrt eine Hol-
laͤndiſche Kuh innerhalb vier und zwanzig Stunden ſechs
und vierzig Pfunde Gras, da ſie doch nicht dreimal ſchwe-
rer, als ein Menſch iſt (u*).

Es gehoͤren ferner deſto mehr Kraͤfte und eine laͤn-
gere Anſtrengung des Lebens dazu, wenn das ſaͤuerliche
Mehl in die Natur eines alkaliſchen Leims uͤbergehen ſoll.

Dieſes iſt die Urſache, warum die Speiſen von Ve-
getabilien weniger naͤhren und weniger Staͤrke geben.

Jnſonderheit macht auch die Milch mit Brodt leicht
entweder ein Sodbrennen, oder ſie gerinnt im Magen
(w), liegt darinnen oft lange, und verurſacht groſſe
Uebel (x); ja ſie verwandelt ſich oft endlich gar in Stei-
ne, welche durch den Hintern abgehen (y).

Zu ſtarke Saͤure aber, und ſelbſt die Zitronen (z),
greifen die zottige Magenhaut an, und haben eine heftige
Kolik verurſacht (a).

Die
(u*) [Spaltenumbruch] BOERVAAVE prax. I.
p
171.
(w) ZELST de podag. p. 34.
(x) La METTRIE obſ. 48.
MONGIN d’un Epiploon. petriſie.
(y) [Spaltenumbruch] MONGIN ibid.
(z) ORTLOB. beim ADOLPHI
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311.
(a) TRONCHIN colic. pict.
p.
84.
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[288[304]/0324] Der Magen. XIX. Buch. Diejenige Pflanzen, welche gewuͤrzhaft ſind, tragen uͤberhaupt zur Ernaͤhrung wenig bei, indem ihnen das zarte, zaͤhe oder klebrige fehlt, welches ſich an die Faſern anhaͤngen muß, um ſolche zu ernaͤhren. Was alkaliſch wird, iſt ſo ſaftig, daß auſſer dem Waſ- ſer, etwas weniges mehliges uͤbrig bleibt, und eben dieſes iſt zu ſcharf, als daß es mit dem Chil und Blute ſelbſt ſehr verwandt ſein ſollte. Es koͤnnen zwar alle Pflanzen ernaͤhren, ſie thun die- ſes aber mit einer kleinen Portion, naͤmlich blos mit dem Mehle, welches die mehreſten in ſehr geringer Quantitaͤt enthalten; und zwar nur mit dem gallertartigen Theile dieſes Mehles. Daher wird eine uͤbermaͤßige Menge von Pflanzenfutter erfordert, und es verzehrt eine Hol- laͤndiſche Kuh innerhalb vier und zwanzig Stunden ſechs und vierzig Pfunde Gras, da ſie doch nicht dreimal ſchwe- rer, als ein Menſch iſt (u*). Es gehoͤren ferner deſto mehr Kraͤfte und eine laͤn- gere Anſtrengung des Lebens dazu, wenn das ſaͤuerliche Mehl in die Natur eines alkaliſchen Leims uͤbergehen ſoll. Dieſes iſt die Urſache, warum die Speiſen von Ve- getabilien weniger naͤhren und weniger Staͤrke geben. Jnſonderheit macht auch die Milch mit Brodt leicht entweder ein Sodbrennen, oder ſie gerinnt im Magen (w), liegt darinnen oft lange, und verurſacht groſſe Uebel (x); ja ſie verwandelt ſich oft endlich gar in Stei- ne, welche durch den Hintern abgehen (y). Zu ſtarke Saͤure aber, und ſelbſt die Zitronen (z), greifen die zottige Magenhaut an, und haben eine heftige Kolik verurſacht (a). Die (u*) BOERVAAVE prax. I. p 171. (w) ZELST de podag. p. 34. (x) La METTRIE obſ. 48. MONGIN d’un Epiploon. petriſie. (y) MONGIN ibid. (z) ORTLOB. beim ADOLPHI oper. p. 311. (a) TRONCHIN colic. pict. p. 84.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 288[304]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/324>, abgerufen am 14.05.2024.