Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Magen. XIX. Buch.
gen, welche hinlänglich frische Kräuter um Temeswar hat-
ten, fülten keinen Skorbut, da doch die Besazzung grö-
stenteils von dieser Seuche aufgerieben wurde (e). Er
hörte von selbst auf, sobald nach aufgehobner Belagerung
die Leute wieder vegetabilische Speise zu essen bekamen (f).
Den Aussazz auf den hebridischen Jnseln hebt man mit
Salz und Sauer auf (g).

Schweine, die vom Gebrauche der Meerfische ranzig
werden, kommen davon, wenn man ihnen bei Zeiten
Korn vorschüttet (h).

Es müssen also beide Narungsmittel dergestalt unter
einander gemäßigt werden, daß das Vegetabilische um et-
was das Uebergewicht bekömmt, sonderlich zum Abendes-
sen, weil man des Nachtes übel verdaut, und man sich
folglich für der Fäulnis mehr zu fürchten hat. Ferner
muß man in heissen Ländern und in hizzigen Krankhei-
ten (i) die vegetabilische Narung vermeren, und man kann
in kalten Gegenden schon mehr Fleisch erlauben. So
wie ausserdem Jemand von heftigerm Temperamente ist,
stark an Kräften, und in einem Alter ist, welches sich zur
Stärke wohl proportionirt, so verträgt ein solcher das
Fleisch nicht wohl, und er würde sich desselben mit besserm
Vorteile bedienen, wofern in seinen Säften mehr Phleg-
ma wäre, und seine feste Theile weniger Kräfte ent-
hielten.

Die allgemeine Lehrerin der Menschen, die Erfarung,
hat dieses alles ganze Völkerschaften gelehrt, so viel deren
in stillen Republiken dem Gesezze der Sitten gehorsam
sind (k). Alle essen nämlich Brodt oder etwas aus Ge-

treide
(e) [Spaltenumbruch] BACHSTROEM p. 6.
(f) Idem P. 15.
(g) MARTIN p. 285.
(h) BIRCH T. [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] p. 376.
(i) Nüzzlicher Durchfall, von
vielen Gartenfrüchten bei den tol-
[Spaltenumbruch] len Personen G. v. Swieten T. III.
p.
480.
(k) Auch die wilden Cherakiser,
Jrokesen CHERAKISI, Irokesi und
Afrikaner, so ihre Kinder ver-
kaufen.

Der Magen. XIX. Buch.
gen, welche hinlaͤnglich friſche Kraͤuter um Temeſwar hat-
ten, fuͤlten keinen Skorbut, da doch die Beſazzung groͤ-
ſtenteils von dieſer Seuche aufgerieben wurde (e). Er
hoͤrte von ſelbſt auf, ſobald nach aufgehobner Belagerung
die Leute wieder vegetabiliſche Speiſe zu eſſen bekamen (f).
Den Ausſazz auf den hebridiſchen Jnſeln hebt man mit
Salz und Sauer auf (g).

Schweine, die vom Gebrauche der Meerfiſche ranzig
werden, kommen davon, wenn man ihnen bei Zeiten
Korn vorſchuͤttet (h).

Es muͤſſen alſo beide Narungsmittel dergeſtalt unter
einander gemaͤßigt werden, daß das Vegetabiliſche um et-
was das Uebergewicht bekoͤmmt, ſonderlich zum Abendeſ-
ſen, weil man des Nachtes uͤbel verdaut, und man ſich
folglich fuͤr der Faͤulnis mehr zu fuͤrchten hat. Ferner
muß man in heiſſen Laͤndern und in hizzigen Krankhei-
ten (i) die vegetabiliſche Narung vermeren, und man kann
in kalten Gegenden ſchon mehr Fleiſch erlauben. So
wie auſſerdem Jemand von heftigerm Temperamente iſt,
ſtark an Kraͤften, und in einem Alter iſt, welches ſich zur
Staͤrke wohl proportionirt, ſo vertraͤgt ein ſolcher das
Fleiſch nicht wohl, und er wuͤrde ſich deſſelben mit beſſerm
Vorteile bedienen, wofern in ſeinen Saͤften mehr Phleg-
ma waͤre, und ſeine feſte Theile weniger Kraͤfte ent-
hielten.

Die allgemeine Lehrerin der Menſchen, die Erfarung,
hat dieſes alles ganze Voͤlkerſchaften gelehrt, ſo viel deren
in ſtillen Republiken dem Geſezze der Sitten gehorſam
ſind (k). Alle eſſen naͤmlich Brodt oder etwas aus Ge-

treide
(e) [Spaltenumbruch] BACHSTROEM p. 6.
(f) Idem P. 15.
(g) MARTIN p. 285.
(h) BIRCH T. [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] p. 376.
(i) Nuͤzzlicher Durchfall, von
vielen Gartenfruͤchten bei den tol-
[Spaltenumbruch] len Perſonen G. v. Swieten T. III.
p.
480.
(k) Auch die wilden Cherakiſer,
Jrokeſen CHERAKISI, Irokeſi und
Afrikaner, ſo ihre Kinder ver-
kaufen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0342" n="306[322]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Magen. <hi rendition="#aq">XIX.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
gen, welche hinla&#x0364;nglich fri&#x017F;che Kra&#x0364;uter um Teme&#x017F;war hat-<lb/>
ten, fu&#x0364;lten keinen Skorbut, da doch die Be&#x017F;azzung gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tenteils von die&#x017F;er Seuche aufgerieben wurde <note place="foot" n="(e)"><cb/><hi rendition="#aq">BACHSTROEM p.</hi> 6.</note>. Er<lb/>
ho&#x0364;rte von &#x017F;elb&#x017F;t auf, &#x017F;obald nach aufgehobner Belagerung<lb/>
die Leute wieder vegetabili&#x017F;che Spei&#x017F;e zu e&#x017F;&#x017F;en bekamen <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">Idem P.</hi> 15.</note>.<lb/>
Den Aus&#x017F;azz auf den hebridi&#x017F;chen Jn&#x017F;eln hebt man mit<lb/>
Salz und Sauer auf <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">MARTIN p.</hi> 285.</note>.</p><lb/>
            <p>Schweine, die vom Gebrauche der Meerfi&#x017F;che ranzig<lb/>
werden, kommen davon, wenn man ihnen bei Zeiten<lb/>
Korn vor&#x017F;chu&#x0364;ttet <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">BIRCH T. <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/> p.</hi> 376.</note>.</p><lb/>
            <p>Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o beide Narungsmittel derge&#x017F;talt unter<lb/>
einander gema&#x0364;ßigt werden, daß das Vegetabili&#x017F;che um et-<lb/>
was das Uebergewicht beko&#x0364;mmt, &#x017F;onderlich zum Abende&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, weil man des Nachtes u&#x0364;bel verdaut, und man &#x017F;ich<lb/>
folglich fu&#x0364;r der Fa&#x0364;ulnis mehr zu fu&#x0364;rchten hat. Ferner<lb/>
muß man in hei&#x017F;&#x017F;en La&#x0364;ndern und in hizzigen Krankhei-<lb/>
ten <note place="foot" n="(i)">Nu&#x0364;zzlicher Durchfall, von<lb/>
vielen Gartenfru&#x0364;chten bei den tol-<lb/><cb/>
len Per&#x017F;onen <hi rendition="#aq">G. v. Swieten T. III.<lb/>
p.</hi> 480.</note> die vegetabili&#x017F;che Narung vermeren, und man kann<lb/>
in kalten Gegenden &#x017F;chon mehr Flei&#x017F;ch erlauben. So<lb/>
wie au&#x017F;&#x017F;erdem Jemand von heftigerm Temperamente i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;tark an Kra&#x0364;ften, und in einem Alter i&#x017F;t, welches &#x017F;ich zur<lb/>
Sta&#x0364;rke wohl proportionirt, &#x017F;o vertra&#x0364;gt ein &#x017F;olcher das<lb/>
Flei&#x017F;ch nicht wohl, und er wu&#x0364;rde &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;elben mit be&#x017F;&#x017F;erm<lb/>
Vorteile bedienen, wofern in &#x017F;einen Sa&#x0364;ften mehr Phleg-<lb/>
ma wa&#x0364;re, und &#x017F;eine fe&#x017F;te Theile weniger Kra&#x0364;fte ent-<lb/>
hielten.</p><lb/>
            <p>Die allgemeine Lehrerin der Men&#x017F;chen, die Erfarung,<lb/>
hat die&#x017F;es alles ganze Vo&#x0364;lker&#x017F;chaften gelehrt, &#x017F;o viel deren<lb/>
in &#x017F;tillen Republiken dem Ge&#x017F;ezze der Sitten gehor&#x017F;am<lb/>
&#x017F;ind <note place="foot" n="(k)">Auch die wilden Cheraki&#x017F;er,<lb/>
Jroke&#x017F;en <hi rendition="#aq">CHERAKISI, Iroke&#x017F;i</hi> und<lb/>
Afrikaner, &#x017F;o ihre Kinder ver-<lb/>
kaufen.</note>. Alle e&#x017F;&#x017F;en na&#x0364;mlich Brodt oder etwas aus Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">treide</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306[322]/0342] Der Magen. XIX. Buch. gen, welche hinlaͤnglich friſche Kraͤuter um Temeſwar hat- ten, fuͤlten keinen Skorbut, da doch die Beſazzung groͤ- ſtenteils von dieſer Seuche aufgerieben wurde (e). Er hoͤrte von ſelbſt auf, ſobald nach aufgehobner Belagerung die Leute wieder vegetabiliſche Speiſe zu eſſen bekamen (f). Den Ausſazz auf den hebridiſchen Jnſeln hebt man mit Salz und Sauer auf (g). Schweine, die vom Gebrauche der Meerfiſche ranzig werden, kommen davon, wenn man ihnen bei Zeiten Korn vorſchuͤttet (h). Es muͤſſen alſo beide Narungsmittel dergeſtalt unter einander gemaͤßigt werden, daß das Vegetabiliſche um et- was das Uebergewicht bekoͤmmt, ſonderlich zum Abendeſ- ſen, weil man des Nachtes uͤbel verdaut, und man ſich folglich fuͤr der Faͤulnis mehr zu fuͤrchten hat. Ferner muß man in heiſſen Laͤndern und in hizzigen Krankhei- ten (i) die vegetabiliſche Narung vermeren, und man kann in kalten Gegenden ſchon mehr Fleiſch erlauben. So wie auſſerdem Jemand von heftigerm Temperamente iſt, ſtark an Kraͤften, und in einem Alter iſt, welches ſich zur Staͤrke wohl proportionirt, ſo vertraͤgt ein ſolcher das Fleiſch nicht wohl, und er wuͤrde ſich deſſelben mit beſſerm Vorteile bedienen, wofern in ſeinen Saͤften mehr Phleg- ma waͤre, und ſeine feſte Theile weniger Kraͤfte ent- hielten. Die allgemeine Lehrerin der Menſchen, die Erfarung, hat dieſes alles ganze Voͤlkerſchaften gelehrt, ſo viel deren in ſtillen Republiken dem Geſezze der Sitten gehorſam ſind (k). Alle eſſen naͤmlich Brodt oder etwas aus Ge- treide (e) BACHSTROEM p. 6. (f) Idem P. 15. (g) MARTIN p. 285. (h) BIRCH T. _ p. 376. (i) Nuͤzzlicher Durchfall, von vielen Gartenfruͤchten bei den tol- len Perſonen G. v. Swieten T. III. p. 480. (k) Auch die wilden Cherakiſer, Jrokeſen CHERAKISI, Irokeſi und Afrikaner, ſo ihre Kinder ver- kaufen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/342
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 306[322]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/342>, abgerufen am 08.05.2024.