Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite



den ernstlichsten und gerechtesten Richter zu fürch-
ten Ursache hat. Der Herr v. Leibnitz wil zwar/
daß es zweydeutig/ wenn man sagt/ die Liebe zur
Tugend und der Haß gegen die Laster in GOtt
sey unendlich/ in dem nach seiner Meynung so
dann kein Laster in der Welt seyn würde: Theod.
P. II. §. CXVII.
Ob dieses folge weiß ich nicht;
das aber/ meyne ich/ könne mit Grund von GOtt
gesagt werden/ daß er das Gute auf die vollen-
kommenste Art liebe und das Böse auf eben die
Art hasse. Die Schrift bringt uns eine solche
Meynung von GOtt bey. Exod. XX. 5. Deut. IV.
Ps. V. 5. VII.
12 und an unzehligen Ortern mehr.
Es ist mir/ wenn ich auch wolte/ nicht möglich zu
glauben/ daß die Schrift hierin hat mehr figur-
lich reden wollen/ als wenn sie von der Liebe
GOttes Zeugnüsse gibt. Es ist also eine leere
Einbildung/ welche sich J. C. Dippel. macht/ als
wenn eigentlich in GOtt nichts als lauter Liebe/
die übrigen Eigenschaften als Zorn/ Haß/ Eyfer/
und dergleichen würden ihm nur menschlicher
Weise beygelegt: weil er sonst in seinem Wesen
würde geändert werden. Es ist bereits erinnert/
(Erläuterung quaest. 4.) daß man diese Dinge
nicht als Leydenschaften und Gemühts-Bewe-
gungen müsse ansehen: die würden freylich Ver-
änderungen in ihm machen. Wer wolte aber sol-
GOtt zu schreiben? Die Liebe ist so wenig eine
Leiden schaft in ihm/ als der Haß: und also kan
weder das eine noch das andere ihn verändern:

eben



den ernſtlichſten und gerechteſten Richter zu fuͤrch-
ten Urſache hat. Der Herr v. Leibnitz wil zwar/
daß es zweydeutig/ wenn man ſagt/ die Liebe zur
Tugend und der Haß gegen die Laſter in GOtt
ſey unendlich/ in dem nach ſeiner Meynung ſo
dann kein Laſter in der Welt ſeyn wuͤrde: Theod.
P. II. §. CXVII.
Ob dieſes folge weiß ich nicht;
das aber/ meyne ich/ koͤnne mit Grund von GOtt
geſagt werden/ daß er das Gute auf die vollen-
kommenſte Art liebe und das Boͤſe auf eben die
Art haſſe. Die Schrift bringt uns eine ſolche
Meynung von GOtt bey. Exod. XX. 5. Deut. IV.
Pſ. V. 5. VII.
12 und an unzehligen Ortern mehr.
Es iſt mir/ wenn ich auch wolte/ nicht moͤglich zu
glauben/ daß die Schrift hierin hat mehr figur-
lich reden wollen/ als wenn ſie von der Liebe
GOttes Zeugnuͤſſe gibt. Es iſt alſo eine leere
Einbildung/ welche ſich J. C. Dippel. macht/ als
wenn eigentlich in GOtt nichts als lauter Liebe/
die uͤbrigen Eigenſchaften als Zorn/ Haß/ Eyfer/
und dergleichen wuͤrden ihm nur menſchlicher
Weiſe beygelegt: weil er ſonſt in ſeinem Weſen
wuͤrde geaͤndert werden. Es iſt bereits erinnert/
(Erlaͤuterung quæſt. 4.) daß man dieſe Dinge
nicht als Leydenſchaften und Gemuͤhts-Bewe-
gungen muͤſſe anſehen: die wuͤrden freylich Ver-
aͤnderungen in ihm machen. Wer wolte aber ſol-
GOtt zu ſchreiben? Die Liebe iſt ſo wenig eine
Leiden ſchaft in ihm/ als der Haß: und alſo kan
weder das eine noch das andere ihn veraͤndern:

eben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0082" n="30"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
den ern&#x017F;tlich&#x017F;ten und gerechte&#x017F;ten Richter zu fu&#x0364;rch-<lb/>
ten Ur&#x017F;ache hat. Der Herr <hi rendition="#aq">v. Leibni</hi>tz wil zwar/<lb/>
daß es zweydeutig/ wenn man &#x017F;agt/ die Liebe zur<lb/>
Tugend und der Haß gegen die La&#x017F;ter in GOtt<lb/>
&#x017F;ey unendlich/ in dem nach &#x017F;einer Meynung &#x017F;o<lb/>
dann kein La&#x017F;ter in der Welt &#x017F;eyn wu&#x0364;rde: <hi rendition="#aq">Theod.<lb/>
P. II. §. CXVII.</hi> Ob die&#x017F;es folge weiß ich nicht;<lb/>
das aber/ meyne ich/ ko&#x0364;nne mit Grund von GOtt<lb/>
ge&#x017F;agt werden/ daß er das Gute auf die vollen-<lb/>
kommen&#x017F;te Art liebe und das Bo&#x0364;&#x017F;e auf eben die<lb/>
Art ha&#x017F;&#x017F;e. Die Schrift bringt uns eine &#x017F;olche<lb/>
Meynung von GOtt bey. <hi rendition="#aq">Exod. XX. 5. Deut. IV.<lb/>
P&#x017F;. V. 5. VII.</hi> 12 und an unzehligen Ortern mehr.<lb/>
Es i&#x017F;t mir/ wenn ich auch wolte/ nicht mo&#x0364;glich zu<lb/>
glauben/ daß die Schrift hierin hat mehr figur-<lb/>
lich reden wollen/ als wenn &#x017F;ie von der Liebe<lb/>
GOttes Zeugnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gibt. Es i&#x017F;t al&#x017F;o eine leere<lb/>
Einbildung/ welche &#x017F;ich <hi rendition="#aq">J. C. Dippel.</hi> macht/ als<lb/>
wenn eigentlich in GOtt nichts als lauter Liebe/<lb/>
die u&#x0364;brigen Eigen&#x017F;chaften als Zorn/ Haß/ Eyfer/<lb/>
und dergleichen wu&#x0364;rden ihm nur men&#x017F;chlicher<lb/>
Wei&#x017F;e beygelegt: weil er &#x017F;on&#x017F;t in &#x017F;einem We&#x017F;en<lb/>
wu&#x0364;rde gea&#x0364;ndert werden. Es i&#x017F;t bereits erinnert/<lb/>
(Erla&#x0364;uterung <hi rendition="#aq">quæ&#x017F;t.</hi> 4.) daß man die&#x017F;e Dinge<lb/>
nicht als Leyden&#x017F;chaften und Gemu&#x0364;hts-Bewe-<lb/>
gungen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e an&#x017F;ehen: die wu&#x0364;rden freylich Ver-<lb/>
a&#x0364;nderungen in ihm machen. Wer wolte aber &#x017F;ol-<lb/>
GOtt zu &#x017F;chreiben? Die Liebe i&#x017F;t &#x017F;o wenig eine<lb/>
Leiden &#x017F;chaft in ihm/ als der Haß: und al&#x017F;o kan<lb/>
weder das eine noch das andere ihn vera&#x0364;ndern:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0082] den ernſtlichſten und gerechteſten Richter zu fuͤrch- ten Urſache hat. Der Herr v. Leibnitz wil zwar/ daß es zweydeutig/ wenn man ſagt/ die Liebe zur Tugend und der Haß gegen die Laſter in GOtt ſey unendlich/ in dem nach ſeiner Meynung ſo dann kein Laſter in der Welt ſeyn wuͤrde: Theod. P. II. §. CXVII. Ob dieſes folge weiß ich nicht; das aber/ meyne ich/ koͤnne mit Grund von GOtt geſagt werden/ daß er das Gute auf die vollen- kommenſte Art liebe und das Boͤſe auf eben die Art haſſe. Die Schrift bringt uns eine ſolche Meynung von GOtt bey. Exod. XX. 5. Deut. IV. Pſ. V. 5. VII. 12 und an unzehligen Ortern mehr. Es iſt mir/ wenn ich auch wolte/ nicht moͤglich zu glauben/ daß die Schrift hierin hat mehr figur- lich reden wollen/ als wenn ſie von der Liebe GOttes Zeugnuͤſſe gibt. Es iſt alſo eine leere Einbildung/ welche ſich J. C. Dippel. macht/ als wenn eigentlich in GOtt nichts als lauter Liebe/ die uͤbrigen Eigenſchaften als Zorn/ Haß/ Eyfer/ und dergleichen wuͤrden ihm nur menſchlicher Weiſe beygelegt: weil er ſonſt in ſeinem Weſen wuͤrde geaͤndert werden. Es iſt bereits erinnert/ (Erlaͤuterung quæſt. 4.) daß man dieſe Dinge nicht als Leydenſchaften und Gemuͤhts-Bewe- gungen muͤſſe anſehen: die wuͤrden freylich Ver- aͤnderungen in ihm machen. Wer wolte aber ſol- GOtt zu ſchreiben? Die Liebe iſt ſo wenig eine Leiden ſchaft in ihm/ als der Haß: und alſo kan weder das eine noch das andere ihn veraͤndern: eben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/82
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/82>, abgerufen am 29.04.2024.