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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
fehls ihrer Jungfrauen/ von welcher sie auch ein Pro-
fit
chen zu hoffen hatte/ alsobald erinnerte/ eylet dem-
nach/ als ihre Frau schon schlaffen gangen/ nach der
Hauß-Thür/ um deß Venereus zu erwarten. Gleich
hernach kommt Cerebacchius in der dunckeln Nacht/
und klopffet sanffte an. Die Magd meynet/ der be-
stellete Courtisan sey da/ riegelt demnach die Thür
fein sachte auf/ und weil sie den Cerebacchium im
Dunckeln nicht kennete/ sprach sie: Seyd willkommen/
Venereus, meine Jungfrau hat euer schon lange Zeit
gewartet/ seyd ihr parat, so wollen wir hinauf zu ihr
gehen.

Cerebacchius wuste nicht/ wie er sich in diese
Possen schicken solte/ doch wolte er noch ein blaues
Auge wagen. Antwortete demnach mit sanffter
Stimme: Ja/ ich bin kommen/ eure Jungfrau zu be-
dienen. Also nahm sie ihn bey der Hand/ und führete
ihn in der Jungfrauen Kammer/ daselbst übergab sie
ihm ihre bißhero gehabte verschlossene Hand-Leuchte/
drähete selbige um/ und ließ sie zu seinem Dienst/ schie-
de auch selber augenblicklich wieder auß der Kammer.
Cerebacchius schobe die Leuchte um/ daß er sehen kun-
te/ und wie er die schöne kalte Schaale auf dem Tisch
fand/ zog er dieselbe sordersamst in seine Kähle/ tratt
hernach zum Bette/ und fand die Margara in voller
Angst. Er wolte sie küssen/ sie aber stieß ihn zuruck/ und
sprach: Mein Freund/ ich muß bekennen/ daß ein gro-
ber Jrrthum von meiner Magd an euch begangen ist/
den sie zu mir führen solte/ der ist schon bey mir unter
der Decken/ seyd aber verschwiegen/ und leeret jene
Flasche mit Limonade auß/ stecket auch den güldenen
Pfenning/ der darneben liget/ bey euch/ und gehet wie-
der eures Weges/ so wollen wir gute Freunde bleiben.
Wo ihr aber viel Worte darvon machet/ so kennet ihr

die
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Romans I. Buch.
fehls ihrer Jungfrauen/ von welcher ſie auch ein Pro-
fit
chen zu hoffen hatte/ alſobald erinnerte/ eylet dem-
nach/ als ihre Frau ſchon ſchlaffen gangen/ nach der
Hauß-Thuͤr/ um deß Venereus zu erwarten. Gleich
hernach kom̃t Cerebacchius in der dunckeln Nacht/
und klopffet ſanffte an. Die Magd meynet/ der be-
ſtellete Courtiſan ſey da/ riegelt demnach die Thuͤr
fein ſachte auf/ und weil ſie den Cerebacchium im
Dunckeln nicht kennete/ ſprach ſie: Seyd willkom̃en/
Venereus, meine Jungfrau hat euer ſchon lange Zeit
gewartet/ ſeyd ihr parat, ſo wollen wir hinauf zu ihr
gehen.

Cerebacchius wuſte nicht/ wie er ſich in dieſe
Poſſen ſchicken ſolte/ doch wolte er noch ein blaues
Auge wagen. Antwortete demnach mit ſanffter
Stimme: Ja/ ich bin kommen/ eure Jungfrau zu be-
dienen. Alſo nahm ſie ihn bey der Hand/ und fuͤhrete
ihn in der Jungfrauen Kammer/ daſelbſt uͤbergab ſie
ihm ihre bißhero gehabte verſchloſſene Hand-Leuchte/
draͤhete ſelbige um/ und ließ ſie zu ſeinem Dienſt/ ſchie-
de auch ſelber augenblicklich wieder auß der Kam̃er.
Cerebacchius ſchobe die Leuchte um/ daß er ſehen kun-
te/ und wie er die ſchoͤne kalte Schaale auf dem Tiſch
fand/ zog er dieſelbe ſorderſamſt in ſeine Kaͤhle/ tratt
hernach zum Bette/ und fand die Margara in voller
Angſt. Er wolte ſie kuͤſſen/ ſie aber ſtieß ihn zuruck/ und
ſprach: Mein Freund/ ich muß bekennen/ daß ein gro-
ber Jrꝛthum von meiner Magd an euch begangen iſt/
den ſie zu mir fuͤhren ſolte/ der iſt ſchon bey mir unter
der Decken/ ſeyd aber verſchwiegen/ und leeret jene
Flaſche mit Limonade auß/ ſtecket auch den guͤldenen
Pfenning/ der darneben liget/ bey euch/ und gehet wie-
der eures Weges/ ſo wollen wir gute Freunde bleiben.
Wo ihr aber viel Worte darvon machet/ ſo kennet ihr

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[435/0449] Romans I. Buch. fehls ihrer Jungfrauen/ von welcher ſie auch ein Pro- fitchen zu hoffen hatte/ alſobald erinnerte/ eylet dem- nach/ als ihre Frau ſchon ſchlaffen gangen/ nach der Hauß-Thuͤr/ um deß Venereus zu erwarten. Gleich hernach kom̃t Cerebacchius in der dunckeln Nacht/ und klopffet ſanffte an. Die Magd meynet/ der be- ſtellete Courtiſan ſey da/ riegelt demnach die Thuͤr fein ſachte auf/ und weil ſie den Cerebacchium im Dunckeln nicht kennete/ ſprach ſie: Seyd willkom̃en/ Venereus, meine Jungfrau hat euer ſchon lange Zeit gewartet/ ſeyd ihr parat, ſo wollen wir hinauf zu ihr gehen. Cerebacchius wuſte nicht/ wie er ſich in dieſe Poſſen ſchicken ſolte/ doch wolte er noch ein blaues Auge wagen. Antwortete demnach mit ſanffter Stimme: Ja/ ich bin kommen/ eure Jungfrau zu be- dienen. Alſo nahm ſie ihn bey der Hand/ und fuͤhrete ihn in der Jungfrauen Kammer/ daſelbſt uͤbergab ſie ihm ihre bißhero gehabte verſchloſſene Hand-Leuchte/ draͤhete ſelbige um/ und ließ ſie zu ſeinem Dienſt/ ſchie- de auch ſelber augenblicklich wieder auß der Kam̃er. Cerebacchius ſchobe die Leuchte um/ daß er ſehen kun- te/ und wie er die ſchoͤne kalte Schaale auf dem Tiſch fand/ zog er dieſelbe ſorderſamſt in ſeine Kaͤhle/ tratt hernach zum Bette/ und fand die Margara in voller Angſt. Er wolte ſie kuͤſſen/ ſie aber ſtieß ihn zuruck/ und ſprach: Mein Freund/ ich muß bekennen/ daß ein gro- ber Jrꝛthum von meiner Magd an euch begangen iſt/ den ſie zu mir fuͤhren ſolte/ der iſt ſchon bey mir unter der Decken/ ſeyd aber verſchwiegen/ und leeret jene Flaſche mit Limonade auß/ ſtecket auch den guͤldenen Pfenning/ der darneben liget/ bey euch/ und gehet wie- der eures Weges/ ſo wollen wir gute Freunde bleiben. Wo ihr aber viel Worte darvon machet/ ſo kennet ihr die E e 2

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/449>, abgerufen am 12.05.2024.