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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
Zeit meiner Einkleidung heran nahet/ findet sich ein
feiner Jüngling/ der meiner zur Ehe begehret/ darum
habe mich aufgemacht/ nach St. Rocchus zu Wallfahr-
ten/ und um seinen Beystand zu bitten/ alsdann bin
ich bereit/ nach Rom zu gehen/ und Absolution meines
gethanen Gelübdes zu erlangen. Venereus sprach:
Himmel/ wie wunderlich schickest du alles/ meine schöne
Jungfrau/ ich habe hingegen ein Gelübde gethan/ ein
Münch zu werden/ und nun werde ich mit der Zeit an-
ders Sinnes/ und begehre gleicher Gestalt Absolu-
tion.
Wann wir gessen haben/ wollen wir mit ein-
ander schlaffen gehen/ und unsere Sache weiter über-
legen. Dessen war die Jungfrau zufrieden/ und also
wiese man ihnen/ nach gehaltener Mahlzeit/ oben in
2. Kammern neben einander/ Jedem ins besonder/ ein
Bette an. Sie legeten sich nieder/ aber Venereus
stund hernach bald auf/ öffnete die andere Thüre/ und
sprach: Jungfrau/ wie ich vernehme/ so werden die
Fremden in diesem Hauß von den Gespenstern sehr
beunruhiget/ wäre es nicht besser/ daß wir uns zufam-
men unter eine Decke verfügeten/ so hätten wir noch
Trost von einander? Jch bin aber/ gab Jene zur
Antwort/ eine verlobte Nonne/ und ich/ sprach dieser/
ein verlobter Münch. Derowegen können wir diese
Nacht in lauter Keuschheit/ Krafft unsers Gelübdes/
zubringen. Dessen war die Jungfrau zufrieden/ und
ließ ihn neben sich ligen. Aber Venereus umhalsete sie
alsobald/ dessen sie sich zwar wegerte/ doch geschehen
ließ/ daß er nach seinem Belieben mit ihr handthierte.

Wie nun das Jenige geschehen/ was wider ihr
Gelübde stritte/ sprach Venereus: Nun wolan/ sind
wir nicht Beyde unsers Gelübdes durch das Geschick
befreyet? Wir haben den Klöstern unsere keusche
Jungfrauschafften gelobet/ und diese sind nun dahin/

dahero

Deß Academiſchen
Zeit meiner Einkleidung heran nahet/ findet ſich ein
feiner Juͤngling/ der meiner zur Ehe begehret/ darum
habe mich aufgemacht/ nach St. Rocchus zu Wallfahr-
ten/ und um ſeinen Beyſtand zu bitten/ alsdann bin
ich bereit/ nach Rom zu gehen/ und Abſolution meines
gethanen Geluͤbdes zu erlangen. Venereus ſprach:
Him̃el/ wie wunderlich ſchickeſt du alles/ meine ſchoͤne
Jungfrau/ ich habe hingegen ein Geluͤbde gethan/ ein
Muͤnch zu werden/ und nun werde ich mit der Zeit an-
ders Sinnes/ und begehre gleicher Geſtalt Abſolu-
tion.
Wann wir geſſen haben/ wollen wir mit ein-
ander ſchlaffen gehen/ und unſere Sache weiter uͤber-
legen. Deſſen war die Jungfrau zufrieden/ und alſo
wieſe man ihnen/ nach gehaltener Mahlzeit/ oben in
2. Kammern neben einander/ Jedem ins beſonder/ ein
Bette an. Sie legeten ſich nieder/ aber Venereus
ſtund hernach bald auf/ oͤffnete die andere Thuͤre/ und
ſprach: Jungfrau/ wie ich vernehme/ ſo werden die
Fremden in dieſem Hauß von den Geſpenſtern ſehr
beunruhiget/ waͤre es nicht beſſer/ daß wir uns zufam-
men unter eine Decke verfuͤgeten/ ſo haͤtten wir noch
Troſt von einander? Jch bin aber/ gab Jene zur
Antwort/ eine verlobte Nonne/ und ich/ ſprach dieſer/
ein verlobter Muͤnch. Derowegen koͤnnen wir dieſe
Nacht in lauter Keuſchheit/ Krafft unſers Geluͤbdes/
zubringen. Deſſen war die Jungfrau zufrieden/ und
ließ ihn neben ſich ligen. Aber Venereus umhalſete ſie
alſobald/ deſſen ſie ſich zwar wegerte/ doch geſchehen
ließ/ daß er nach ſeinem Belieben mit ihr handthierte.

Wie nun das Jenige geſchehen/ was wider ihr
Geluͤbde ſtritte/ ſprach Venereus: Nun wolan/ ſind
wir nicht Beyde unſers Geluͤbdes durch das Geſchick
befreyet? Wir haben den Kloͤſtern unſere keuſche
Jungfrauſchafften gelobet/ und dieſe ſind nun dahin/

dahero
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[522/0538] Deß Academiſchen Zeit meiner Einkleidung heran nahet/ findet ſich ein feiner Juͤngling/ der meiner zur Ehe begehret/ darum habe mich aufgemacht/ nach St. Rocchus zu Wallfahr- ten/ und um ſeinen Beyſtand zu bitten/ alsdann bin ich bereit/ nach Rom zu gehen/ und Abſolution meines gethanen Geluͤbdes zu erlangen. Venereus ſprach: Him̃el/ wie wunderlich ſchickeſt du alles/ meine ſchoͤne Jungfrau/ ich habe hingegen ein Geluͤbde gethan/ ein Muͤnch zu werden/ und nun werde ich mit der Zeit an- ders Sinnes/ und begehre gleicher Geſtalt Abſolu- tion. Wann wir geſſen haben/ wollen wir mit ein- ander ſchlaffen gehen/ und unſere Sache weiter uͤber- legen. Deſſen war die Jungfrau zufrieden/ und alſo wieſe man ihnen/ nach gehaltener Mahlzeit/ oben in 2. Kammern neben einander/ Jedem ins beſonder/ ein Bette an. Sie legeten ſich nieder/ aber Venereus ſtund hernach bald auf/ oͤffnete die andere Thuͤre/ und ſprach: Jungfrau/ wie ich vernehme/ ſo werden die Fremden in dieſem Hauß von den Geſpenſtern ſehr beunruhiget/ waͤre es nicht beſſer/ daß wir uns zufam- men unter eine Decke verfuͤgeten/ ſo haͤtten wir noch Troſt von einander? Jch bin aber/ gab Jene zur Antwort/ eine verlobte Nonne/ und ich/ ſprach dieſer/ ein verlobter Muͤnch. Derowegen koͤnnen wir dieſe Nacht in lauter Keuſchheit/ Krafft unſers Geluͤbdes/ zubringen. Deſſen war die Jungfrau zufrieden/ und ließ ihn neben ſich ligen. Aber Venereus umhalſete ſie alſobald/ deſſen ſie ſich zwar wegerte/ doch geſchehen ließ/ daß er nach ſeinem Belieben mit ihr handthierte. Wie nun das Jenige geſchehen/ was wider ihr Geluͤbde ſtritte/ ſprach Venereus: Nun wolan/ ſind wir nicht Beyde unſers Geluͤbdes durch das Geſchick befreyet? Wir haben den Kloͤſtern unſere keuſche Jungfrauſchafften gelobet/ und dieſe ſind nun dahin/ dahero

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/538>, abgerufen am 06.05.2024.