Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
indem du zu Käß und Brodt Wein foderst/ da doch
ich selber/ und alle meine Leute/ uns mit einem Trunck
Brunnen-Wassers willig behelffen. Also machte sich
Troll auf seine Beine/ und lieff in seinem zerrissenen
Kleid darvon/ so schnell er immer kunte. Unter Weges
hungerte ihn stäts fort/ dann der Käß und das wenige
Brodt wolte in seinem Magen nicht viel verschlagen.
Dahero stieg er in einen Obst-Garten/ und schlug et-
liche zeitige Birn ab/ welche er zu sich steckete/ und im
Fortgehen darvon asse. Aber eine Stunde hernach
traff er eine artige Rencontre an: Er kam auf einen
Acker/ allwo ein kleines Tisch-Laken außgebreitet
lag/ und mit einer Schüssel voll Hirsen-Brey/ samt
einem Stück Schweinen-Fleisch/ auch Butter und
Käse besetzet war/ darneben stund eine Kanne mit
Bier/ und wie er Niemand von Menschen darbey
fand/ setzte er sich darbey nieder/ und schob seinen Ma-
gen so voll/ als er es immer ertragen kunte/ das übrige
Stück Fleisch steckte er zu sich/ trunck auch einen gu-
ten Zug auß der höltzernen Kanne/ und gieng darauf
wieder fort/ fand aber im Fortgehen einen alten Mann
bey einer jungen Dirnen hinter einer Hecken ligen/
welche nichts Löbliches daselbst mit einander würcke-
ten. Und weil er sahe/ daß der Mann voller Schrecken
auf seine Ankunfft darvon lauffen wolte/ rieff er ihm
zu: Bleibet nur hier/ mein Freund/ ich habe inzwi-
schen von eurem Mittagmahl genossen/ werdet ihr
mir auch eine gute Abend-Mahlzeit gönnen/ wil ich
keinem Menschen sagen/ was ich jetzo gesehen habe.

Hierauf gab sich der alte Mann in etwas zu-
frieden/ und versprach ihm eine gute Nacht-Herber-
ge/ wofern er reinen Mund halten würde. Er gieng
aber mit der Dirnen/ die seine Dienst-Magd/ zu dem
Essen/ und genossen das Jenige/ was ihnen von deß

Trollen

Deß Academiſchen
indem du zu Kaͤß und Brodt Wein foderſt/ da doch
ich ſelber/ und alle meine Leute/ uns mit einem Trunck
Brunnen-Waſſers willig behelffen. Alſo machte ſich
Troll auf ſeine Beine/ und lieff in ſeinem zerriſſenen
Kleid darvon/ ſo ſchnell er immer kunte. Unter Weges
hungerte ihn ſtaͤts fort/ dann der Kaͤß und das wenige
Brodt wolte in ſeinem Magen nicht viel verſchlagen.
Dahero ſtieg er in einen Obſt-Garten/ und ſchlug et-
liche zeitige Birn ab/ welche er zu ſich ſteckete/ und im
Fortgehen darvon aſſe. Aber eine Stunde hernach
traff er eine artige Rencontre an: Er kam auf einen
Acker/ allwo ein kleines Tiſch-Laken außgebreitet
lag/ und mit einer Schuͤſſel voll Hirſen-Brey/ ſamt
einem Stuͤck Schweinen-Fleiſch/ auch Butter und
Kaͤſe beſetzet war/ darneben ſtund eine Kanne mit
Bier/ und wie er Niemand von Menſchen darbey
fand/ ſetzte er ſich darbey nieder/ und ſchob ſeinen Ma-
gen ſo voll/ als er es immer ertragen kunte/ das uͤbrige
Stuͤck Fleiſch ſteckte er zu ſich/ trunck auch einen gu-
ten Zug auß der hoͤltzernen Kanne/ und gieng darauf
wieder fort/ fand aber im Fortgehen einen alten Mañ
bey einer jungen Dirnen hinter einer Hecken ligen/
welche nichts Loͤbliches daſelbſt mit einander wuͤrcke-
ten. Und weil er ſahe/ daß der Mann voller Schrecken
auf ſeine Ankunfft darvon lauffen wolte/ rieff er ihm
zu: Bleibet nur hier/ mein Freund/ ich habe inzwi-
ſchen von eurem Mittagmahl genoſſen/ werdet ihr
mir auch eine gute Abend-Mahlzeit goͤnnen/ wil ich
keinem Menſchen ſagen/ was ich jetzo geſehen habe.

Hierauf gab ſich der alte Mann in etwas zu-
frieden/ und verſprach ihm eine gute Nacht-Herber-
ge/ wofern er reinen Mund halten wuͤrde. Er gieng
aber mit der Dirnen/ die ſeine Dienſt-Magd/ zu dem
Eſſen/ und genoſſen das Jenige/ was ihnen von deß

Trollen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0776" n="756"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
indem du zu Ka&#x0364;ß und Brodt Wein foder&#x017F;t/ da doch<lb/>
ich &#x017F;elber/ und alle meine Leute/ uns mit einem Trunck<lb/>
Brunnen-Wa&#x017F;&#x017F;ers willig behelffen. Al&#x017F;o machte &#x017F;ich<lb/>
Troll auf &#x017F;eine Beine/ und lieff in &#x017F;einem zerri&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
Kleid darvon/ &#x017F;o &#x017F;chnell er immer kunte. Unter Weges<lb/>
hungerte ihn &#x017F;ta&#x0364;ts fort/ dann der Ka&#x0364;ß und das wenige<lb/>
Brodt wolte in &#x017F;einem Magen nicht viel ver&#x017F;chlagen.<lb/>
Dahero &#x017F;tieg er in einen Ob&#x017F;t-Garten/ und &#x017F;chlug et-<lb/>
liche zeitige Birn ab/ welche er zu &#x017F;ich &#x017F;teckete/ und im<lb/>
Fortgehen darvon a&#x017F;&#x017F;e. Aber eine Stunde hernach<lb/>
traff er eine artige <hi rendition="#aq">Rencontre</hi> an: Er kam auf einen<lb/>
Acker/ allwo ein kleines Ti&#x017F;ch-Laken außgebreitet<lb/>
lag/ und mit einer Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el voll Hir&#x017F;en-Brey/ &#x017F;amt<lb/>
einem Stu&#x0364;ck Schweinen-Flei&#x017F;ch/ auch Butter und<lb/>
Ka&#x0364;&#x017F;e be&#x017F;etzet war/ darneben &#x017F;tund eine Kanne mit<lb/>
Bier/ und wie er Niemand von Men&#x017F;chen darbey<lb/>
fand/ &#x017F;etzte er &#x017F;ich darbey nieder/ und &#x017F;chob &#x017F;einen Ma-<lb/>
gen &#x017F;o voll/ als er es immer ertragen kunte/ das u&#x0364;brige<lb/>
Stu&#x0364;ck Flei&#x017F;ch &#x017F;teckte er zu &#x017F;ich/ trunck auch einen gu-<lb/>
ten Zug auß der ho&#x0364;ltzernen Kanne/ und gieng darauf<lb/>
wieder fort/ fand aber im Fortgehen einen alten Mañ<lb/>
bey einer jungen Dirnen hinter einer Hecken ligen/<lb/>
welche nichts Lo&#x0364;bliches da&#x017F;elb&#x017F;t mit einander wu&#x0364;rcke-<lb/>
ten. Und weil er &#x017F;ahe/ daß der Mann voller Schrecken<lb/>
auf &#x017F;eine Ankunfft darvon lauffen wolte/ rieff er ihm<lb/>
zu: Bleibet nur hier/ mein Freund/ ich habe inzwi-<lb/>
&#x017F;chen von eurem Mittagmahl geno&#x017F;&#x017F;en/ werdet ihr<lb/>
mir auch eine gute Abend-Mahlzeit go&#x0364;nnen/ wil ich<lb/>
keinem Men&#x017F;chen &#x017F;agen/ was ich jetzo ge&#x017F;ehen habe.</p><lb/>
          <p>Hierauf gab &#x017F;ich der alte Mann in etwas zu-<lb/>
frieden/ und ver&#x017F;prach ihm eine gute Nacht-Herber-<lb/>
ge/ wofern er reinen Mund halten wu&#x0364;rde. Er gieng<lb/>
aber mit der Dirnen/ die &#x017F;eine Dien&#x017F;t-Magd/ zu dem<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en/ und geno&#x017F;&#x017F;en das Jenige/ was ihnen von deß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Trollen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[756/0776] Deß Academiſchen indem du zu Kaͤß und Brodt Wein foderſt/ da doch ich ſelber/ und alle meine Leute/ uns mit einem Trunck Brunnen-Waſſers willig behelffen. Alſo machte ſich Troll auf ſeine Beine/ und lieff in ſeinem zerriſſenen Kleid darvon/ ſo ſchnell er immer kunte. Unter Weges hungerte ihn ſtaͤts fort/ dann der Kaͤß und das wenige Brodt wolte in ſeinem Magen nicht viel verſchlagen. Dahero ſtieg er in einen Obſt-Garten/ und ſchlug et- liche zeitige Birn ab/ welche er zu ſich ſteckete/ und im Fortgehen darvon aſſe. Aber eine Stunde hernach traff er eine artige Rencontre an: Er kam auf einen Acker/ allwo ein kleines Tiſch-Laken außgebreitet lag/ und mit einer Schuͤſſel voll Hirſen-Brey/ ſamt einem Stuͤck Schweinen-Fleiſch/ auch Butter und Kaͤſe beſetzet war/ darneben ſtund eine Kanne mit Bier/ und wie er Niemand von Menſchen darbey fand/ ſetzte er ſich darbey nieder/ und ſchob ſeinen Ma- gen ſo voll/ als er es immer ertragen kunte/ das uͤbrige Stuͤck Fleiſch ſteckte er zu ſich/ trunck auch einen gu- ten Zug auß der hoͤltzernen Kanne/ und gieng darauf wieder fort/ fand aber im Fortgehen einen alten Mañ bey einer jungen Dirnen hinter einer Hecken ligen/ welche nichts Loͤbliches daſelbſt mit einander wuͤrcke- ten. Und weil er ſahe/ daß der Mann voller Schrecken auf ſeine Ankunfft darvon lauffen wolte/ rieff er ihm zu: Bleibet nur hier/ mein Freund/ ich habe inzwi- ſchen von eurem Mittagmahl genoſſen/ werdet ihr mir auch eine gute Abend-Mahlzeit goͤnnen/ wil ich keinem Menſchen ſagen/ was ich jetzo geſehen habe. Hierauf gab ſich der alte Mann in etwas zu- frieden/ und verſprach ihm eine gute Nacht-Herber- ge/ wofern er reinen Mund halten wuͤrde. Er gieng aber mit der Dirnen/ die ſeine Dienſt-Magd/ zu dem Eſſen/ und genoſſen das Jenige/ was ihnen von deß Trollen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/776
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/776>, abgerufen am 03.05.2024.