nachahmend die großen Vorgänger und wills Gott! künftig ebenfalls beweint von Knaben und Jüng¬ lingen. Ja, diese sind es, auf die man noch rechnen kann in unserer kalten Zeit; denn diese werden noch entzündet von dem glühenden Hauche, der ihnen aus den alten Büchern entgegenweht, und deßhalb begreifen sie auch die Flammenherzen der Gegenwart. Die Jugend ist uneigennützig im Denken und Fühlen, und denkt und fühlt de߬ halb die Wahrheit am tiefsten, und geizt nicht wo es gilt eine kühne Theilnahme an Bekenntniß und That. Die älteren Leute sind selbstsüchtig und kleinsinnig; sie denken mehr an die Interessen ihrer Capitalien als an die Interessen der Mensch¬ heit; sie lassen ihr Schifflein ruhig fortschwimmen im Rinnstein des Lebens, und kümmern sich wenig um den Seemann, der auf hohem Meere gegen die Wellen kämpft; oder sie erkriechen, mit klebrigter Beharrlichkeit die Höhe des Bürgermei¬ sterthums oder der Präsidentschaft ihres Clubs,
nachahmend die großen Vorgaͤnger und wills Gott! kuͤnftig ebenfalls beweint von Knaben und Juͤng¬ lingen. Ja, dieſe ſind es, auf die man noch rechnen kann in unſerer kalten Zeit; denn dieſe werden noch entzuͤndet von dem gluͤhenden Hauche, der ihnen aus den alten Buͤchern entgegenweht, und deßhalb begreifen ſie auch die Flammenherzen der Gegenwart. Die Jugend iſt uneigennuͤtzig im Denken und Fuͤhlen, und denkt und fuͤhlt de߬ halb die Wahrheit am tiefſten, und geizt nicht wo es gilt eine kuͤhne Theilnahme an Bekenntniß und That. Die aͤlteren Leute ſind ſelbſtſuͤchtig und kleinſinnig; ſie denken mehr an die Intereſſen ihrer Capitalien als an die Intereſſen der Menſch¬ heit; ſie laſſen ihr Schifflein ruhig fortſchwimmen im Rinnſtein des Lebens, und kuͤmmern ſich wenig um den Seemann, der auf hohem Meere gegen die Wellen kaͤmpft; oder ſie erkriechen, mit klebrigter Beharrlichkeit die Hoͤhe des Buͤrgermei¬ ſterthums oder der Praͤſidentſchaft ihres Clubs,
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nachahmend die großen Vorgaͤnger und wills Gott!
kuͤnftig ebenfalls beweint von Knaben und Juͤng¬
lingen. Ja, dieſe ſind es, auf die man noch
rechnen kann in unſerer kalten Zeit; denn dieſe
werden noch entzuͤndet von dem gluͤhenden Hauche,
der ihnen aus den alten Buͤchern entgegenweht,
und deßhalb begreifen ſie auch die Flammenherzen
der Gegenwart. Die Jugend iſt uneigennuͤtzig
im Denken und Fuͤhlen, und denkt und fuͤhlt de߬
halb die Wahrheit am tiefſten, und geizt nicht
wo es gilt eine kuͤhne Theilnahme an Bekenntniß
und That. Die aͤlteren Leute ſind ſelbſtſuͤchtig
und kleinſinnig; ſie denken mehr an die Intereſſen
ihrer Capitalien als an die Intereſſen der Menſch¬
heit; ſie laſſen ihr Schifflein ruhig fortſchwimmen
im Rinnſtein des Lebens, und kuͤmmern ſich
wenig um den Seemann, der auf hohem Meere
gegen die Wellen kaͤmpft; oder ſie erkriechen, mit
klebrigter Beharrlichkeit die Hoͤhe des Buͤrgermei¬
ſterthums oder der Praͤſidentſchaft ihres Clubs,
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/141>, abgerufen am 28.04.2024.
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